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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig Zum Konig der Burgunden siehe Chilperich I Burgund Chilperich I um 535 zwischen 27 September und 9 Oktober 584 in Chelles ermordet war ein frankischer Konig aus dem Geschlecht der Merowinger Er regierte im Teilreich Neustrien Soissons von 561 bis zu seinem Tod Er war ein Sohn des Konigs Chlothar I aus dessen Ehe mit Arnegunde Chilperich ubergibt eine Urkunde Miniatur aus der Grandes chroniques de France in der BNF Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Familie 3 Kulturelle Aktivitat 4 Zeitgenossische Beurteilung 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 AnmerkungenLeben BearbeitenChilperichs Vater Chlothar I hatte in der letzten Phase seiner Regierungszeit das gesamte Frankenreich das 511 aufgeteilt worden war wieder unter seiner Herrschaft vereinigt Als Chlothar 561 starb waren von seinen Sohnen neben dem nicht als Konigssohn anerkannten Gundowald noch vier am Leben namlich Charibert I Guntram I Guntchramn Sigibert I und Chilperich I Die drei erstgenannten stammten aus Chlothars Ehe mit Konigin Ingund e wahrend Chilperich der einzige Sohn von Ingunds Schwester Konigin Arnegunde war Fruher wurde Chilperich allgemein als der jungste Sohn angesehen nach dem aktuellen Forschungsstand war er jedoch der zweitjungste Sigibert der jungste Chlothar hatte nach seiner Heirat mit Arnegunde um 533 534 seine Verbindung mit deren Schwester Ingund nicht aufgegeben 1 Nach dem Tod Chlothars I brachten die vier Sohne den Leichnam gemeinsam zur Bestattung nach Soissons Unmittelbar danach bemachtigte sich Chilperich des Thronschatzes und der Stadt Paris Er bewog machtige Vornehme durch Geschenke sich ihm zu unterwerfen Seine drei Halbbruder verbundeten sich jedoch gegen ihn und vertrieben ihn aus Paris Danach fuhrten sie zu viert eine wie der Geschichtsschreiber Gregor von Tours berichtet legitime also merowingischem Brauch entsprechende Reichsteilung durch Chilperich erhielt dabei das Teilreich von Soissons Er war jedoch mit seinem Erbanteil nicht zufrieden Als Sigibert der das ostliche Reich Austrasien Austrien mit der Hauptstadt Reims erhalten hatte durch Kampfe gegen die Awaren gebunden war nutzte Chilperich diese Gelegenheit zu einem Einfall ins Ostreich und eroberte Reims Chilperichs Unzufriedenheit und Aggressivitat hing wohl damit zusammen dass er von Chlothar I als Lieblingssohn bevorzugt worden war und daraus einen Anspruch auf eine Vorrangstellung bei der Nachfolgeregelung ableitete 2 Sigibert unternahm bald einen Gegenangriff er eroberte Soissons und nahm Chilperichs Sohn Theudebert gefangen 562 563 liess Sigibert Theudebert frei doch er behielt Soissons dauerhaft 3 Im Jahr 567 starb Charibert I der den Reichsteil erhalten hatte und dessen Hauptstadt Paris war Da er keine Sohne hatte wurde sein Gebiet aufgeteilt Dabei erhielt Chilperich die Kustengebiete zwischen Somme und Loire Zu seinem Anteil gehorten im Norden Francia Amiens und Beauvais sowie im Suden Bordeaux Limoges und Cahors Der grosste Teil der Provinzen Rouen und Tours kam in seinen Besitz nicht aber die Stadt Tours die ebenso wie Poitiers an Sigibert fiel Die Konigsstadt Paris uber welche die Bruder sich nicht einigen konnten wurde neutralisiert Die Feindschaft zwischen Chilperich und Sigibert verscharfte sich durch die Heiratspolitik Sigibert heiratete 566 Brunichild eine Tochter des Westgotenkonigs Athanagild Diese Heirat veranlasste Chilperich Athanagild um die Hand von Brunichilds alterer Schwester Gailswintha zu bitten Die Ehe