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Die Bewegung 2 Juni war eine in den 1970er Jahren in West Berlin aktive linksextreme terroristische Vereinigung 1 Sie wurde nach dem Todesdatum von Benno Ohnesorg benannt der bei einer Demonstration am 2 Juni 1967 in West Berlin von dem Berliner Polizisten Karl Heinz Kurras erschossen worden war Sie selbst sahen und bezeichneten sich als Stadtguerilla Emblem der Bewegung 2 Juni Nachdem Georg von Rauch am 4 Dezember 1971 beim Versuch seiner Festnahme erschossen worden war fanden zum Jahreswechsel 1971 72 in Berlin Treffen verschiedener linker teils gewaltbereiter Gruppen statt Sie diskutierten ihren Zusammenschluss und grundeten im Januar 1972 die Bewegung 2 Juni Diese verubte eine Reihe von terroristischen Bombenattentaten Bankuberfallen und Entfuhrungen von Funktionstragern des Staates und aus der Wirtschaft Der Prasident des Berliner Kammergerichts Gunter von Drenkmann wurde 1974 bei einem fehlgeschlagenen Entfuhrungsversuch erschossen Durch die Entfuhrung des CDU Spitzenkandidaten zur Abgeordnetenhauswahl in Berlin 1975 Peter Lorenz erpresste die Bewegung 2 Juni die Freilassung mehrerer verurteilter Terroristen 2 Am 2 Juni 1980 erklarte die Organisation ihre Selbstauflosung Einige ihrer Aktivisten schlossen sich der Rote Armee Fraktion RAF an Inhaltsverzeichnis 1 Mitglieder und Selbstverstandnis 2 Geschichte und Terroranschlage 3 Selbstauflosung 4 Weblinks 5 Literatur 6 EinzelnachweiseMitglieder und Selbstverstandnis BearbeitenMitglieder waren unter anderem Michael Baumann Verena Becker Ronald Fritzsch Robert Jarowoy Norbert Krocher Gabriele Krocher Tiedemann Juliane Plambeck Ralf Reinders Gabriele Rollnik Werner Sauber Ingrid Siepmann Fritz Teufel Inge Viett Till MeyerZu den damaligen Grundungsmotiven schrieben die Mitgrunder Reinders und Fritzsch 1995 3 Die eigentliche Politisierung kam erst mit der Erschiessung Benno Ohnesorgs am 2 Juni 1967 Nach all den Prugeln und Schlagen hatten wir das Gefuhl dass die Bullen auf uns alle geschossen haben Gegen Prugel konntest du dich ja ein Stuck weit wehren Dass aber einfach jemand abgeknallt wird ging ein Stuck weiter Geschichte und Terroranschlage BearbeitenAm 2 Februar 1972 verubte die Bewegung 2 Juni einen Sprengstoffanschlag auf den Britischen Yachtclub und zwei PKW der in Berlin stationierten Alliierten Streitkrafte Die Aktionen standen im Zusammenhang mit dem Bloody Sunday im nordirischen Derry Der als Hausmeister tatige Bootsbauer Erwin Beelitz fand im Britischen Yachtclub in Berlin Kladow eine der abgelegten Bomben und nahm sie an sich Als er sie in einen Schraubstock spannte und mit Hammer und Meissel bearbeitete explodierte sie Beelitz starb Nachdem Thomas Weisbecker am 2 Marz 1972 bei einem Festnahmeversuch in Augsburg erschossen worden war verubte die Bewegung 2 Juni am 3 Marz einen Sprengstoffanschlag auf das Landeskriminalamt Berlin Auf ihrem kurzen Flugblatt Jetzt reicht s bezog sie sich mit dieser Aktion auch auf die bei der Festnahme bzw bei einer Schiesserei erschossenen Petra Schelm und Georg von Rauch Am 5 Mai verubte die Bewegung 2 Juni einen Brandanschlag auf die juristische Fakultat nachdem Verfahren gegen Polizeibeamte die Terroristen erschossen hatten eingestellt worden waren Als Zeichen des Protests gegen den Vietnamkrieg und die Wiederaufnahme