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Das Zeigermodell ist ein Konzept der Physik und insbesondere der Physikdidaktik 1 Es stellt periodische Vorgange als Rotation eines Zeigers dar und findet vor allem in der Schwingungslehre der Wechselstromlehre der Wellenoptik und der Quantenmechanik Anwendung Der Zeiger dreht sich dabei meist zeitabhangig in der komplexen Ebene Ein fester zeitunabhangiger Zeiger wird in der komplexen Wechselstromrechnung verwendet um den Phasenunterschied von Strom und Spannung in einem Stromkreis mit ohmschem Widerstand Spule und Kondensator zu erklaren Manche Autoren bezeichnen die festen Zeiger als Phasor und verwenden dabei die in der Technik benutzte Versor Schreibweise von komplexen Zahlen Versor Dreher Inhaltsverzeichnis 1 Grundidee 2 Komplexe Zahlenebene 3 Anwendungen 3 1 Elektrotechnik Wechselstromlehre 3 2 Wellenoptik 3 2 1 Interferenz 3 2 2 Stehende Wellen 3 2 3 Beugung 3 2 4 Grenzen 3 3 Quantenmechanik 4 Weblinks 5 Einzelnachweise Belege und AnmerkungenGrundidee Bearbeiten nbsp Das Zeigerdiagramm links am Beispiel eines Federpendels Im Diagramm rechts wurde die Momentanauslenkung y t displaystyle y t nbsp des Pendels uber der Zeit aufgetragen Wie man sieht entspricht sie der Projektion des Zeigers auf die y Achse Ein Zeiger der Lange y displaystyle hat y nbsp dreht sich mit einer konstanten Winkelgeschwindigkeit w displaystyle omega nbsp um den Koordinatenursprung Sein momentaner Winkel gegenuber der x displaystyle x nbsp Achse wird mit dem Formelzeichen f t displaystyle varphi t nbsp bezeichnet Wenn man diesen Zeiger parallel zur x displaystyle x nbsp Achse mit einer Lampe anstrahlt so wirft er einen Schatten der Lange y t displaystyle y t nbsp auf eine senkrechte Wand Es gilt dabei die einfache trigonometrische Beziehung y t y sin f t y sin w t f 0 displaystyle y t hat y cdot sin varphi t hat y cdot sin omega t varphi 0 nbsp wobei f 0 displaystyle varphi 0 nbsp der Startwinkel ist 2 Die Veranderung des Schattens ist eine harmonische Schwingung Dabei kommen den verwendeten Grossen folgende Bedeutungen zu Formelzeichen Einheit Bedeutung im Zeigermodell Bedeutung fur die Schwingungy displaystyle hat y nbsp beliebig Lange des Zeigers Amplitude der Schwingungy t displaystyle y t nbsp beliebig Schatten des Zeigers Momentanauslenkungf t displaystyle varphi t nbsp r a d displaystyle mathrm rad nbsp Momentanwinkel Phasenwinkelf 0 displaystyle varphi 0 nbsp r a d displaystyle mathrm rad nbsp Startwinkel Nullphasenwinkelw 2 p f displaystyle omega 2 pi f nbsp r a d s displaystyle mathrm frac rad s nbsp Winkelgeschwindigkeit Kreisfrequenzf 1 T displaystyle f frac 1 T nbsp 1 s displaystyle mathrm frac 1 s nbsp Drehzahl FrequenzT displaystyle T nbsp s displaystyle mathrm s nbsp Umlaufdauer PeriodendauerKomplexe Zahlenebene Bearbeiten nbsp Veranschaulichung in der komplexen ZahlenebeneHaufig wird das Zeigermodell in der komplexen Zahlenebene dargestellt Der Zeiger z displaystyle underline z nbsp ist dann eine komplexe Grosse z x i y displaystyle underline z x mathrm i y nbsp mit dem Realteil R e z x displaystyle mathrm Re underline z x nbsp und dem Imaginarteil I m z y displaystyle mathrm Im underline z y nbsp Mit der Eulerschen Formel lasst sich dann das Auslenkungs Zeit Gesetz der Schwingung wie folgt schreiben z t z e i w t f 0 z e i w t displaystyle underline z t hat z cdot mathrm e mathrm i omega t varphi 0 hat underline z cdot mathrm e mathrm i omega t nbsp Die