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Als Betriebsform oder Betriebstypologie wird in der Betriebswirtschaftslehre allgemein die Klassifizierung oder Typologisierung von Betrieben bezeichnet die in ihren Merkmalen soweit ubereinstimmen dass sie von Nachfragern im Wesentlichen als gleichartig eingestuft werden Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 Betriebstypologie 3 Morphologischer Kasten 4 Bedeutung fur das Handelsmanagement 5 Beispiele 6 Wirtschaftliche Aspekte 7 Abgrenzung 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseAllgemeines BearbeitenDie Klassifikation unterscheidet Betriebe uberschneidungsfrei anhand eines ausschliesslichen oder uberwiegend kennzeichnenden Merkmals So differenziert die Betriebswirtschaftslehre die Betriebe nach ihrem unterschiedlichen Betriebszweck allgemein nach Sachleistungs und Dienstleistungsbetrieben Wirtschaftszweige Betriebsgrossen Kleinstunternehmen kleine und mittlere Unternehmen Grossunternehmen Konzerne oder nach der Art des Unternehmensziels erwerbswirtschaftlich orientierte Betriebe Non Profit Organisationen 1 Dafur hat sich der Ausdruck Betriebstypologie eingeburgert Bei der Unterscheidung nach Betriebsgrosse konnen betriebswirtschaftliche Kennzahlen wie Beschaftigte Eigenkapital Umsatzerlose Verkaufsflache oder ahnliches herangezogen werden Dadurch wird die Identifikation ahnlicher Unternehmen ermoglicht und die Vergleichbarkeit zwischen ihnen Betriebsvergleich transparent gemacht In der Handelsbetriebslehre einer Betriebslehre wird der Gross und Einzelhandel in die typischen Betriebsformen Cash amp Carry Abholgrossmarkt Fachgrosshandel Sortimentsgrosshandel Spezialgrosshandel und Versandgrosshandel unterteilt Im Einzelhandel gibt es unter anderem Discounter Einheitspreisgeschafte Fachgeschafte Fachmarkte Kaufhauser SB Warenhauser Shopping Center Supermarkte Verbrauchermarkte Versandhandel und Warenhauser 2 Dies sind Betriebsformen im engeren Sinne Betriebstypologie BearbeitenBetriebstypologie ist die systematische Einteilung der Betriebstypen nach bestimmten Merkmalen wie Wirtschaftszweig Art der Leistung oder nach dem vorherrschenden Produktionsfaktor 3 WirtschaftszweigeDie einer bestimmten Branche angehorigen Betriebe weisen stets die gleichen Betriebszwecke auf Wirtschaftszweig BetriebstypologieBergbau BergbaubetriebeAgrarsektor BauernhofeForstwirtschaft ForstbetriebeBaugewerbe BauunternehmenEnergiewirtschaft Energieversorgungsunternehmenverarbeitendes Gewerbe ProduktionswirtschaftHandel Grosshandel EinzelhandelDienstleistungssektor DienstleistungsunternehmenVerkehrswirtschaft VerkehrsbetriebeArt der Leistung 4 Sachleistungsbetriebe Gewinnungsunternehmen Aufbereitungsunternehmen Energiewirtschaft Veredelungsunternehmen Verarbeitungsunternehmen HandwerkDienstleistungsbetriebe Handelsbetriebe Kreditinstitute Verkehrsbetriebe Versicherungsbetriebe sonstige DienstleistungsbetriebeDer historische Begriff Fabrik ist eine Betriebsform der Industrie die durch eine stark mechanisierte und automatisierte Produktion gekennzeichnet ist 5 Fur die nach Wirtschaftszweigen eingeteilten Betriebe gibt es haufig spezielle Betriebslehren unter anderem im Bankwesen Bankbetriebslehre im Versicherungswesen Versicherungsbetriebslehre Vorherrschender ProduktionsfaktorIm Regelfall beherrscht ein bestimmter Produktionsfaktor Arbeit Betriebsmittel Werkstoffe Kapital den Produktionsprozess Vorherrschender Produktionsfaktor BetriebstypologieRohstoffe rohstoffintensive UnternehmenEnergie energieintensive UnternehmenAnlagevermogen anlagenintensive UnternehmenPersonal personalintensive UnternehmenForschung und Entwicklung forschungsintensive UnternehmenKapital kapitalintensive UnternehmenBei rohstoffintensiven Unternehmen erreichen die Materialkosten