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Die Zeche Victor war ein Steinkohlen Bergwerk in Castrop Rauxel im Ruhrgebiet Betrieben wurde die Zeche lange Zeit in der Rechtsform einer bergrechtlichen Gewerkschaft zu der neben mehreren Schachten Kokereien Brikettfabriken auch chemische Werke gehorten Die Stilllegung der letzten Anlagen erfolgte 1973 Zeche VictorAllgemeine Informationen zum BergwerkHafen Victor rechts an der Sudseite des KanalsForderung Jahr bis ca 2 5 Mio tInformationen zum BergwerksunternehmenBetriebsbeginn 1877Betriebsende 1973Nachfolgenutzung GewerbeflacheGeforderte RohstoffeAbbau von SteinkohleGeographische LageKoordinaten 51 34 35 3 N 7 18 5 1 O 51 57648 7 30142 Koordinaten 51 34 35 3 N 7 18 5 1 OZeche Victor Regionalverband Ruhr Lage Zeche VictorStandort RauxelGemeinde Castrop RauxelKreis NUTS3 RecklinghausenLand Land Nordrhein WestfalenStaat DeutschlandRevier Ruhrrevier Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 1871 1910 1 2 1910 1945 1 3 1945 1973 2 Stilllegung 3 Gegenwart 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten1871 1910 Bearbeiten Bereits in den 1860er Jahren waren mehrere voneinander unabhangige Schurfgesellschaften bei der Suche nach Steinkohlenvorkommen im Gebiet um die Dorfer Rauxel und Ickern fundig geworden 1871 wurden mehrere Grubenfelder durch die Essener Unternehmer Friedrich Grillo und Ernst Waldthausen 1811 1883 unter den Grubenfeldnamen Victor und Ickern konsolidiert Die neu gegrundete Gewerkschaft Victor begann 1872 mit dem Abteufen des Schachts Victor 1 an der Wartburgstrasse Nach einigen technischen Schwierigkeiten durch Wasserzuflusse konnte 1875 die Endteufe erreicht werden Der Schacht erhielt einen Malakow Turm und ging 1877 vollstandig in Betrieb Die wirtschaftliche Stabilitat der Gewerkschaft Victor ermoglichte einen zugigen Ausbau der Tagesanlagen Aufgrund der Schlagwettergefahrdung der Zeche wurde von 1884 bis 1887 sudostlich des ersten Schachts ein Wetterschacht abgeteuft 1887 erwarb August Thyssen eine Grossteil der Kuxe der Gewerkschaft Victor Dadurch intensivierte sich die Zusammenarbeit der Gewerkschaft Victor mit den Thyssen Unternehmungen als grossem Montankonzern des Ruhrgebiets Schacht 1 erhielt 1890 ein eingezogenes bzw auf den Malakow Turm aufgesetztes Fordergerust Neben Schacht 1 wurde von 1888 bis 1890 der Schacht 2 niedergebracht der in der Folge zum Forderschacht mit Doppelforderung ausgebaut wurde Daruber hinaus wurden eine Kokerei neben Schacht 1 2 und ein zecheneigener Hafen am Rhein Herne Kanal gebaut Im Jahr 1899 begann die Ausrichtung des nordostlichen Feldesteils Zunachst wurde in Habinghorst der Schacht 3 abgeteuft Dieser ging nach einigen technischen Schwierigkeiten 1905 in Betrieb Es war aber von vorneherein der Aufschluss durch eine Doppelschachtanlage geplant Daher wurde von 1901 bis 1907 neben Schacht 3 der Schacht 4 abgeteuft Dieser wurde als zentraler Forderschacht ausgebaut und mit einer Doppelforderung versehen 1905 ging auf Schacht Victor 3 4 eine weitere Kokerei in Betrieb Ferner wurde der alte Wetterschacht im Sudostfeld mit einer kleinen Fordereinrichtung versehen und fortan als Schacht Victor 5 gefuhrt 1910 1945 Bearbeiten Anfang des 20 Jahrhunderts