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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig Weitere Bedeutungen sind unter Caliga Begriffsklarung aufgefuhrt Die Caligae Singular Caliga waren die Marschstiefel des romischen Militars die von der Romischen Republik bis in die hohe Romische Kaiserzeit von den Legionaren getragen wurden Caligae werden haufig als eine Art Sandale beschrieben bestanden allerdings im Gegensatz zur typischen Sandale nicht aus einer mit Riemen am Fuss gehaltenen Sohle sondern aus einem den Fuss fest umschliessenden vielfach durchbrochenen Oberschuh der zusammen mit der obersten Lage der Sohle aus einem Stuck gefertigt wurde Die Herkunft der erstmals bei Cicero belegten Bezeichnung caliga ist ungeklart auch wenn verschiedene Vermutungen geaussert wurden 1 So vermutete Isidor von Sevilla dass ihr Name abgeleitet von dem harten Leder callus sei oder von der Tatsache dass sie gebunden wurden ligare 2 Caliga im Landesmuseum MainzFerse einer Caliga aus Qasr Ibrim im British MuseumOber und Unterseite von Caligasohlen Archaologisches Museum Alicante Das Wort bezeichnete auch allgemein einen bis an das Ende des Schienbeins reichenden Stiefel bzw einen Halbstiefel dessen Sohle bei gemeinen Leuten mit Nageln beschlagen war Im ubertragenen Sinn stand es fur den Dienst eines gemeinen Soldaten 3 Inhaltsverzeichnis 1 Konstruktion 2 Funde und antike Darstellungen 3 Einsatz 4 Kulturelle Rezeption 5 Literatur 6 Weblinks 7 AnmerkungenKonstruktion BearbeitenDas Oberleder der Caligae wurde aus einem Stuck Leder gefertigt dessen zentraler Bereich die oberste Schicht der Sohle bildete welche von einem komplizierten System aus Laschen umgeben war Dieses Muster wurde an der Ferse vernaht und uber dem Fussrucken mit einem Riemen geschlossen der durch die perforierten Enden der Laschen gezogen wurde Die grosse Einheitlichkeit der gefundenen Caligae und die Tatsache dass das Schnittmuster fur das Oberleder eine effiziente Verwertung des Leders fur mehrere Exemplare bei geringen Materialverlusten ermoglichte lassen vermuten dass die Schuhe fur die Massenproduktion entworfen und moglicherweise nach ausgegebenen Vorlagen gefertigt wurden 4 Die Sohle wurde durch zwei weitere Lagen Leder auf eine Gesamtdicke von etwa acht Millimetern verstarkt Die Unterseite der Sohle wies kein Profil und keinen Absatz auf war dafur aber mit 80 bis 90 Eisennageln mit halbkugeligen Kopfen clavi Einzahl clavus besetzt Dazu wurde die eingeweichte Sohle auf einem Amboss fixiert und die Nagel wurden von der Unterseite her so eingeschlagen dass sie sich beim Auftreffen auf den Amboss verbogen und die Sohle hakenartig zusammenhielten 5 Die clavi verstarkten dadurch die Sohle schutzten sie vor Abnutzung und waren so angeordnet dass sie den Fuss ergonomisch unterstutzten 6 Jeder Legionar erhielt nach einer gewissen Marschstrecke eine fixe Anzahl an Nageln die als Ersatzteile verwendet wurden Damit wurden die Caligae funktionstuchtig gehalten Insgesamt wog ein Paar Caligae etwa 1300 Gramm 7 Sueton erwahnt in seinen Kaiserviten eine caliga speculatoria die von den Pratorianern getragen wurde 8 Da uber diese Schuhe nichts weiter bekannt ist haben manche moderne Autoren vermutet dass es sich dabei um eine leichte Variante fur Kundschafter speculatores gehandelt haben konnte wofur es allerdings keine eindeutigen Hinweise gibt 9 Funde und antike Darstellungen BearbeitenAn Fundplatzen aus dem 1 Jahrhundert insbesondere am Limes wurden zahlreiche Caligae geborgen Bei guten Bodenbedingungen sind sowohl ihre Leder als auch ihre Metallbestandteile erhalten Abdrucke der genagelten Sohlen sind auf Tonziegeln erhalten 10 Neben den Funden gibt es zahlreiche bildliche Darstellungen von Caligae so zum Beispiel auf der Trajanssaule Auf Grabmonumenten romischer Soldaten ist haufig der Grat der durch das Schnuren der Caligae uber dem Fussrucken entsteht