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Die Analytische Ultrazentrifugation AUZ ist ein Analyse Verfahren welches die Bewegung und Position suspendierter Partikel in einem Zentrifugalfeld mittels optischer Messverfahren erfasst Am haufigsten werden dabei Sedimentations und Diffusionskoeffizienten bestimmt wodurch Ruckschlusse auf Form Grosse Dichte oder Masse der untersuchten Partikel oder Biomolekule gezogen werden konnen Massgeblich wurde die Technik von The Svedberg entwickelt 1 Historische Analytische Ultrazentrifuge Model E Typischer zeitlicher Verlauf der Sedimentationsbanden welche mittels eines Absorptionsdetektors im Rahmen eines Sedimentationsgeschindigkeits experiment SV mit Bovine Serumalbumin bei 40 000 rpm und 20 C vermessen wurden Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 2 Aufbau 3 Theoretische Beschreibung 3 1 Sedimentation 3 2 Diffusion 3 3 Lamm Gleichung 3 4 Svedberg Gleichung 4 Messmethoden 4 1 Sedimentationsgleichgewichtsexperiment SE 4 2 Sedimentationsgeschwindigkeitsexperiment SV 5 EinzelnachweiseBeschreibung BearbeitenIn einem Zentrifugalfeld wirken Zentrifugalkraft Reibungskraft und Auftriebskraft auf Partikel Diese Krafte und damit die Sedimentationsgeschwindigkeit hangen von Grosse Form und Dichte der Partikel sowie experimenteller Parameter wie der Drehzahl der Zentrifuge Abstand zur Drehachse und Losemitteleigenschaften ab Daruber hinaus sind kleine Teilchen der Brownschen Bewegung unterworfen was einen weiteren Einflussfaktor im Rahmen einer Messung darstellt Der damit assoziierte Diffusionskoeffizient wird durch die Temperatur das gewahltes Losemittel sowie Grosse und Form des Partikels bestimmt Integraler Bestandteil des Verfahrens ist die Nutzung eines optischen Messverfahrens welches die Erfassung der zeitlich und oder raumlichen Verteilung der Partikel wahrend der Zentrifugation ermoglicht Ziel des Messverfahrens ist es dabei die thermodynamischen und hydrodynamischen Phanomene so auszunutzen dass Ruckschlusse auf oftmals verteilte Grossen wie Form Dichte Grosse Masse oder auf das Assoziationsverhalten von DNA Proteinen oder Nanopartikel gezogen werden konnen 2 3 Daruber hinaus konnen die erfassten optischen Eigenschaften an die ermittelten geometrischen Parameter gekoppelt werden Aufbau BearbeitenBei einer analytischen Ultrazentrifuge handelt es sich um eine Ultrazentrifuge welche so umgerustet wurde dass die Probe wahrend des Zentrifugiervorgangs im Vakuum weiter zuganglich fur einen optischen Detektor ist Hierfur werden spezielle Messzellen in einem speziellen Rotor verwendet Die Messzellen bestehen typischerweise aus sektorformigen Probenbehaltern die durch optisch durchlassige Glasfenster abgeschlossen werden Die verwendeten optischen Detektoren basieren auf Prinzipien welche die Assoziation des Messsignals mit der Konzentration der untersuchten Spezies erlauben z B Lambert Beer sches Gesetz Kommerziell erhaltlich sind aktuell Absorptions und Interferenzdetektoren 4 Eigenentwicklungen der Anwender in Wissenschaft und Industrie umfassen auch Detektoren basierend auf Schlierenoptik 3 und Fluoreszenz 2 3 Theoretische Beschreibung BearbeitenSedimentation Bearbeiten Der Sedimentationskoeffizient beschreibt das Verhaltnis aus Sedimentationsgeschwindigkeit und genutzter Zentrifugalbeschleunigung s v w 2 r m 1 r s r p f displaystyle s frac v omega 2 r frac m 1 frac rho s rho p f nbsp Die einzelnen Formelzeichen stehen fur folgende Grossen v displaystyle v nbsp Sedimentationsgeschwindigkeit positive Werte entsprechen Sedimentation negative Werte entsprechen Flotation r displaystyle r nbsp Abstand des Partikels zur Drehachse Rotorachse w displaystyle omega nbsp Winkelgeschwindigkeit m displaystyle m nbsp Masse des Partikels r p displaystyle rho p nbsp Dichte des Partikels r s displaystyle rho s nbsp Dichte des Losemittels f displaystyle f nbsp Reibungsfaktor nach dem Stoke schen Gesetz Dies bedeutet dass der Sedimentationskoeffizient im Fall idealer Sedimentation nur von Material und Losemittelparameter und nicht von der radialen Position und