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Die Acantharia haufig auch Acantharea geschrieben sind ein aus rund 140 Arten bestehendes Taxon einzelliger eukaryotischer Lebewesen die zu den Rhizaria gehoren Alle Arten leben im Meer als ausserst haufiger Teil des Zooplanktons in den obersten Meeresschichten Sie weisen ein geometrisch regelmassig gebautes Skelett aus dem Mineral Coelestin Strontiumsulfat auf und haben grosse Bedeutung fur den Strontiumkreislauf im Meer AcanthariaAcantharia ArtenSystematikDomane Eukaryoten Eukaryota ohne Rang Diaphoretickesohne Rang Sarohne Rang Rhizariaohne Rang Retariaohne Rang AcanthariaWissenschaftlicher NameAcanthariaHaeckel 1881Okologie Biologie und insbesondere der Lebenszyklus der Tiere sind bisher nur unzureichend bekannt Inhaltsverzeichnis 1 Merkmale 1 1 Skelett 1 2 Zelle 1 3 Axopodien 2 Lebenszyklus 3 Lebensweise 3 1 Verbreitung 3 2 Beutefang 3 3 Zooxanthellen 3 4 Rolle im marinen Elementkreislauf 4 Systematik 5 Fossilbericht 6 NachweiseMerkmale Bearbeiten nbsp Anordnung der Stacheln SchemaAcantharia sind kugelformig oder langlich rund gelegentlich abgeflacht und haben einen Durchmesser von 0 05 bis 5 Millimetern 1 Skelett Bearbeiten Die Zelle hat ein Skelett aus 20 bei den Holacanthida 10 Stacheln die aus monokristallinem rhombischem Strontiumsulfat bestehen einem unter den Protisten einzigartigen Baumaterial 1 Die stets gleiche Anordnung der Stacheln erfolgt mit mathematischer Regelmassigkeit aus der gedachten Sphare der runden Zelle treten die Spitzen der jeweiligen Viererreihen dann auf 60 N 60 S 30 N 30 S und 0 geographischer Breite und 0 90 180 und 270 polare bzw aquatoriale Spitzen bzw 45 135 225 und 315 tropische Spitzen geographischer Lange hervor siehe Abbildung 1 Diese Regelmassigkeit erkannte erstmals Johannes Muller und formulierte sie 1858 im nach ihm benannten Muller schen Gesetz Man erhalt daher fur die Acanthometren mit 20 Stacheln dieselbe Formel dass zwischen zwei stachellosen Polen 5 Gurtel von Stacheln stehen jeder von 4 Stacheln alle nach dem gemeinschaftlichen Centrum der ganzen Sphare gerichtet und dass die Stacheln jedes Gurtels mit dem vorhergehenden alterniren 2 Zelle Bearbeiten Der Zellkorper besteht aus dem zentralen Endoplasma und dem peripheren Ektoplasma Das den Zellkern und die meisten Organellen enthaltende Endoplasma ist meist braun rot oder schwarz pigmentiert bei allen Arten ausser denen der Arthracantida ist die Konzentration des pigmentierten Endoplasmas im Zentrum besonders dicht so wird die Zelle nach aussen hin mit zunehmendem Anteil des transparenten Ektoplasmas immer klarer 1 Endo und Ektoplasma werden durch eine Kapselwand getrennt ein fibrillares Geflecht das Offnungen fur zytoplasmatische Ausstulpungen sowie die Axopodien aufweist Bei den Arthracantida ist die Kapselwand deutlich dicker als bei den anderen Ordnungen bei denen die Kapselwand teilweise kaum erkennbar ist 1 Als Aussenhaut des Ektoplasmas und so zugleich der gesamten Zelle dient der periplasmatische Cortex ebenfalls ein fibrillares Maschenwerk Er besteht aus zwanzig mittels elastischer Verbindungsstucke miteinander verbundener Polygonen die jeweils um einen der Skelettstacheln angeordnet sind 1 Kapselwand und periplasmatischer Cortex liegen an den Stacheln aneinander an Im schmalen Zwischenraum von Kapselwand und Cortex befinden sich die Myoneme an der Kapselwand sowie dem Stachel verankerte fibrillare Bundel aus Proteinen die flach bandformig kurz zylindrisch oder dreieckig und 5 bis 90 Mikrometer lang sind Je nach Art finden sich zwischen 40 und 1200 Myoneme also 2 bis 