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Patriotenpartei ist eine Weiterleitung auf diesen Artikel Zur Partei in Polen siehe Patrioten Partei Polen Die Bayerische Patriotenpartei auch Bayerische Patriotische Partei genannt war eine 1869 gegrundete katholisch orientierte politische Partei im Konigreich Bayern Ab 1887 nannte sie sich Bayerische Zentrumspartei Inhaltsverzeichnis 1 Grundung 2 Fruhe Geschichte 3 Krisen und Stabilitat 4 Wandel zur Regierungspartei und Ende 5 Literatur 6 AnmerkungenGrundung BearbeitenDie Bayerische Patriotenpartei entstand auf dem Boden katholisch grossdeutsch konservativer Stromungen im bayerischen Vormarz und nach der Revolution von 1848 wie etwa der Gruppe der Konfoderierten im ersten Landtag den katholischen Eos und Gorres Kreisen sowie den zahlreichen konservativen Konstitutionellen Vereinen Vor diesem Hintergrund und angesichts eines von liberalen Ideen gepragten neuen Schulgesetzes in Bayern schlossen sich im bayerischen Abgeordnetenhaus Mitte des Jahres 1869 Abgeordnete zur Patriotischen Fraktion zusammen Eine parallele Entwicklung ist zeitgleich in Preussen mit der Grundung der Zentrumspartei zu beobachten Der Sieg der protestantischen Grossmacht Preussen im Deutschen Krieg 1866 und das folgende Hinausdrangen der osterreichischen Schutzmacht der deutschen Katholiken aus dem gleichzeitig kollabierenden Deutschen Bund bedeutete einen Ruckschlag fur den Katholizismus in Deutschland Die Patriotenpartei positionierte sich gegen ein kleindeutsches Reich unter preussischer Fuhrung gegen die staatliche Vereinnahmung der Kirche und gegen Liberalismus wie auch Nationalismus und trat fur katholisch kirchliche Interessen ein katholisch konservatives Gesellschafts und Wirtschaftsbild sowie fur die grossdeutsche Losung der deutschen Frage bei gleichzeitigem Erhalt der bayerischen Staatlichkeit und Selbstandigkeit ein Eine feste Organisation hatte die Patriotenpartei in dieser fruhen Phase noch nicht Sie einte im Abgeordnetenhaus im Wesentlichen die gemeinsame katholisch konservative Gesinnung und die Gegnerschaft zum liberalen Ministerium des Fursten Chlodwig zu Hohenlohe Schillingsfurst als ihr geistiger und politischer Fuhrer trat der Publizist Josef Edmund Jorg auf Die Patriotenpartei war anfanglich eine reine Honoratiorenpartei die anstatt einer Parteiorganisation einen breiten Unterbau in den zahlreichen katholischen Vereinen und Verbanden den christlichen Bauernvereinen und katholischen Kasinos nutzen konnte Auf lokaler Ebene ubernahmen katholische Geistliche Adelige oder Honoratioren die Koordination Landtagskandidaten wurden zum grossten Teil bekannte Funktionare der katholischen Vereine und Verbande die oft entweder dem Klerus oder dem Adel entstammten Auch in der Ersten Kammer des bayerischen Parlaments hatten die Patrioten eine betrachtliche Zahl an Sympathisanten Ihre soziale Basis hatte die Patriotenpartei vor allem in der bauerlichen Landbevolkerung dem konservativen Kleinburgertum der Landstadte sowie im Klerus und dem bayerischen Adel Zur Verwurzelung in diesen Schichten trugen auch eine Vielzahl von Zeitungen bei darunter die Historisch politischen Blatter des Josef Edmund Jorg und das bayerische Vaterland des Doktor Johann Baptist Sigl Im katholischen Altbayern und in Unterfranken