der Kriegshandlungen beschloss die Terrorgruppe im Sommer 1972 Anschlage auf amerikanische Einrichtungen in Berlin zu veruben Am 11 April 1972 positionierten Ulrich Schmucker und Harald Sommerfeld gegen Mitternacht an einem Kellerfenster des im Harnack Haus untergebrachten Offiziersclubs in Berlin Dahlem einen Sprengsatz Die Eheleute Mahn platzierten parallel dazu einen Sprengsatz an einem PKW des Pressechefs der amerikanischen Streitkrafte Passanten entdeckten gegen 2 Uhr nachts die an dem PKW angebrachten Benzinkanister die daraufhin von einem Spezialkommando der Polizei entscharft wurden Nachdem der Sprengsatz am Harnack Haus auch am Morgen nicht detoniert war alarmierte Sommerfeld die Polizei um zu verhindern dass erneut Zivilisten sterben wurden 4 5 Inge Viett brach im August 1973 aus der Frauenhaftanstalt Lehrter Strasse in West Berlin aus Vom 13 September 1974 bis 5 Februar 1975 traten Gefangene der RAF der Bewegung 2 Juni und andere in einen Hungerstreik Sie forderten Normalvollzug und Gleichstellung aller Gefangenen und protestierten gegen Sonderhaftbedingungen Es wurde eine Magna Charta als Grundlage fur eine gemeinsame Plattform aller Gefangenen diskutiert Einen Tag nach dem Hungerstreiktod des RAF Mitgliedes Holger Meins wurde der Prasident des Berliner Kammergerichts Gunter von Drenkmann bei einem gescheiterten Entfuhrungsversuch am 10 November 1974 erschossen Am 5 Juni 1974 wurde im Grunewald das Gruppenmitglied Ulrich Schmucker ermordet Die Tat wurde anfangs als Fememord durch Mitglieder der Bewegung 2 Juni angesehen da ruchbar geworden war dass er als Verbindungsmann fur den Verfassungsschutz Berlin tatig war Er hatte sich im Jahr 1972 der Gruppe angeschlossen Noch bevor er seinen ersten Anschlag begehen konnte mit dem er vorgehabt hatte eine Bombe am turkischen Generalkonsulat in der damaligen Hauptstadt Bonn anzubringen war er mit drei Terroristen Inge Viett Wolfgang Knupe und Harald Sommerfeld festgenommen worden In der Haft begann er eine Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz Laut seinen Tagebuchern tat er dies aber nur zum Schein Er suchte wieder Anschluss in Berlin die Personen in der Szene trauten ihm jedoch nicht mehr so recht Der Mord an Schmucker wurde trotz des 17 Jahre andauernden Schmucker Prozesses nie aufgeklart Am 27 Februar 1975 wurde drei Tage vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus der Spitzenkandidat der CDU Peter Lorenz entfuhrt Er wurde funfeinhalb Tage in einem extra ausgebauten Keller unter einem Laden in der Kreuzberger Schenkendorfstrasse 7 gegenuber dem Kreuzberger CDU Buro gefangen gehalten Im Austausch mit Lorenz wurden zwei nach dem Tod von Holger Meins inhaftierte Demonstranten freigelassen sowie Verena Becker Gabriele Krocher Tiedemann Ingrid Siepmann Rolf Pohle und Rolf Heissler in Begleitung des Pfarrers Heinrich Albertz in den Sudjemen ausgeflogen Albertz war von der Bewegung 2 Juni ausgewahlt worden da er am 26 September 1967 wegen der Erschiessung Benno Ohnesorgs als Berliner Burgermeister zuruckgetreten war und sich in der Folgezeit kritisch mit den Ereignissen rund um die Demonstration am 2 Juni 1967 in West Berlin auseinandergesetzt hatte Horst Mahler lehnte seinen ebenfalls geforderten Austausch ab Seine Erklarung dazu verlas er am 1 Marz kurz vor 24 Uhr in der Tagesschau 6 Bei zwei