60 Stuck je Stachel Sie dienen als bewegungserzeugende Organellen und konnen drei Bewegungen auslosen Eine langsame wellenformige dann eine schlagartige Kontraktion die den periplasmatischen Cortex bis an die Spitze der Stachel drucken kann sowie eine langsame nachfolgende Entspannung Wenn ein Individuum alle Myoneme gleichzeitig aktiviert fuhrt das zu einer schlagartigen Vergrosserung des Zellvolumens Diese alle zehn bis zwanzig Minuten beobachtbare Bewegung befordert wahrscheinlich den Auftrieb 1 Als Organellen finden sich im Endoplasma grosse Mitochondrien mit rohrenformigen Cristae ein raues endoplasmatisches Retikulum Ribosomen Dictyosomen Peroxisomen sowie den Kinetozysten der Sonnentierchen ahnelnde Extrusome Die Zellkerne sind normalerweise zahlreich vorhanden klein und rund oder langlich rund die Ausnahme bilden einige Arten der Ordnung der Symphyacanthida mit einem einzelnen sehr grossen und vermutlich polyploiden Kern 1 Bei fast allen Arten ausser denen der Arthracanthida weist das Endoplasma mit zunehmendem Alter Lithosomen auf Das sind kleine ovale doppelbrechende Plattchen die vom Golgi Apparat erzeugt werden An die Zelloberflache transportiert wird aus ihnen im Rahmen der Enzystierung vor der Gametogenese die Aussenhaut der Zyste gebildet die Myoneme werden dabei abgesondert 1 Axopodien Bearbeiten Wie alle Strahlentierchen und auch die Sonnentierchen besitzen die Acantharia Axopodien besonders lange dunne und gerade Zellfortsatze die aus der Zelloberflache hervorstehen Sie werden aus einer dunnen Zytoplasma Schicht sowie der Zellmembran gebildet und durch eine spezielle Struktur aus bei Holacanthida dodekagonal ansonsten hexagonal zu Axonemen angeordneten Mikrotubuli verfestigt die kleinen im Endoplasma gelegenen MTOCs entspringen Im Zytoplasma sind Organellen wie Extrusome Mitochondrien sowie verschiedene Typen von Vesikeln enthalten Die Axopodien dienen dem Beutefang und reagieren auf Reize sie ziehen sich bei chemischen wie physischen Temperatur Beruhrung Reizen zuruck und bauen sich dann langsam wieder auf 1 Lebenszyklus BearbeitenDer Lebenszyklus der Acantharia ist nicht vollstandig bekannt Probleme bei der Beobachtung bereitet dass man die Tiere unter Laborbedingungen weder kultivieren noch langere Zeit am Leben erhalten kann 3 Ausser dem beschriebenen Trophontenstadium sind aus Einzelbeobachtungen frisch gefangener Tiere nur stark einskelettierte Zysten sowie Schwarmerstadien bekannt Durch letztere werden zehntausende einkernige begeisselte Schwarmer freigesetzt Uber andere Lebensstadien liegen keine Erkenntnisse vor Allerdings konnte uberraschenderweise in Tiefen unter 900 m also deutlich unterhalb der Zone in der Acantharia leben sowohl in Proben des Wassers wie auch des Meeresbodens DNA von Acantharia nachgewiesen werden Es wird vermutet dass es sich hierbei um Spuren bisher unbekannter Lebensstadien der Acantharia handelt da die Trophonten sich dort mikroskopisch nicht nachweisen lassen 3 Lebensweise BearbeitenVerbreitung Bearbeiten Acantharia gehoren zum sogenannten Zooplankton sind also nicht selbst Photosynthese betreibende Teile des Planktons im Meer Sie sind in allen Ozeanen weltweit verbreitet insbesondere jedoch in tropischen und subtropischen Gewassern nur zerstreut hingegen finden sie sich in gemassigten oder gar polaren Breiten Kustengebiete werden weitgehend gemieden ebenso eutrophe Gewasser Insbesondere aufgrund ihrer photosynthetisierenden Symbionten leben sie hauptsachlich in den lichtdurchfluteten wenigen hundert Metern nahe der Oberflache an ruhigen Tagen sammeln sich grosse Acantharia