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Die Boltzmann Statistik der Thermodynamik auch Boltzmann Verteilung oder Gibbs Boltzmann Verteilung nach Josiah Willard Gibbs und Ludwig Boltzmann gibt die Wahrscheinlichkeit an ein gegebenes physikalisches System in einem bestimmten Zustand anzutreffen wenn es mit einem Warmebad im thermischen Gleichgewicht steht Diese Wahrscheinlichkeit ist durchVerhaltnis der Wahrscheinlichkeiten fur zwei nichtentartete Zustande in Abhangigkeit von der Temperatur gemass der Boltzmann Statistik fur verschiedene Energiedifferenzen p 1 Z e E k B T displaystyle p frac 1 Z mathrm e E k mathrm B T gegeben Darin ist k B displaystyle k mathrm B die Boltzmann Konstante T displaystyle T die absolute Temperatur und Z displaystyle Z eine Normierungskonstante die so zu bestimmen ist dass die Summe aller Wahrscheinlichkeiten p displaystyle p den Wert 1 erreicht wobei die Summe uber alle moglichen Zustande des Systems lauft Z Mikrozustande i e E i k B T displaystyle Z sum text Mikrozustande i mathrm e E i k mathrm B T Z displaystyle Z ist bei gegebenem System eine Funktion der Temperatur und heisst in der statistischen Physik kanonische Zustandssumme Die Summe lauft uber alle Mikrozustande des Systems Die Zustandssumme kann aquivalent auch durch Summation uber die verschiedenen moglichen Energiezustande ausgedruckt werden Z E W E e E k B T displaystyle Z sum text E Omega E mathrm e E k mathrm B T wobei dann die Entartung W E displaystyle Omega E der Energiezustande berucksichtigt werden muss d h die Information wie viele Mikrozustande zu dem Energiezustand gezahlt werden Von zentraler Bedeutung in der Boltzmann Statistik ist der Boltzmann Faktor e E k B T displaystyle mathrm e E k mathrm B T Er hangt nur von der Energie E displaystyle E des betrachteten Zustands und von der absoluten Temperatur T displaystyle T ab nicht von der Art und Grosse des Systems Diese drucken sich nur in der Summe Z displaystyle Z der Boltzmann Faktoren aller Zustande des Systems aus Alle thermodynamischen Eigenschaften des Systems lassen sich aus Z displaystyle Z berechnen Die systematische Herleitung der Boltzmann Statistik erfolgt in der statistischen Physik Dabei reprasentiert das ans Warmebad gekoppelte System ein kanonisches Ensemble Ist die Wahrscheinlichkeit nicht fur einen bestimmten Zustand zu ermitteln sondern dafur dass das System eine bestimmte Energie hat muss der Boltzmann Faktor mit der Zahl der Zustande zu dieser Energie multipliziert werden siehe Entartungsgrad und Zustandsdichte In der Quantenstatistik identischer Teilchen treten an die Stelle der Boltzmann Statistik je nach Teilchenart die Fermi Dirac Statistik oder die Bose Einstein Statistik Beide lassen sich aus der Boltzmann Statistik ableiten und gehen bei kleinen Besetzungswahrscheinlichkeiten in diese uber Mathematisch ist die Boltzmann Verteilung eine univariate diskrete Verteilung einer unendlichen Menge Auf ihr basiert zum Beispiel das kunstliche neuronale Netz der Boltzmann Maschine Inhaltsverzeichnis 1 Bedeutung 1 1 Allgemein 1 2 Anwendungsbeispiele 2 Herleitung 2 1 Statistische Physik 2 2 Vereinfachte Herleitung der exponentiellen Form 2 3 Herleitung mit dem kanonischen Ensemble 3 Numerische Simulation der Verteilung 4 Anmerkung 5 Weblinks 6 LiteraturBedeutung BearbeitenAllgemein Bearbeiten Die Boltzmann Statistik gilt als eine der wichtigsten Formeln der statistischen Physik Das beruht zum einen darauf dass dieselbe einfache Formel gleichermassen fur alle Arten und Grossen von Systemen gilt zum anderen darauf dass bei Systemen mit vielen gleichen