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Der Brandanschlag auf das Altenheim der Israelitischen Kultusgemeinde Munchen und Oberbayern fand abends am 13 Februar 1970 in Munchen statt Durch ihn wurden sieben judische Hausbewohner getotet Alle hatten die Zeit des Nationalsozialismus uberlebt zwei davon die NS Vernichtungslager Der Brandanschlag ist bis heute nicht aufgeklart wird aber einhellig als antisemitischer Massenmord eingestuft Von 2013 bis 2017 durchgefuhrte Nachermittlungen des Generalbundesanwalts ergaben keine neuen Spuren Einige Beweismittel hatte die Polizei in den 1990er Jahren vernichtet Inhaltsverzeichnis 1 Verlauf 2 Opfer 3 Erste Reaktionen 4 Ermittlungen 5 Zeitgeschichtliche Einordnungen 6 Gedenken 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseVerlauf BearbeitenZiel des Anschlags war das Gemeindezentrum der Israelitischen Kultusgemeinde Munchen und Oberbayern an der Synagoge an der Reichenbachstrasse Munchen im Stadtteil Ludwigsvorstadt Isarvorstadt In den oberen Etagen des Vorderhauses befand sich ein Altenheim In einigen seiner Mansardenwohnungen wohnten auch Studenten Unbekannte betraten vor 21 00 Uhr das Gebaude 1 fuhren mit dem Fahrstuhl nach oben verteilten in jedem Stockwerk des holzernen Treppenhauses ein Ol Benzin Gemisch und zundeten es am Ausgang an Das Feuer breitete sich wegen des Kamineffekts rasend schnell bis in die oberen Stockwerke aus und verhinderte so die Flucht durch das Treppenhaus 2 Um 20 58 Uhr alarmierte ein Nachbar die Feuerwehr deren erster Loschzug um 21 00 Uhr eintraf Weil der Sabbat begonnen hatte hielten sich beim Anschlag 50 Personen im Gebaude auf Die meisten konnten es unterstutzt von der Feuerwehr Munchen und Nachbarn rechtzeitig verlassen In ihren Zimmern Eingeschlossene konnten sich allenfalls uber das Dach retten 1 Opfer BearbeitenFunf Manner und zwei Frauen starben sechs davon erstickten oder verbrannten im Feuer ein Mann starb beim Sprung aus dem vierten Stock Eine Gedenkwand in der Synagoge an der Reichenbachstrasse nennt ihre Namen Rivka Regina Becher 59 Meir Max Blum 71 Rosa Drucker 59 Arie Leib Leopold Gimpel 50 David Jakubovicz 60 Siegfried Offenbacher 71 Eliakim Georg Pfau 63 Jakubovicz und Pfau hatten die Vernichtungslager der NS Zeit uberlebt 3 Jakubovicz hatte seine fur den 13 Februar 1970 geplante Ausreise nach Israel wegen des Sabbats kurzfristig auf den 15 Februar verschoben Er wollte in Israel seine letzten Lebensjahre verbringen Offenbacher der Gemeindebibliothekar war gleich nach dem Zweiten Weltkrieg nach Munchen zuruckgekehrt Blum war ein Jahr zuvor aus den USA nach Munchen gekommen um dort seinen Lebensabend zu verbringen Er starb unmittelbar nach seinem Sprung Eine der Eingeschlossenen rief in Todesangst aus einem der Fenster Wir werden vergast wir werden verbrannt 4 15 Personen wurden verletzt 5 Die Buchbestande der Gemeindebibliothek wurden grossenteils verbrannt und zerstort 6 Die Anschlage des Februar 1970 veranderten die Situation der in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Juden nachhaltig und wurden als Zasur wahrgenommen Seitdem wurden judische und israelische Einrichtungen in der ganzen Bundesrepublik und weiteren Staaten Europas unter verstarkten Polizeischutz gestellt 7 Dagegen hatten sich die judischen Burger bis dahin erfolgreich gewehrt 5 Erste Reaktionen BearbeitenDer Anschlag loste in der ganzen Bundesrepublik grosse Betroffenheit Trauer und Emporung aus Der Munchner Rabbiner Hans Grunewald nahm anfangs einen Unfall an Wir sind eine so kleine judische Gemeinde in Munchen Ich will es einfach nicht glauben dass es sich hier um Brandstiftung handelt Im ausgebrannten