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Wilhelm Teudt 7 Dezember 1860 in Bergkirchen Schaumburg Lippe 5 Januar 1942 in Detmold war ein volkischer Laienforscher der versuchte archaologische Belege fur eine germanische Hochkultur zu finden Seine Thesen die er zusammenfassend in seinem Hauptwerk Germanische Heiligtumer 1 Auflage 1929 vorstellte wurden von der Fachwissenschaft bereits damals abgelehnt Sie beeinflussen aber heute noch esoterische und neuheidnische Kreise Teudts Hauptinteresse galt dem Raum sudwestlich von Detmold In den dort gelegenen Externsteinen sah er eine germanische Kultstatte bzw eine so genannte Sonnenwarte Wilhelm Teudt ca 1938 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Lehren 3 Wirkung 4 Schriften 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben BearbeitenTeudt studierte in Berlin Leipzig Tubingen und Bonn evangelische Theologie Seit Michaeli 1883 war Teudt Mitglied der Leipziger Universitatssangerschaft zu St Pauli Leipzig heutige Leipziger Universitats Sangerschaft zu St Pauli in Mainz Deutsche Sangerschaft 1 1885 wurde er Pfarrer im damaligen Furstentum Schaumburg Lippe 1895 ubernahm er die Leitung der Inneren Mission in Frankfurt am Main Teudt legte 1908 sein Pfarramt nieder und wurde noch im selben Jahr Geschaftsfuhrer des 1907 gegrundeten Keplerbundes zur Forderung der Naturerkenntnis einer Vereinigung von vorwiegend evangelischen Akademikern und Burgern die scharf antidarwinistisch ausgerichtet war 1909 veroffentlichte er ein Buch in dem er Haeckels Theorien als fehlerhaft angriff und ihm Falschungen vorwarf 1914 soll der Bund gut 8 000 Mitglieder umfasst haben darunter 72 Vortragende Das Buch hatte eine nachhaltige Wirkung Die Falschungsvorwurfe wurden damals in zahlreichen regionalen und uberregionalen Zeitungen besprochen sie tauchen als Argument noch heute in kreationistischen Kreisen auf Am Ersten Weltkrieg nahm Teudt trotz seines Alters als Freiwilliger teil Nachdem er bedingt durch die Ruhrbesetzung 1921 nach Detmold umzog grundete er dort den Cheruskerbund die lippische Untergruppe der paramilitarischen Organisation Escherich Die Vereinigung verfugte ab dem Fruhjahr 1922 uber eine paramilitarische Abteilung den Nothung und zahlte 1923 rund 1 100 Mitglieder Teudt war zu diesem Zeitpunkt auch Mitglied der DNVP Ausserdem war Teudt seit 1928 29 Gauherr der Detmolder Ortsgruppe des antisemitischen Deutschbundes Ab Mitte der 1920er Jahre wandte sich Teudt der volkischen Germanenkunde zu wobei sein besonderes Interesse der Aufdeckung germanischer Kultstatten galt An die Offentlichkeit trat Teudt zunachst mit zwei Aufsatzen in der vorgeschichtlichen Fachzeitschrift Mannus Teudt sammelte einen Kreis von Gleichgesinnten und grundete 1928 die Vereinigung der Freunde germanischer Vorgeschichte die ab 1929 die Zeitschrift Germanien herausgab Ebenfalls 1929 veroffentlichte Teudt sein Hauptwerk Germanische Heiligtumer das bis 1936 vier Auflagen erleben sollte Bei der Fachwissenschaft stiessen Teudts Thesen von vornherein auf Ablehnung Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurde Teudt von Staat und Partei wohlwollendes Interesse entgegengebracht Die Vereinigung trat zunachst dem von Rudolf Hess geleiteten Reichsbund fur Volkstum und Heimat bei einer Dachorganisation fur Volkskunde Heimatpflege Naturschutz und ahnliche Bereiche Seit 1 Mai 1933 2 oder erst ab 1935 3 war Teudt Mitglied der NSDAP Um Kontakte zu Teudt bemuhten sich ferner einerseits Alfred Rosenberg und Hans Reinerth mit dem Reichsbund fur Deutsche Vorgeschichte andererseits Heinrich Himmler mit der Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe Schliesslich wandte sich Teudt Himmler zu nicht zuletzt deshalb weil viele von Teudts Kritikern sich in Rosenbergs Kampfbund fur deutsche Kultur versammelt hatten Bereits 1933 hatte Teudt angeregt einen Raum sudwestlich von Detmold einschliesslich der Externsteine in einen heiligen Erinnerungshain unter der Bezeichnung Osninghain umzugestalten 4 Himmler griff spater diesen Vorschlag auf und erklarte den gesamten Raum Detmold zur weltanschaulichen Interessensphare der SS Teudt gliederte 1936 seine Vereinigung der Freunde germanischer Vorgeschichte faktisch an die Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe an ubergab die Zeitschrift Germanien an das Ahnenerbe und wurde selber Abteilungsleiter beim Ahnenerbe Nur vordergrundig war dieses Arrangement fur Teudt vorteilhaft Einer seiner engsten Mitarbeiter beschrieb diesen Vorgang nachtraglich kritisch Damit hat er die Vereinigung zerschlagen die Zeitschrift Germanien verschleudert und sich selbst ausgeschaltet 5 Teudt war in die Machtkampfe zwischen Himmler und Rosenberg geraten Als Rosenberg eine Hohe Schule der NSDAP errichtete der Himmler Freund Walther Wust jedoch deren Thematik fur sich und seine Universitat Munchen an Land ziehen wollte wurde gegen Wust mit Hilfe des Namens Teudt intrigiert Der Versuch war hier offenkundig dem kommenden Institut der Hohen Schule von vornherein gleichsam den Wind aus den Segeln zu nehmen Falls es sc der Intrigant Dr Wust sein sollte wurde ich empfehlen seine eigene Tatigkeit zu untersuchen etwa wie der alte Dr Teudt der Erforscher der Externsteine von Dr Wust um seine Lebensarbeit seine wissenschaftliche Gesellschaft und sein Bankkonto gebracht worden ist Das wurde die Form wie stellenweise heute mit reinen Machtmitteln Wissenschaft gefordert wird deutlich beleuchten Rosenberg an Martin Bormann 20 August 1941 in Bundesarchiv Deutschland BA NS 8 186 Blatter 134 138 Register K Munchen Bereits im Februar 1938 war es zum Bruch gekommen Himmler entliess Teudt aus dem Ahnenerbe Dabei beklagte Himmler insbesondere Teudts angebliche Unsachlichkeit und krankhafte Art Streit zu suchen Seit 1935 wurden Teudt einige staatliche Ehrungen zuteil 1935 wurde er zum Professor ernannt und wurde Ehrenburger der Stadt Detmold 1940 wurde ihm die Goethe Medaille fur Kunst und Wissenschaft verliehen 6 Nach dem Bruch mit Himmler hatte Teudt seine Ressourcen an das Ahnenerbe verloren Teudt blieb aber unbequem und grundete mit seinen Anhangern im Jahre 1939 die Osningmark Gesellschaft mit Sitz in Detmold die dem von Hans Reinerth geleiteten Reichsbund fur Deutsche Vorgeschichte angeschlossen war Die Osningmark Gesellschaft benannte sich nach Teudts Tod in Wilhelm Teudt Gesellschaft um und arbeitete bis 1944 1945 Daneben wurde noch 1943 eine Wilhelm Teudt Stiftung als Stiftung offentlichen Rechts mit Sitz in Detmold gegrundet 7 die aber zeitbedingt keine Tatigkeiten mehr entfalten konnte nbsp Grabstatte auf dem Alten Friedhof in DetmoldDass Teudt seine Schuldigkeit fur die Ziele der Nationalsozialisten langst getan hatte verrat ein Ausschnitt aus der parteiamtlichen Grabrede nach Teudts Tod im Jahr 1942 Wesentlich ist dass Teudt in den Herzen unzahliger Deutscher durch seinen begeisterten Aufruf germanische Heiligtumer schuf Darin liegt das unvergangliche Verdienst Teudts fur die deutsche Erneuerung Es fehlt bei uns gewiss nicht an klugen Kopfen aber die tapferen Herzen durften in der Wissenschaft haufiger sein 2010 wurde Teudt vom Rat der Stadt Detmold die Ehrenburgerwurde symbolisch aberkannt Lehren