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Brabanzonen franzosisch brabancon Einwohner von Brabant waren umherziehende Soldnerhaufen die ursprunglich aus Brabant kamen im Mittelalter eines Gebietes in Niederlothringen zwischen den Flussen Schelde im Norden Diloe Dyle im Osten und Haine im Suden Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft 2 Einsatz und Kriegszuge 3 Niedergang und Ende 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseHerkunft BearbeitenIm 12 und 13 Jahrhundert lieferten die reichen Stadte Norditaliens und Niederlothringens einen stetigen Uberschuss an arbeitslosen Handwerksburschen landlosen Bauernsohnen fahrendem Volk entlaufenen Monchen und nachgeborenen Sohnen des stadtischen Adels die auf der Suche nach Soldgebern in Deutschland Italien und Frankreich umherzogen Im Gegensatz zu den kaum gerusteten und schlecht ausgebildeten Bauernkriegern aus den armeren und landlichen Regionen Europas darunter vor allem Wales Cornwall die Bretagne die Gascogne Navarra Aragon das Baskenland und Bohmen waren die Brabanzonen professionelle mit Helm Kettenhemd oder Schuppenpanzer gerustete und mit dem Goedendag einer Kombination aus Keule und Spiess 1 oder der Armbrust bewaffnete Berufskrieger Bald beschrankte sich das Einzugsgebiet dieser Soldnertruppen allerdings nicht mehr allein auf den Niederrhein Soldner aus Geldern Geldoni Genueser Armbrustschutzen sarazenische Bogenschutzen aus Sizilien und allerlei abenteuerlustiges Volk darunter vielfach auch Kriminelle und Gewalttater stromten aus allen Gebieten Europas herbei um auf Kriegszugen Sold und rasche Beute zu finden Eine klare Unterscheidung der Brabanzonen von den vielerlei unterschiedlichen Kriegsreisenden in den Quellen als coterelli ruptuarii triaverdini stipendiarii vastatores guladana gelduni berroerii mainardieri forusciti banditi banderii ribaldi satellites bezeichnet ist daher immer weniger moglich Diese Soldnerbanden waren nicht nur jederzeit fur Kampfeinsatze gegen Bezahlung verfugbar sondern auch wegen ihrer Brutalitat gefurchtet Nach ihrer Entlassung verselbstandigten sich diese Soldnertruppen und zogen als gefurchtete Banden weiterhin raubend und mordend umher Neben den ebenfalls aufkommenden Soldrittern dienten sie als einfache Fusssoldaten waren nicht an den ritterlichen Ehrenkodex gebunden und geubt in der Handhabung von unehrenhaften Distanzwaffen wie Langbogen und Armbrust Einsatz und Kriegszuge BearbeitenBrabanzonen wurden zunachst von den normannisch englischen Konigen spater auch von den franzosischen Plantagenets in geringerem Umfang auch von den Kapetingern und den Staufern angeworben So hatte Kaiser Barbarossa bei seinem dritten Italienzug etwa 1 500 Brabanzonen in seiner Streitmacht gefuhrt durch den ehemaligen Geistlichen Wilhelm von Cambrai Diese Horden marschierten nicht im Gefolge des Kaisers sondern streiften sich selbst verpflegend ausserhalb des Reichsgebietes durch Burgund Der Abt Stephan von Cluny klagte in einem Brief an den franzosischen Konig 1166 dass zu allem Elend auch noch wie eine furchtbare Seuche die Deutschen kommen die man Brabanzonen nennt Mit Eisen und Blut durchziehen sie alle Orte und nichts vermag vor ihnen zu schutzen 2 Da es an Sold fehlte rissen die Brabanzonen nach der Schlacht die gesamte Beute an Rustungen Pferden und Geld an sich Nach ihrer Entlassung verselbstandigten sich diese Soldnerhaufen und zogen als gefurchtete Banden weiterhin raubend und mordend bis in den Sudwesten Frankreichs Standig weiteren Zulauf erhaltend zermalmten sie jeden lokalen Widerstand von Rittern oder Bauern und suchten in diesen