grundeten die Bergleute der Gewerkschaft Victor die Gewerkschaft Ickern mit dem Ziel nordostlich von Victor 3 4 eine Anschlussanlage zu errichten Aus dieser entstand die Zeche Ickern 1910 erwarb die Lothringer Huttenverein Aumetz Friede AG beide Gewerkschaften wodurch die Zechen Victor und Ickern Teil eines der damals grossten deutschen Montankonzerne wurden Zu dieser Zeit erreichte die jahrliche Kohleforderung der beiden Zechen 1 2 Millionen Tonnen Fett und Gaskohle bei einer Kokserzeugung von 800 000 Tonnen Kurzfristig wurde auf der Schachtanlage 1 2 eine Brikettfabrik fur Esskohlen eine hochwertige Steinkohle betrieben Im Jahr 1913 ubernahm Peter Klockner den Vorsitz im Aufsichtsrat des Lothringer Huttenvereins der nach dem Ersten Weltkrieg infolge der Abspaltung Lothringens vom Deutschen Reich den Sitz der Aktiengesellschaft nach Castrop Rauxel verlegte Am 9 Februar 1923 gliederte Klockner die Gewerkschaften Victor und Ickern als fordertechnischen Verbund neben anderen bestehenden Bergwerken und verschiedenen Fabriken in die neu gegrundete Klockner Werke AG ein 1 Wahrend der Ruhrkrise hielten franzosische Truppen von 1923 bis 1924 die Zeche Victor besetzt 1926 lehnte es Klockner ab dem Zusammenschluss mehrerer grosser Huttenwerke zur Vereinigten Stahlwerke AG beizutreten Obwohl ein solcher Schritt ihm nicht unbetrachtliche finanzielle Vorteile gebracht hatte wollte er unabhangig und in seinen Unternehmen stets im Besitz der Mehrheitsrechte bleiben 1 Vor diesem Hintergrund grundete Klockner zusammen mit der Wintershall AG die ebenfalls ihre wirtschaftliche und rechtliche Selbstandigkeit bewahren wollte im Winter 1926 27 die Gewerkschaft Victor Stickstoffwerke Klockner war an der neu gegrundeten bergrechtlichen Gewerkschaft mit 52 und die Wintershall mit 48 beteiligt 2 Damit ging die Gewerkschaft Victor als erstes Unternehmen des Ruhrbergbaus zur Herstellung von synthetischen Stickstoff aus Kokereigas uber womit hoherwertige Dungemittel fur die Landwirtschaft gewonnen werden konnten Die Herstellung erfolgte nach dem Verfahren von Georges Claude 3 Das Stickstoffwerk ging 1928 in Betrieb 4 1930 hatte die Gewerkschaft Victor eine Produktionskapazitat von jahrlich 18 000 Tonnen Stickstoff und gehorte als sogenannter Aussenseiter keinem der Kartelle Trusts oder Interessengemeinschaften IG an 5 Noch bevor die Ruhrchemie ihre eigene Versuchsanlage zur Kohleverflussigung fertiggestellt hatte kaufte die Gewerkschaft Victor von ihr im Herbst 1934 die erste Unterlizenz fur den Bau einer Fischer Tropsch Anlage 5 Im Zuge dessen sollte das Unternehmen neben der Zeche der Kokerei und dem Stickstoffwerk ab 1936 als eines der ersten die Herstellung von synthetischen Benzin aus Kokereigas aufnehmen 4 Die Anlage wurde 1937 in vollem Umfang in Betrieb genommen und ebenfalls gemeinschaftlich von der Klockner Werke AG und der Wintershall AG betrieben nunmehr unter der offiziellen Firmierung Gewerkschaft Victor Stickstoff und Benzinwerke 6 7 Wie bei allen damaligen Hydrierwerken sind in der Fachliteratur auch fur die Fischer Tropsch Anlagen in Castrop Rauxel widerspruchliche Produktionskapazitaten aufgefuhrt Die Spanne reicht von jahrlich 40 000 Tonnen 8 uber 50 000 9 und 60 000 Tonnen 10 bis hin