Teilchen mit der durch die Boltzmann Statistik gegebenen Wahrscheinlichkeit der Besetzung eines bestimmten Einteilchenzustands auch gleich die tatsachliche mittlere Haufigkeitsverteilung der Teilchen auf ihre verschiedenen moglichen Zustande angegeben ist Anwendungsbeispiele Bearbeiten Barometrische HohenformelDie potentielle Energie eines Gasmolekuls der Luft mit Masse m displaystyle m nbsp in der Hohe h displaystyle h nbsp ist E m g h displaystyle E mgh nbsp Die Haufigkeitsverteilung der Molekule in Abhangigkeit Hohe ist proportional zu W h e m g h k B T displaystyle W h propto e frac mgh k text B T nbsp Arrhenius GleichungFur den Beginn einer chemischen Reaktion zwischen zwei Molekulen mussen diese mindestens die zu dieser Reaktion gehorige Aktivierungsenergie E A displaystyle E mathrm A nbsp besitzen Die Geschwindigkeitskonstante der makroskopischen chemischen Reaktion ist daher proportional zu W E A e E A R T displaystyle W E text A propto e frac E text A RT nbsp DampfdruckkurveDer Ubergang eines Molekuls von der Flussigkeit in die Gasphase erfordert eine Mindestenergie die auf die Stoffmenge bezogen durch die molare Verdampfungsenthalpie Q d displaystyle Q d nbsp ausgedruckt wird Der Sattigungsdampfdruck ist daher proportional zu W Q d e Q d k B T displaystyle W Q d propto e frac Q d k text B T nbsp Herleitung BearbeitenStatistische Physik Bearbeiten Gegeben seien s displaystyle s nbsp Zustande oder Phasenraumzellen mit Energien E 1 E 2 E s displaystyle E 1 E 2 ldots E s nbsp und ein System mit einer Anzahl N displaystyle N nbsp darin verteilter Teilchen und einer Gesamtenergie E displaystyle E nbsp Die Besetzungszahlen n i n 1 n 2 n s displaystyle n i n 1 n 2 ldots n s nbsp der einzelnen Zustande bilden eine Folge die zwei Nebenbedingungen erfullt i 1 s n i N displaystyle sum i 1 s n i N nbsp i 1 s n i E i E displaystyle sum i 1 s n i E i E nbsp Die Anzahl der Moglichkeiten bei Vertauschen der Teilchen dieselbe Folge zu erhalten ist W N n 1 n 2 n s displaystyle W frac N n 1 n 2 cdots n s nbsp denn es gibt insgesamt N displaystyle N nbsp Vertauschungen von denen aber jeweils ein Bruchteil 1 n i displaystyle 1 n i nbsp die Vertauschungen innerhalb der i ten Zelle betrifft die an der Folge nichts andern Nach dem allgemeinen Vorgehen der statistischen Physik ist der Gleichgewichtszustand durch diejenige Folge gegeben bei der W displaystyle W nbsp oder auch ln W displaystyle ln W nbsp maximal wird Nach der Stirling Formel gilt ln N N ln N displaystyle ln N N ln N nbsp bis auf Korrekturen der Ordnung o ln N displaystyle mathcal o ln N nbsp die bei den in der Thermodynamik ublichen Teilchzahlen N 10 18 displaystyle N gtrsim 10 18 nbsp zu vernachlassigen sind Weiter wird vorausgesetzt dass auch alle n i 1 displaystyle n i gg 1 nbsp ln W ln N ln n 1 ln n s N ln N i n i ln n i displaystyle ln W ln N ln n 1 ldots ln n s approx N ln N sum i n i ln n i nbsp Fur die gesuchte Verteilung muss gelten dass Variationen der n i displaystyle n i nbsp um kleine d n i displaystyle delta n i nbsp in linearer Naherung keine Anderung von ln W displaystyle ln W nbsp verursachen wobei als Nebenbedingungen die Teilchenzahl und die Gesamtenergie konstant bleiben d ln W i d n i ln n i n i d ln n i i d n i ln n i 1 0 displaystyle delta ln W sum i delta n i ln n i n i delta ln n i sum i delta n i ln n i 1 0 nbsp Anm 1 d N i d n i 0 displaystyle delta N sum i delta n i 0 nbsp d E i E i d n i 0 displaystyle delta E sum i E i delta n i 0 nbsp Zur Losung werden die zweite und dritte Gleichung nach der Methode der Lagrangeschen Multiplikatoren mit Konstanten