Altenheim lag eine Kondolenzliste aus Der Munchner Oberburgermeister Hans Jochen Vogel appellierte an alle Burger der Stadt sich dort einzutragen Munchner gebt diesen Toten die letzte Ehre 1 Nachdem Brandstiftung erwiesen war forderte der Zentralrat der Juden in Deutschland Konsequenzen gegen Drahtzieher und Organisationen die zu derartigen Verbrechen anstiften 8 Maximilian Taucher der damalige Prasident der judischen Gemeinde in Munchen sagte bei der Trauerrede der Anschlag sei nicht nur gegen die Munchner Juden sondern gegen alle Juden in Deutschland und auf der ganzen Welt gerichtet gewesen 3 Hans Lamm der kurz darauf sein Nachfolger wurde verzichtete auf Vermutungen uber Identitat und Herkunft der Tater 9 Bei der Trauerfeier waren die hochsten Vertreter der Bundesregierung anwesend Bundesprasident Gustav Heinemann verurteilte die Tat Sie sei besonders widerlich weil die Opfer schon in der Vergangenheit so viel gelitten hatten Bundeskanzler Willy Brandt erklarte dass alles getan werde um den oder die Tater zu finden Bundesinnenminister Hans Dietrich Genscher versprach 3 Das deutsche Volk wird niemals mehr zulassen dass auf seinem Gebiet Gewalt und Terror regieren Es wird niemals mehr zulassen dass bestimmte Gruppen von Menschen ausserhalb der Gemeinschaft gestellt werden Sie alle die Sie heute hier sind sind Zeugen dieses Versprechens Der Bundestag gedachte zu Beginn seiner Sitzung am 17 Februar 1970 der Opfer 10 Der AStA der Ludwig Maximilians Universitat Munchen verurteilte die Tat als Verbrechen und sagte eine geplante Demonstration gegen den Besuch des israelischen Aussenministers Abba Eban ab 5 Heinz Galinski der damalige Vorsitzende der judischen Gemeinde in Berlin vermutete linksradikale Tater In einem Kommentar schrieb er die drohende Zuspitzung habe sich am 9 November 1969 beim Anschlagsversuch auf das Judische Gemeindehaus in West Berlin wahrend einer Gedenkfeier fur die Novemberpogrome 1938 angekundigt Nachdem dieser gescheitert war sei den Attentatern in Munchen gelungen was sie in Berlin vorgehabt hatten 2 Die Behorden setzten 100 000 DM Belohnung zur Ergreifung der Tater aus die bis dahin hochste Summe der bundesdeutschen Kriminalgeschichte 5 Je ein Viertel davon hatten die Bundesregierung die Bayerische Staatsregierung die Stadt Munchen und der Axel Springer Verlag gestiftet 11 Die zum Springerverlag gehorende Zeitung Bild am Sonntag beschuldigte schon zwei Tage nach dem Anschlag die Westdeutsche Studentenbewegung der 1960er Jahre und verknupfte deren Protestaktionen gegen ein Verlagsgebaude von 1968 mit dem Mord an Juden Vorgestern brannte ein Zeitungswagen und heute verbrennen Juden in einem Altersheim 12 Der CSU Vorsitzende Franz Josef Strauss bezeichnete den Brandanschlag als Ergebnis sozialliberaler Regierungspolitik die das Verbrechen und die Kriminalitat nicht mehr unter Kontrolle habe 5 Ermittlungen BearbeitenDie Stadtpolizei Munchen stellte als Beweisstucke einen 20 Liter fassenden Kanister mit der Aufschrift Aral sicher aus dem ein Benzin Ol Gemisch in das Treppenhaus geschuttet worden war und ein Stuck des braunen Packpapiers in das der Kanister eingewickelt war als er in das Haus getragen wurde Am Tatort wurden keine Hinweise darauf gefunden dass mehr als eine Person an der Tat beteiligt war 5 Diese wurde wegen des vorsatzlich im ganzen Treppenhaus verteilten Benzins als Mordanschlag gewertet 4 Zur Aufklarung richtete die Polizei eine Sonderkommission ein die durch Beamte des Bundeskriminalamtes auf 60 Personen verstarkt wurde 8 Die Sonderkommission prufte die rund 300 bayerischen Auslandervereinigungen von denen etwa 30 als politisch extrem galten