in umfangreichen Gruppen nur wenige Meter darunter Die hochsten Bestandsdichten finden sich in 50 bis 200 Meter Meerestiefe zum Zweck der Gametogenese lassen sich einige Arten jedoch in Tiefen von 300 bis 400 Meter sinken 4 Selten fanden sich einige wenige Individuen auch mehrere tausend Meter tief auf dem Meeresboden 1 Klare saisonale Abhangigkeiten gibt es vermutlich nicht einige Untersuchungen dazu erbrachten Haufungen in Fruhling und Sommer anderen Beobachtungen zufolge konnten im Fruhling Haufungen beobachtet werden im Sommer dagegen schienen sie seltener zu sein In Kustenregionen konnten scheinbare saisonale Haufungen im Zusammenhang mit dem regelmassig wiederkehrenden Austausch eutrophen Kustenwassers durch oligotrophes Wasser aus der offenen See festgestellt werden in durchgangig oligotrophen Gewassern der Tropen und Subtropen sind sie ein ganzjahrig haufiger Bestandteil des Mikroplanktons 1 Die Tiere sind in oberflachennahem Wasser sehr haufig Stichproben im Nordatlantik ergaben fur die oberen 20 Meter eine Dichte von bis zu 16 Exemplaren pro Liter zwischen 40 und 120 Meter noch immer rund 10 Exemplare pro Liter Damit sind sie rund 10 bis 16 mal haufiger als beispielsweise planktische Foraminiferen Bei manchen Proben machten Acantharia mehr als 30 gelegentlich sogar mehr als 70 aller Lebewesen der Probe aus 5 4 Beutefang Bearbeiten Mittels des sehr dynamisch sich verandernden und reizempfindlichen hohlraumreichen Netzwerks aus anastomosierenden Zytoplasmafortsatzen sowie mit den Axopodien werden vor allem Kleinstlebewesen wie Diatomeen Silikoflagellaten Coccolithophoriden und Tintinniden erbeutet aber auch kleine Mollusken Daneben konnten auch Spuren ausserst kleiner Beute wie Cyanobakterien oder anderer Bakterien nachgewiesen werden unklar ist allerdings ob diese Beute gezielt abgeweidet wird oder nur Beifang darstellt 1 Zooxanthellen Bearbeiten Bei vielen Acantharia Arten finden sich fakultativ Zooxanthellen als Symbionten die den Acantharia durch ihre Photosynthese Energie liefern Dabei weisen in den Bestanden nur die grossenmassig mittleren rund 50 aller Individuen Zooxanthellen auf den jeweils grossten wie den kleinsten Individuen fehlen sie Alle Arthracanthida Arten weisen sie jedoch in bestimmten Phasen des Lebenszyklus auf Die Zooxanthellen fehlen bei Gamonten sowie jungen Trophonten Sie werden wahrend oder unmittelbar vor der Gametogenese aufgenommen wahrend des Trophonten Stadiums nimmt ihre Zahl dann zu Vor dem Erreichen des reproduktiven Stadiums werden sie aber abgestossen 1 Bei den Zooxanthellen handelt es sich meist um Haptophyta oder Dinoflagellaten In einem Wirt konnen dabei auch mehrere Symbionten Arten gleichzeitig auftreten Auch nahe der Oberflache konnen sie weiterhin Kohlenstoff fixieren teilweise in Mengen die deutlich uber dem Bedarf des Wirts liegen Haufig finden sich im Endoplasma auch parasitierende Dinoflagellaten der Gattung Amoebophrya 1 Rolle im marinen Elementkreislauf Bearbeiten Da das von den Acantharia zum Skelettbau verwandte Strontiumsulfat wasserloslich ist mussen die Tiere kontinuierlich Material dazu aus dem Meerwasser aufnehmen Mit ihrem Tod sinkt die Hulle herab und lost sich in Wasserschichten um 900 m rapide auf Aufgrund der hohen Anzahl an Tieren findet so ein kontinuierlicher Transfer von Strontium aus hoheren in tiefere Wasserschichten statt so dass die hoheren gegenuber den tieferen Schichten regelrecht mit Strontium abgereichert sind Acantharia gelten daher als die wichtigste biologische Komponente des marinen Strontium Kreislaufs Ahnliches gilt wenngleich in geringerer