www.wikidata.de-de.nina.az
Unter Bilanzrecht versteht man alle Rechtsnormen und Rechtsprechung die sich mit Fragen des Rechnungswesens der Buchfuhrung und Bilanzierung in Unternehmen befassen Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 Rechtsnormen und Rechtsprechung 3 Geschichte 4 Regelungsumfang 5 Regelungsinhalt 6 Befreiende Wirkung von IFRS Konzernabschlussen 7 Personen und Kapitalgesellschaften 8 Entwicklung 9 Literatur 10 EinzelnachweiseAllgemeines BearbeitenDas Bilanzrecht hat die Harmonisierung der Bilanzierung zum Ziel wodurch Unternehmen der verschiedensten Wirtschaftszweige eine einheitliche Bilanz und Gewinn und Verlustrechnung aufzustellen haben Dies tragt zum Glaubigerschutz bei ermoglicht Betriebsvergleiche und erleichtert die Bilanzanalyse Es sorgt dafur dass dieselben Geschaftsvorfalle in verschiedenen Unternehmen derselben Bilanzposition zugeordnet werden einheitliche Bewertungsvorschriften fur Vermogen und Schulden gelten durch Bilanzstichtage eine Normierung der Perioden und Rechnungsabgrenzung erfolgt und eine einheitliche Gewinnermittlung vorgenommen wird Rechtsnormen und Rechtsprechung BearbeitenTeilweise ungeschriebene Regeln enthalten die Grundsatze ordnungsmassiger Buchfuhrung deren ungeschriebener Teil Gewohnheitsrecht sein kann 1 Handelsrechtliche Gesetznormen sind das Handelsgesetzbuch 238 bis 342a HGB Aktiengesetz 150 ff AktG oder Publizitatsgesetz steuerrechtliche insbesondere das Einkommensteuergesetz Daruber hinaus sind Rechnungslegungsstandards zu beachten wie die des Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee DRSC und die vom International Accounting Standards Board herausgegebenen International Financial Reporting Standards IFRS Auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs BGH und Bundesfinanzhofs BFH kommen als Rechtsquellen in Frage Wichtige bilanzrechtliche Bilanzierungsgrundsatze sind die Bilanzwahrheit Bilanzkontinuitat und Bilanzklarheit sowie das Vorsichts das Fortfuhrungs und das Niederstwert und Hochstwertprinzip Geschichte BearbeitenErste bilanzrechtliche Vorschriften enthielt das im Mai 1861 in Kraft getretene Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch ADHGB Die Buchfuhrungspflicht ergab sich aus Art 28 ADHGB einzelne Bilanzpositionen erwahnte bereits Art 29 ADHGB die Unterzeichnungspflicht der Bilanz durch den Kaufmann schrieb Art 30 ADHGB vor 2 Da durch diese handelsrechtlichen Vorschriften die Vielfalt von Einzelsachverhalten nicht detailliert geregelt werden konnte hat der Gesetzgeber erstmals im Mai 1897 den unbestimmten Rechtsbegriff der Grundsatze ordnungsmassiger Buchfuhrung GoB in das reformierte HGB eingebracht Dort wurden haufig die GoB zitiert nach 38 Abs 1 HGB a F hatte der Kaufmann in den Buchern seine Handelsgeschafte und die Lage seines Vermogens nach den GoB ersichtlich zu machen Auch das heutige HGB verzichtet nicht auf die Einbeziehung der GoB 238 Abs 1 HGB 243 Abs 1 HGB Durch das Massgeblichkeitsprinzip gab es eine Verknupfung zwischen Steuer und Handelsrecht es erschien erstmals im Einkommensteuergesetz EStG vom Marz 1920 in 33 Abs 2 EStG a F Das EStG in der Fassung vom August 1925 schrieb in 13 EStG a F ausdrucklich eine Gewinnermittlung nach GoB vor Das erste deutsche Aktiengesetz vom Oktober 1937 brachte Spezialvorschriften fur AG und KGaA Der Reichsfinanzhof RFH betonte im Marz 1938 dass fur den Einzelkaufmann und die OHG keinesfalls strengere Regeln gelten konnten als sie das den Glaubigerschutz besonders wahrende Recht der AG aufstellt 3 Das bisher in zahlreichen Einzelgesetzen verstreute Bilanzrecht erfuhr durch das BiRiLiG im Dezember 1985 eine Zusammenfassung Ausserdem transformierte es die 