wurde geschlossen doch schon um 570 liess seine Konkubine Fredegunde Gailswintha ermorden Daraufhin heiratete Chilperich Fredegunde die von niedriger Herkunft war sie stammte aus dem Gesinde Dies fuhrte zu einer dauerhaften Feindschaft zwischen Chilperich und Brunichild Chilperich eroffnete den Krieg gegen Sigibert indem er Tours und Poitiers von einem Heer unter seinem Sohn Chlodwig besetzen liess um eine Verbindung zwischen seinen nordlichen Kerngebieten und seinem Besitz im Suden zu schaffen Dieser Erfolg war nur vorubergehend denn Chlodwigs Streitmacht wurde von Truppen Guntrams I unter der Fuhrung des Feldherrn Mummolus der mit Sigibert verbundet war vertrieben 573 kam es jedoch zum Bruch zwischen Sigibert und Guntram Chilperich nutzte diese Gelegenheit zu neuen Angriffen auf Sigiberts Gebiet die er von seinem Sohn Theudebert ausfuhren liess Nach wechselhaften Kampfen unternahm Sigibert 575 eine sehr erfolgreiche Offensive er besetzte Paris und grosse Teile von Chilperichs Reich Theudebert fiel im Kampf gegen Sigiberts Truppen Chilperich verschanzte sich in Tournai im aussersten Norden seines Reichs Viele bisherige Getreue Chilperichs liefen zum Sieger uber so dass Chilperich in eine aussichtslose Lage geriet 4 Als jedoch 575 Sigibert ermordet wurde die beiden Morder handelten im Auftrag Fredegundes trat die grosse Wende ein Chilperich konnte den ganzen Teil des ehemaligen Reichs Chariberts der 567 Sigibert zugefallen war erobern Brunichild wurde gefangen genommen konnte jedoch 577 fliehen In Austrasien trat Childebert II der unmundige Sohn Sigiberts und Brunichilds die Nachfolge seines Vaters an Die dortigen Grossen verbundeten sich mit Guntram I gegen Chilperich 577 adoptierte Guntram der keinen Erben hatte Childebert II und setzte ihn zu seinem Erben ein Die austrasische Politik wurde von Chilperichs Feindin Brunichild gesteuert 581 kam es jedoch in Austrasien zu einem Umschwung Brunichild wurde gesturzt und es kam eine Partei an die Macht die sich mit Chilperich gegen Guntram verstandigte Chilperich hatte damals nach dem Tod seiner Sohne keinen mannlichen Nachkommen mehr daher setzte er im Rahmen dieses neuen Bundnisses seinen Neffen Childebert II als Erben ein Unter diesen Umstanden gelang es Chilperich auch noch Guntrams Anteil am ehemaligen Reich Chariberts in seinen Besitz zu bringen Er plante 583 einen Grossangriff auf Guntram der gemeinsam mit den Austrasiern durchgefuhrt werden sollte In Austrasien trat aber ein erneuter Umschwung zugunsten der Anhanger Brunichilds ein Darauf bereitete sich Chilperich auf einen Krieg gegen seine austrasischen Gegner und gegen Guntram vor Er verbundete sich mit dem Westgotenkonig Leovigild und verlobte seine Tochter Rigunth mit dessen Sohn Rekkared Der Krieg brach aber nicht aus denn im Herbst 584 wurde Chilperich bei der Ruckkehr von der Jagd ermordet Der Urheber des Anschlags ist unbekannt es soll sich um eine Verschworung unzufriedener Hoflinge im Einvernehmen mit austrasischen Grossen gehandelt haben 5 Chilperichs Sohn Chlothar II war damals erst wenige Monate alt Daher musste die Witwe Fredegunde sich unter den Schutz Guntrams stellen der nun in Paris einzog Chilperich wurde in der Kirche St Vincent in Paris beerdigt ebenso wie 13 Jahre spater Fredegunde Familie BearbeitenChilperich heiratete dreimal Die erste Ehe schloss er um 549 550 mit Audovera die damals etwa funfzehn Jahre alt war Mit ihr hatte er die drei Sohne Theudebert um 548 551 Merowech um 551 552 und Chlodwig Chlodowech um 553 sowie zwei Tochter Basina um 555 565 und Childesinth um 565 Basina trat 580 