der Drehzahl der Zentrifuge abhangt Fur Teilchen welche vernachlassigbare Brown sche Bewegung zeigen kann aus dem Sedimentationskoeffizienten eine Bewegungsbahn fur bekannte Anfangsbedingungen und Winkelgeschwindigkeit berechnet werden Dazu komplementar kann s displaystyle s nbsp aus der Partikelbahn und dem Zentrifugalfeld bestimmt werden 2 Werden Partikel unterschiedlicher Sedimentationskoeffizienten in einem Experiment vermessen so kommt es zu einer Verbreiterung der Sedimentationsbanden Diffusion Bearbeiten Neben den auftretenden deterministischen Kraften sind die Teilchen innerhalb eines AUZ Experiments auch der unregelmassigen Brown sche Bewegung unterworfen Diese mikroskopische Bewegungen fuhren in der Konsequenz zu einem makroskopischen netto Teilchenstrom J displaystyle vec J nbsp entgegen einem Konzentrationsgradienten gemass dem Fick schem Gesetz mit Diffusionskoeffizient D displaystyle D nbsp und Partikelkonzentration c displaystyle c nbsp J D c displaystyle vec J D vec nabla c nbsp Dabei kann der Diffusionskoeffizient gemass der Einstein Smoluchowski Beziehung aufgefasst werden als D k B T f displaystyle D frac k B T f nbsp Dabei beschreibt T displaystyle T nbsp die absolute Temperatur und k B displaystyle k B nbsp die Boltzmann Konstante Der Diffusionskoeffizient hangt somit von Grosse und Form ab In einem AUZ Experiment kommt es demnach bei sedimentierenden Partikeln zu einem Teilchenstrom entgegen der Sedimentationsrichtung was wiederum zu einer Verbreiterung der Sedimentationsbanden fuhrt Lamm Gleichung Bearbeiten Um nun ein Gesamtsystem an Partikel in einem Zentrifugalfeld zu betrachten muss von der mikroskopischen Betrachtung der Partikelbahn auf eine makroskopische Betrachtung analog zum dfiffusionsgetriebenen Teilchenstrom ubergegangen werden Unter Ausnutzung zylindrischer Koordinaten und der Kontinuitatsgleichung kann die nach Ole Lamm einem Doktoranden von The Svedberg benannte Gleichung fur eine einzelne Spezies aufgestellt werden 2 5 c t D 2 c r 2 1 r c r s w 2 r c r 2 c displaystyle frac partial c partial t D left left frac partial 2 c partial r 2 right frac 1 r left frac partial c partial r right right s omega 2 left r left frac partial c partial r right 2c right nbsp Dabei bezeichnet t displaystyle t nbsp die Zeit Die numerischen Losungen 5 dieser Differentialgleichung erlauben es somit zeit und ortsabhangige Sedimentation und Diffusionsvorgange in einer sektorformigen Messzelle zu beschreiben und somit auch Messdaten hinsichtlich s displaystyle s nbsp und D displaystyle D nbsp zu analysieren 2 6 7 Dies beinhaltet auch die Moglichkeit Verbreiterungsmechanismen der Sedimentationsbanden Diffusion und Superposition der Sedimentationsbanden verschiedener Spezies z B durch Polydispersitat der Partikelgrossenverteilung in der Analyse unterscheiden zu konnen Svedberg Gleichung Bearbeiten Da s displaystyle s nbsp und D displaystyle ce D nbsp beide von Grosse und Form des untersuchten Partikels abhangen kann ein unbekannter Parameter durch Kombination beider Koeffizienten eliminiert werden Die durch Ersetzung von f displaystyle f nbsp erhaltenen Gleichung ist nach The Svedberg benannt M s N A k B T D 1 r s r p displaystyle M frac s cdot N A k B T D cdot 1 frac rho s rho p nbsp Dabei bezeichnet M displaystyle M nbsp die molare Masse und N A displaystyle N A nbsp die Avogadro Konstante Durch Kenntnis von s displaystyle s nbsp und D displaystyle ce D nbsp und der entsprechenden Dichte oft wird auch die Ersetzung 1 r p n displaystyle frac 1 rho p bar nu nbsp mit dem partiellen spezifischen Volumen n displaystyle bar nu nbsp vorgenommen eines z B Proteins ist es somit moglich die molare Masse unabhangig von der Form zu bestimmen 1 Messmethoden BearbeitenIm Laufe der Geschichte der AUZ wurden eine Vielzahl spezieller Messmodi entwickelt Die wichtigsten Grundtypen umfassen das Sedimentationsgeschwindigkeitsexperiment SV und das Sedimentationsgleichgewichtsexperiment SE Beide Experimente werden typischerweise mit einer homogenen Konzentrationsverteilung der sich in der Messzelle