sowie damals durch Flugblatter oder Ausserungen aufgefallene radikale Gruppen und Einzelganger darunter alle rund 100 Angehorigen der anti israelischen Organisationen Munchner Palastina Komitee und Generalunion palastinensischer Studenten Aus der Bevolkerung gingen hunderte Hinweise ein die meist wenig wertvoll waren 12 Die Ermittler vermuteten 1970 zunachst Rechtsextreme oder Palastinenser als mogliche Tater Eine Gruppe palastinensischer Terroristen hatte damals von Munchen aus eine Anschlagsreihe auf Passagierflugzeuge organisiert die Israel anflogen 10 17 und 21 Februar 1970 48 Tote 2 Drei am 10 Februar festgenommene Palastinenser bekannten sich zu den Flugzeuganschlagen bestritten aber etwas mit dem Brandanschlag auf das judische Altersheim zu tun zu haben 3 Die palastinensische Terrorgruppe Action Organization for the Liberation of Palestine AOLP bekannte sich zu dem Angriff auf ein Flugzeug der israelischen Fluggesellschaft El Al auf dem Flughafen Munchen Riem am 10 Februar 1970 Ihr Leiter Issam Sartawi erklarte am 19 Februar 1970 im ZDF seine Organisation habe mit dem Brandanschlag in der Reichenbachstrasse nichts zu tun 13 Am 4 Marz 1970 ging im deutschen Konsulat in Kuwait jedoch ein handschriftliches Bekennerschreiben der AOLP ein Man habe die Tat von Munchen mithilfe junger Deutscher ausgefuhrt 14 Ein anonymes Schreiben bezichtigte einen Funktionar der NPD mit dem Anschlag zu tun zu haben Es erwies sich laut Staatsanwaltschaft Munchen nach Durchsuchungen Schriftvergleichsproben und Urkundenuntersuchungen aber als gefalscht 15 Die Tupamaros Munchen distanzierten sich am 20 Februar 1970 mit einer Verschworungstheorie von Verdachtigungen Wir treffen keine Unschuldigen Diesen neuen Reichstagsbrand im Altersheim konnen nur Leute gelegt haben die dran interessiert sind die Hexenjagd auf die Feinde des US zionistischen Imperialismus zu eroffnen 16 Ein mit ihrem Kurzel TM unterzeichneter Brief an eine Presseagentur forderte am selben Tag Freiheit fur einen Genossen und bedrohte dessen Strafverfolger Am 23 Februar warfen Unbekannte Molotowcocktails in das Wohnzimmer des Munchner Amtsrichters der den Aktivisten verurteilt hatte 2 Daher verdachtigte die Sonderkommission am 8 Marz 1970 namentlich Fritz Teufel den Grunder der Tupamaros Munchen und Dieter Kunzelmann den Grunder und Leiter der Tupamaros West Berlin als mogliche Tater auch des Munchner Brandanschlags 17 Sie wurden zur Fahndung ausgeschrieben Teufel wurde am 12 Juni 1970 aufgrund anderer Vorwurfe verhaftet Kunzelmann am 19 Juli Bei ihm fand man Belege fur Kontakte mit Palastinensern und Uberlegungen zum Ausspahen von Flughafen aber keine Hinweise auf den Munchner Brandanschlag Die Indizien reichten in keinem Verdachtsfall fur eine Anklage Die Ermittlungen wurden ergebnislos eingestellt 2 Im Juli 2012 gab die Staatsanwaltschaft Munchen an ein Zeuge habe behauptet er konne entscheidende Angaben zu den Attentatern machen Obwohl seine Aussagen teilweise falsch gewesen seien prufe man Nachermittlungen Dazu holte man die Fahndungsakten von 1970 aus dem Polizeiarchiv und wollte auf dem Benzinkanister gefundene Fingerabdrucke auf DNA Material untersuchen Dabei stellte sich heraus dass die Polizei die Klebestreifen mit den Fingerabdrucken verlegt hatte 4 Die Staatsanwaltschaft betonte kurz darauf dass sie den Zeugen schon seit 2007 kenne seine Angaben sich als unzutreffend erwiesen hatten und es keine erfolgversprechende neue Spur gebe 18 Am 19 August 2013 ubernahm die Bundesanwaltschaft die Nachermittlungen weil der Brandanschlag sich vermutlich gegen die Juden insgesamt gerichtet habe 19 Sie vermutete einen Zusammenhang mit dem