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Gabriele Krocher Tiedemann 18 Mai 1951 in Ziegendorf in Mecklenburg 7 Oktober 1995 war eine deutsche Terroristin aus dem Umfeld der West Berliner Haschrebellen Sie war 1972 in Berlin Grundungsmitglied der Bewegung 2 Juni Nach verschiedenen Straftaten wurde sie 1975 wegen versuchten Mordes zu acht Jahren Gefangnis verurteilt von Gesinnungsgenossen freigepresst 1977 in der Schweiz erneut verurteilt 1989 wiederum des Mordes angeklagt und mangels Beweisen freigesprochen und schliesslich 1991 aus der Haft entlassen Inhaltsverzeichnis 1 Jugend 2 Terroristische Betatigung 2 1 Verbrechen in Deutschland 1971 bis 1975 2 2 Inhaftierung in der Schweiz und Deutschland ab 1977 2 3 Mordprozess 1989 3 Leben nach der Haft ab 1991 4 Verfilmungen 5 EinzelnachweiseJugend BearbeitenDie fruhe Kindheit verbrachte Gabriele Tiedemann in der DDR Ihr Vater war wegen Antikommunismus zu einer Gefangnisstrafe verurteilt worden die Familie siedelte dann Anfang der 1960er Jahre durch den Haftlingsfreikauf in die Bundesrepublik Deutschland uber Nach dem Abitur am Bavink Gymnasium in Bielefeld begann sie an der Universitat Bochum ein Studium der Politik und Soziologie wechselte aber bald an die Freie Universitat Berlin 1 Dort stand sie dem Leben in der Kommune nahe und arbeitete in verschiedenen linksradikalen Gruppierungen unter anderem mit Peter Paul Zahl Dort lernte sie auch Norbert Krocher kennen ein massgebliches Mitglied des Zentralrats der umherschweifenden Haschrebellen den sie heiratete Norbert Krocher wurde 1977 bei der Vorbereitung einer Entfuhrung durch die RAF in Schweden festgenommen 2 und spater in der Bundesrepublik Deutschland als Terrorist verurteilt Terroristische Betatigung BearbeitenVerbrechen in Deutschland 1971 bis 1975 Bearbeiten Krocher Tiedemann gehorte mutmasslich zunachst der Roten Ruhr Armee an 3 4 Ab 1971 1972 lebte sie im Untergrund und war vermutlich an verschiedenen Bankuberfallen beteiligt Gemeinsam unter anderen mit Ralf Reinders Ina Siepmann und ihrem Ehemann grundete sie 1972 in Berlin die Terrororganisation Bewegung 2 Juni 1973 schoss sie in Bochum beim Versuch sich der Festnahme zu entziehen einen Polizisten an wurde verhaftet und wegen versuchten Mordes zu acht Jahren Gefangnis verurteilt 5 Durch die Entfuhrung des Berliner CDU Vorsitzenden Peter Lorenz durch Mitglieder der Bewegung 2 Juni am 27 Februar 1975 wurde sie mit weiteren Inhaftierten aus dem Umfeld der West Berliner Terroristen Verena Becker Ingrid Siepmann Rolf Heissler und Rolf Pohle freigepresst ausgetauscht und am 3 Marz 1975 in Begleitung von Heinrich Albertz nach Sudjemen ausgeflogen Daraufhin wurde Peter Lorenz von den Terroristen freigelassen Krocher Tiedemann hatte es zunachst abgelehnt freigepresst zu werden 6 7 Erst nach einem Telefonat mit Rolf Pohle der sie in der Justizvollzugsanstalt anrufen durfte entschied sie sich dazu sich ausfliegen zu lassen 6 7 Krocher Tiedemann wird vorgeworfen am 21 Dezember 1975 gemeinsam mit Hans Joachim Klein und Ilich Ramirez Sanchez Codename Carlos an der OPEC Geiselnahme in Wien beteiligt gewesen zu sein Wahrend der Geiselnahme soll ihr Pseudonym Nada gewesen sein 8 Laut Zeugenaussagen erschoss sie den Polizisten Anton Tichler sowie den irakischen OPEC Angestellten Alaa Hassan Khafali 9 Zu einer Verurteilung kam es jedoch nicht Inhaftierung