fanden die Patrioten ihren starksten Ruckhalt In den Stadten und den hauptsachlich protestantisch bevolkerten Landesteilen konnte die Partei dagegen nur schwer Fuss fassen 1 Fruhe Geschichte BearbeitenBereits bei den Wahlen zum Zollparlament 1868 gelang es der Patriotenpartei 30 von 48 bayerischen Mandaten zu gewinnen In den beiden Landtagswahlen des Jahres 1869 setzte sich dieser Trend fort Im Mai gewann die Partei 79 im November 80 von 154 Mandaten und damit beide Male die absolute Mehrheit der Sitze Diese nunmehr neu entstandene Konstellation im bayerischen Abgeordnetenhaus blieb im Wesentlichen bis 1918 unverandert der Patriotenpartei gelang es ununterbrochen die starkste Fraktion zu stellen und sie stand in einem bestandigen scharfen Gegensatz zur liberalen Fortschrittspartei und den von den Monarchen eingesetzten liberalen Ministerien Die Reichsgrundung 1871 brachte deutlich die beiden Flugel der Patriotenpartei zutage Eine Gruppe um Joseph Edmund Jorg und spater Georg Heim war bauerlich kleinburgerlich gepragt und demokratisch und patriotisch gesinnt die andere unter dem Reichsrat Graf Konrad von Preysing und Ludwig von Arco Zinneberg war starker aristokratisch gepragt und nahm eine reichsfreundliche und konservativere Haltung ein Sowohl die Frage der Kriegserklarung an Frankreich und damit des bayerischen Eintritts in den Deutsch Franzosischen Krieg 1870 als auch die anschliessende Frage des Eintritts Bayerns in das neu entstehende Deutsche Kaiserreich spaltete die Fraktion im Landtag Die zerrissene Patriotenpartei erhielt daher bei den Wahlen zum ersten deutschen Reichstag auch nur mehr 19 der 48 bayerischen Mandate und 38 der Stimmen Im Reichstag schlossen sich die Patrioten der Fraktion des katholischen Zentrums an Erst der Kulturkampf in den 1870er Jahren in Bayern wie in Preussen fuhrte wieder zu einer Solidarisierung innerhalb der Patriotenpartei und zum Wiedererstarken durch neue Wahlerfolge Bei der Reichstagswahl 1874 erhielt die Partei 59 5 der Stimmen und damit 32 Mandate Gleichzeitig geriet sie aber auch in ihre zweite grosse Krise Krisen und Stabilitat BearbeitenSeit ihrer Grundung musste die monarchisch gesinnte Partei eine Antwort darauf finden wie sie sich gegenuber einem liberalen Ministerium verhalten sollte das ideologisch zwar gegen sie gerichtet war gleichzeitig aber vom Konig aufgrund des monarchischen Prinzips nicht gegen ein konservatives und damit der Parlamentsmehrheit entsprechendes Gremium ausgewechselt wurde Wahrend eine radikal katholische Gruppierung innerhalb der Fraktion forderte dem liberalen Ministerium das Budget zu verweigern oder den Landtag durch das kollektive Niederlegen des Mandats lahmzulegen sprach sich eine gemassigtere Gruppe um Jorg fur einen Kampf gegen das Ministerium im Rahmen der parlamentarischen Moglichkeiten aus Dieser Dissens fuhrte 1877 zur Spaltung der Fraktion in die Patriotenpartei um Jorg und die radikalere Katholische Volkspartei unter der Fuhrung Aloys Rittlers und Johann Baptist Sigls Nach langeren Verhandlungen schlossen sich beide Gruppierungen dann aber unter nomineller Wahrung ihrer Eigenstandigkeit wieder zur gemeinsamen Fraktion der Vereinigten Rechten zusammen 1881 schliesslich gewann man sogar die neu entstandene National Konservative Partei das evangelisch