Anschlag auf den Munchner Amtsrichter vom 23 Februar 1970 Der Zeuge hatte im Juli 2012 seine Beteiligung daran gestanden und ausgesagt er kenne die Haupttater Mit Bezug darauf erklarte die Bundesanwaltschaft zunachst nach bisherigem Ermittlungsstand kamen die bislang unbekannten Tater von den Tupamaros und der Aktion Sudfront Munchen 20 Am 23 November 2017 stellte der Generalbundesanwalt die Ermittlungen mangels weiterer erfolgversprechender Ermittlungsansatze ein Die Ermittlungen hatten keine Aufklarung der Tat erbracht Es gebe keine ausreichenden Verdachtsmomente gegen eine bestimmte Person oder Gruppe Besonders die in einem Medienartikel behauptete Verbindung zu einem namentlich benannten Mitglied der Tupamaros Munchen habe sich als nicht belastbar erwiesen Er stellte klar dass man auch nochmals nach Indizien fur rechtsextreme Tater gesucht hatte 21 Auf eine parlamentarische Anfrage der Partei Die Linke antwortete die Bundesregierung am 25 Marz 2020 moglichen damaligen Kenntnissen des Verfassungsschutzes zu dem Anschlag werde nicht nachgegangen Die Auswertung damaliger Akten von V Leuten sei personell zu aufwandig weil in jedem Einzelfall das staatliche Geheimschutzinteresse gegen das Informationsrecht des Bundestages abzuwagen sei Die zustandigen Ermittler hatten keine Akten von den Nachrichtendiensten des Bundes und der Lander angefordert Auch der Generalbundesanwalt habe die Identitaten von Informanten des Verfassungsschutzes nicht erbeten Von 277 damaligen Hinweisen aus der Bevolkerung hatten sich 199 als echte Spuren erwiesen 80 davon habe das LKA Bayern der politisch motivierten Auslanderkriminalitat zugeordnet 23 dem linksextremen 25 dem rechtsextremen Bereich Aus keinem Hinweis habe sich jedoch ein konkreter und belastbarer Verdacht ableiten lassen Auf dem in den 1990er Jahren zerstorten Benzinkanister seien keine Fingerabdrucke gefunden worden Warum andere Beweisstucke aus der Asservatenkammer des LKA Bayern verschwanden konnte die Regierung nicht beantworten 22 Zeitgeschichtliche Einordnungen BearbeitenSozialwissenschaftler und Historiker stellen den unaufgeklarten Brandanschlag mit anderen damaligen Gewalttaten in eine Reihe den Anschlagen auf die israelische Botschaft im September 1969 dem Anschlagsversuch auf das Judische Gemeindehaus West Berlin am 9 November 1969 23 den Anschlagen palastinensischer Terroristen gegen Israelfluge vom 10 bis 21 Februar 1970 insgesamt 48 Tote der Schandung der Synagoge an der Reichenbachstrasse Munchen im Juni 1970 7 der Geiselnahme von Munchen bei der Sommerolympiade 1972 17 Todesopfer 24 Der Politikwissenschaftler Hans Karl Rupp erinnerte daran dass der Munchner Brandanschlag nur Monate nach Beginn der sozialliberalen Regierungskoalition stattfand die die Beziehungen zu Israel normalisieren wollte 24 Nach dem Antisemitismusforscher Werner Bergmann war das gesellschaftliche Leitthema damals die Auseinandersetzung mit der APO und der Studentenbewegung Die Neue Linke habe den Staat Israel nach dem Sechs Tage Krieg zunehmend in ihre Imperialismuskritik einbezogen und palastinensische Terrorgruppen hatten mit ihren Anschlagen gegen judische und israelische Ziele Antizionismus und Antisemitismus untrennbar verbunden 23 Der Historiker Michael Brenner arbeitet heraus dass sich mit dem Terror fur die in Munchen lebenden Juden ein Gefuhl der Bedrohung einstellte verstarkt durch die damaligen Wahlerfolge der NPD 7 Dem Historiker Wolfgang Kraushaar gelang es 2005 Albert Fichter als Haupttater des Anschlagsversuchs vom 9 November 1969 in Westberlin zu enttarnen Fichter gehorte bis dahin zu den Tupamaros West Berlin und hatte die Zeitbombe deponiert