den hochsten Anteil aller Kostenarten an den Gesamtkosten bei energieintensiven Unternehmen die Energiekosten bei anlagenintensiven Unternehmen die Abschreibungen bei personalintensiven Unternehmen die Personalkosten bei forschungsintensiven Unternehmen die Forschungs und Entwicklungskosten und bei kapitalintensiven Unternehmen die Kapitalkosten In Dienstleistungsunternehmen ist der externe Produktionsfaktor Kunden und oder Wirtschaftsobjekte meist der vorherrschende Produktionsfaktor Morphologischer Kasten Bearbeiten Hauptartikel morphologischer Kasten Die schematische Einordnung unterschiedlicher Betriebstypen kann dabei anhand eines morphologischen Kastens erfolgen der sich im folgenden Beispiel auf die Produktionswirtschaft bezieht In diesem zweidimensionalen Konstrukt werden die relevanten Merkmale und deren Auspragungen gegliedert 6 Merkmal MerkmalsauspragungAuftragsauslosungsart Produktion auf Bestellung mit Einzelauftragen Produktion auf Bestellung mit Rahmenvertragen kundenanonyme Vorproduktion kundenauftragsbezogene Endproduktion Produktion auf LagerErzeugnisspektrum Erzeugnisse nach Kundenspezifikation typisierte Erzeugnisse mit kundenspezifischen Varianten Standarderzeugnisse mit Varianten Standarderzeugnisse ohne VariantenErzeugnisstruktur mehrteilige Erzeugnisse mit komplexer Struktur mehrteilige Erzeugnisse mit einfacher Struktur geringteilige ErzeugnisseErmittlung des Erzeugnis Komponentenbedarfs bedarfsorientiert auf Erzeugnisebene teilweise erwartungs teilweise bedarfsorientiert auf Komponentenebene erwartungsorientiert auf Komponentenebene erwartungsorientiert auf Erzeugnisebene verbrauchsorientiert auf ErzeugnisebeneAuslosung des Sekundarbedarfs auftragsorientiert teilweise auftragsorientiert teilweise periodenorientiert periodenorientiertBeschaffungsart weitgehender Fremdbezug Fremdbezug in grosserem Umfang Fremdbezug unbedeutendBevorratung keine Bevorratung von Bedarfspositionen Bevorratung von Bedarfspositionen auf unteren Strukturebenen Bevorratung von Bedarfspositionen auf oberen Strukturebenen Bevorratung von ErzeugnissenFertigungsart Einmalfertigung Einzel und Kleinserienfertigung Serienfertigung MassenfertigungAblaufart in der Teilefertigung Werkstattenfertigung Inselfertigung Reihenfertigung FliessbandfertigungAblaufart in der Montage Baustellenmontage Gruppenmontage Reihenmontage FliessmontageFertigungsstruktur Fertigung mit geringem Strukturierungsgrad Fertigung mit mittlerem Strukturierungsgrad Fertigung mit hohem StrukturierungsgradKundenanderungseinflusse wahrend der Fertigung Anderungseinflusse in grosserem Umfang Anderungseinflusse gelegentlich Anderungseinflusse unbedeutendBeispielhafte Abbildung eines BetriebesEin konkretes Produktionsunternehmen wird in der Systematik durch eine bestimmte Merkmalsauspragung in jeder Zeile des morphologischen Kastens dargestellt Dabei ist es moglich dass auf ein bestimmtes Unternehmen mehrere der zur Auswahl stehenden Merkmalsauspragungen bzgl eines Kriteriums zutreffen Entsprechend werden dann mehrere Eintrage einer Zeile markiert 6 Merkmal MerkmalsauspragungAuftragsauslosungsart Produktion auf Bestellung mit Einzelauftragen Produktion auf Bestellung mit Rahmenvertragen kundenanonyme Vorproduktion kundenauftragsbezogene Endproduktion Produktion auf LagerErzeugnisspektrum Erzeugnisse nach Kundenspezifikation typisierte Erzeugnisse mit kundenspezifischen Varianten Standarderzeugnisse mit Varianten Standarderzeugnisse ohne VariantenErzeugnisstruktur mehrteilige Erzeugnisse mit komplexer Struktur mehrteilige Erzeugnisse mit einfacher Struktur geringteilige ErzeugnisseErmittlung des Erzeugnis Komponentenbedarfs bedarfsorientiert auf Erzeugnisebene teilweise erwartungs teilweise bedarfsorientiert auf Komponentenebene erwartungsorientiert