lutherische Gegenstuck zur Patriotenpartei aus dem protestantischen Mittelfranken unter August Emil Luthardt fur die Fraktionsgemeinschaft Vereinigte Rechte In den 1880er Jahren traten mit dem Freisinger Geistlichen Balthasar von Daller und dem Erdinger Philologen Georg von Orterer eine neue Fuhrungsriege auf die zuerst 1887 den Anschluss als Bayerische Zentrumspartei an das reichsweite Zentrum in die Wege leitete und dann 1888 1890 die bisher stark aristokratisch dominierte Fuhrungsspitze der Partei verdrangte Mit dem neuen Programm der Bayerischen Zentrumspartei aus dem Jahr 1887 gelang es auch die divergierenden Gruppen unter dem Dach der neuen Partei endgultig wiederzuvereinigen Das Programm forderte die Verwirklichung christlicher Grundsatze in allen Lebensbereichen und versuchte daruber hinaus alle Schichten der Bevolkerung an die Partei zu binden Das Bekenntnis zur Reichstreue stand neben dem Postulat des Foderalismus zwischen der monarchischen Grundhaltung und den Forderungen nach erweiterten Rechten des Parlaments wurde ein Ausgleich gesucht und sowohl die Bauern als auch das Handwerk und der Arbeiterstand berucksichtigt Das Nachlassen des solidarisierenden Drucks durch den staatlichen Kulturkampf vor allem aber auch die Unzufriedenheit der bayerischen Bauern mit dem Verhalten der Bayerischen Zentrumspartei auf Reichsebene u a Zustimmung zu den fur bayerische Bauern ungunstigen Handelsvertragen Caprivis fuhrte 1893 zur Grundung des Bayerischen Bauernbundes der sich radikal antiklerikal partikularistisch und adelsfeindlich darstellte Der Bauernbund errang bei der Landtagswahl 1893 sogleich sieben Mandate und brach damit die absolute Mehrheit der Bayerischen Zentrumspartei In dieser Phase gewann der bauerlich partikular demokratische Flugel wieder zunehmend an Gewicht in der Partei und das Zentrum erhielt wieder in starkem Masse den Charakter einer Partei sozialer und demokratischer Forderungen auf katholischer Grundlage D Albrecht Gegen die Herausforderung des Bauernbundes verstarkte die Bayerische Zentrumspartei ihre Agitation im bauerlichen Milieu betonte wieder starker eine partikulare Sicht und verpflichtete ihre Reichstagsabgeordneten zu einem bauernfreundlichen Stimmenverhalten im Reichstag Zusatzlich arbeitete man in Wahlbundnissen mit der aufstrebenden Sozialdemokratie zusammen um dem Bauernbund die Wahlerbasis zu entziehen Wandel zur Regierungspartei und Ende BearbeitenDas fuhrte aber zu einem neuerlichen scharfen Konflikt in der Fraktion zwischen der Gruppe um den Bauerndoktor Heim und der starker burgerlich konservativ orientierten Gruppe um Orterer und den Passauer Geistlichen Franz Seraph von Pichler wahrend Fraktionsvorsitzender Daller moderierend zwischen den Teilen der Fraktion stand Der Gruppe um Orterer gelang es aber zunehmend mit Unterstutzung des Klerus der Patrioten in der Ersten Bayerischen Kammer und auch Teilen des Hofes sich als regierungsfahige Alternative zu den vom Hof eingesetzten liberalen Ministerien zu prasentieren Heim zog sich 1911 vorubergehend aus der Politik zuruck und im Jahr 1912 berief Prinzregent Luitpold den Fuhrer der Zentrumsfraktion im Reichstag Georg von Hertling zum Vorsitzenden des bayerischen Staatsministeriums Damit war erstmals seit der Grundung der Patriotenpartei 1869 ein