befindlichen und zu untersuchenden Teilchen gestartet Wahrend im SE eine statische Konzentrationsverteilung innerhalb der Messzelle vermessen wird lost man im SV die Sedimentations und oftmals auch die Diffusionsdynamik auf Sedimentationsgleichgewichtsexperiment SE Bearbeiten Im SE wird weder s displaystyle s nbsp noch D displaystyle D nbsp direkt bestimmt Bei vergleichsweise niedrigen Drehzahlen wird das Gleichgewicht zwischen diffusionsgetriebenem und sedimentationsgetriebenem Teilchenstrom abgewartet Da dieses Gleichgewicht in jeder Radiusposition besteht ergibt sich eine statische Konzentrationsverteilung innerhalb der Messzelle Aus dieser exponentiellen Konzentrationsverteilung kann mittels der Svedberg Gleichung und unter Kenntnis der Partikeldichte die molare Masse bestimmt werden Tritt Wechselwirkung zwischen den Teilchen auf so kann ebenfalls der zweite Virialkoeffizient bestimmt werden Hierfur sind jedoch typischerweise mehrere Messungen bei unterschiedlichen Drehzahlen und Ausgangskonzentrationen notwendig 2 Das Sedimentationsgleichgewicht stellt bei ausreichender Messzeit den Endpunkt jedes Sedimentationgeschwindigkeitsexperiments dar Eine Sonderform des SE stellt die Nutzung eines Losemittelsdichtegradienten dar Dabei kann die Dichte der Teilchen bestimmt werden 3 Sedimentationsgeschwindigkeitsexperiment SV Bearbeiten Im SV englisch sedimentation velocity wird die radiale und zeitliche Veranderung der Partikelkonzentration ab Beginn des Experiments verfolgt Aus diesen Daten konnen mittels der der numerischen Losungen der Lamm Gleichung Verteilungen von s displaystyle s nbsp und D displaystyle D nbsp ermittelt werden welche in Partikelgrossenverteilungen umgerechnet werden konnen Ublicherweise wird SV gegenuber SE bevorzugt da dieses dem SE typischerweise im Informationsgehalt uberlegen ist Dies liegt daran dass s displaystyle s nbsp und D displaystyle D nbsp getrennt voneinander analysiert werden konnen Zudem konnen Partikel unterschiedlicher Sedimentationseigenschaften in der Analyse eines SV Datensatzes besser voneinander separiert werden sodass auch polydisperse Partikelgrossenverteilungen ermittelt werden konnen 3 Fur kugelformige Partikel ist die Umrechnung des Sedimentations oder Diffusionskoeffizienten in eine Partikelgrosse direkt mittels der Definition von s displaystyle s nbsp und D displaystyle D nbsp moglich Bei formanisotropen Teilchen kann auf die Nutzung von Aquivalentdurchmessern zuruckgegriffen werden Bei einer Sonderform des SV wird die zeitliche Anderung der Partikelkonzentration an einer fixen Radiusposition verfolgt dies ermoglicht die Erfassung sehr breiter Partikelgrossenverteilungen wobei dann auf die Auflosung der Diffusionseigenschaften verzichtet werden muss 2 Einzelnachweise Bearbeiten a b The Nobel Prize in Chemistry 1926 Abgerufen am 10 Marz 2020 amerikanisches Englisch a b c d e f g Analytical Ultracentrifugation 2016 doi 10 1007 978 4 431 55985 6 a b c d e Analytical Ultracentrifugation of Polymers and Nanoparticles Springer Laboratory Springer Verlag New York 2006 ISBN 978 3 540 23432 6 doi 10 1007 b137083 Optima AUC Analytische Ultrazentrifuge Beckman Coulter Abgerufen am 10 Marz 2020 a b Jean Michel Claverie Henri Dreux Rene Cohen Sedimentation of generalized systems of interacting particles I Solution of systems of complete Lamm equations In Biopolymers Band 14 Nr 8 1975 ISSN 1097 0282 S 1685 1700 doi 10 1002 bip 1975 360140811 Borries Demeler Hashim Saber Determination of Molecular Parameters by Fitting Sedimentation Data to Finite Element Solutions of the Lamm Equation In Biophysical Journal Band 74 Nr 1 Januar 1998 S 444 454 doi 10 1016 S0006 3495 98 77802 6 PMID 9449345 PMC 1299397 freier Volltext elsevier com abgerufen am 13 April 2020 Schuck Peter Sedimentation velocity analytical ultracentrifugation discrete species and size distributions of macromolecules and particles CRC Press Boca Raton FL ISBN 978 1 4987 6895 5 1 abgerufen am 13 April 2020 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Analytische Ultrazentrifugation amp oldid 238867320