a b displaystyle alpha beta nbsp multipliziert und zur negativ genommenen ersten addiert In der so entstehenden Summe kann man alle Variationen d n i displaystyle delta n i nbsp als unabhangig voneinander behandeln weshalb alle Summanden einzeln Null sein mussen ln n i 1 a b E i 0 displaystyle ln n i 1 alpha beta E i 0 nbsp Daraus folgt n i e a 1 e b E i displaystyle n i mathrm e alpha 1 mathrm e beta E i nbsp Zur weiteren Bestimmung der Lagrangesche Multiplikatoren wird zunachst die letzte Gleichung uber alle i displaystyle i nbsp summiert wobei links die Teilchenzahl N displaystyle N nbsp herauskommt N e a 1 i e b E i e a 1 Z displaystyle N mathrm e alpha 1 sum i mathrm e beta E i mathrm e alpha 1 Z nbsp Darin wird Z i e b E i displaystyle Z sum i mathrm e beta E i nbsp als die kanonische Zustandssumme bezeichnet Damit gilt n i N 1 Z e b E i displaystyle frac n i N frac 1 Z mathrm e beta E i nbsp Die thermodynamische Bedeutung von b displaystyle beta nbsp ist die inverse Temperatur b 1 k B T displaystyle beta frac 1 k mathrm B T nbsp Es folgt namlich wegen der Beziehung S k B ln W displaystyle S k mathrm B ln W nbsp zwischen der Entropie S displaystyle S nbsp und der Anzahl der Moglichkeiten W displaystyle W nbsp aus den obigen Gleichungen S k B ln W k B N ln N k B i n i 1 a b E i k B N ln N k B N k B N a k B b E displaystyle S k mathrm B ln W k mathrm B N ln N k mathrm B sum i n i 1 alpha beta E i k mathrm B N ln N k mathrm B N k mathrm B N alpha k mathrm B beta E nbsp und damit 1 T S E k B b displaystyle frac 1 T frac partial S partial E k mathrm B beta nbsp Damit folgt die endgultige Gleichung der Boltzmannstatistik n i N 1 Z e E i k B T displaystyle frac n i N frac 1 Z mathrm e E i k mathrm B T nbsp Vereinfachte Herleitung der exponentiellen Form Bearbeiten Annahme Die Wahrscheinlichkeit dass ein Zustand mit Energie E displaystyle E nbsp im thermischen Gleichgewicht besetzt ist ist durch eine stetige Funktion W E displaystyle W E nbsp gegeben Das Verhaltnis der Besetzung von zwei beliebigen Zustanden E 1 E 2 displaystyle E 1 E 2 nbsp ist dann eine Funktion f E 2 E 1 displaystyle f E 2 E 1 nbsp die wegen der beliebigen Wahl des Energienullpunkts nur von der Energiedifferenz abhangen kann W E 2 W E 1 f E 1 E 2 displaystyle frac W E 2 W E 1 f E 1 E 2 nbsp Betrachten wir jetzt drei Zustande so ist W E 3 W E 1 W E 3 W E 2 W E 2 W E 1 displaystyle tfrac W E 3 W E 1 tfrac W E 3 W E 2 cdot tfrac W E 2 W E 1 nbsp also f E 3 E 1 f E 3 E 2 f E 2 E 1 displaystyle f E 3 E 1 f E 3 E 2 cdot f E 2 E 1 nbsp Diese Funktionalgleichung wird nur von der Exponentialfunktion mit einem freien Parameter b displaystyle beta nbsp gelost f E e b E displaystyle f E e beta E nbsp Mithin W E 2 W E 1 f E 1 E 2 e b E 1 E 2 e b E 2 e b E 1 displaystyle frac W E 2 W E 1 f E 1 E 2 e beta E 1 E 2 frac e beta E 2 e beta E 1 nbsp und es folgt fur die Form der gesuchten Funktion das Endergebnis W E e b E displaystyle W E propto e beta E nbsp Die Bedeutung des Parameters b displaystyle beta nbsp erweist sich wenn mithilfe dieser Gleichung die Gesamtenergie eines Systems aus vielen Massenpunkten berechnet wird und mit dem Wert gleichgesetzt wird der fur das 1 atomige ideale Gas gilt Resultat b 1 k B T displaystyle beta tfrac 1 k B T nbsp Herleitung mit dem kanonischen Ensemble Bearbeiten Hierzu siehe Herleitung des Boltzmann Faktors im betreffenden Artikel Numerische Simulation der Verteilung BearbeitenStichproben die der Boltzmann Verteilung genugen werden standardmassig mit Markov Chain Monte Carlo Verfahren erzeugt Insbesondere wurde der Metropolisalgorithmus