auf Komponentenebene erwartungsorientiert auf Erzeugnisebene verbrauchsorientiert auf ErzeugnisebeneAuslosung des Sekundarbedarfs auftragsorientiert teilweise auftragsorientiert teilweise periodenorientiert periodenorientiertBeschaffungsart weitgehender Fremdbezug Fremdbezug in grosserem Umfang Fremdbezug unbedeutendBevorratung keine Bevorratung von Bedarfspositionen Bevorratung von Bedarfspositionen auf unteren Strukturebenen Bevorratung von Bedarfspositionen auf oberen Strukturebenen Bevorratung von ErzeugnissenFertigungsart Einmalfertigung Einzel und Kleinserienfertigung Serienfertigung MassenfertigungAblaufart in der Teilefertigung Werkstattfertigung Inselfertigung Reihenfertigung FliessfertigungAblaufart in der Montage Baustellenmontage Gruppenmontage Reihenmontage FliessmontageFertigungsstruktur Fertigung mit geringem Strukturierungsgrad Fertigung mit mittlerem Strukturierungsgrad Fertigung mit hohem StrukturierungsgradKundenanderungseinflusse wahrend der Fertigung Anderungseinflusse in grosserem Umfang Anderungseinflusse gelegentlich Anderungseinflusse unbedeutendBedeutung fur das Handelsmanagement BearbeitenFur das Handelsmanagement bedeuten die Wahl der Betriebsform oder verschiedener Betriebsformen innerhalb eines Unternehmens oder Konzerns ihre Variation oder ihre Erganzung um andere Betriebsformen eine wichtige strategische konstitutive Entscheidung Handelskonzerne grossere Filialunternehmen und Verbundgruppen des Handels betreiben mitunter mehrere Betriebsformen besser Betriebstypen gleichzeitig beispielsweise SB Warenhauser Fachmarkte Discountmarkte und Online Handel Auch lassen sich im Handel durch eine Neukombination typenbildender Merkmale traditioneller wie neuartiger Merkmale immer neue Betriebstypen entwickeln eine strategische Herausforderung fur modernes Handelsmarketing Betriebstypeninnovation Beispielsweise konnte aus den traditionellen Betriebsformen Warenautomat Spezialbuchhandlung und fahrendem Laden durch ihre blosse Verknupfung eine innovative Betriebsform realisiert werden ein fahrender Taschenbucher Automat Bei den Betriebsformen des Gross oder des Einzelhandels handelt es sich in der Regel um Betriebstypen mit Uberschneidungen bei einzelnen typenbildenden Elementen In der Literatur und in der Praxis werden Betriebsform und Betriebstyp meist synonym verwendet Bisher konnte sich jedoch noch keine einheitliche Definition durchsetzen In der Betriebswirtschaftslehre des Handels wurde gelegentlich vorgeschlagen den Begriff Betriebsform auf die Stellung eines Handelsbetriebes in der Distributionskette zwischen Urerzeuger und Konsument anzuwenden d h auf welcher Wirtschaftsstufe sich der Handelsbetrieb befindet und der Begriff Betriebstyp ware zu verwenden um die Stellung innerhalb einer Wirtschaftsstufe zu kennzeichnen Diese Unterscheidung ist jedoch unzweckmassig da einige Betriebstypen nicht nur einer Wirtschaftsstufe angehoren sich nicht eindeutig einer Wirtschaftsstufe zuordnen lassen wie beispielsweise der e commerce oder eine sonstige Mischform darstellen beispielsweise Handwerkshandel oder Kommissionshandel Beispiele BearbeitenBetriebsformen des Einzelhandels Auswahl aus ACNielsen 7 und Hans Otto Schenk 8 Ambulanter Handel Automatenhandel Basar Basement Store Boutique Catalogue Showroom Convenience Shop Discounter Dorfladen Drogerie Drogeriemarkt Einkaufszentrum Fachgeschaft Fachmarkt Factory Outlet Factory Outlet Center Filialunternehmen Gemeinschaftswarenhaus Gemischtwarenladen Hausierhandel Kaufhaus Kioskhandel Laden Ladenpassage Marktgewerbe Off price Store SB Warenhaus gt 5 000 m Spezialgeschaft Strassenhandel Supermarkt 400 799 m Kleiner und grosser Verbrauchermarkt 800 1 499 m 1 500 4 999 m Warenhaus Zollfrei Laden englisch duty free shop Betriebsformen