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Bordetella pertussis ist ein Bakterium der Gattung Bordetella dem als Erreger des Keuchhustens grosse medizinische Bedeutung zukommt Bordetella pertussisBordetella pertussisSystematikAbteilung ProteobacteriaKlasse BetaproteobacteriaOrdnung BurkholderialesFamilie AlcaligenaceaeGattung BordetellaArt Bordetella pertussisWissenschaftlicher NameBordetella pertussis Bergey et al 1923 Moreno Lopez 1952 Inhaltsverzeichnis 1 Morphologie 2 Pathogenese 3 Erregernachweis 3 1 Isolation der Erreger 3 2 Kultur 3 3 Bestimmung 3 4 Biochemisches Verhalten 3 5 Polymerase Kettenreaktion 4 Epidemiologie 5 Immunitat und Prophylaxe 6 Forschungsgeschichte 7 Meldepflicht 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseMorphologie BearbeitenEs handelt sich bei Bordetella pertussis um kleine ca 0 8 0 4 µm kokkoide unbewegliche gramnegative Stabchen deren alleiniges Habitat die zilientragenden Epithelzellen des menschlichen Respirationstraktes sind Sie erscheinen im mikroskopischen Praparat einzeln oder paarweise gelagert Kolonien von B pertussis sind klein glatt und glanzend mit einer hohen Konvexitat wie eine Quecksilberperle Der Keim kann auf Spezialmedien innerhalb von 3 bis 4 Tagen bei 37 C in einer aeroben Atmosphare kultiviert werden Er wachst mit b Hamolyse und lasst sich morphologisch nur schwer von anderen Bordetellen wie B parapertussis und B bronchiseptica unterscheiden Das Bakterium hat die Besonderheit dass es vier Entwicklungsstadien durchlauft Im ersten Stadium greift es im Menschen die roten Blutkorperchen und Gewebe an Im vierten Stadium wirft es einen Teil seines Kapsids ab und ist danach weniger aggressiv Pathogenese BearbeitenBordetella pertussis uberwindet die lokalen Immunmechanismen des oberen Respirationstraktes und kann bei volliger Gesundheit des Wirts ohne pradisponierende Faktoren eine Krankheit auslosen Das Bakterium wird aerogen Tropfcheninfektion ubertragen Mittels verschiedener Adhasine binden sich die Bakterien sehr fest an die Zellen des Flimmerepithels und konnen dann durch die Freisetzung von Toxinen eine Erkrankung auslosen Eine Invasion ins Epithel ist selten es kommt zu sub epithelialen Entzundungen und Nekrosen Obwohl die Erreger in der Regel nicht invasiv sind d h nicht in das Gewebe oder die Blutbahn gelangen treten durch die produzierten Toxine dennoch systemische Effekte auf Da neben anderen Aminosauren Cystin fur das Bakterium der optimale Nahrboden ist das von den E Coli im Enddarm produziert wird die auch industriell zur Produktion von Cystin verwendet werden erzeugt Pertussis Darmprobleme Da Cystin auch in der Haut eingelagert ist kann es zu aggressivem Hautjucken und kleinen nassenden stark juckenden Hautflecken fuhren Neben der Kapsel die dem Erreger Schutz vor Inaktivierung durch Komplement bietet lassen sich funktionell zwei Gruppen von Virulenzfaktoren unterscheiden Toxine und Adhasine Adharenzfaktoren Die zwei wichtigsten Adharenzfaktoren sind das Filamenthamagglutinin FHA und das Pertussistoxin PT das sowohl als Exotoxin als auch als Adhasin funktionieren kann Daneben besitzt B pertussis verschiedene antigenetisch unterschiedliche Fimbrien die fur die weitere Stabilisierung der Anheftung an die Epithelzellen des oberen Respirationstraktes verantwortlich sind Daruber besitzt das Bakterium an der ausseren Membran die Membranproteine Pertactin und BrkA Bordetella resistance to killing die zur Bindung an die Wirtszellen beitragen Exotoxine Von entscheidender Bedeutung fur die Pathogenese des Keuchhustens ist das Pertussis Toxin PT das aus sechs Untereinheiten Hexamer aufgebaut ist und Verwandtschaft zu anderen Toxinen des A B Typs wie dem Choleratoxin Shigatoxin und Diphtherietoxin aufweist Die eigentlich toxische Komponente ist das Monomer A das von funf anderen Untereinheiten die zusammen das Oligomer B bilden stabilisiert wird Das Monomer A ist eine ADP Ribosyltransferase die u a eine veranderte Signaltransduktion innerhalb der Epithelzelle auslost Das PT sensibilisiert daruber hinaus den Korper fur Histamin sorgt fur verstarkte Leukozytenbildung und erhoht die Insulinsekretion Ein weiteres Protein die invasive Adenylatcyclase CyaA kann in die Wirtszelle