die nicht explodierte Seine Gruppe hatte sich dann zu dem Anschlag bekannt 25 Dieter Kunzelmann gilt als dessen wahrscheinlicher Initiator Er hatte sich gebrustet er habe im Oktober 1969 bei der Fatah in Jordanien genau gelernt wie man Zeitbomben herstellt 26 Im April 1970 hatte er in einem fingierten Brief aus Amman der in der Szenezeitschrift Agit 883 erschien zum bewaffneten Kampf und zur Solidaritat mit den Zielen der Fatah aufgerufen die nur der vom Holocaust verursachte Judenknax verhindere 27 Er forderte palastinensische Todeskommandos wie das auf dem Flughafen Munchen Riem durch besser organisierte zielgerichtetere deutsche Guerilla Kampfer zu ersetzen Zudem bezeichnete er den Munchner Brandanschlag als zionistisches Massaker mit dem Zweck die in Deutschland lebenden Juden durch Angstterror zur Emigration nach Israel zu drangen Damit gab er Zionisten Juden in typischer Tater Opfer Umkehr die Schuld an dem Massenmord 2 Kraushaar trug 2012 in einem weiteren Buch alle Indizien zusammen die aus seiner Sicht fur die Beteiligung der Tupamaros Munchen am dortigen Anschlag sprachen 28 Auch Georg M Hafners Dokumentarfilm vom Juli 2012 an dem Kraushaar als Berater mitwirkte erneuerte diesen Verdacht und nannte Kunzelmanns Kontakte zur Fatah eine Aussage Gerhard Mullers von 1976 und weitere Aussagen ehemaliger RAF Mitglieder als Hinweise auf die Tupamaros Munchen 29 Bommi Baumann ehemaliges Mitglied der umherschweifenden Haschrebellen und der Bewegung 2 Juni erklarte dagegen im Mai 2013 in einem Interview Das waren keine Linken Kunzelmann habe ihm erzahlt er habe im Februar 1970 gleich bei Fritz Teufel angerufen der jede Beteiligung bestritten habe 30 Die Berliner Tupamaros hatten damals selbst nicht an die Taterschaft ihrer Munchner Genossen geglaubt aber dort nachgefragt und sich vergewissert Kunzelmann sei so eine Tat zuzutrauen gewesen aber fur Fritz Teufel lege er Baumann seine Hand ins Feuer 18 Der Historiker Olaf Kistenmacher vermutete 2018 wegen der verteilten Brandbeschleuniger dass mehrere Personen das Feuer legten Er erinnerte daran dass die in der linksradikalen Szene ublichen Bekennerschreiben hier fehlten anders als zuvor beim Anschlagsversuch auf das Judische Gemeindehaus in Berlin Das Bekenntnis der Westberliner Tupamaros dazu sei typisch fur den damaligen Antisemitismus der Linken gewesen so dass sogar der SDS auch in Munchen linke Tater vermutet habe Doch die Bundesanwaltschaft habe von 2013 bis 2017 auch nochmals in Richtung der rechtsextremen Szene ermittelt Alle sieben Opfer seien Holocaustuberlebende gewesen Das Anschlagsziel einer judischen Einrichtung mit Holocaustuberlebenden selbst spreche auch fur Rechtsextreme Der Anschlag sei weithin vergessen worden weil die Olympiageiselnahme von 1972 ihn uberschattet habe Er konne sich aber nicht vorstellen dass es niemanden mehr gibt der einen Tater oder eine Taterin kennt 31 2019 richtete Christian Springer mit einem Video einen Aufruf an Tater oder Mitwisser sich zu melden und den Anschlag aufzuklaren Ein Jahr spater installierte er zum Gedenken an den 50 Jahrestag des Anschlags einen Container als mobilen Gedenkort Dabei erneuerte er seinen Aufruf 32 nbsp Gedachtniscontainer zum 50 Jahrestag auf dem Gartnerplatz Februar 2020 nbsp Der Container mit dem Gebaude des Anschlags im HintergrundGedenken BearbeitenZum 50 Jahrestag des Anschlags am 13 Februar 2020 wurde auf Initiative von Christian Springer auf dem benachbarten Gartnerplatz ein Container mit Fotografien und Informationen zum Anschlag sowie einer Liste der Ermordeten aufgestellt Der damals 13 jahrige Richard C Schneider erlebte den Anschlag als seine Bar Mitzwah