4 7 und 8 EG Richtlinie und reformierte damit umfassend das seit Januar 1900 geltende Bilanzrecht des HGB Faktisch entstand hierdurch ein Rechnungslegungsgesetz fur alle Unternehmen Hauptanliegen war ein einheitliches Rechnungslegungsrecht vom Einzelkaufmann bis zum multinationalen Konzern 4 Im Mai 2009 trat das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz BilMoG in Kraft Dadurch sollte zum einen die Informationsfunktion des Jahresabschlusses gestarkt werden zum anderen sollte vor allem mittelstandischen Unternehmen eine einfachere und kostengunstigere Alternative zu den IFRS zur Verfugung gestellt werden Mit dem Bilanzrichtlinie Umsetzungsgesetz traten im Juli 2015 die Vorgaben der EU Richtlinie 2013 34 EU in deutsches Recht in Kraft Es brachte insbesondere eine starkere Systematisierung der Rechnungslegung vor allem der Anhangberichterstattung Zudem wurden die handelsrechtlichen Grossenkriterien angepasst bei deren Umsetzung sich der nationale Gesetzgeber fur eine Ausnutzung der Hochstgrenzen entschieden hat 267 ff HGB Regelungsumfang BearbeitenDie Vorschriften des HGB uber das Bilanzrecht gelten nur fur Kaufleute Gewohnliche Vereine Freiberufler Grundstucksgesellschaften oder offentliche Betriebe sind ihnen nicht unterworfen letztere orientieren sich ohne Rechtspflicht am Bilanzrecht Fur alle Nichtkaufleute gelten nur die steuerrechtlichen Buchfuhrungs und Bilanzierungsvorschriften 140 ff AO 4 5 EStG Zur Aufstellung einer Bilanz sind sie in der Regel nicht verpflichtet Das dritte Buch des HGB teilt sich in sechs Abschnitte auf Vorschriften fur alle Kaufleute Erganzende Vorschriften fur Kapitalgesellschaften sowie bestimmte Personengesellschaften Erganzende Vorschriften fur eingetragene Genossenschaften Erganzende Vorschriften fur Unternehmen bestimmter Wirtschaftszweige Kreditinstitute Finanzdienstleistungsinstitute Versicherungen und Pensionsfonds Privates Rechnungslegungsgremium Rechnungslegungsbeirat Prufstelle fur RechnungslegungDer erste Abschnitt regelt die Buchfuhrung und den Inhalt des Jahresabschlusses wobei die Form des Jahresabschlusses zur freien Wahl des Kaufmanns steht Nur bei Gesellschaften hinter denen keine naturliche Person als haftender Gesellschafter steht werden vor allem zum Schutz der Glaubiger strengere Formvorschriften angelegt Abschnitt 2 Die Gliederung der einzelnen Bilanzpositionen wird fur die Jahresabschlusse dieser Unternehmen standardisiert damit der Jahresabschluss sich einem aussenstehenden Betrachter leichter erschliesst Je nach Grossenklasse sind die einzelnen Gliederungspositionen mehr oder weniger aufzuschlusseln Der Jahresabschluss mittelgrosser und grosser Unternehmen ist einer Jahresabschlussprufung zu unterwerfen bei der die Einhaltung der Vorschriften des Bilanzrechts gepruft wird Bei Konzernunternehmen sind die Einzelabschlusse zu einem Konzernabschluss zu konsolidieren Die Abschlusse sind offenzulegen so dass jeder Interessierte Einsicht nehmen kann In einem separaten Gesetz dem Publizitatsgesetz ist die Publizitatspflicht von Unternehmen geregelt die wegen ihrer ausserordentlichen Grosse trotz einer naturlichen Person als Haftungsobjekt ihren Jahresabschluss offenlegen mussen Weitere Vorschriften hat der Gesetzgeber fur Unternehmen geschaffen deren Stakeholder besonderen Schutzes bedurfen namentlich fur Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen Abschnitt 4 Regelungsinhalt BearbeitenDas deutsche Bilanzrecht orientiert sich auch hinsichtlich des vorgeschriebenen Inhalts der Bilanz am Glaubigerschutz als oberstem Prinzip Das Vorsichtsprinzip aus 252 Abs 1 Nr 4 HGB und seine Auspragungen namentlich das Realisationsprinzip das Niederstwertprinzip