zu 87 000 Tonnen 9 Fest steht hingegen dass das Benzinwerk der Gewerkschaft Victor und das Benzinwerk der Friedrich Krupp AG in Wanne Eickel die beiden kleinsten von insgesamt neun Anlagen waren die im deutschen Einflussbereich bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs synthetische Kraftstoffe nach dem Fischer Tropsch Verfahren produzierten 11 Dabei ist zu beachten dass das mittels der Fischer Tropsch Synthese zu dieser Zeit hergestellte Benzin als Kraftstoff fur Vergasermotoren infolge seiner geringen Klopffestigkeit nur nach Zumischung hochklopffester Treibstoffe wie Benzol Ethanol geeignet war Deshalb begrenzte sich die damalige Benzinproduktion auch bei der Gewerkschaft Victor hauptsachlich auf Ligroin Waschbenzin Wundbenzin und Kogasin 12 Flugbenzin konnte mit dem Verfahren damals ebenfalls nicht hergestellt werden Das heisst die Ausbeute der Gewerkschaft Victor an hochwertigem Benzin war gering die Fischer Tropsch Anlage diente vor allem der Herstellung von Rohstoffen fur die chemische Industrie 13 Dazu zahlten insbesondere Hartparaffine Fette Seifen Waschmittel und Losungsmittel 14 Wahrend des Zweiten Weltkriegs erreichte die gemeinsame Forderung der Zechen Victor und Ickern die beide zur Gewerkschaft Victor gehorten den Wert von jahrlich 2 5 Millionen Tonnen Steinkohle Im Jahr 1944 war die Belegschaft von Victor Ickern auf mehr als 7500 angewachsen davon 4450 Auslander Bei den alliierten Luftangriffen auf das Ruhrgebiet war Castrop Rauxel funfmal Ziel grosserer und 30 Mal das Ziel kleinerer Bombardements Dabei wurden die Industrieanlagen der Gewerkschaft Victor wiederholt schwer getroffen sie konnten allerdings meist bereits nach kurzer Zeit den Betrieb wieder aufnehmen Der letzte Grossangriff auf Castrop Rauxel erfolgte am 15 Marz 1945 danach mussten beide Kokereien wegen zu starker Zerstorungen ausser Betrieb genommen werden 15 1945 1973 Bearbeiten Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs firmierte das Unternehmen fortan unter der Bezeichnung Gewerkschaft Victor Chemische Werke 16 Gemass den Anweisungen des Alliierten Kontrollrates mussten die Klockner Werke entflochten werden Die dem Konzern angehorigen Bergwerksbetriebe wurden in einzelne Gesellschaften aufgespalten die ab 1953 wiederum in der Klockner Bergbau Victor Ickern AG und anderen Tochtergesellschaften aufgingen Die neue Kokerei auf Schacht 3 4 ging 1948 in Betrieb Die Forderung erreichte bald 1 3 Millionen Tonnen Kohle jahrlich bei 5 600 Beschaftigten Ab 1955 erfolgte die schrittweise Stilllegung der Forderung auf der Schachtanlage 1 2 Schacht 1 wurde teilverfullt die Schachte 2 und 5 blieben als Seilfahrt Wetter und Wasserhaltungsschachte in Betrieb In den Jahren 1960 bis 1962 erfolgte zwischen Victor 1 2 und Victor 3 4 das Abteufen des Wetterschachts Victor 6 Nach dessen Inbetriebnahme wurden die Schachte 1 2 und 5 abgeworfen und endgultig verfullt Des Weiteren ging der Forderverbund mit der Zeche Ickern wieder in Betrieb bei zunehmender Verlagerung der Forderung auf die Schachtanlage Ickern 1 2 1968 wechselte die Zeche in den Besitz der Ruhrkohle AG 1970 erreichte die gemeinsame Forderung Victor Ickern den Wert von 2 23 Millionen Tonnen Kohle Stilllegung BearbeitenIm