komplexe Grosse z z e i f 0 displaystyle hat underline z hat z cdot mathrm e mathrm i varphi 0 nbsp wird manchmal auch als Phasor oder komplexe Amplitude bezeichnet Nimmt man von z t displaystyle underline z t nbsp nur den Imaginarteil so kommt man zu einer Gleichung wie aus dem vorangegangenen Abschnitt Man kann aber ebenso gut mit dem Realteil arbeiten An die Stelle der Sinusschwingung tritt dann die Kosinusschwingung Da sich die Sinus und Kosinusfunktionen nur durch den konstanten Phasenverschiebungswinkel von p 2 displaystyle tfrac pi 2 nbsp unterscheiden sind beide mathematischen Formulierungen gleichwertig innerhalb einer Problemstellung muss man sich jedoch entweder fur die eine oder die andere Darstellung entscheiden Anwendungen BearbeitenElektrotechnik Wechselstromlehre Bearbeiten nbsp Wechselstrom und spannung im Zeigermodell hier am Beispiel einer Reihenschaltung des Widerstandes R und der Induktivitat L Die Zeiger von u und i rotieren um den Koordinatenursprung Die Wirk Blind und Scheinwiderstande schwarze Pfeile sie bilden das Widerstandsdreieck andern sich nicht Hauptartikel Komplexe Wechselstromrechnung In der Wechselstromlehre betrachtet man die sinusformige Wechselspannung u t u e j w t f u displaystyle underline u t hat u cdot e mathrm j omega t varphi u nbsp und die sinusformige Wechselstromstarke i t i e j w t f i displaystyle underline i t hat imath cdot e mathrm j omega t varphi i nbsp 3 Beide konnen als Zeiger dargestellt werden die gemeinsam mit der Winkelgeschwindigkeit w displaystyle omega nbsp um den Koordinatenursprung rotieren und dabei den konstanten Phasenverschiebungswinkel D f f u f i displaystyle Delta varphi varphi u varphi i nbsp aufweisen Wenn man analog zu der Beziehung R U I displaystyle R frac U I nbsp die fur Gleichstrome gilt die Gleichung Z u t i t displaystyle underline Z frac underline u t underline i t nbsp fur Wechselstrome und spannungen aufstellt erhalt man die Impedanz deren Betrag auch Scheinwiderstand genannt wird Man beachte dass die Impedanz nicht zeitabhangig ist denn der Faktor e j w t displaystyle e mathrm j omega t nbsp kurzt sich heraus Sie ist im allgemeinen Fall jedoch komplexwertig Z R j X displaystyle underline Z R mathrm j X nbsp Dabei ist der Realteil R displaystyle R nbsp der ohmsche Widerstand oder Wirkwiderstand Den Imaginarteil X displaystyle X nbsp bezeichnet man als Blindwiderstand Er setzt sich zusammen aus dem induktiven Blindwiderstand X L w L displaystyle X L omega L nbsp und dem kapazitiven Blindwiderstand X C 1 w C displaystyle X C frac 1 omega C nbsp Der Vorteil der Darstellung sinusformiger Wechselstromgrossen als komplexe Zeiger im Wechselstromdiagramm besteht darin dass die wesentlichen Gesetze der Elektrizitatslehre Verwendung der Impedanz wie ein Widerstand Kirchhoffsche Regeln auch in der Wechselstromlehre anwendbar bleiben ohne dass komplizierte trigonometrische Berechnungen notwendig werden Hinweis Die Zeigerlange stellt den Absolutbetrag von Spannung und Strom dar In der Praxis wird statt der Amplitude U und I Amplitudenzeiger oft der Effektivwert U und I verwendet Effektivwertzeiger Wellenoptik Bearbeiten Im eindimensionalen Fall wird eine Sinuswelle 4 durch folgende Gleichung beschrieben s x t s sin w t k x displaystyle s x t hat s cdot sin omega t kx nbsp Dabei ist k displaystyle k nbsp die Kreiswellenzahl k 2 p l displaystyle k frac 2 pi lambda nbsp Der Nullphasenwinkel soll der Einfachheit halber Null betragen