BearbeitenTeudts grundlegende These zur germanischen Vorgeschichte besagt dass die auf dem Gebiet des spateren Deutschland lebenden Germanen bereits vor ihrer Beruhrung mit Romern und Westfranken eine eigene hochstehende Kultur gehabt hatten Dabei geht Teudt von Folgendem aus Mit der Christianisierung also in Sachsen um das Jahr 800 sei es zu einem Kulturbruch gekommen Damit einhergegangen sei eine Kulturvernichtung durch das Christentum die aus heutiger Sicht den Blick auf die davor liegende Zeit erschwere Die germanische Kultur sei eine Holzkultur gewesen Dies sei die Ursache dafur dass kaum Kunstdenkmaler aus der germanischen Vorgeschichte erhalten sind Teudt befasste sich in regionaler Hinsicht in erster Linie mit dem Raum sudwestlich von Detmold der Osningmark Dort seien mehrere germanische Heiligtumer und weitere Einrichtungen zu finden Die Externsteine seien eine sachsische Irminsul Kultstatte gewesen die dortige Hohenkammer eine Sonnenwarte Der Hof Gierke in Oesterholz sei eine Kultburg oder Gelehrtenschule gewesen Dort sei auch der Ort des Klosters Hethi zu finden Dieses Kloster wurde nachdem Sachsen durch Karl den Grossen erobert worden war unter Ludwig dem Frommen 815 eingerichtet und bereits 822 nach Corvey verlegt In der Langelau bei Oesterholz sei noch heute eine stadionartige Kampfspielbahn zu erkennen Die Hugelgraber ostlich der Langelau seien als bedeutendes Dreihugelheiligtum einzuordnen Die Hunnenkirche in Kohlstadt sei germanischen Ursprungs Moglicherweise handele es sich um den Turm der von Tacitus genannten Seherin Veleda Wirkung BearbeitenVon der Fachwissenschaft wurden Teudts Lehren abgelehnt Sie beeinflussen aber heute noch esoterische und neuheidnische Kreise In der seit 1945 erschienenen orts und regionalgeschichtlichen Literatur ist uber Teudts Thesen fast nichts mehr zu lesen Dennoch sind nach Einschatzung von Roland Siekmann die Inhalte seiner Oesterholzer These bis heute unterflachlich virulent und vom Atem eines Geheimwissens umnebelt 8 Im Hinblick auf Teudts Theorie einer so genannten Sonnenwarte auf den Externsteinen schreibt Martin Kuckenburg sogar Auch den Gedanken an einen der Sonnenbeobachtung dienenden Kultraum wird man heute vor dem Hintergrund der Entdeckungen von Goseck und Nebra kaum mehr so vehement und von vornherein ablehnen wie dies in den vergangenen Jahrzehnten von archaologischer Seite mitunter geschah 9 Die Tatigkeit Teudts ist inzwischen ihrerseits zum Gegenstand geschichtlicher Forschung geworden So hat die Archaologin Uta Halle sich in mehreren Schriften vor allem in ihrer unter dem Titel Die Externsteine sind bis auf weiteres germanisch Prahistorische Archaologie im Dritten Reich erschienenen Habilitationsschrift mit Teudts Engagement fur die Externsteine befasst Schriften BearbeitenNationale Ansiedlung und Wohnungsreform o O Frankfurt 1899 Zus mit Jakob Latscha Im Interesse der Wissenschaft Haeckels Falschungen und die 46 Zoologen Naturwissenschaftlicher Verlag des Keplerbundes Godesberg 1909 Digitalisat des Werkes in der Deutschen Zentralbibliothek fur Medizin Die deutsche Sachlichkeit und der Weltkrieg Ein Beitrag zur Volkerseelenkunde Godesberg 1917 Germanische Heiligtumer Beitrage zur Aufdeckung der Vorgeschichte ausgehend von den Externsteinen den Lippequellen und der Teutoburg Eugen Diederichs Jena 1929 1936 4 Auflagen Nachdruck der 4 Auflage Faksimile Verlag Bremen 1982 Digitalisat der 2 vermehrten und verbesserten Auflage Jena 1931 Gottlieder fur deutsche Menschen 75 Gottlieder fur deutsche Menschen in 150 Psalmen freigemacht von judischer Umklammerung Belastung und Verbiegung