des Grosshandels Hauptartikel Betriebsformen des Grosshandels im Artikel GrosshandelWirtschaftliche Aspekte BearbeitenDie verschiedenen in immer neuen Varianten aufkommenden Betriebstypen sind Ausdruck des intensiven Wettbewerbs im stationaren Handel Jedes Handelsunternehmen steht in einer doppelten Wettbewerbssituation im Wettbewerb mit Betrieben derselben Betriebsform intraformaler Wettbewerb und im Wettbewerb mit Betrieben anderer Betriebsformen interformaler Wettbewerb 9 Die verschiedenen Betriebsformen konnen einem Agglomerationseffekt Kopplungseffekt Destinationseffekt oder Wettbewerbseffekt unterliegen Bei letzterem gerat jeder Betriebstyp des Handels Hans Otto Schenk zufolge in eine doppelte Wettbewerbsbeziehung namlich sowohl mit Wettbewerbern derselben Betriebsform intraformaler Wettbewerb als auch mit Wettbewerbern anderer Betriebsformen interformaler Wettbewerb Je nach Markttransparenz und Konsumverhalten konnen damit spezifische Wettbewerbseffekte Wettbewerbsvorteile oder nachteile verbunden sein Beispielsweise steht ein Fachgeschaft nicht nur mit anderen Fachgeschaften am Ort mit ahnlicher Leistungs und Kostenstruktur im Wettbewerb sondern etwa auch mit Warenhausern und Discountern mit dem uberregional anbietenden Versandhandel und dem Online Handel ohnehin Bei sortengleichen Artikeln ist das Fachgeschaft somit einem verscharften Preiswettbewerb mit Discountern ausgesetzt sofern die Konsumenten die Preise vergleichen Deren Ruckschlussen auf vermeintlich uberhohte Fachhandelspreise kann durch Preisangleichung oder unterbietung beispielsweise durch Sonderangebote oder Qualitatswettbewerb entgegengewirkt werden Abgrenzung BearbeitenDie Unternehmen konnen auch anhand ihrer Rechtsform klassifiziert und unterschieden werden Literatur BearbeitenHans Jung Allgemeine Betriebswirtschaftslehre 10 Aufl Oldenbourg 2006 S 13ff ISBN 3486580493 Wolfgang Korndorfer Allgemeine Betriebswirtschaftslehre Aufbau Ablauf Fuhrung Leitung 13 Aufl Gabler 2003 S 5ff ISBN 3409120483 Karl Kurbel Produktionsplanung und steuerung Methodische Grundlagen von PPS Systemen und Erweiterungen 5 Aufl Munchen 2003 S 32ff Hans Otto Schenk Marktwirtschaftslehre des Handels Wiesbaden 1991 ISBN 3 409 13379 8 Hans Otto Schenk E Commerce und Internet Handel Eine typologische Klarung in Handelsforschung 2001 02 hrsg von Volker Trommsdorff Koln 2002 S 25 50 ISBN 3 935118 38 4 Hans Otto Schenk Psychologie im Handel 2 Aufl Munchen Wien 2007 ISBN 978 3 486 58379 3 Weblinks Bearbeitenhandelswissen de BetriebsformEinzelnachweise Bearbeiten Gunter Wohe Ulrich Doring Einfuhrung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre 25 Auflage 2013 S 30 ff ISBN 9783800646876 Ludwig G Poth Marcus Pradel Gudrun S Poth Gabler Kompakt Lexikon Marketing 2003 S 45 Wolfgang Grill Ludwig Gramlich Roland Eller Hrsg Gabler Bank Lexikon Bank Borse Finanzierung Band 1 1996 S 256 Gunter Wohe Ulrich Doring Einfuhrung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre 25 Auflage 2013 S 31 Dirk Piekenbrock Gabler Kompakt Lexikon Volkswirtschaftslehre 2009 S 129 a b Gerrit Sames Winfried Budenbender Aachener PPS Modell Das morphologische Merkmalsschema Sonderdruck 4 90 7 Aufl Forschungsinstitut fur Rationalisierung an der RWTH Aachen 1998 Definitionen nach ACNielsen S 13 Memento des Originals vom 3 Dezember 2008 im Internet Archive Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www acnielsen de Hans Otto Schenk Marktwirtschaftslehre des Handels Wiesbaden 1991 S 158 163 Hans Otto Schenk Die Bedeutung der Betriebsformen fur den spezifischen Wettbewerb im Handel in Jahrbuch der Absatz und Verbrauchsforschung IV Quartalsheft 1966 S 178Normdaten Sachbegriff GND 4202858 9 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Betriebsform amp oldid 226933516