Auch hier kann man sich die Momentanauslenkung durch einen rotierenden Zeiger vorstellen wobei diesmal der Winkel nicht nur von der Zeit sondern auch vom Ort abhangt Betrachtet man die Welle an einem Ort der sich eine Wellenlange vom Ursprung entfernt befindet so hat der Zeiger an diesem Ort eine Umdrehung weniger zuruckgelegt als ein Zeiger im Koordinatenursprung Man muss also von dem Winkel w t displaystyle omega t nbsp jeweils das k displaystyle k nbsp fache der Entfernung abziehen Interferenz Bearbeiten Hauptartikel Interferenz Physik nbsp Interferenz im Zeigermodell Dieses Schaubild zeigt eine Momentaufnahme zweier Sinuswellen rot und blau gleicher Amplitude und Frequenz die interferieren An einem bestimmten Punkt wurden die Zeiger beider Wellen exemplarisch gezeichnet Der Ursprung der Zeiger bewegt sich nach rechts die Zeiger drehen sich gegen den Uhrzeigersinn Uberlagern sich an einem Punkt zwei Wellen so mussen die Zeiger beider Wellen vektoriell addiert werden wie dies in der nebenstehenden Abbildung exemplarisch fur einen Punkt gezeichnet wurde Die Momentanauslenkung der resultierenden Schwingung erhalt man dann wieder durch Projektion des resultierenden violetten Zeigers auf die an dem gewunschten Punkt eingezeichnete senkrechte Achse Die Lange dieses Zeigers gibt auch die Amplitude der resultierenden Welle an violette Linie Entscheidend fur das Ergebnis der Interferenz ist also neben den Amplituden der beteiligten Wellen auch ihr Phasenunterschied D f displaystyle Delta varphi nbsp Besonders einfach ist dies bei Wellen gleicher Frequenz da hier der Phasenunterschied konstant ist Es gilt D f 0 2 p 4 p displaystyle Delta varphi 0 2 pi 4 pi dots nbsp Konstruktive Interferenz Die Amplituden der beiden Wellen addieren sich D f p 3 p 5 p displaystyle Delta varphi pi 3 pi 5 pi dots nbsp Destruktive Interferenz Die Amplituden der beiden Wellen mussen voneinander subtrahiert werden Sind sie gleich so loschen sie sich gegenseitig aus Uberlagern sich in einem Punkt mehrere Wellen so mussen die Zeiger aller Wellen vektoriell addiert werden Stehende Wellen Bearbeiten Hauptartikel Stehende Welle nbsp Stehende Welle violett Zwei gegenlaufige Sinuswellen rot und blau interferieren Die rote Welle lauft nach rechts die blaue Welle lauft nach links Die violetten Zeiger und Linien zeigen eine Momentaufnahme der resultierenden Welle Die gestrichelten violetten Linien markieren deren Maximalausschlage Die Zeigerursprunge sind fest und die Zeiger drehen sich gegen den Uhrzeigersinn Erklarung s Text Uberlagern sich zwei gegenlaufige Wellen gleicher Frequenz und Amplitude so entsteht eine stehende Welle In der nebenstehenden Abbildung lauft die rote Welle nach rechts die blaue Welle nach links Greift man einen bestimmten Punkt heraus so haben die Zeiger der beiden Wellen einen gewissen Phasenunterschied Dieser Unterschied hangt nicht von der Zeit ab da sich beide Zeiger gleich schnell in dieselbe Richtung drehen Trotzdem hangt er vom Ort ab An Orten wo der Phasenunterschied 0 displaystyle 0 nbsp oder 2 p displaystyle 2 pi nbsp betragt wo also die beiden Welle in Phase sind ist die Momentanauslenkung verglichen mit anderen Orten stets maximal Man nennt dies einen Schwingungsbauch An den Stellen wo der Phasenunterschied p displaystyle pm pi nbsp ist gibt es uberhaupt keine Auslenkung Dies nennt man Schwingungsknoten Da sich weder die Schwingungsbauche noch die Schwingungsknoten bewegen hat es den Anschein als breite