581 in das Kloster Sainte Croix zu Poitiers ein Chilperich trennte sich von Audovera und heiratete um 567 in zweiter Ehe Gailswintha eine Tochter des Westgotenkonigs Athanagild die um 570 ermordet wurde Diese Ehe blieb kinderlos Darauf verband er sich in dritter Ehe mit der Magd Fredegunde die schon seit etwa 565 seine Konkubine gewesen war Von ihr hatte er funf Sohne von denen vier fruh starben Chlodobert 565 580 Samson 575 577 Dagobert 580 und Theuderich 582 584 Nur der jungste Sohn aus dieser Ehe Chlothar II 584 uberlebte und konnte die Nachfolge Chilperichs antreten Die einzige Tochter aus Chilperichs dritter Ehe war Rigunth deren Verheiratung mit dem Sohn des Westgotenkonigs nicht zustande kam Nach dem Tod Chilperichs kam es 589 zu schweren auch handgreiflichen Auseinandersetzungen zwischen Fredegunde und Rigunth Von den drei Sohnen aus Chilperichs erster Ehe uberlebte keiner den Vater Theudebert fiel 575 im Kampf gegen Heerfuhrer Konig Sigiberts Merowech heiratete die nach Sigiberts Tod verwitwete Brunichild er rebellierte 576 gegen seinen Vater und wurde im folgenden Jahr getotet 6 Chlodwig der als Heerfuhrer fur Chilperich tatig gewesen war geriet nach dem Tod seiner Bruder in Konflikt mit seiner Stiefmutter Fredegunde er wurde 580 auf Befehl Chilperichs verhaftet und Fredegunde ubergeben die ihn in Noisy le Grand gefangenhalten und noch im selben Jahr ermorden liess 7 Kulturelle Aktivitat BearbeitenChilperich war fur einen Merowinger relativ gebildet und zeigte ein fur damalige Herrscher ungewohnlich starkes Interesse an kulturellen Belangen Er diskutierte uber die Trinitat und verfasste eine Schrift daruber worin er die Unterscheidung von Personen in der Dreifaltigkeit ablehnte und die Einheit Gottes betonte Diese Auffassung Sabellianismus war schon in der Antike von der Kirche verworfen worden und nach katholischer Auffassung Haresie 8 Chilperich schrieb lateinische Gedichte die nicht mehr nach antiker Metrik auf der geregelten Abfolge kurzer und langer Silben beruhten sondern wie spater im Mittelalter ublich auf dem Rhythmus der sich an der naturlichen Betonung orientiert Eines dieser Gedichte ein Hymnus auf den heiligen Medardus ist erhalten 9 Ausserdem fugte Chilperich dem lateinischen Alphabet vier neue Buchstaben hinzu um es den Erfordernissen des frankischen Lautsystems anzupassen 10 Er befahl die neuen Schriftzeichen uberall im Schulunterricht zu verwenden Zeitweilig lebte an Chilperichs Hof der Dichter Venantius Fortunatus der als Hofdichter den Herrscher ruhmte Chilperich war sehr bemuht romische imperiale Herrlichkeit fur die Merowinger wieder in Szene zu setzen So baute er in Soissons einen Circus und ein Amphitheater welche aber aufgrund der fehlenden Nachhaltigkeit in der Kultur der Merowinger nicht uberdauerten Auch beauftragte er im Sinne der romischen Kaiser Getreide einzukaufen und im Land zu verteilen So ubernahm er kaiserlich romische Traditionen ohne diese jedoch substantiell wieder beleben zu konnen Zeitgenossische Beurteilung BearbeitenDer Bischof und Geschichtsschreiber Gregor von Tours der Chilperich gut kannte beurteilte ihn ausserst negativ Er bezeichnete ihn als Nero und Herodes unserer Zeit Insbesondere schrieb er der Konig habe Personen zu Unrecht verurteilt um ihr Vermogen zu konfiszieren und habe Testamente die zugunsten der Kirchen abgefasst waren nicht respektiert Chilperich habe die Kirchen gehasst und die Bischofe verspottet und oft gesagt Siehe unser Schatz ist arm und unser Reichtum ist an die Kirchen gefallen keiner herrscht jetzt uberhaupt als allein die Bischofe