zwischen Frankreich und England umstrittenen Gebieten neue Auftraggeber So warb der englische Konig Heinrich II die arbeitslosen Veteranen des Italienfeldzugs fur sein Heer an schlug mit ihnen 1173 die Aufstande in der Normandie und in der Bretagne nieder verfrachtete sie zum Einsatz gegen aufsassige Barone nach England und transportierte sie schliesslich wieder zuruck in die Normandie wo inzwischen allein ihr Erscheinen ausreichte um den Gegner zu Friedensverhandlungen zu zwingen Inzwischen bereitete Barbarossa seinen nachsten Italienzug vor und nahm die Brabanzonen unter Fuhrung des Erzbischofs Christian von Mainz erneut in seinen Heerbann Nachdem diese die reichen italienischen Provinzen Lombardei und Tuszien geplundert hatten wandten sich die Routiers vgl frz route Landstrasse bzw deutsch Rotte erneut dem Sudwesten Frankreichs zu gerade rechtzeitig um sich diesmal am Kriegszug des Herzogs von Angouleme und bei der Plunderung von Richard Lowenherz Besitzungen im Poitou hervorzutun Danach setzten sie sich auf der Burg Beaufort im Limousin fest von wo sie ausgedehnte Raubzuge unternahmen Erst 1177 stellte sich ihnen ein regulares Heer unter dem Grafen Ademar und dem Bischof von Limoges entgegen Mehrere Tausend Brabanzonen wurden erschlagen darunter vermutlich auch der Anfuhrer Wilhelm von Cambrai 1183 vernichtete der sog Friedensbund ein Kriegshaufen unter Fuhrung des Zimmermanns Durand bei Charenton eine grosse Bande von Brabanzonen als Durands Streitmacht jedoch spater selbst zu aufsassig wurde wurde diese von den adligen Herren zerschlagen Dennoch fullten die Brabanzonen ihre Lucken erneut auf diesmal mit reichlichem Zulauf von Basken Navarresen und Gascognern und fanden in den anhaltenden Kleinkriegen zwischen dem englischen Konig Heinrich dessen rebellischen Sohnen und Frankreich immer wieder neue Beschaftigung 1214 schliesslich traf das franzosische Heer in der Schlacht bei Bouvines auf die vereinten Streitkrafte des englischen Konigs Johann Ohneland und des deutschen Kaisers Otto IV Nachdem deren Brabanzonen das franzosische Fussvolk in die Flucht geschlagen hatten wagten die franzosischen Ritter nicht den fest geschlossenen und mit Langspiessen wehrhaft gespickten Block der Brabanzonen anzugreifen Stattdessen richteten die Franzosen ihren Angriff auf die Ritter an den Flugeln des deutsch englischen Heeres zerschlugen deren Schlachtordnung nahmen daraufhin die Brabanzonen von allen Seiten in die Zange und machten sie nieder Niedergang und Ende BearbeitenHeimsuchung und Terror durch Brabanzonen waren fur die betroffenen Landstriche schlimmer als der Durchzug eines Ritterheeres Verwustung und Plunderung der feindlichen Landereien fugte dem Gegner oft mehr Schaden zu als eine Niederlage auf dem Schlachtfeld Zu dieser Kriegfuhrung gehorte das Niederbrennen von Dorfern und Feldern die Zerstorung von Obstbaumen und Weinstocken das Schlachten des Viehs und Vertreiben oder Massakrieren der Bevolkerung Kaiser Friedrich und Ludwig VII von Frankreich hatten bereits 1171 vertraglich beschlossen die ruchlosen Menschen die Brabanzonen oder Coterelli genannt werden nirgends in ihren Reichen zu dulden Auch kein Vasall soll sie dulden es sei denn dass ein Mann in seinem Lande ein Weib gekommen oder dauernd in seinen Dienst getreten sei Wer es dennoch tue solle von den Bischofen mit Bann und Interdikt belegt werden er soll allen Schaden ersetzen und die Nachbarn sollen ihn mit Gewalt dazu anhalten Ist der Vasall zu machtig um von den Nachbarn bezwungen zu werden so werde der Kaiser selber die Strafe vollziehen 3 Da die Brabanzonen auch vor kirchlichen