Menge fur das Element Barium das rund 0 4 der Skelette ausmacht Wahrend des Skelettbaus reichern Acantharia zusatzlich auch Spurenelemente wie Blei Zink Kupfer und Eisen in signifikanter Menge an und transportieren sie ebenfalls per Auflosung des Skeletts in mittlere Meeresschichten 6 4 Systematik BearbeitenSeit Ernst Haeckels monographischer Bearbeitung der Strahlentierchen anhand der Challenger Funde 1887 galten die Acantharia als eine von drei Untergruppen der Radiolaria Ihre genaue systematische Position war zeitweise umstritten Wladimir Schewiakoff trennte sie 1926 ganz aus den Radiolaria heraus diese Ansicht setzte sich aber nicht durch 7 Molekulargenetische Untersuchungen festigten die Zuordnung der Gruppe zu den Radiolaria Auch die traditionelle Aufstellung als eigene Gruppe konnte im Wesentlichen bestatigt werden Die innere Systematik der Gruppe gilt hingegen als nicht mehr haltbar und bedarf einer Revision 8 3 Die Gruppe umfasst nach traditioneller Klassifikation rund 140 Arten in 50 Gattungen und wird in 4 Ordnungen mit 18 Familien unterteilt Als Merkmal zur Unterscheidung der vier Ordnungen dienen die unterschiedlichen Verbindungen der Stachelansatze 9 1 Ordnung Arthracanthida Unterordnung Sphaenacantha Acanthometridae Dorataspidae Phractopeltidae Diploconidae Lithopteridae Hexalaspidae Unterordnung Phyllacantha Phyllostauridae Stauracanthidae Dictyacanthidae Ordnung Symphyacanthida Ordnung Chaunacanthida Ordnung HolacanthidaFossilbericht BearbeitenDa sich die mineralischen Skelette von Acantharia im Meerwasser schnell wieder auflosen gibt es kaum Fossilien der Gruppe Die wenigen erhaltenen Funde reichen nur bis ins Eozan zuruck Chiastolus amphicopium 10 Nachweise Bearbeiten a b c d e f g h i j k l m n o p Colette Febvre Jean Febvre Anthony Michaels Acantharia In John J Lee G F Leedale P Bradbury Hrsg An Illustrated Guide to the Protozoa Band 2 Allen Lawrence 2000 ISBN 1 891276 23 9 S 783 803 englisch Johannes Muller Uber die Thalassicollen Polycystinen und Acanthometren des Mittelmeeres Abhandlungen der Koniglichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1858 S 12 a b c Ilana C Gilga Linda A Amaral Zettler Peter D Countwaya Stefanie Moorthi Astrid Schnetzer David A Caron Phylogenetic Affiliations of Mesopelagic Acantharia and Acantharian like Environmental 18S rRNA genes off the Southern California Coast In Protist 2010 zum Zugriffszeitpunkt in press doi 10 1016 j protis 2009 09 002 a b c Patrick De Deckker On the celestite secreting Acantharia and their effect on seawater strontium to calcium ratios In Hydrobiologia 517 2004 S 1 13 Elsa Massera Bottazzi Bruno Schreiber Vaughan T Bowen Acantharia in the Atlantic Ocean Their Abundance and Preservation In Limnology and Oceanography Bd 16 Nr 4 1971 S 677 684 G W Brass Trace Elements in Acantharian Skeletons In Limnology and Oceanography Bd 25 Nr 1 1980 S 146 149 Stephane Polet Cedric Berney Jose Fahrni Jan Pawlowski Small Subunit Ribosomal RNA Gene Sequences of Phaeodarea Challenge the Monophyly of Haeckel s Radiolaria In Protist Bd 155 2004 S 53 63 Jan Pawlowski Fabien Burki Untangling the Phylogeny of Amoeboid Protists In Journal of Eukaryotic Microbiology 56 1 2009 S 16 25 Klaus Hausmann Norbert Hulsmann Renate Radek Protistology 3 Auflage Schweizerbart 2003 ISBN 3 510 65208 8 S 171 Arthur Shackleton Campbell Radiolaria In Treatise on Invertebrate Paleontology Part D Protista 3 Chiefly Radiolarians And Tintinnines 1954 S D30 D42 nbsp Dieser Artikel wurde am 11 Februar 2010 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Acantharia amp oldid 236897742