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Hans Reinerth 13 Mai 1900 in Bistritz Siebenburgen Osterreich Ungarn 13 April 1990 in Unteruhldingen war ein deutscher Archaologe Er war ein Pionier der Pollenanalyse und der modernen Siedlungsarchaologie ist aber durch seine Rolle in der Zeit des Nationalsozialismus und seine Ansichten daruber umstritten Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Studienzeit 1 2 Wahrend des Nationalsozialismus 1 3 Nach 1945 2 Schriften Auswahl 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenStudienzeit Bearbeiten Sein kurzes Studium schloss Reinerth mit der Promotion 1921 in Tubingen ab schon 1925 folgte die Habilitation Das Tubinger Urgeschichtliche Forschungsinstitut unter der Leitung von Robert Rudolf Schmidt fuhrte damals umfangreiche Grabungen am Federsee durch wo Reinerth bald eine wichtige Rolle einnahm Er untersuchte unter anderem die bronzezeitliche Wasserburg Buchau blieb aber deren Grabungspublikation zeitlebens schuldig Erst etwa 75 Jahre spater publizierte Wolfgang Kimmig dann das Grabungsprojekt 1 Wahrend des Nationalsozialismus Bearbeiten Reinerth war Mitglied im volkisch gesinnten antisemitischen Kampfbund fur deutsche Kultur und trat 1931 der NSDAP bei 2 Im Marz 1933 unterzeichnete er die Erklarung von 300 Hochschullehrern fur Adolf Hitler Von 1933 bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges war Reinerth Leiter des Reichsbundes fur Deutsche Vorgeschichte Im Jahr 1944 wurde er zum Mitglied der Leopoldina gewahlt Im Jahr 1934 wurde Reinerth Nachfolger Gustaf Kossinnas auf dem Lehrstuhl an der Universitat Berlin Er wurde Herausgeber der Zeitschriften Germanen Erbe und Mannus Zeitschrift fur Deutsche Vorgeschichte und war daneben Abteilungsleiter fur Vor und Fruhgeschichte bei der Nationalsozialistischen Kulturgemeinde der Nachfolgeorganisation des Kampfbunds 2 Im Juli 1934 wurde Reinerth ausserdem Mitglied in der Hochschulkommission der NSDAP 3 1936 war er massgeblich am Aufbau des Archaologischen Freilichtmuseums in Oerlinghausen beteiligt 1937 schrieb er in der Zeitschrift Volk und Heimat Wer unsere germanischen Vorfahren schmaht und herabsetzt steht heute nicht mehr dem vereinzelten volkischen Kampfer sondern der geschlossenen Front aller nationalsozialistischen Deutschen gegenuber 4 Unter Anwesenheit des badischen Gauleiters Robert Wagner weihte Reinerth im Juni 1938 ein von ihm konzipiertes Freilichtmuseum mit 14 rekonstruierten Steinzeithutten in Radolfzell ein 5 Von 1938 bis 1940 leitete er die Ausgrabungen der Moorsiedlung Hunte 1 am Dummer 1939 wurde er in Alfred Rosenbergs Uberwachungsdienststelle Beauftragter des Fuhrers fur die Uberwachung der gesamten geistigen und weltanschaulichen Schulung der NSDAP Leiter des Amts Vorgeschichte 6 Ab 1940 gehorte Reinerth als Leiter eines Sonderstabs Vorgeschichte dem Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg ERR an der insbesondere sogenanntes herrenloses Kulturgut von Juden raubte Die Besitzer waren in aller Regel zuvor ermordet worden 6 7 1941 leitete er nach der deutschen Eroberung Griechenlands eine Grabung jungsteinzeitlicher Besiedlung in Thessalien mit der er bewies dass Germanen Griechenland von Norden her besiedelt hatten Ein Teil der Funde wurde nach Deutschland geschafft und tauchte erst nach seinem Tod in seinen privaten Bestanden in Unteruhldingen auf von wo sie 2014 durch Gunter Schobel restituiert wurden 8 Im September 1942 rief Rosenberg eine Arbeitsgemeinschaft