Der Anhang (englisch notes) ist im Rechnungswesen ein Pflichtbestandteil des Jahresabschlusses bestimmter Rechtsformen und enthält zusätzliche Informationen, die ergänzend zu den einzelnen Bilanzpositionen der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) vorgeschrieben sind.
Allgemeines
Sein Zweck ist eine den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Erläuterung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens, insbesondere durch ergänzende quantitative und qualitative Informationen, die in den Unternehmensdaten der Bilanz und der GuV nicht enthalten sind. Damit kommt dem Anhang eine große Bedeutung für die Erfüllung der Informationsfunktion des Jahresabschlusses zu.
Inhalt
Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaft, Kommanditgesellschaft auf Aktien, GmbH, Europäische Gesellschaft – und darunter insbesondere kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften) müssen nach § 264 Abs. 1 HGB ihren Jahresabschluss um einen Anhang erweitern, was gemäß § 297 Abs. 1 HGB auch für den Konzernabschluss („Konzernanhang“), für Genossenschaften (§ 336 Abs. 1 HGB) und für publizitätspflichtige Rechtsformen gilt.
Welche Angaben im Anhang gemacht werden müssen, ergibt sich im Detail aus den § 284 Abs. 2 HGB und § 285 HGB:
Diese Angaben lassen sich zu den folgenden drei Punkten zusammenfassen:
- Allgemeine Grundsätze der Bilanzierung, Bewertung und Währungsumrechnung:
- Erläuternde, ergänzende und korrigierende Informationen zur Bilanz und zur Gewinn- und Verlustrechnung:
- Sonstige Angaben:
Der Anhang unterliegt der Jahresabschlussprüfung (§ 316 HGB) mit Ausnahme für kleine Kapitalgesellschaften. Er bildet mit Bilanz und GuV eine Einheit.
Funktionen
Der Anhang erfüllt drei Funktionen:
- Interpretationsfunktion: Es werden einzelne erklärungsbedürftige Positionen der Bilanz und der GuV näher erläutert.
- Ergänzungsfunktion: Er gewährt zusätzliche Informationen, die sich nicht unmittelbar aus einer Position der Bilanz und der GuV ableiten lassen.
- Entlastungsfunktion: Bilanz und der GuV bleiben übersichtlich, weil weitere Informationen in den Anhang verlagert werden.
Diese Funktionen sollen den Einblick in die tatsächlichen Verhältnisse der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage verbessern.
International
In Österreich müssen gemäß § 238 UGB mittelgroße und große Gesellschaften detaillierte Angaben wie in Deutschland machen. Das gilt gemäß § 239 UGB auch für Angaben über Organe und Arbeitnehmer. Nach § 240 UGB müssen große Gesellschaften genauere Angaben über die Umsatzerlöse machen. Große und mittelgroße Aktiengesellschaften haben zudem die in § 241 UGB vorgesehenen Angaben zu veröffentlichen.
In der Schweiz stellt der Anhang nach Art. 958 Abs. 2 OR einen Bestandteil der Jahresrechnung (Einzelabschluss) dar und ist somit grundsätzlich von allen zur Rechnungslegung verpflichteten Unternehmen nebst Bilanz und Erfolgsrechnung zu erstellen. Zweifel an der Fortführung des Unternehmens sind gemäß Art. 958a OR im Anhang zu vermerken. Wechselkurse sind im Anhang offenzulegen (Art. 958d OR). Die Hauptnorm ist mit Detailangaben für den Anhang in Art. 959c OR enthalten. Einzelunternehmen und Personengesellschaften können gemäß Art. 959c Abs. 3 OR auf die Erstellung des Anhangs verzichten, wenn sie nicht zur Rechnungslegung nach den Vorschriften für größere Unternehmen verpflichtet sind. Werden in den Vorschriften zur Mindestgliederung von Bilanz und Erfolgsrechnung zusätzliche Angaben gefordert und wird auf die Erstellung eines Anhangs verzichtet, so sind diese Angaben direkt in der Bilanz oder in der Erfolgsrechnung auszuweisen.
Eine Analogie zum deutschen Handelsrecht ist nach IFRS bei den englisch notes unmittelbar gegeben, es fehlt jedoch an einer gesetzlichen Kodifizierung. Sie orientieren sich an den US GAAP und den Vorschriften der United States Securities and Exchange Commission (SEC) sowie an den Rechnungslegungsstandards des IFRS (englisch fair representation, materiality). Die Angaben der „notes“ sind weitaus umfangreicher als in Deutschland, Österreich oder der Schweiz. Gemäß International Accounting Standard 1 enthalten die notes
- Die accounting policies: Darunter sind Informationen zu den Erstellungsgrundlagen des Jahresabschlusses und die spezifischen Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze zu verstehen;
- alle Informationen, die für den Abschluss verlangt werden, aber nicht bereits an anderer Stelle vorhanden sind;
- alle Informationen, die nicht gefordert, aber für eine realistische Darstellung der Unternehmenslage (englisch fair presentation) unerlässlich sind.
Eine Korrekturfunktion haben die notes im Gegensatz zum HGB-Anhang nicht, da der IFRS-Abschluss keine den tatsächlichen Verhältnissen widersprechenden Angaben enthalten darf. Formale Anforderungen dürfen also nicht zu einer Verschleierung der realistischen Darstellung der Unternehmenslage führen. Im Zweifel ist hier nach dem Grundsatz der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (englisch substance over form) eine Abweichung von der Einzelvorschrift geboten.
Literatur
- Jörg Baetge/Hans-Jürgen Kirsch/Stefan Thiele, Bilanzen, 10. Auflage, IDW Verlag, Düsseldorf, 2009, ISBN 3-8021-1413-2
- Adolf G. Coenenberg u. a., Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Auflage, Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart, 2009, ISBN 3-7910-2770-0.
Einzelnachweise
- Jürgen Krumnow/Ludwig Gramlich, Gabler Bank-Lexikon: Bank - Börse – Finanzierung, 2000, S. 56 f.
- Hans-Josef Brink, Anhang, in: Bernhard Pellens/Walther Busse von Colbe, Lexikon des Rechnungswesens, 1998, S. 24
- Reinhard Heyd/Michael Beyer/Daniel Zorn, Bilanzierung nach HGB in Schaubildern, 2020, S. 153 ff.
- Ottmar Schneck, Lexikon der Betriebswirtschaft, 1998, S. 32 f.; ISBN 3-423-05810-2
- Hans-Josef Brink, Anhang, in: Bernhard Pellens/Walther Busse von Colbe, Lexikon des Rechnungswesens, 1998, S. 27 f.
- Ottmar Schneck, Lexikon der Betriebswirtschaft, 1998, S. 33