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Xavier Stockmar 25 Dezember 1797 in Porrentruy 21 Juni 1864 in Bern war ein jurassischer Patriot und ein liberaler Schweizer Politiker Er gehorte dem Regierungsrat des Kantons Bern an und war spater auch Mitglied des Nationalrats Stockmar gilt als einer der fruhesten Separatisten die eine Loslosung des Jura von Bern anstrebten Er verbrachte mehrere Jahre im Exil in Frankreich um einer Anklage wegen angeblichen Hochverrats zu entgehen wurde aber vollstandig rehabilitiert und konnte seine politische Karriere fortsetzen Xavier Stockmar Inhaltsverzeichnis 1 Biografie 1 1 Jugendjahre und berufliche Tatigkeit 1 2 Anfuhrer der jurassischen Liberalen 1 3 Exil und Rehabilitierung 1 4 Weitere politische Tatigkeit 2 Literatur 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseBiografie BearbeitenJugendjahre und berufliche Tatigkeit Bearbeiten Stockmars Familie stammte ursprunglich aus Rastatt in der Markgrafschaft Baden Baden Sein Vater Franz Joseph Wenzel Stockmar war nach Porrentruy in der Ajoie gekommen um fur Sigismund von Roggenbach den dort herrschenden Furstbischof von Basel als Oberforstmeister zu arbeiten Seine Mutter Marguerite Brieffer stammte aus Aesch bei Basel sein Bruder Antoine starb 1812 in der Schlacht an der Beresina Xavier Stockmar erhielt seine schulische Bildung am Kollegium von Porrentruy und absolvierte eine kaufmannische Lehre in Porrentruy und Seloncourt Danach war er als Angestellter in der Waffenfabrik Pont d Able tatig 1817 liess er sich in Montmelon einburgern und 1820 heiratete er Rosalie Marquis die Tochter eines Peruckenmachers Nachdem er von 1822 bis 1829 die Schmiede von Lucelle als Vizedirektor geleitet hatte stieg er in Porrentruy in den Weinhandel ein Ebenso grundete er zusammen mit einem Geschaftspartner eine Fuhrhalterei in der Stadt Basel Durch Spekulation mit Liegenschaften im Elsass und mit Wein aus der Franche Comte wurde er wohlhabend Die Lehrer am Kollegium waren stark jakobinisch weshalb Stockmar schon in jungen Jahren fur Demokratie und Liberalitat eintrat Insbesondere stellte er sich offentlich gegen die seit 1815 bestehende Herrschaft des Berner Patriziats uber den Jura Wegen unangemessener Ausserungen verurteilte ihn der Landvogt von Porrentruy im Marz 1820 zu acht Tagen Hausarrest in der Wohnung seines Vaters 1 Zusammen mit Olivier Seuret und Louis Quiquerez schwor er am 31 Juli 1826 auf der elsassischen Burg Morimont feierlich den Jura von der Berner Oligarchie zu befreien Dieser Schwur von Morimont wird von der jurassisch separatistischen Geschichtsschreibung als Beginn der Auseinandersetzung um einen eigenstandigen Kanton Jura betrachtet der schliesslich 1979 gegrundet werden sollte In Porrentruy scharte Stockmar gleichgesinnte Intellektuelle um sich darunter Jules Thurmann oder Joseph Vautrey und lud zu Salons nach franzosischem Vorbild ein 2 Anfuhrer der jurassischen Liberalen Bearbeiten Stockmars Texte erschienen in liberalen Zeitungen darunter dem Nouvelliste vaudois ausserdem schrieb er zwei Bande mit Versen und den Text des patriotischen Volkslieds La Rauracienne das die jurassische Heimat preist und ihre Burger zur Einigkeit und zum Kampf fur die Freiheit aufruft Das Vorhaben einer Kantonsgrundung scheiterte am konfessionellen Gegensatz zwischen Katholiken und Reformierten sowie an regionalen Rivalitaten weshalb Stockmar seine Strategie anderte Er gab seine separatistischen Ziele vorubergehend auf und stellte seinen Kampf unter die allgemeinere Devise der liberalen Regeneration Zu diesem Zweck verbundete er sich 1830 mit den fuhrenden Liberalen im deutschsprachigen Kantonsteil wie Karl Neuhaus und die Gebruder Schnell Am 8 Januar 1831 besetzten revolutionare Liberale aus der Ajoie die Stadt Delemont und zogen zwei Tage spater nach Courrendlin um sich fur einen moglichen Marsch in Richtung Bern bereitzuhalten 3 Der aufgeschreckte Grosse Rat schrieb ein Kopfgeld auf Stockmar aus doch nur wenige Tage spater dankte das patrizische Regime ab und machte den Weg frei fur eine liberale Neuordnung des Kantons 1 Ab Februar 1831 arbeitete Stockmar als gewahltes Mitglied des Verfassungsrates an