Gutern nicht Halt machten und sich besonders verachtliche Frevel wie Plunderung von Friedhofen und Grabern Kirchenraub Brandschatzung von Klostern oder Schandung von Nonnen zuschulden kommen liessen belegte das dritte Laterankonzil 1179 die Kriegsfuhrung mittels Brabanzonen Aragonesen Ravarresen Basken Triaverdienern mit dem Kirchenbann und erweiterte den Bann gegen alle die sich weigerten die Waffen gegen sie zu ergreifen 1215 verbot Papst Innozenz III kirchlichen Instanzen mit rauberischen Soldnerbanden mit Armbrustschutzen oder dergleichen Blutmenschen kirchlich zu verkehren 4 und rief selbst zum Kreuzzug gegen die gefurchteten Soldnerrotten auf Im selben Jahr wurde auch Johann Ohneland von den englischen Baronen gezwungen sein Soldnerheer zu entlassen Das Phanomen der Brabanzonen verschwand damit weitgehend Dennoch zeigte der Sieg der Mailander 1176 bei Legnano gegen ein deutsches Ritterheer der der Schotten 1297 gegen das englische Ritterheer am Stirling der der flamischen Burgermilizen 1302 bei Courtray und der der Schweizer 1315 gegen das Ritterheer der Habsburger bei Morgarten dass kampfentschlossene und taktisch gut gefuhrte Fusssoldaten mitunter gegen schwer gepanzerte Ritterheere siegen konnten Auch der Einsatz gedungener Kriegsknechte setzte sich fort In Italien kampften Soldnertruppen unter den Condottieri Frankreich wurde im 14 Jahrhundert durch die beruchtigten Armagnaken heimgesucht im 15 Jahrhundert verbreiteten bohmische Hussitenkrieger Angst und Schrecken bis im 16 Jahrhundert schliesslich schweizerische Reislaufer und deutsche Landsknechte endgultig das System der ritterlichen Lehenskrieger ablosten Literatur Bearbeitenausgewertet Artikel im Forenarchiv Hans Delbruck Geschichte der Kriegskunst 3 Buch Das hohe Mittelalter In Digitale Bibliothek Band 72 Geschichte der Kriegskunst nicht ausgewertet Herbert Grundmann Rotten und Brabanzonen Soldner Heere im 12 Jahrhundert In Deutsches Archiv fur Erforschung des Mittelalters 5 1942 S 419 492 Peter Thorau Der unwillkommene Grenzganger Von Soldnern und anderem fremden Fussvolk In Wolfgang Haubrichs Kurt Ulrich Jaschke Michael Oberweis Hrsg Grenzen erkennen Begrenzungen uberwinden Festschrift fur Reinhard Schneider zur Vollendung seines 65 Lebensjahrs Thorbecke Sigmaringen 1999 ISBN 3 7995 7079 9 S 205 225 Werner Rosener Rittertum und Krieg im Stauferreich In ders Hrsg Staat und Krieg Vom Mittelalter bis zur Moderne Sammlung Vandenhoeck Vandenhoeck und Ruprecht Gottingen 2000 ISBN 3 525 01386 8 S 37 63 hier S 57 59 Stefanie Ruther Die Gewalt der Anderen Zur rhetorischen Verortung von Soldnern in der politisch religiosen Semantik des Mittelalters In Georg Strack Julia Knodler Hrsg Rhetorik in Mittelalter und Renaissance Konzepte Praxis Diversitat Munchner Beitrage zur Geschichtswissenschaft Bd 6 Utz Munchen 2011 ISBN 978 3 8316 0951 2 S 191 212 besonders S 192 195 Weblinks BearbeitenDie Brabanzonen Der Weg einer Soldnerrotte im Hochmittelalter auf kriegsreisende deEinzelnachweise Bearbeiten De Liebaart The Goedendag Im lateinischen Original zitiert bei Stefanie Ruther Die Gewalt der Anderen Zur rhetorischen Verortung von Soldnern in der politisch religiosen Semantik des Mittelalters In Georg Strack Julia Knodler Hrsg Rhetorik in Mittelalter und Renaissance Konzepte Praxis Diversitat Utz Munchen 2011 S 191 212 hier S 195 Anm 13 Hans Delbruck Geschichte der Kriegskunst 3 Buch Das hohe Mittelalter In Digitale Bibliothek Band 72 Geschichte der Kriegskunst Georg Liebe Soldat und Waffenhandwerk Leipzig 1899 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Brabanzonen amp oldid 232141466