sich die Welle uberhaupt nicht aus daher der Name stehende Welle Der Maximalausschlag der stehenden Welle an einem Schwingungsbauch ist durch die Summe der Zeigerlangen sprich die Summe der Amplituden gegeben Beugung Bearbeiten Hauptartikel Beugung Physik Bei mehrdimensionalen Problemen z B Einfachspalt Doppelspalt optisches Gitter muss berucksichtigt werden dass Wellen die an einem Punkt zusammentreffen unterschiedliche Wege zuruckgelegt haben konnen Man berechnet dann die Gangunterschiede Ein Gangunterschied d displaystyle delta nbsp ist gleichbedeutend mit einem Phasenunterschied von D f k d displaystyle Delta varphi k delta nbsp Man erhalt das Beugungsmuster also durch Vektoraddition der Zeiger der interferierenden Wellen unter Berucksichtigung des durch den Gangunterschied entstehenden Phasenunterschieds Grenzen Bearbeiten Wahrend sich Phasenunterschiede und ihre Auswirkungen auf die Interferenz mit dem Zeigermodell sehr gut erklaren lassen versagt es bei der Berechnung der Amplituden da weder die Dampfung noch die Verteilung einer Welle im Raum durch das Zeigermodell berucksichtigt werden konnen Diese Schwache haben aber auch alternative Konzepte z B die Elementarwellen nach Huygens und Fresnel Quantenmechanik Bearbeiten Auch die Wellenfunktion der Quantenmechanik lasst sich im Zeigermodell darstellen Feynman nennt die komplexe Lange des Zeigers Wahrscheinlichkeitsamplitude da ihr Betragsquadrat nach den Regeln der Quantenmechanik ein Mass fur die Wahrscheinlichkeitsdichte z B fur das Auffinden eines Teilchens ist 5 Dabei kommt es ebenso zum Effekt der Interferenz wie dies im Abschnitt Wellenoptik weiter oben beschrieben wurde Wenn ein Quantenobjekt eine Versuchsanordnung durchlauft mussen die Wahrscheinlichkeitsamplituden fur alle moglichen Wege vektoriell addiert werden Damit findet Feynman eine anschauliche Interpretation fur die Methode der Pfadintegrale 6 Weblinks BearbeitenUmfangreiche Sammlung von Animationen zumeist Java Applets die teilweise das Zeigermodell verwenden Interaktive Darstellung des in der Wechselstromlehre verwendeten Zeigermodells In GeoGebra Abgerufen am 1 Januar 2022 Einzelnachweise Belege und Anmerkungen Bearbeiten W Philipp Zeigermodell im Physikunterricht der Kursstufe Memento vom 4 September 2013 im Internet Archive pdf Auf diese Weise werden die Schwingungen in vielen Schulbuchern der gymnasialen Oberstufe eingefuhrt z B in Dorn Bader Physik Gymnasium G8 11 12 Schroedel 2010 ISBN 978 3 507 10748 9 Meyer Schmitt Lehrbuch Physik Gymnasiale Oberstufe Duden 2011 ISBN 978 3 8355 3311 0 Boysen u a Oberstufe Physik Gesamtband Cornelsen 1999 ISBN 3 464 03440 2 In der Wechselstromlehre wird die imaginare Einheit als j displaystyle mathrm j nbsp geschrieben um Verwechslungen mit der Stromstarke zu vermeiden Im Abschnitt Wellenoptik wird hier wie in der Schulphysik ublich eine Darstellung mit reellen Zeigern verwendet Wenn mit komplexen Zahlen gearbeitet wird tritt an die Stelle der Sinusfunktion die komplexe e Funktion wie dies im Abschnitt Komplexe Zahlenebene beschrieben wurde Die hier verwendete Vektoraddition entspricht der Addition komplexer Zahlen Feynman Leighton Sands Feynman Vorlesungen uber Physik Band III Quantenphysik 4 Auflage Oldenbourg 1999 ISBN 3 486 25134 1 S 29 39 R Feynman QED Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie 8 Auflage Piper 2002 ISBN 3 492 21562 9 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Zeigermodell amp oldid 238726452