Vertreter der Mehrheitsfraktion im Landtag mit der Regierung des Staates betraut die Bayerische Zentrumspartei hatte ihr Ziel erreicht Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs und den staatlichen Umwalzungen auch in Bayern grundeten fuhrende Mitglieder der Bayerischen Zentrumspartei um Georg Heim und Heinrich Held im November 1918 in Regensburg die Bayerische Volkspartei die sich wieder gezielt vom reichsweiten Zentrum unter dem unitarischen Einfluss Matthias Erzbergers abgrenzte Literatur BearbeitenAufsatzeDieter Albrecht Patriotenpartei Zentrumspartei In Ders Von der Reichsgrundung bis zum Ende des Ersten Weltkrieges 1871 1918 16 Parteien und Verbande In Alois Schmid Hrsg Handbuch der bayerischen Geschichte Bd 4 Das neue Bayern Von 1800 bis zur Gegenwart Teil 1 Staat und Politik Beck Munchen 2003 ISBN 3 406 50451 5 S 336 345 Wilhelm Volkert Die Bayerische Patriotenpartei und das Zentrum 1871 1898 Ein Beitrag zur Vorgeschichte der Bayerischen Volkspartei In Klaus Hildebrand Udo Wengt und Andreas Wirsching Hrsg Geschichtswissenschaft und Zeiterkenntnis Von der Aufklarung bis zur Gegenwart Festschrift zum 65 Geburtstag von Horst Moller Oldenbourg Verlag Munchen 2008 ISBN 978 3 486 58507 0 S 83 98 BucherDieter Albrecht Hrsg Die Protokolle der Landtagsfraktion der Bayerischen Zentrumspartei 1893 1914 Beck Munchen 1989 93 5 Bande 1893 1899 1989 ISBN 3 406 10492 4 1899 1904 1989 ISBN 3 406 10493 2 1905 1907 1991 ISBN 3 406 10494 0 1907 1911 1992 ISBN 3 406 10495 9 1912 1914 1993 ISBN 3 406 10683 8 Freya Amann Hie Bayern hie Preussen Die Bayerische Patriotenpartei Bayerische Zentrumspartei und die Konsolidierung des Deutschen Kaiserreiches bis 1889 Dissertation LMU Munchen veroffentlicht in elektronischer Form bei der Universitatsbibliothek Munchen Munchen 2013 Siegfried Brewka Zentrum und Sozialdemokratie in der bayerischen Kammer der Abgeordneten 1893 1914 Peter Lang Verlag Frankfurt M 1996 ISBN 3 631 31215 6 zugl Dissertation Universitat Regensburg 1996 Friedrich Hartmannsgruber Die Bayerische Patriotenpartei 1868 1887 Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte Bd 82 Beck Munchen 1986 ISBN 3 406 10483 5 Adalbert Knapp Das Zentrum in Bayern 1893 1912 Soziale organisatorische und politische Struktur einer katholisch konservativen Partei Dissertation Universitat Munchen 1973 unveroffentlicht Richard Kessler Heinrich Held als Parlamentarier Eine Teilbiographie 1868 1924 Beitrage zu einer historischen Strukturanalyse Bayerns im Industriezeitalter Bd 6 Duncker amp Humblot Berlin 1971 ISBN 3 428 02434 6 zugl Dissertation Universitat Munchen 1971 Karl Petermeier Balthasar von Daller Politiker und Parteifuhrer 1835 1911 Studien zur Geschichte der bayerischen Zentrumspartei Diss Masch Munchen 1956 Hermann Renner Georg Heim der Bauerndoktor Lebensbild eines ungekronten Konigs Bayer Landwirtschaftsverlag Munchen 1961 Frank D Wright The Bavarian Patriotic Party 1868 1871 UMI Ann Arbor 1976 zugl Dissertation University of Urbana 1976 Anmerkungen Bearbeiten Benno Hubensteiner Bayerische Geschichte 17 Auflage Rosenheimer Verlagshaus Rosenheim 2009 ISBN 978 3 475 53756 1 S 433 EA Munchen 1950 Normdaten Korperschaft GND 4133042 0 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bayerische Patriotenpartei amp oldid 230275968