Rahmen des Gesamtanpassungsplanes des Ruhrbergbaus wurden nach und nach die am wenigsten produktiven Anlagen bzw die Anlagen mit der voraussichtlich geringsten Lebensdauer ausser Betrieb genommen Die Stilllegung der Kokerei Victor 3 4 erfolgte 1972 Parallel wurde fur das nachste Geschaftsjahr die Gesamtstilllegung der Anlagen beschlossen Die letzte Schicht erfolgte am 30 September 1973 Im Anschluss erfolgte die Verfullung der Schachte und der Abbruch der Tagesanlagen Gegenwart BearbeitenAuf den Arealen der Zeche Victor 1 2 und der Zeche Victor 3 4 sind nach und nach Gewerbeansiedlungen erfolgt einige Nebengebaude sowie Teile der Zechenmauern sind noch zu erkennen Der ehemalige Zechenhafen jetzt Hafen Victor am Rhein Herne Kanal dient zur Anlandung von Kohle Zudem werden Mittelstandsparks auf den ehemaligen Zechengelanden errichtet welche vor allem mit Birken bepflanzt werden Literatur BearbeitenTilo Cramm Bergbau ist nicht eines Mannes Sache Das Bergwerk Victor Ickern in Castrop Rauxel Klartext Verlag Essen 2001 ISBN 3 88474 928 5 Wilhelm Hermann Gertrude Hermann Die alten Zechen an der Ruhr 6 erweiterte und aktualisierte Auflage Verlag Karl Robert Langewiesche Nachfolger Hans Koster KG Konigstein i Taunus 2006 ISBN 3784569943Weblinks BearbeitenFotos von den verschiedenen Schachtanlagen und von Untertage http www victor ickern deEinzelnachweise Bearbeiten a b Klockner Peter Deutsche Biographie abgerufen am 9 Juli 2023 Gustav Stolper Grunder Der Deutsche Volkswirt Zeitschrift fur Politik und Wirtschaft Band 13 Ausgabe 1 Charlottenburg 1938 S 82 Gerhard Gebhardt Ruhrbergbau Geschichte Aufbau und Verflechtung seiner Gesellschaften und Organisationen Verlag Gluckauf 1957 S 379 a b Tilo Cramm Bergbau ist nicht eines Mannes Sache Das Bergwerk Victor Ickern in Castrop Rauxel Klartext Verlagsgesellschaft 2001 S 32 a b Manfred Rasch Industrielle thermisch chemische Kohlenveredlung In Gunter Bayerl Braunkohleveredelung im Niederlausitzer Revier 50 Jahre Schwarze Pumpe Waxmann Verlag 2009 S 58 und S 65 Franz Spausta Treibstoffe fur Verbrennungsmotoren Springer Verlag 1939 S 86 Roland Hoppenstedt Hans Hoppenstedt Hrsg Handbuch der deutschen Aktiengesellschaften Band 48 Teil 1 Hoppenstedt 1943 S 598 Arno de Klerk Industrial Fischer Tropsch Facilities In Arno de Klerk Fischer Tropsch Refining Wiley VCH 2011 S 117 139 a b Rainer Karlsch Raymond G Stokes Faktor Ol Die Mineralolwirtschaft in Deutschland 1859 1974 C H Beck 2003 S 189 Franz Kainer Die Kohlenwasserstoff Synthese nach Fischer Tropsch Springer Verlag 1950 S 217 Zwanzig Minuten Kohlenklau Der Spiegel vom 5 Dezember 1947 abgerufen am 10 Juli 2023 Kammer der Technik Hrsg Die Technik Band 8 Berlin Verlag Technik 1953 S 459 Joachim Scholtyseck Der Aufstieg der Quandts Eine deutsche Unternehmerdynastie C H Beck S 1723 Gewerkschaft Victor Stickstoffwerke Benzinwerke Castrop Rauxel 2 Westf Deutsche digitale Bibliothek abgerufen am 10 Juli 2023 Luftkrieg uber Castrop Rauxel abgerufen am 10 Juli 2023 Demontage der Fischer Tropsch Anlage der Gewerkschaft Victor Chemische Werke in Castrop Rauxel Nordrhein Westfalische Bibliographie abgerufen am 10 Juli 2023 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Zeche Victor amp oldid 236280109