das einzige modellierte Element wahrend der Rest des Schuhs wahrscheinlich ursprunglich aufgemalt war und heute nicht erhalten ist 11 nbsp Sohlen von Caligae im Saalburgmuseum nbsp Caligae auf der Trajanssaule in Rom nbsp Abdruck der Sohlennagel einer Caliga auf einem Ziegel der Legio X Gemina Museum Het Valkhof nbsp Caligae auf dem Septimius Severus Bogen in Rom nbsp Caliga auf dem Septimius Severus Bogen in Rom Hier ist der geschnurte Grat uber dem Fussrucken erkennbar nbsp Caliga auf dem Septimius Severus Bogen in Rom Nahaufnahme nbsp Fragment einer Statue aus den Vatikanischen Museen der Fuss ist mit einer Sandale eventuell mit einer Caliga beschuht nbsp Fuss einer bronzenen Reiterstatue mit CaligaEinsatz Bearbeiten nbsp Rekonstruierte Caliga nbsp Sohle einer rekonstruierten CaligaCaligae waren die Standard Fussbekleidung fur die Mannschaftsrange der Legionen sowie die hoheren Range bis zum Centurio Die Tribunen und Legaten trugen dagegen traditionelle geschlossene Stiefel Calceus Neben den Legionaren trugen auch die Fusstruppen und die Reiterei der Auxiliartruppen Caligae 7 In der romischen Kavallerie konnten die Caligae mit zusatzlichen Sporen ausgestattet sein 12 Gegen Ende des ersten Viertels des 2 Jahrhunderts scheinen die klassischen Caligae zumindest in den nordlichen Provinzen ausser Mode geraten und durch geschlossene Schuhe ersetzt worden zu sein Dies konnte eine Folge ihrer geringeren Eignung fur kuhleres Klima oder des aufwandigen Anlegens der Schuhe gewesen sein 13 So benotigte das korrekte Anlegen eines Caligae Paars im Experiment drei bis vier Minuten 14 Bei experimentalarchaologischen Versuchen erwiesen sich Caligae als robust und dem Fuss gut Halt gebend Durch die Schnurung an der Vorderseite konnte die Caliga in gewissem Umfang an die Fussform und die Bedurfnisse des Tragers angepasst werden Die offene Konstruktion erlaubt das Eindringen von Schmutz und Wasser die den Schuh aber genauso leicht wieder verlassen konnen wahrend die gute Beluftung der Ansammlung von Schweiss und damit der Bildung von Blasen vorbeugte Die Sohlennagel schutzten zum einen die Ledersohle vor Abnutzung und gaben zum anderen ahnlich wie die Stollen moderner Schuhe auf weichem oder unebenem Boden festen Halt Auf sehr hartem Boden schutzten Caligae den Fuss allerdings nicht vor Erschutterungen was teilweise durch eine angepasste Gehweise mit Aufsetzen der Zehenballen vor der Ferse kompensiert werden konnte 15 Auf hartem glattem Boden bot die genagelte Sohle wenig Halt und barg die Gefahr des Ausrutschens So beschreibt Flavius Josephus wie der romische Zenturio Julianus wahrend der Belagerung des Jerusalemer Tempels auf dem Boden ausglitt und anschliessend von den judischen Aufstandischen getotet werden konnte 16 Wahrend die Caligae den Fuss beim Marschieren ausreichend warm hielten war beim Rasten oder Wachestehen besonders in kaltem Klima ein weiterer Schutz des Fusses durch Gamaschen oder Strumpfe notwendig Solche Hilfsmittel sind zum Beispiel auf Relief A der Cancelleria Reliefs dargestellt 17 ihr Gebrauch ist aus der antiken Literatur und aus Soldatenbriefen nachgewiesen 18 Fur Kavalleristen war ein zusatzlicher Schutz besonders wunschenswert da zum einen ihr weniger bewegter Fuss schneller fror zum anderen das ungeschutzte Schienbein beim Reiten empfindlicher fur Verletzungen war 19 Bei langen Marschen erhielten die Soldaten einen als clavarium bezeichneten Soldbonus um verbrauchte Sohlennagel zu ersetzen Je nach Qualitat der Nagel und Beschaffenheit der Strassen war ein Satz Nagel nach 500 bis 1000 Kilometern verbraucht wobei die Lebensdauer durch das Umsetzen stark abgenutzter Nagel an weniger belastete Stellen erhoht werden konnte 7 Die Schuhe selbst wurden wahrscheinlich selten repariert sondern eher ersetzt worauf neben den seltenen Funden geflickter Exemplare auch Dokumente hinweisen die von drei Paar Schuhen