Feier im Restaurant des betroffenen Gebaudes wegen des Brandes abgebrochen wurde und alle fliehen mussten Seine Eltern hatten das Restaurant zuvor eigens renovieren lassen bis der Brand es zerstorte Er ordnete diesen damals wie heute Februar 2020 als Angriff auf alle Juden in Deutschland ein der sein Heimatgefuhl und das der ganzen Synagogengemeinde zerstort habe Auch die alteren Getoteten hatten zur Gemeinde gehort Dass ausgerechnet diese Uberlebenden der Shoa getotet wurden habe ein Gefuhl von Es hat sie doch noch eingeholt in Deutschland ausgelost Trotz des allgemeinen Schocks sei die Gemeinde nicht wirklich uberrascht gewesen weil die Generation der Nazis noch prasent war Sofort nach dem Attentat habe seine Familie uber Bleiben oder gehen diskutiert Obwohl sie sich fur das Bleiben entschieden habe der Anschlag auch der jungeren Generation klargemacht dass sie sich in Deutschland auf unsicherem Terrain befinde Das judische Zentrum sei damals vollig unbewacht gewesen weil niemand so einen Anschlag erwartet habe Ein Bewusstsein fur Terrorismus habe es damals noch nicht gegeben Dass man in Bayern vor allem Linksextreme verdachtigte habe politische Grunde Nazis als Tater das ware auch aussenpolitisch eine Katastrophe gewesen Der Anschlag sei darum wegen fehlender Aufklarung und des Olympiaattentats von 1972 rasch verdrangt worden Auch die Gemeinde selbst habe bald ein neues Gemeindehaus gebaut Fur ihn personlich sei irrelevant ob die Tater links oder rechtsextrem waren weil Antisemitismus fur Juden immer dieselben Folgen habe Man musse aber diskutieren aus welcher Richtung die Bedrohung heute grosser sei Ein wurdiges Gedenken seien Demonstrationen vor Ministerien die Synagogen wie beim Anschlag in Halle Saale 2019 nicht vor Anschlagen geschutzt hatten Dabei gehe es nicht nur um die betroffenen Juden sondern um die liberale Gesellschaft 33 Literatur BearbeitenPetra Cichos Mordakte Brandanschlag judisches Altersheim Munchen 1970 Cichos Press Munchen 2023 ISBN 3 9822373 2 7 Olaf Kistenmacher Nie aufgeklart und fast vergessen Der Anschlag auf die Israelitische Kultusgemeinde Munchen im Februar 1970 In Jalta Positionen zur judischen Gegenwart 2 2019 S 122 130 Wolfgang Kraushaar Wann endlich beginnt bei Euch der Kampf gegen die heilige Kuh Israel Munchen 1970 uber die antisemitischen Wurzeln des deutschen Terrorismus Rowohlt Reinbek 2013 ISBN 978 3 498 03411 5 Rezension von Daniel Frick Februar 2013 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Gedachtnis Container Gartnerplatz Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Olaf Kistenmacher Antisemitischer Anschlag in Munchen 1970 Hilfe wir werden verbrannt Spiegel online 11 Februar 2020 Hilfe wir werden verbrannt reichenbach anschlag de 2020Einzelnachweise Bearbeiten a b c Miryam Gumbel Ein Anruf an Schabbat Vor vierzig Jahren verubten Unbekannte einen Brandanschlag auf das Gemeindehaus Judische Allgemeine 11 Februar 2010 a b c d e f Wolfgang Kraushaar Elf Tage im Februar Welt online 22 September 2012 a b c d Jewish Telegraph Agency 16 Februar 1970 Fire Kills Seven Elderly Jews Pres Heinemann Denounces Arsonists a b c Ein kalter Fall der weiter schwelt Focus 2 Juli 2012 a b c d e f Brand ohne heisse Spur Emporung uber das Feuer im judischen Altersheim Die Zeit 20 Februar 1970 Herta Garfinkiel Bibliothek der Israelitischen Kultusgemeinde Munchen und Oberbayern Dezember 1993 In Bernhard Fabian Hrsg Handbuch der historischen Buchbestande in Deutschland Digitalisiert von Gunter Kukenshoner Olms Neue Medien Hildesheim 2003 a b c Richard Bauer Michael Brenner Judisches Munchen Vom Mittelalter bis zur Gegenwart Beck Munchen 2006 ISBN 