eindringen um dort zu einem unphysiologisch hohen cAMP Spiegel zu fuhren Endotoxine Das aus dem Peptidoglykan der Zellwand gebildete Tracheale Cytotoxin TCT fuhrt zu einem Stillstand der Zilienbewegung In der ausseren Membran der Bakterien befinden sich Lipooligosaccharide die chemisch und in ihrer Wirkung auf den Wirt den Lipopolysacchariden anderer gramnegativer Erreger ahnlich sind Auch wenn sie bei der naturlichen Infektion keine Rolle zu haben scheinen sind sie doch moglicherweise fur einen Teil der unerwunschten Nebenwirkungen der zellularen Vakzine Vollkeimimpfstoffe verantwortlich Erregernachweis BearbeitenDa unter Umstanden auch andere Erreger wie Bordetella parapertussis Bordetella bronchiseptica Chlamydia trachomatis und Adenoviren vorubergehend ahnliche Symptome wie Bordetella pertussis verursachen konnen kommt der bakteriologisch serologischen Diagnostik eine entscheidende Rolle zu Eine definitive Diagnosesicherung ist derzeit durch den kulturellen Erregernachweis mittels Anzuchtung oder durch Nachweis mittels Polymerase Kettenreaktion moglich Isolation der Erreger Bearbeiten Auf unmittelbar beimpften Nahrboden gelingt die Isolation am leichtesten im fruhen stadium convulsivum des Keuchhustens d h in den ersten beiden Wochen nach Beginn der typischen klinischen Symptome Die Probe sollte mit einem flexiblen Calciumalginat oder Dacron Tupfer vom hinteren Nasopharynx nicht jedoch aus dem Rachen gewonnen werden wobei der Abstrichtupfer etwa 5 bis 10 Sekunden dort belassen wird Anschliessend sollte die sofortige Beimpfung des Selektivmediums erfolgen oder bis zur Anlage der Bakterienkultur der Abstrich in ein Transportmedium gegeben werden Die Erfolgsrate der Erregeranzucht sinkt deutlich bei antibiotisch Erythromycin oder Trimethoprim Sulfamethoxazol vorbehandelten Patienten sowie bei verzogerter Anlage des Abstrichmaterials bei lange zuruckliegendem Beginn der Symptomatik mehr als 3 Wochen und bei geimpften Patienten Kultur Bearbeiten Bordetella Arten sind strikte Aerobier und haben sehr einfache Anspruche an Nahrboden Lediglich ein Angebot an Nikotinsaureamid Cystin oder Cystein und weitere Aminosauren als Stickstoffquelle gelten als Wachstumsvoraussetzungen Jedoch kann durch Begleitstoffe im Nahrboden wie z B ungesattigte Fettsauren Metallionen kolloidalen Schwefel und Peroxide das Wachstum der Kultur gehemmt werden Mit einer Generationszeit von 2 5 bis 5 Stunden ist das Wachstum recht langsam Deshalb ist eine 3 bis 4 tagige Bebrutung bei 37 C zur Koloniebildung notwendig Da das Bakterium sehr austrocknungsempfindlich ist ist ausreichende Feuchtigkeit des Nahrbodens notwendig Bevor ein negativer Befund gesichert ist sind die Nahrboden mindestens 7 Tage zu bebruten Bestimmung Bearbeiten Die definitive Bestimmung der angezuchteten Bakterien als Bordetella pertussis wird durch den direkten Immunfluoreszenztest oder durch Agglutination mit spezifischen kommerziell erhaltlichen Seren erreicht Biochemisches Verhalten Bearbeiten Die sonst biochemisch relativ inaktiven Bordetellen besitzen das Enzym Katalase Dennoch ist ihre Differenzierung anhand bestimmter biochemischer Parameter Beweglichkeit Wachstum auf Peptonagar Pigmentproduktion Nitratreduktase Aktivitat Harnstoffspaltung und Oxidasereduktion moglich Polymerase Kettenreaktion Bearbeiten Die Erregeranzuchtung von B pertussis fuhrt in der arztlichen Praxis haufig zu wenig aussagekraftigen Ergebnissen Nur in ca der Halfte der Falle gelingt der kulturelle Erregernachweis der zudem erst nach 3 5 Tagen zu endgultigen Aussagen fuhrt Eine deutlich zuverlassigere und raschere Methode ist die Real Time PCR Polymerase Kettenreaktion Ein 1998 veroffentlichter Ringversuch an 15 Laboratorien in Deutschland und der Schweiz weist die Zuverlassigkeit der Methode nach die um rund eine Zehnerpotenz empfindlicher ist als die Anzuchtung und dennoch nur 4 falsch positive Resultate ergab 1 Epidemiologie BearbeitenDas Bakterium kommt global vor Der menschliche Organismus ist der einzige Wirt 2 Infektionsquelle sind an Keuchhusten Erkrankte vor allem wahrend des stadium catarrhale die die Erreger aushusten Geimpfte sind vor der Erkrankung weitgehend geschutzt konnen aber vorubergehend mit Bordetellen besiedelt