pro Jahr fur einen Soldaten berichten 11 Neben dem Nutzen als Marschschuh diente die genagelte Sohle der Caligae wahrscheinlich auch dazu die Wirkung von Tritten gegen das Schienbein des Gegners oder gegen gesturzte Gegner empfindlich zu verstarken 20 Kulturelle Rezeption Bearbeiten nbsp Buste des romischen Kaisers Gaius Caesar bekannt als Caligula Schon in der Antike wurden die Caligae als charakteristische Ausrustungsstucke der romischen Soldaten wahrgenommen und verschiedene Begriffe die sich auf den Militardienst beziehen greifen Caligae als Kennzeichen der Soldaten auf So wurden die Mannschaftsrange als milites caligatae bezeichnet und die aus ihnen hervorgehenden hoheren Range als milites ex caliga Juvenal charakterisiert in seiner dritten Satire unter den verschiedenen Menschen denen er in Rom begegnet Soldaten durch ihre genagelten Sohlen und beschreibt hier und spater wenn er vom Militardienst spricht den schmerzhaften Kontakt mit den genagelten Sohlen von Soldaten 21 In einer Szene des Romans Satyricon von Titus Petronius Arbiter versucht der Erzahler sich als Soldat auszugeben verrat sich aber durch seine weissen Schuhe 22 Caligae sind auch der Ursprung des Spitznamens Caligula kleiner Soldatenschuh Soldatenstiefelchen 23 also kleine Caliga des romischen Kaisers Gaius Caesar der auf dessen Kindheit im Feldlager seines Vaters Germanicus anspielt wo der Junge eine fur ihn angefertigte Miniaturausfuhrung der regularen Soldatenkleidung getragen haben soll 24 Auch spater soll er nach Sueton bevorzugt die caliga speculatoria der Pratorianer getragen haben 8 Spatestens im 4 Jahrhundert scheint man unter caligae nicht mehr ausschliesslich die klassischen Militarstiefel verstanden zu haben denn im Hochstpreisedikt des Kaisers Diokletian sind unter dieser Bezeichnung Schuhe ohne Nagel fur Bauern und Maultiertreiber mit einem Hochstpreis von 120 Denarii und ebenfalls ungenagelte Schuhe fur Soldaten mit 100 Denarii aufgefuhrt 25 Ob diese Schuhe sonst wie die klassischen Caligae konstruiert waren ist unbekannt 26 Der Begriff caliga taucht auch in mittelalterlichen Texten wie den Bekleidungsregeln fur Monche auf allerdings kann hier schon eine weitere Bedeutungsanderung stattgefunden haben so dass oft unklar ist ob damit eine Fussbekleidung oder Formen von Unterbekleidung gemeint sind 27 Spater werden als caligae die Strumpfe bezeichnet welche zusammen mit Pontifikalschuhen die Fussbekleidung von Bischofen und Abten beim Pontifikalamt bildeten Im 20 Jahrhundert wurden die Caligae als charakteristisches Merkmal in der Antike spielender Historienfilme wahrgenommen was sich in der Gattungsbezeichnung Sandalenfilm auch englisch sword and sandal und italienisch sandaloni niederschlagt Dabei treten Caligae auch anachronistisch in Epochen und Regionen auf in denen sie nicht getragen wurden so zum Beispiel bei den historisch barfuss kampfenden spartanischen Hopliten in Der Lowe von Sparta The 300 Spartans von 1960 28 In Anlehnung an die antiken Caligae werden auch verschiedene Ausfuhrungen moderner Sandalen als Romersandale bezeichnet diese sind allerdings in der Bauweise mit antiken Caligae nicht vergleichbar 29 Literatur BearbeitenWalter Hatto Gross Caliga In Der Kleine Pauly KlP Band 1 Stuttgart 1964 Sp 1015 Marcus Junkelmann Die Legionen des Augustus Der romische Soldat im archaologischen Experiment Kulturgeschichte der Antiken Welt Band 33 5 Auflage Philipp von Zabern Mainz 1991 ISBN 3 8053 0886 8 S 158 161 Norma Goldman Roman Footwear In Judith Lynn Sebesta Larissa Bonfante Hrsg The World of Roman Costume Univ of Wisconsin Press Madison 2001 ISBN 0 299 13854 2 S 122 123 Peter Knotzele Romische Schuhe Luxus an den Fussen Schriften des Limesmuseums Aalen Nr 59 Theiss Stuttgart 2007 ISBN 978 3 8062 2172 5 S 49 53 Josef Loffl Die romische Expansion Frank amp Timme Berlin 2011 ISBN 978 3 86596 286 7 S 328 334 Florian Himmler