3 406 54979 9 S 209 a b Die Zeit 20 Februar 1970 Emporung uber Anschlag Brand in judischem Altersheim noch nicht aufgeklart Charlotte Knobloch Andrea Sinn Und ich lebe wieder an der Isar Exil und Ruckkehr des Munchner Juden Hans Lamm Oldenbourg Munchen 2008 ISBN 978 3 486 58395 3 S 157 Wolfgang Kraushaar Wann endlich beginnt bei Euch der Kampf gegen die heilige Kuh Israel Reinbek 2013 S 146 Wolfgang Kraushaar Wann endlich beginnt bei Euch der Kampf gegen die heilige Kuh Israel Reinbek 2013 S 98 a b Stange im Nebel Der Spiegel 23 Februar 1970 Wolfgang Kraushaar Wann endlich beginnt bei Euch der Kampf gegen die heilige Kuh Israel Reinbek 2013 S 147 f Wolfgang Kraushaar Wann endlich beginnt bei Euch der Kampf gegen die heilige Kuh Israel Reinbek 2013 S 120 f Georg M Hafner Munchen 1970 Als der Terror zu uns kam Fernsehdokumentation 57 19 Min 57 36 Min Wolfgang Kraushaar Wann endlich beginnt bei Euch der Kampf gegen die heilige Kuh Israel Reinbek 2013 S 139 Wolfgang Kraushaar Wann endlich beginnt bei Euch der Kampf gegen die heilige Kuh Israel Reinbek 2013 S 119 a b Andre Anchuelo Sieben Mordopfer und noch immer keine Spur Judische Allgemeine 12 Juli 2012 Anschlag auf judisches Altersheim Anklager vermuten Tater im linksextremen Milieu Spiegel online 30 September 2013 Martin Krauss Spate Ermittlungen Anschlag auf Gemeindezentrum von 1970 wird wieder aufgerollt Judische Allgemeine 19 August 2013 Ermittlungen wegen des Brandanschlags auf die Israelitische Kultusgemeinde am 13 Februar 1970 in Munchen mangels weiterer erfolgversprechender Ermittlungsansatze eingestellt Generalbundesanwalt de 23 November 2017 Olaf Kistenmacher Mord ohne Morder Jungleworld 21 Dezember 2017 Michael Thaidigsmann Antisemitismus Keine Unterlagen vom Verfassungsschutz Judische Allgemeine 25 Marz 2020 a b Werner Bergmann Antisemitismus in offentlichen Konflikten Kollektives Lernen in der politischen Kultur der Bundesrepublik 1949 1989 Campus Frankfurt am Main 1997 ISBN 3 525 37010 5 S 314 a b Hans Karl Rupp Jochen Fischer Politik nach Auschwitz Ausgangspunkte Konflikte Konsens Ein Essay zur Geschichte der Bundesrepublik Lit Verlag Munster 2005 ISBN 3 8258 7129 0 S 58 Wolfgang Kraushaar Die Bombe im Judischen Gemeindehaus Hamburger Edition Hamburg 2005 ISBN 3 936096 53 8 S 164 Willi Winkler Die Geschichte der RAF Rowohlt 2007 ISBN 978 3 87134 510 4 S 246 Gotz Aly Unser Kampf 1968 ein irritierter Blick zuruck Fischer Frankfurt am Main 2008 ISBN 3 10 000421 3 S 162 Aribert Reimann Dieter Kunzelmann Avantgardist Protestler Radikaler Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2009 ISBN 3 525 37010 5 S 249 Gerrit Bartels Zeitgeschichte Den Brandstiftern auf der Spur Tagesspiegel 25 Februar 2013 Jochen Hieber Linker Antisemitismus und vergeudete Zeit FAZ 16 Juli 2012 Susanne Knaul Dokumentation uber die radikale Linke Held der Anklage taz 17 Juli 2012 Wolfgang Gast Stefan Reinicke Im Nachhinein ist jeder schlauer Interview mit Bommi Baumann taz 13 Mai 2013 Felix Muller Attentat auf judisches Altenheim Der vergessene Anschlag Interview mit Olaf Kistenmacher Abendzeitung 6 Februar 2018 Offentlicher Appell Tater Mitwisser Redet endlich Suddeutsche Zeitung SZ 12 Februar 2019 Niclas Seydack Antisemitismus Das Schweigen nach dem Brand Die Zeit Nr 8 13 Februar 2020 Felix Muller AZ Interview zum Brand des Gemeindehauses 1970 Richard C Schneider Als wenn Sie ihr Elternhaus zerstort sehen Abendzeitung Munchen 12 Februar 202048 130691 11 576044 Koordinaten 48 7 50 5 N 11 34 33 8 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Brandanschlag auf das Altenheim der Israelitischen Kultusgemeinde in Munchen amp oldid 235989124