Bankuberfallen am 30 und 31 Juli 1975 wurden 100 000 DM erbeutet Am 7 Juli 1976 brachen Monika Berberich Inge Viett Gabriele Rollnik und Juliane Plambeck aus der Frauenhaftanstalt Lehrter Strasse aus Fur Viett war es der zweite Ausbruch aus derselben Haftanstalt Der osterreichische Unternehmer Walter Michael Palmers wurde am 9 November 1977 in Wien entfuhrt und nach einer Zahlung von 31 Millionen Schilling nach 100 Stunden Gefangenschaft am 13 November 1977 freigelassen 7 In der Folge wurden Thomas Gratt und Othmar Keplinger am 23 November 1977 in Chiasso sowie Reinhard Pitsch am 28 November 1977 in Wien festgenommen und spater verurteilt Ein Teil des erbeuteten Losegeldes tauchte bei der Festnahme von Gabriele Krocher Tiedemann und Christian Moller am 20 Dezember 1977 in Fahy auf 8 Am 27 Mai 1978 wurde Till Meyer von dem Kommando Nabil Harb das aus Inge Viett und einer weiteren Terroristin bestand aus der Justizvollzugsanstalt Moabit befreit 9 10 Die beabsichtigte Befreiung von Andreas Vogel konnte verhindert werden Till Meyer Gabriele Rollnik Gudrun Sturmer und Angelika Goder wurden am 21 Juni 1978 im bulgarischen Burgas von deutschen Zielfahndern verhaftet 8 9 die Verhafteten hatten einen Teil des durch die Palmers Entfuhrung erpressten Losegeldes bei sich 8 Zur Zeit dieser Festnahmen hielten sich auch die Terroristinnen Inge Viett Ingrid Siepmann und Regine Nikolai in Bulgarien auf 11 Sie setzten sich am 27 Juni 1978 nach Prag ab wo sie bei der Ankunft von der tschechoslowakischen Staatssicherheit verhaftet wurden 12 Die drei Terroristinnen wurden dann an die Staatssicherheit der DDR ubergeben 11 Sie hielten sich vom 28 Juni bis zum 12 Juli 1978 in einem Objekt der Staatssicherheit in der DDR auf bevor sie nach Bagdad ausgeflogen wurden 13 Selbstauflosung BearbeitenAm 2 Juni 1980 erklarte die Bewegung 2 Juni ihre Selbstauflosung 9 Einige Mitglieder darunter Inge Viett und Juliane Plambeck schlossen sich der RAF an 9 In einem von Gabriele Rollnik im Gerichtssaal vorgetragenen Auflosungspapier das laut Inge Viett von Juliane Plambeck gemeinsam mit der RAF verfasst wurde heisst es Wir losen die Bewegung 2 Juni als Organisation auf und fuhren in der RAF als RAF den antiimperialistischen Kampf weiter Die Bewegung war eine vermeintliche Alternative zur RAF als eine Moglichkeit derjenigen Genossen denen der kompromisslose Kampf zu weit ging Das hat 10 Jahre lang Spaltung Konkurrenz und Desorientierung unter den Linken produziert und es hat auch unseren eigenen revolutionaren Prozess behindert 14 Bereits seit dem Deutschen Herbst 1977 hatte es innerhalb der Bewegung 2 Juni Spannungen um die strategische Ausrichtung gegeben Wahrend ein Teil der Mitglieder einen Strategiewechsel hin zum Antiimperialismus propagierte und sich dabei zunehmend an der RAF orientierte verfolgte der andere Teil eine populistische Zielrichtung und grenzte sich von Aktionen der RAF insbesondere von der Landshut Entfuhrung vehement ab Diese populistische Fraktion reagierte mit Unverstandnis auf das Auflosungspapier und erklarte die Bewegung 2 Juni liesse sich nicht wie ein kleinburgerlicher Schrebergartenverein auflosen 15 Weblinks Bearbeiten Commons Bewegung 2 Juni Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienLiteratur BearbeitenMichael Baumann Wie alles anfing Trikont Munchen 1975 ISBN 3 