These boots are made for walking Rekonstruktionen romischer Stiefel im Langstreckentest In Christian Koepfer Florian Wolfgang Himmler Josef Loffl Hrsg Die romische Armee im Experiment Region im Umbruch Band 6 Frank amp Timme Berlin 2011 ISBN 978 3 86596 365 9 S 193 220 August Mau Caliga In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Band III 1 Stuttgart 1897 Sp 1355 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Caliga Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Romische Bewaffnung und Ausrustung bei die roemer online deAnmerkungen Bearbeiten Alois Walde Johann Baptist Hofmann Lateinisches etymologisches Worterbuch Indogermanische Bibliothek Abteilung 1 Sammlung indogermanischer Lehr und Handbucher Reihe 2 Worterbucher 1 Band 1 3 neubearbeitete Auflage Winter Heidelberg 1938 S 138 Digitalisat siehe auch Michiel de Vaan Etymological Dictionary of Latin and the other Italic Languages Brill Leiden 2008 S 83 Isidor von Sevilla Etymologiae 19 34 Karl Ernst Georges caliga In Ausfuhrliches lateinisch deutsches Handworterbuch 8 verbesserte und vermehrte Auflage Band 1 Hahnsche Buchhandlung Hannover 1913 Sp 927 928 Digitalisat zeno org Florian Himmler These boots are made for walking Berlin 2011 S 197 und Ross Cowan Romische Legionare Siegler Konigswinter 2007 ISBN 978 3 87748 658 0 S 26 Florian Himmler These boots are made for walking Berlin 2011 S 197 Ross Cowan Romische Legionare Siegler Konigswinter 2007 ISBN 978 3 87748 658 0 S 26 a b c Marcus Junkelmann Die Legionen des Augustus Mainz 1991 S 158 a b Sueton Caligula 52 Frank Russel Finding the Enemy Military Intelligence In Brian Campbell Lawrence A Tritle Hrsg The Oxford Handbook of Warfare in the Classical World Oxford University Press Oxford 2012 ISBN 978 0 19 971955 6 S 486 Norma Goldman Roman Footwear Madison 2001 S 123 a b Graham Sumner Roman Military Clothing 100 BC AD 200 Osprey Publishing Oxford 2002 ISBN 1 84176 487 6 S 40 Michael Simkins Die Romische Armee Siegler Sankt Augustin 2005 ISBN 3 87748 646 0 S 33 Norma Goldman Roman Footwear Madison 2001 S 123 und Marcus Junkelmann Die Reiter Roms Kulturgeschichte der Antiken Welt Band 53 4 Auflage Teil III Zubehor Reitweise Bewaffnung Philipp von Zabern Mainz 2008 ISBN 978 3 8053 1288 2 S 128 f Marcus Junkelmann Die Legionen des Augustus Mainz 1991 S 159 Marcus Junkelmann Die Legionen des Augustus Mainz 1991 S 159 f Flavius Josephus Judischer Krieg 6 85 Josef Loffl Die romische Expansion Frank amp Timme Berlin 2011 S 331 Peter Knotzele Romische Schuhe Luxus an den Fussen Theiss Stuttgart 2007 S 66 68 Marcus Junkelmann Die Reiter Roms Teil III Zubehor Reitweise Bewaffnung Kulturgeschichte der Antiken Welt Band 53 4 Auflage Philipp von Zabern Mainz 2008 ISBN 978 3 8053 1288 2 S 128 f Marcus Junkelmann Die Legionen des Augustus Mainz 1991 S 160 Juvenal Saturae 3 248 und 16 24 f Titus Petronius Arbiter Satyricon 82 Karl Ernst Georges caligula In Ausfuhrliches lateinisch deutsches Handworterbuch 8 verbesserte und vermehrte Auflage Band 1 Hahnsche Buchhandlung Hannover 1913 Sp 930 Digitalisat zeno org Pat Southern The Roman Army A Social and Institutional History Oxford University Press Oxford 2006 ISBN 978 0 19 532878 3 S 155 Ausfuhrlich zu den Aussagen des Hochstpreisedikts bezuglich des Schuhwerks siehe Peter Knotzele Romische Schuhe Luxus an den Fussen Theiss Stuttgart 2007 S 39 Norma Goldman Roman Footwear Madison 2001 S 122 Simon Tugwell Caligae and Other Items of Medieval Religious Dress A Lexical Study In Romance Philology Band 61 2007 S 1 23 hier S 1 Konstantinos P Nikoloutsos Reviving the Past Cinematic History and Popular Memory in The 300 Spartans 1962 In Classical World Band 106 Nr 2 2013 S 261 283 hier S 275 Romersandalen Riemchen erobern die Welt Spiegel Online nbsp Dieser Artikel wurde am 25 Februar 2020 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Caliga amp oldid 234174074