der neuen Kantonsverfassung mit Zwar garantierte sie eine angemessene Vertretung der Jurassier im Grossen Rat doch das einzige andere Zugestandnis war die Erhebung des Franzosischen zur Nationalsprache wahrend jede Art von regionaler Autonomie unberucksichtigt blieb 4 Einen Monat nach Annahme der Verfassung wurde Stockmar im August 1831 in den Grossen Rat gewahlt und im Dezember desselben Jahres zum Regierungsstatthalter des Amtsbezirks Porrentruy ernannt Ab Juli 1832 gab er die Zeitung L Helvetie heraus 1 Entgegen den Vereinbarungen der Vereinigungsurkunde von 1815 versuchte der Regierungsrat die romisch katholische Kirche unter staatliche Kontrolle zu stellen und unterschrieb 1834 die Badener Artikel Der Katholik Stockmar befurwortete die Dominanz des Staates uber die Kirche da sie die Glaubensfreiheit sichere Viele katholische Jurassier nahmen ihm diese Haltung ubel sodass er die Wiederwahl in den Grossen Rat zunachst knapp verpasste Uber den Umweg einer Nachwahl im Amtsbezirk Thun schaffte er trotzdem den Wiedereinzug in die Legislative Diese wahlte ihn im Dezember 1835 erstmals in den Regierungsrat 5 1836 erzwang die Garantiemacht Frankreich die Rucknahme der ratifizierten Badener Artikel 6 Exil und Rehabilitierung Bearbeiten Als Regierungsratsmitglied fand Stockmar wenig Befriedigung und er klagte wiederholt in seiner Zeitung uber die muhselige Arbeitsweise die kaum Fortschritte ermogliche 1838 wollte die von Karl Neuhaus angefuhrte Regierung den von den Franzosen eingefuhrten und im Jura gebrauchlichen Code civil abschaffen Daraufhin setzte sich Stockmar an die Spitze einer Protestbewegung und veroffentlichte ein Manifest fur die Autonomie des Jura Neuhaus hatte kein Verstandnis fur Sonderregelungen und distanzierte sich von seinem fruheren Mitstreiter Am 20 Juni 1839 stellte der Regierungsrat auf Betreiben von Neuhaus den Antrag Stockmar wegen des Verdachts der Verbreitung separatistischer Propaganda und der Aufwiegelung zu Unruhen abzusetzen Trotz mangelnder Beweise gaben die Abgeordneten vier Tage spater mit 93 zu 32 Stimmen ihre Zustimmung Stockmar nutzte die Emporung in Jura und liess sich im Oktober 1839 im Amtsbezirk Porrentruy erneut zum Grossrat wahlen Auf seine Initiative hin trafen sich die jurassischen Grossrate im Oktober 1839 in Glovelier um eine Petition auszuarbeiten Darin forderten sie unter anderem Anderungen im Bildungswesen eine Steuersenkung und die Einrichtung einer konsultativen Kommission fur den Jura 7 Als im Fruhjahr 1840 eine formelle Anklage wegen Hochverrats kurz bevorstand und die Regierung Polizeikrafte entsandte um die Protestbewegung zu unterdrucken konnte Stockmar der Verhaftung entgehen und floh nach Frankreich Er lebte zunachst in Paris wo er sich mit einem Kolonisationsprojekt fur Schweizer in Algerien befasste Der eigentliche Prozess zog sich bis 1842 hin Das Obergericht sprach ihn vom Verdacht des Hochverrats frei verurteilte ihn aber wegen offentlichen Aufruhrs zu einer Busse und einer hunderttagigen Gefangnisstrafe Stockmar blieb er im selbstgewahlten Exil und leitete von 1843 bis 1845 ein Stahlwerk in Valentigney danach zog er sich auf sein Landgut Les Rosieres bei Blamont zuruck 8 Nach der Entmachtung von Neuhaus durch radikalliberale Krafte um Jakob Stampfli und Wilhelm Snell im Februar 1846 forderte Joseph Trouillat Stockmar zur Ruckkehr auf Vollstandig rehabilitiert liess er sich einen Monat spater in den Verfassungsrat wahlen der eine noch liberalere Verfassung nach dem Prinzip der Volkssouveranitat ausarbeitete Es gelang ihm einige Forderungen der Petition von 1839 einfliessen zu lassen Der jurassische Kantonsteil erhielt Sonderrechte im Fursorge und Steuerwesen zugesprochen der Code civil blieb zu einem grossen Teil erhalten und das Franzosische war nun Amtssprache wenn auch nicht konsequent umgesetzt Die Jurassier zeigten sich mit dem Erreichten zufrieden und nahmen die Verfassung am 31 Juli 1846 mit 88 der Stimmen an 9 Weitere politische Tatigkeit Bearbeiten nbsp Buste im Jardin botanique de PorrentruyKurz nach seiner Ruckkehr erhielt Stockmar das Ehrenburgerrecht von Porrentruy im August 1846 folgte die Wahl in den Grossen Rat Dieser