das Imparitatsprinzip und das Wertaufhellungsprinzip ziehen sich durch den ganzen ersten Abschnitt des dritten Buches des HGB Demgegenuber sind andere Bilanzrechtsordnungen etwa die des angelsachsischen Raumes bemuht in der Bilanz den geschatzten aktuellen Wert des Unternehmens moglichst genau wiederzugeben Befreiende Wirkung von IFRS Konzernabschlussen BearbeitenUnternehmen deren Eigen oder Fremdkapitalinstrumente an geregelten Wertpapiermarkten gehandelt werden sog kapitalmarktorientierte Unternehmen mussen seit 2005 ihren Konzernabschluss nach International Financial Reporting Standards aufstellen Die Erstellung und Offenlegung eines HGB Konzernabschlusses ist dann nicht mehr notwendig vgl 291 HGB Die Rechnungslegungsvorschriften des HGB sind damit fur solche Abschlusse suspendiert Personen und Kapitalgesellschaften BearbeitenCharakteristisch fur das deutsche Bilanzrecht ist die handelsrechtliche Trennung nach Personen und Kapitalgesellschaften Wahrend bei den unbeschrankt haftenden Rechtsformen Offene Handelsgesellschaft OHG Komplementare der Kommanditgesellschaft Einzelkaufmann weniger strenge Reglementierungen hinsichtlich des Eigenkapitals vorhanden sind gibt es bei Kapitalgesellschaften Aktiengesellschaft Kommanditgesellschaft auf Aktien Gesellschaft mit beschrankter Haftung oder Genossenschaft detailfreudige Eigenkapital und Ausschuttungsnormen Grund ist dass nach dem Trennungsprinzip im deutschen Gesellschaftsrecht fur die Verbindlichkeiten einer Kapitalgesellschaft den Glaubigern gegenuber im Regelfall nur das Gesellschaftsvermogen haftet nicht jedoch wie bei Personengesellschaften auch das Privatvermogen ihrer Gesellschafter Das hatte zur Folge dass sich der Gesetzgeber bei Kapitalgesellschaften umfassend mit der Abgrenzung zwischen Eigen und Fremdkapital auseinandersetzte Entwicklung BearbeitenBereits seit langerem ist eine Annaherung des deutschen Bilanzrechts an internationale angelsachsische Standards der Rechnungslegung konkret die IFRS zu beobachten Fur die Zukunft wird beabsichtigt die Rechnungslegungsvorschriften auf europaischer und internationaler Ebene zu vereinheitlichen um der Globalisierung insbesondere der Internationalisierung der Kapitalmarkte Rechnung zu tragen Auf langere Sicht konnte damit das deutsche Handelsbilanzrecht weiter an internationale Standards angenahert werden oder irgendwann ganz durch die IFRS ersetzt werden Problematisch ist insoweit die derzeit noch vorhandene Massgeblichkeit der Handels fur die Steuerbilanz Literatur BearbeitenFalterbaum Bolk Reiss Kirchner Buchfuhrung und Bilanz Grune Reihe 21 Auflage Achim 2010 ISBN 978 3 8168 1101 5 Grossfeld Luttermann Bilanzrecht 4 Auflage Heidelberg 2005 ISBN 3 8114 2348 7 Luttermann Das Bilanzrecht der Aktiengesellschaft in Munchener Kommentar zum AktG 2 Auflage ISBN 3 406 45305 8 Thiel Ludtke Handjery Bilanzrecht 5 Auflage Heidelberg 2005 ISBN 3 8114 7309 3 Wiedemann Fleischer Handelsrecht einschliesslich Bilanzrecht Reihe PdW 8 Auflage Munchen 2004 ISBN 978 3 406 52070 9 Ludicke Unternehmenssteuerrecht Beck Juristischer Verlag Munchen 2008 ISBN 978 3 406 57406 1 Kathrin Aigner Das neue Bilanzrecht nach HGB 1 Auflage 2009 Verlag LexisNexis ISBN 978 3 89655 465 9Einzelnachweise Bearbeiten Heinz Paulick Lehrbuch des allgemeinen Steuerrechts 1977 Rdn 247 Allgemeines deutsches Handelsgesetzbuch und Allgemeine deutsche Wechselordnung 1866 S 20 RFH Urteil vom 14 Marz 1938 RStBl 1938 626 Carsten P Claussen Bilanzrichtliniengesetz 1986 S 146Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Normdaten Sachbegriff GND 4112755 9 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bilanzrecht Deutschland amp oldid 232505280