sein und damit eine Infektionsquelle darstellen 3 Daruber hinaus kann eine Ubertragung uber kontaminierte Gegenstande nicht ausgeschlossen werden da das Pertussis Bakterium gegen Austrocknung resistent ist und fur einige Tage ausserhalb des Organismus uberleben kann Wegen des hohen Kontagionsindex bei nicht immunen Menschen kann sich B pertussis in Bevolkerungen mit niedriger Durchseuchungsrate epidemisch ausbreiten Aber selbst in Regionen mit hoher Impfquote bleibt der Pertussis Erreger endemisch da der Immunitatsnachlass eine Besiedelung erlaubt Eine Eradikation des Erregers ist aus heutiger Sicht nicht moglich 4 Selbst eine Herdenimmunitat durch Impfprogramme ist nicht moglich 5 Es besteht kein Unterschied in der Morbiditat von Jungen und Madchen Ebenso wenig spielen Jahreszeit und Klima fur die Erkrankungshaufigkeit eine Rolle Immunitat und Prophylaxe Bearbeiten Hauptartikel Pertussisimpfstoff Nach einer naturlichen Infektion besteht im ersten Jahrzehnt nach der Erkrankung eine tragfahige Immunitat Die wichtigste prophylaktische Massnahme ist die Impfung aktive Immunisierung Es existieren dafur ein Ganzkeimimpfstoff zellulare Vakzine und verschiedene azellulare Vakzinen Ganzkeimimpfstoff whole cell vaccine aus inaktivierten Bordetella pertussis Zellen gewonnene Lysate azellulare Vakzine subunit vaccines Gemische von Bordetella pertussis KomponentenDie gegenwartig zugelassenen Praparate beider Kategorien bieten bei vollstandig durchgefuhrtem Immunisierungsschema einen sehr guten Impfschutz jedoch garantieren weder Impfung noch Erkrankung einen lebenslangen Schutz vor einer Infektion mit B pertussis Erwachsene erkranken seltener und weniger schwer als Kinder oder Sauglinge Aus medizinischer Sicht sind Impfquoten von mehr als 90 anzustreben um einen Kohortenschutz aufzubauen der einen maximalen Schutz von Neugeborenen und Kindern in den ersten Lebensmonaten bietet Forschungsgeschichte Bearbeiten1906 konnte ein schwer anzuchtbares Bakterium durch die Bakteriologen Jules Bordet und Octave Gengou als Erreger des Keuchhustens erstmals identifiziert werden Zunachst wurde es als Bordet Gengou Bacillus den hamophilen Stabchenbakterien zugeordnet Bei der spater notwendigen Klassifizierung wurde zu Ehren Bordets die Bezeichnung Bordetella pertussis gewahlt Im Jahr 2002 wurde das Genom des Keuchhustenerregers das aus insgesamt 3800 Einzelgenen besteht nach uber vierjahriger Forschungsarbeit von einem internationalen Forscherteam an der Universitat Cambridge entschlusselt Meldepflicht BearbeitenIn Deutschland ist der direkte oder indirekte Nachweis von Bordetella pertussis namentlich meldepflichtig nach 7 des Infektionsschutzgesetzes soweit der Nachweis auf eine akute Infektion hinweist Meldepflichtig sind die Leitungen der Labore usw 8 IfSG Literatur BearbeitenGeorg Plum Die Gattung Bordetella Keuchhusten In Werner Kohler u a Hrsg Medizinische Mikrobiologie 8 vollig neu bearbeitete Auflage Urban amp Fischer Munchen u a 2001 ISBN 3 437 41640 5 S 359 365 Fritz H Kayser Bakterien als Krankheitserreger In Fritz H Kayser u a Hrsg Medizinische Mikrobiologie Verstehen Lernen Nachschlagen 10 komplett uberarbeitete Auflage Thieme Stuttgart u a 2001 ISBN 3 13 444810 6 S 239 360 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Bordetella pertussis Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten S Swidsinski G Schmidt Schlapfer B Schneeweiss A Swidsinski Pertussis PCR Neuer Standard in der Keuchhustendiagnostik Auswertung eines ersten multizentrischen Ringversuchs in Deutschland und der Schweiz In Monatsschrift Kinderheilkunde Band 146 Nr 12 1998 ISSN 0026 9298 S 1171 1175 doi 10 1007 s001120050375 Stanley A Plotkin Walter Orenstein Paul A Offit Kathryn M Edwards Plotkin s Vaccines Elsevier 2017 ISBN 9780323393010 S 725 Schutzimpfung gegen Pertussis Haufig gestellte Fragen und Antworten Robert Koch Institut online 14 Dezember 2012 Abruf 18 September 2019 RKI Ratgeber Keuchhusten Pertussis online Stand 27 November 2017 Abruf 19 September 2019 Pertussis Frequently Asked Questions Centers for Disease Control and Prevention online 1 April 2019 Abruf 19 September 2019 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bordetella pertussis amp oldid 227366820