in der Schweiz und Deutschland ab 1977 Bearbeiten Am 20 Dezember 1977 wurde Krocher Tiedemann nach einem Schusswechsel in Fahy an der franzosischen Grenze zusammen mit Christian Moller durch Schweizer Grenzschutzer verhaftet dabei wurden zwei Beamte durch Schusse schwer verletzt Die Polizei stellte bei der Verhaftung einen Teil des Losegeldes aus der Entfuhrung des osterreichischen Industriellen Walter Michael Palmers sicher 6 Krocher Tiedemann wurde am 30 Juni 1978 wegen versuchten Mordes zu einer funfzehnjahrigen Haftstrafe verurteilt 10 Der Prozess auf Schloss Pruntrut unter massiven Sicherheitsvorkehrungen war ein mediales Grossereignis auch weil wahrend des Prozesses in einem Berner Gerichtsgebaude eine Bombe explodierte 11 Da es in der Schweiz damals keine Hochsicherheitsgefangnisse fur Frauen gab baute der Kanton Bern im Frauengefangnis in Hindelbank einen Sondertrakt speziell fur Krocher Tiedemann 12 Dort versuchte sie mit einem Hungerstreik vergeblich bessere Haftbedingungen zu bewirken 11 1986 plante Krocher Tiedemann die Heirat mit dem Zurcher Journalisten und Autor Jan Morgenthaler die ihr nach damaliger Rechtslage automatisch die Schweizer Staatsburgerschaft beschert und damit auch die geplante Abschiebung nach Deutschland verunmoglicht hatte Der Zurcher Stadtrat verhinderte die Ehe jedoch unter anderem mit dem Argument stadtischer Juristen da im Gefangnis eine Partnerschaft und damit auch eine Ehe gar nicht moglich sei handele es sich um eine blosse Scheinehe 12 Nach der Verbussung von zwei Dritteln der funfzehnjahrigen Haftstrafe wurde Krocher Tiedemann im Dezember 1987 an Deutschland ausgeliefert wo sie den Rest ihrer 1975 durch die Freipressung unterbrochenen Haftstrafe zu verbussen hatte 5 Mordprozess 1989 Bearbeiten Ab November 1989 musste sich Krocher Tiedemann vor dem Landgericht Koln wegen des Vorwurfs das zweifachen Mordes wahrend der OPEC Geiselnahme verantworten 13 Sie wurde am 22 Mai 1990 freigesprochen da es nach Ansicht des Gerichts zwar einen erheblichen Tatverdacht gab der sich aber nicht zur Gewissheit verdichten liess 14 Die Beweisfuhrung war aus mehreren Grunden schwierig So wurden an den Tatorten in Wien von der osterreichischen Polizei keine Fingerabdruckspuren gesichert obwohl die Tater bei dem Uberfall keine Handschuhe trugen 5 Weiterhin war eine Identifizierung von Krocher Tiedemann als Tatbeteiligte durch 12 Zeugen am 6 Februar 1976 nach Vorfuhrung von Videoaufnahmen fur das Gericht nicht verwertbar den Zeugen waren Filmaufnahmen von Krocher Tiedemann bei der Ausreise aus Deutschland nach der Freipressung aus der Haft im Rahmen der Lorenz Entfuhrung gezeigt worden 15 16 Denn die osterreichische Polizei hatte das Filmmaterial allen Zeugen gleichzeitig vorgefuhrt und sie hatte den Zeugen nicht die Moglichkeit eroffnet zwischen verschiedenen gefilmten Personen zu wahlen 15 16 Schliesslich hatten viele Zeugen aus dem Ausland kein Interesse an einer Aussage vor dem Landgericht Koln weil sie Repressalien befurchteten angesichts der Tatsache dass Ilich Ramirez Sanchez der Anfuhrer des Uberfalls damals noch auf freiem Fuss war 5 Der Tatbeteiligte Hans Joachim Klein der in seinem Prozess 2000 Krocher Tiedemanns Taterschaft behauptet hat befand sich zu dieser Zeit noch im Untergrund Carlos wiederum hat in seinem Prozess 1997 in Paris ausgesagt Klein habe den Iraker