extra fur diesen Zweck entwickelt Anmerkung Bearbeiten Aus dem totalen Differential einer Funktion g q 1 q n t displaystyle g q 1 dots q n t nbsp also einem Ausdruck der Form d g i 1 n g q i d q i g t d t displaystyle mathrm d g sum i 1 n frac partial g partial q i mathrm d q i frac partial g partial t mathrm d t nbsp entsteht die gesuchte virtuelle Anderung d g i 1 n g q i d q i displaystyle delta g sum i 1 n frac partial g partial q i delta q i nbsp Insbesondere gilt hier d n i ln n i ln n i 1 d n i displaystyle delta n i ln n i ln n i 1 delta n i nbsp wenn g q t q ln q displaystyle g q t q ln q nbsp gewahlt wird Weblinks BearbeitenEintrag in Edward N Zalta Hrsg Stanford Encyclopedia of Philosophy Vorlage SEP Wartung Parameter 1 und weder Parameter 2 noch Parameter 3Literatur BearbeitenAchim Klenke Wahrscheinlichkeitstheorie 2 Auflage Springer Verlag Berlin Heidelberg 2008 ISBN 978 3 540 76317 8 Gerd Wedler Lehrbuch der Physikalischen Chemie 4 Auflage Wiley VCH Weinheim 1997 ISBN 3 527 29481 3 S 93 102 Gunther Harsch Vom Wurfelspiel zum Naturgesetz Simulation und Modelldenken in der Physikalischen Chemie VCH Weinheim 1985 ISBN 3 527 26226 1 S 41 98Diskrete univariate Verteilungen Diskrete univariate Verteilungen fur endliche Mengen Benford Bernoulli beta binomial binomial Dirac diskret uniform empirisch hypergeometrisch kategorial negativ hypergeometrisch Rademacher verallgemeinert binomial Zipf Zipf Mandelbrot ZweipunktDiskrete univariate Verteilungen fur unendliche Mengen Boltzmann Conway Maxwell Poisson discrete Phase Type erweitert negativ binomial Gauss Kuzmin gemischt Poisson geometrisch logarithmisch negativ binomial parabolisch fraktal Poisson Skellam verallgemeinert Poisson Yule Simon ZetaKontinuierliche univariate Verteilungen Kontinuierliche univariate Verteilungen mit kompaktem Intervall Beta Cantor Kumaraswamy raised Cosine Dreieck Trapez U quadratisch stetig uniform Wigner HalbkreisKontinuierliche univariate Verteilungen mit halboffenem Intervall Beta prime Bose Einstein Burr Chi Chi Quadrat Coxian Erlang Exponential Extremwert F Fermi Dirac Folded normal Frechet Gamma Gamma Gamma verallgemeinert invers Gauss halblogistisch halbnormal Hartman Watson Hotellings T Quadrat hyper exponentiale hypoexponential invers Chi Quadrat scale invers Chi Quadrat Invers Normal Invers Gamma Kolmogorow Verteilung Levy log normal log logistisch Maxwell Boltzmann Maxwell Speed Nakagami nichtzentriert Chi Quadrat Pareto Phase Type Rayleigh relativistisch Breit Wigner Rice Rosin Rammler shifted Gompertz truncated normal Type 2 Gumbel Weibull Wilks LambdaKontinuierliche univariate Verteilungen mit unbeschranktem Intervall Cauchy Extremwert exponential Power Fishers z Fisher Tippett Gumbel generalized hyperbolic Hyperbolic secant Landau Laplace alpha stabil logistisch normal Gauss normal invers Gauss sch Skew normal Studentsche t Type 1 Gumbel Variance Gamma VoigtMultivariate Verteilungen Diskrete multivariate Verteilungen Dirichlet compound multinomial Ewens gemischt Multinomial multinomial multivariat hypergeometrisch multivariat Poisson negativmultinomial Polya Eggenberger polyhypergeometrischKontinuierliche multivariate Verteilungen Dirichlet GEM generalized Dirichlet multivariat normal multivariat Student normalskaliert invers Gamma Normal Gamma Poisson DirichletMultivariate Matrixverteilungen Invers Wishart Matrix Beta Matrix Gamma Matrix invers Beta Matrix invers Gamma Matrix Normal Matrix Student t Normal invers Wishart Normal Wishart Wishart Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Boltzmann Statistik amp oldid 238778559