wiederum wahlte ihn umgehend ein weiteres Mal zum Mitglied des Regierungsrats 1 Als solcher leitete er die Direktion fur offentliche Bauten das vor allem fur die Erweiterung des Strassennetzes zustandig war Stockmar konnte zahlreiche Projekte abschliessen die bereits von der Vorgangerregierung eingeleitet worden waren In die Kritik geriet er wegen wiederholter Verzogerungen und Kostenuberschreitungen beim Bau der Tiefenaubrucke 10 Stockmar gehorte im Februar 1847 zu den Grundungsmitgliedern der Societe jurassienne d emulation und im Oktober 1847 ernannte ihn die Tagsatzung zum eidgenossischen Kommissar in den Sonderbundskantonen Stockmar lehnte die Schweizer Bundesverfassung 1848 ab weil sie ihm zu foderalistisch war und konnte die Jurassier von seiner Haltung uberzeugen blieb aber gesamthaft deutlich in der Minderheit 11 Daraufhin kandidierte er im September 1848 bei den ersten Nationalratswahlen und wurde im jurassischen Wahlkreis gewahlt 1850 wurde Stockmar nicht als Regierungsrat wiedergewahlt und bei den Nationalratswahlen 1851 erzielte er das schlechteste Ergebnis im Jura Er blieb dennoch Nationalrat weil er zum zweiten Wahlgang im Wahlkreis Seeland antrat und sich dabei gegen Guillaume Henri Dufour durchsetzte Von 1850 bis 1854 sowie von 1858 bis 1862 war Stockmar erneut Abgeordneter des Grossen Rates Beruflich war er ab 1852 als Direktor der metallurgischen Fabrik von Bellefontaine bei Saint Ursanne tatig Ab 1854 vertrat er im Nationalrat erneut den jurassischen Wahlkreis wobei ihm dreimal die Wiederwahl gelang Er setzte sich hauptsachlich fur den Ausbau des Eisenbahnnetzes ein 1856 lancierte er ein Komitee das den Bahnbau im Jura vorantreiben sollte Vier Jahre spater ernannte ihn die Kantonsregierung zum Direktionsprasidenten der Bernischen Staatsbahn Mehrmals versuchte Stockmar vergeblich in den Regierungsrat wiedergewahlt zu werden Dies gelang ihm schliesslich im Juli 1862 woraufhin er die Leitung der Eisenbahndirektion ubernahm Er forderte den Bau der Bernischen Jurabahnen welche die Region besser erschliessen sollten Zu seinen Verdiensten gehort der Bau der Eisenbahnlinien Biel Bern und Gumligen Langnau Kurz nachdem er mit den Arbeiten an einem neuen Eisenbahngesetz begonnen hatte starb er im Juni 1864 im Alter von 66 Jahren 1 Sein Grossneffe Joseph Stockmar war ebenfalls Nationalrat und bernischer Regierungsrat Literatur BearbeitenVictor Erard Xavier Stockmar patriote jurassien Delemont Bibliotheque jurassienne vol 1 1968 vol 2 1971 Virgile Moine Xavier Stockmar L Homme du Jura Causerie faite a Berne le 20 mars 1964 sous les auspices de la Societe bernoise d histoire et de la Societe jurassienne d emulation Berne 1965 Hans Peter Henecka Die jurassischen Separatisten Eine Studie zur Soziologie des ethnischen Konflikts und der sozialen Bewegung Verlag Anton Hain Meisenheim am Glan 1972 ISBN 3 445 00942 2 Beat Junker Geschichte des Kantons Bern seit 1798 Band II Entstehung des demokratischen Volksstaates Historischer Verein des Kantons Bern 1996 ISSN 0250 5673 unibe ch PDF abgerufen am 22 Marz 2023 Weblinks BearbeitenFrancois Kohler Xavier Stockmar In Historisches Lexikon der Schweiz Archivbestand im Staatsarchiv des Kantons JuraEinzelnachweise Bearbeiten a b c d e Stockmar Xavier Chronologie jurassienne abgerufen am 11 April 2023 franzosisch Henecka Die jurassischen Separatisten S 57 58 Henecka Die jurassischen Separatisten S 58 60 Henecka Die jurassischen Separatisten S 60 Junker Geschichte des Kantons Bern seit 1798 Band II S 56 Henecka Die jurassischen Separatisten S 63 64 Henecka Die jurassischen Separatisten S 67 68 Junker Geschichte des Kantons Bern seit 1798 Band II S 57 Henecka Die jurassischen Separatisten S 71 72 Junker Geschichte des Kantons Bern seit 1798 Band II S 94 Junker Geschichte des Kantons Bern seit 1798 Band II S 104 106 Normdaten Person GND 1052619614 lobid OGND AKS VIAF 202769978 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Stockmar XavierKURZBESCHREIBUNG Schweizer PolitikerGEBURTSDATUM 25 Dezember 1797GEBURTSORT PorrentruySTERBEDATUM 21 Juni 1864STERBEORT Bern Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Xavier Stockmar amp oldid 239472069