erschossen 17 Ausschlaggebend fur den Freispruch war vermutlich auch die Aussage des damaligen Innenministers Werner Maihofer Krocher Tiedemann sei nach Geheimdienstquellen zur Zeit der OPEC Entfuhrung noch im Jemen gewesen 18 Leben nach der Haft ab 1991 Bearbeiten1991 wurde Krocher Tiedemann aus der Haft entlassen Schon in der Haft hatte sie sich vom Terrorismus losgesagt und die Scheidung von Norbert Krocher betrieben 1992 erkrankte sie an Krebs musste sich mehreren Operationen unterziehen und starb am 7 Oktober 1995 mit 44 Jahren Ihr gesamter Schriftnachlass 1975 1995 wird seit 1996 im Internationalen Institut fur Sozialgeschichte in Amsterdam als Gaby Tiedemann Papers 19 verwahrt Verfilmungen BearbeitenIn der Fernsehdokumentation Tage des Terrors aus dem Jahr 2005 wurde Krocher Tiedemann von Christina Grun dargestellt 20 Im franzosischen Film Carlos Der Schakal aus dem Jahre 2010 ubernahm Julia Hummer ihre Rolle 21 Einzelnachweise Bearbeiten IISG Gaby Tiedemann Papers SWR2 Archivradio Memento des Originals vom 14 Marz 2018 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www swr de 4 April 1977 Terroristen aus Schweden Ralf Reinders et al Die Bewegung 2 Juni Gesprache uber Haschrebellen Lorenz Entfuhrung Knast Edition ID Archiv PDF Version Roter Morgen Nr 1 Dortmund 5 Januar 1974 S 7 a b c d Brief mit Finger In DER SPIEGEL 3 1988 18 Januar 1988 abgerufen am 3 Dezember 2011 a b c Terrorismus Letzte Adresse In Der Spiegel vom 28 Februar 1983 abgerufen am 20 Juli 2015 a b Matthias Dahlke Nur eingeschrankte Krisenbereitschaft In Vierteljahrshefte fur Zeitgeschichte Heft 4 2007 Oktober 2007 S 659 661 abgerufen am 16 Marz 2021 Letzte Adresse In DER SPIEGEL 9 1983 28 Februar 1983 abgerufen am 6 Mai 2013 Zwei Tage Angst PDF 243 kB In OFFENTLICHE SICHERHEIT 1 2 06 Bundesministerium Fur Inneres Osterreich abgerufen am 3 Dezember 2011 Marc Tribelhorn Eine Frau im Kriegszustand In Neue Zurcher Zeitung NZZ 27 Dezember 2016 nzz ch a b Ein Land in Aufruhr Die Linksterroristin in Hindelbank In Schweizer Radio und Fernsehen SRF 19 August 2021 abgerufen am 19 August 2021 a b Alex Baur Diskreter Abschied vom Terror In Die Weltwoche Ausgabe 40 2008 abgerufen am 20 Juli 2015 Wolfgang Gast Wiener Opec Anschlag vor Kolner Landgericht In Die Tageszeitung taz 15 November 1989 ISSN 0931 9085 S 6 taz de abgerufen am 15 Marz 2021 URTEIL Gabriele Tiedemann DER SPIEGEL 22 1990 Abgerufen am 15 Marz 2021 a b Thomas Riegler Im Fadenkreuz Osterreich und der Nahostterrorismus 1973 bis 1985 1 Auflage V amp R unipress Gottingen 2011 ISBN 978 3 89971 672 6 S 221 a b DER SPIEGEL Gruss Gott Herr Inspektor Abgerufen am 17 Marz 2021 Rhein Zeitung Online Anschlag auf OPEC Tagung TAZ 10 April 1990 S 4 International Institute of Social History Gaby Tiedemann Papers 1975 1995 Archiveintrag Tage des Terrors TV Dokumentation fur den ORF von Christoph Feurstein Osterreich 2005 Gabriele Krocher Tiedemann in der Internet Movie Database englisch Normdaten Person GND 116828709X lobid OGND AKS VIAF 501153895170702410004 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Krocher Tiedemann GabrieleALTERNATIVNAMEN Tiedemann Gabriele Nada Pseudonym KURZBESCHREIBUNG deutsche TerroristinGEBURTSDATUM 18 Mai 1951GEBURTSORT ZiegendorfSTERBEDATUM 7 Oktober 1995 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gabriele Krocher Tiedemann amp oldid 234927021