unsere Macht ist dahin und an die Bischofe der Stadte gekommen Nach Gregors Angaben war Chilperich in seinem Reich sehr unbeliebt 11 Siehe auch BearbeitenMerowingischer BruderkriegLiteratur BearbeitenWolfgang Jungandreas Reinhard Wenskus Chilperich I In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde RGA 2 Auflage Band 4 Walter de Gruyter Berlin New York 1981 ISBN 3 11 006513 4 S 460 462 Eugen Ewig Die frankischen Teilungen und Teilreiche 511 613 Steiner Wiesbaden 1953 Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz Abhandlungen der Geistes und Sozialwissenschaftlichen Klasse 1952 9 ISSN 0002 2977 Eugen Ewig Die Merowinger und das Frankenreich 4 erganzte Auflage Kohlhammer Stuttgart u a 2001 ISBN 3 17 017044 9 Kohlhammer Urban Taschenbucher 392 Eugen Ewig Die Namengebung bei den altesten Frankenkonigen und im merowingischen Konigshaus In Francia 18 1 1991 ISSN 0937 7735 S 21 69 mit Stammtafel S 59 und ausfuhrlichen Angaben zur Prosopographie der Konigsfamilie online Heike Grahn Hoek Die frankische Oberschicht im 6 Jahrhundert Studien zu ihrer rechtlichen und politischen Stellung Thorbecke Sigmaringen 1976 ISBN 3 7995 6681 3 Vortrage und Forschungen Sonderband 21 Zugleich Marburg Univ Diss 1975 Reinhard Schneider Konigswahl und Konigserhebung im Fruhmittelalter Untersuchungen zur Herrschaftsnachfolge bei den Langobarden und Merowingern Anton Hirsemann Stuttgart 1972 ISBN 3 7772 7203 5 Monographien zur Geschichte des Mittelalters 3 Zugleich Berlin Freie Univ Habil Schr 1970 71 Erich Zollner Geschichte der Franken bis zur Mitte des sechsten Jahrhunderts Auf der Grundlage des Werkes von Ludwig Schmidt unter Mitwirkung von Joachim Werner neu bearbeitet Beck Munchen 1970 ISBN 3 406 02211 1 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Chilperic I Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienAnmerkungen Bearbeiten Ewig 1991 S 55f Brigitte Kasten Konigssohne und Konigsherrschaft Hannover 1997 S 15 17 Siehe auch Schneider S 88 92 und Grahn Hoek S 189 191 Vgl Matthias Springer Sigibert I In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde RGA 2 Auflage Band 28 Walter de Gruyter Berlin New York 2005 ISBN 3 11 018207 6 S 387 Kasten S 44f Einzelheiten bei Grahn Hoek S 195 198 vgl Konrad Bund Thronsturz und Herrscherabsetzung im Fruhmittelalter Bonn 1979 S 261 264 Bund S 270 Ewig 2001 S 47 Zum Hintergrund siehe Schneider S 96f Grahn Hoek S 203 211 Kasten S 45 49 Bund S 269f Gregor von Tours Historiae 5 44 Ymnus in solemnitate sancti Medardi episcopi kritisch herausgegeben und ins Deutsche ubersetzt von Udo Kindermann Konig Chilperich als lateinischer Dichter In Sacris erudiri Bd 41 2002 S 247 272 Siehe dazu Franz Brunholzl Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters Bd 1 Munchen 1975 S 117f Zu diesen Bestrebungen Chilperichs siehe Reinhard Wenskus Chilperich I In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde RGA 2 Auflage Band 4 Walter de Gruyter Berlin New York 1981 ISBN 3 11 006513 4 S 461 f Gregor von Tours Historiae 6 46 Zur mangelnden Loyalitat von Chilperichs Untertanen siehe Grahn Hoek S 221 223 VorgangerAmtNachfolgerChlothar I Konig der Franken Teilreich Soissons spater Neustrien genannt 561 584Chlothar II Normdaten Person GND 102427186 lobid OGND AKS LCCN n2008069826 VIAF 24991259 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Chilperich I KURZBESCHREIBUNG merowingischer Konig in NeustrienGEBURTSDATUM um 535STERBEDATUM zwischen 27 September 584 und 9 Oktober 584STERBEORT Chelles Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Chilperich I amp oldid 229062121