Kohler amp Amelung Leipzig 1934 Wilhelm Teudt im Kampf um die Germanenehre Eine Auswahl von Teudts Schriften Velhagen amp Klasing Bielefeld 1940 Literatur BearbeitenUta Halle Die Externsteine sind bis auf weiteres germanisch Prahistorische Archaologie im Dritten Reich Verlag fur Regionalgeschichte Bielefeld 2002 Michael H Kater Das Ahnenerbe der SS 1935 1945 Studien zur Zeitgeschichte Band 6 4 Auflage R Oldenbourg Verlag Munchen 2006 ISBN 978 3 486 57950 5 Harald Lonnecker Zwischen Esoterik und Wissenschaft Die Kreise des volkischen Germanenkundlers Wilhelm Teudt In Einst und Jetzt Jahrbuch des Vereins fur corpsstudentische Geschichtsforschung 49 2004 S 265 294 Volltext PDF 180 kB Iris Schaferjohann Bursian Wilhelm Teudt im Detmold der 1920er Jahre seine Suche nach Orientierung In Hermann Niebuhr amp Andreas Ruppert Hrsg Krieg Revolution Republik Detmold 1914 1933 Bielefeld 2007 ISBN 3 89528 606 0 S 415 458 Jurgen Hartmann Gegen die Juden und gegen die Republik Die antidemokratische Rechte in Detmold 1914 bis 1933 Ebd S 263 298 Jurgen Hartmann Vom volkischen Vorkampfer zum Nationalsozialisten bis auf die Knochen Der politische Werdegang des Germanenkundlers Wilhelm Teudt In Rosenland Zeitschrift fur lippische Geschichte 11 2010 S 23 36 Volltext PDF 594 kB Roland Siekmann Eigenartige Senne Zur Kulturgeschichte der Wahrnehmung einer peripheren Landschaft In Lippische Studien Bd 20 Institut fur Lippische Landeskunde Lemgo 2004 S 276 293 Julia Schoning Die Germanenkunde Wilhelm Teudts Methodik und Zielsetzung einer ideologisch motivierten Laienwissenschaft In Lippische Mitteilungen aus Geschichte und Landeskunde Jg 81 2012 S 243 258 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Wilhelm Teudt im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Ernst Haeckel Sandalion Eine offene Antwort auf die Falschungs Anklagen der Jesuiten 1 5 Tausend Frankfurt a M 1910 NachlassEinzelnachweise Bearbeiten Seidel Walter Sichler Willmar Verzeichnis der Mitglieder des Verbandes der Alten Pauliner in Leipzig 1937 Seite 51 Iris Schaferjohann Bursian Wilhelm Teudt im Detmold der 1920er Jahre seine Suche nach Orientierung In Krieg Revolution Republik Detmold 1914 1933 Bielefeld 2007 S 446 Uta Halle Die Externsteine sind bis auf weiteres germanisch Prahistorische Archaologie im Dritten Reich Verlag fur Regionalgeschichte Bielefeld 2002 S 72 Wilhelm Teudt Die Osningmark als heiliger Erinnerungshain In Germanien Monatshefte fur Vorgeschichte 1933 S 183 185 Uta Halle Die Externsteine sind bis auf weiteres germanisch Prahistorische Archaologie im Dritten Reich Verlag fur Regionalgeschichte Bielefeld 2002 S 379 Fn 171 Diese Ehrenburgerwurde der Stadt wurde am 27 Mai 2010 sic kein Tippfehler widerrufen Am 5 Oktober 1936 hatte Walther Wust in Detmold die Festansprache zur Verleihung gehalten zugleich war eine Pflegstatte fur Germanenkunde eroffnet worden Rundschreiben der Wilhelm Teudt Gesellschaft Nr 1 1943 S 1 Roland Siekmann Eigenartige Senne Zur Kulturgeschichte der Wahrnehmung einer peripheren Landschaft Lippische Studien Bd 20 Institut fur Lippische Landeskunde Lemgo 2004 S 291 Martin Kuckenburg Kultstatten und Opferplatze in Deutschland Konrad Theiss Verlag Stuttgart 2007 S 94 Normdaten Person GND 117277940 lobid OGND AKS LCCN n87898729 VIAF 5704742 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Teudt WilhelmKURZBESCHREIBUNG deutscher volkischer LaienforscherGEBURTSDATUM 7 Dezember 1860GEBURTSORT BergkirchenSTERBEDATUM 5 Januar 1942STERBEORT Detmold Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Wilhelm Teudt amp oldid 229151953