920385 68 3 Roman Danyluk Blues der Stadte Die Bewegung 2 Juni eine sozialrevolutionare Geschichte Verlag Edition AV Bodenburg 2019 ISBN 978 3 86841 226 0 Lutz Korndorfer Terroristische Alternative in der BRD Die Bewegung 2 Juni In Alexander Strassner Hrsg Sozialrevolutionarer Terrorismus Theorie Ideologie Fallbeispiele Zukunftsszenarien VS Verlag fur Sozialwissenschaften Wiesbaden 2008 ISBN 978 3 531 15578 4 S 237 256 Tobias Wunschik Die Bewegung 2 Juni In Wolfgang Kraushaar Hrsg Die RAF und der linke Terrorismus Band 1 Hamburger Edition Hamburg 2006 S 531 561 Einzelnachweise Bearbeiten Armin Pfahl Traughber Linksextremismus in Deutschland Eine kritische Bestandsaufnahme Springer Wiesbaden 2014 ISBN 978 3 658 04506 7 S 170 Matthias Dahlke Nur eingeschrankte Krisenbereitschaft Die staatliche Reaktion auf die Entfuhrung des CDU Politikers Peter Lorenz 1975 In Vierteljahrshefte fur Zeitgeschichte 55 Heft 4 2007 S 653 Ralf Reinders Ronald Fritzsch Die Bewegung 2 Juni Gesprache uber Haschrebellen Lorenz Entfuhrung Knast PDF 856 kB Edition ID Archiv Berlin Amsterdam 1995 Klappentext Wolfgang Kraushaar Verena Becker und der Verfassungsschutz In Hamburger Edition Hamburg 2010 ISBN 978 3 86854 227 1 S 48 f Anarchisten Im Loch In Der Spiegel Nr 32 1972 S 28 29 Die Lorenz Entfuhrung Aus Die Bewegung 2 Juni Gesprache uber Haschrebellen Lorentz sic Entfuhrung und Knast Edition ID Archiv ISBN 3 89408 052 3 nadir org gt Archiv gt Bewegung 2 Juni 14 Oktober 1997 zuletzt abgerufen 4 Oktober 2015 Palmers Entfuhrung und Kreiskys Angste auf derstandard at 9 November 2012 zuletzt abgerufen 4 Oktober 2015 a b c Scheine im Stiefel In Der Spiegel 25 Juni 1978 ISSN 2195 1349 spiegel de abgerufen am 1 Dezember 2021 a b c d Jan Hendrik Schulz Zur Geschichte der Roten Armee Fraktion RAF und ihrer Kontexte Eine Chronik zeitgeschichte online 1 Mai 2007 abgerufen am 1 Dezember 2021 Antonia Kleikamp Bewegung 2 Juni Warum Bulgariens Stasi Linksterroristen abschob In DIE WELT 9 August 2015 welt de abgerufen am 1 Dezember 2021 a b Jens Bauszus Die RAF Stasi Connection In Focus Online 9 September 2015 abgerufen am 1 Dezember 2021 Christopher Nehring Die Verhaftung Till Meyers in Bulgarien In Helmut Altrichter Horst Moller Andreas Wirsching Hrsg Vierteljahrshefte fur Zeitgeschichte 63 Jahrgang Heft 3 Juli 2015 De Gruyter Oldenbourg ISSN 0042 5702 S 411 ff ifz muenchen de PDF Jan Hendrik Schulz Die Beziehungen zwischen der Roten Armee Fraktion RAF und dem Ministerium fur Staatssicherheit MfS in der DDR zeitgeschichte online In Zeitgeschichte Online 1 Mai 2007 abgerufen am 1 Dezember 2021 Auflosungserklarung der Bewegung 2 Juni zitiert nach Lutz Korndorfer Terroristische Alternative in der BRD Die Bewegung 2 Juni In Alexander Strassner Hrsg Sozialrevolutionarer Terrorismus Theorie Ideologie Fallbeispiele Zukunftsszenarien VS Verlag fur Sozialwissenschaften 2008 ISBN 978 3 531 15578 4 S 255 Lutz Korndorfer Terroristische Alternative in der BRD Die Bewegung 2 Juni In Alexander Strassner Hrsg Sozialrevolutionarer Terrorismus Theorie Ideologie Fallbeispiele Zukunftsszenarien VS Verlag fur Sozialwissenschaften 2008 ISBN 978 3 531 15578 4 S 253ff Normdaten Korperschaft GND 4402133 1 lobid OGND AKS LCCN n85100694 VIAF 158338952 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bewegung 2 Juni amp oldid 228664555