fur griechisch iranische Altertumsforschung in den besetzten Ostgebieten als AG im Institut fur Indogermanische Geistesgeschichte mit Sitz in Munchen ins Leben Die Forschungen in diesem Bereich sollte Richard Harder leiten Zu seinem Vertreter wurde Reinerth als Leiter des Sonderstabs Vorgeschichte ernannt um die Zusammenarbeit zwischen dem Sonderstab und dieser Arbeitsgemeinschaft zu starken In einem Brief vom 29 September 1942 schrieb Rosenberg an Harder wobei Sicherung in heutigen Begriffen Raub bedeutet 9 Vom 21 September 1942 an habe ich Dr Reinerth mit der Feststellung Sicherung Erforschung der vor und fruhgeschichtlichen germanischen und slawischen Funde und sonstigen Hinterlassenschaften in den Museen wissenschaftlichen Instituten Privatsammlungen und an den sonstigen Orten der besetzten Ostgebiete beauftragt Rosenberg an Harder Bundesarchiv Deutschland Signatur NS 8 265 S 15 Reinerth wurde am 27 Februar 1945 durch das Oberste Parteigericht aus der NSDAP ausgeschlossen Als Grund galt dass er freundschaftliche Beziehungen mit Juden unterhielt 10 Der wirkliche Grund wird der Kompetenzstreit zwischen dem Amt Rosenberg und dem SS Ahnenerbe gewesen sein da Reinerth zum Amt Rosenberg gehorte Nach 1945 Bearbeiten Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Reinerth Direktor des Pfahlbaumuseums Unteruhldingen das lange Zeit ein sehr konservatives Bild der Vorgeschichte vermittelte Er leitete es noch unter der Bezeichnung Freilichtmuseum deutscher Vorzeit bis zu seinem Tod Reinerth war einer der wenigen nationalsozialistisch belasteten Archaologen die in der Nachkriegszeit ihre Karriere nicht fortsetzen konnten 1949 wurde er von Kollegen unter ihnen mehrere ehemalige SS Mitglieder wie der ehemalige SS Obersturmbannfuhrer Herbert Jankuhn spater Professor fur Ur und Fruhgeschichte in Gottingen bei einer Zusammenkunft in Regensburg wegen unsachlicher und tendenzioser Wissenschaft der Prahistorie in einer Resolution aus der Wissenschaftsgemeinde der Ur und Fruhgeschichtler ausgeschlossen 11 Reinerth war zwischen 1954 und 1958 der erste Vorsitzende des neu gegrundeten Verbandes Deutscher Sporttaucher VDST 1958 wurde er zum Ehrenprasident des VDST ernannt Von 1954 bis 1961 leitete er innerhalb des Verbandes die Sachabteilung Unterwasserforschung Uber seine Forschungen zu den Pfahlbauten bei Unteruhldingen publizierte Reinerth in diesen Jahren mehrere Artikel im Delphin der Mitgliederzeitschrift des VDST 12 Schriften Auswahl BearbeitenHerausgeber der Zeitschriften Mannus und Germanen Erbe Die Pfahlbauten des Bodensees im Lichte der neuesten Forschung in Schriften des Vereins fur Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung 50 Jg 1922 S 56 72 Digitalisat Das Federseemoor als Siedlungsland des Vorzeitmenschen Schussenried 1923 durchgesehene und im Bilderteil stark erweiterte Neuauflage Leipzig 1936 Die Chronologie der jungeren Steinzeit in Suddeutschland Augsburg 1923 Ausgrabungen bei Entringen Ausgrabung eines Hallstatthauses Tubinger Chronik 8 Februar 1926 Ein Wohnhaus der Hallstatt C Stufe bei Entringen Prahistorische Zeitschrift in Leipzig 1926 Die Besiedlung des Bodensees zur mittleren Steinzeit Schumacher Festschrift zum 70 Geburtstag Karl Schumachers Mainz 1930 S 91 95 mit anderen Autoren Das Pfahldorf Sipplingen Ergebnisse der Ausgrabungen des Bodenseegeschichtsvereins 1929 30 in Schriften des Vereins fur Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung 59 Jg 1932 S 1 154 Digitalisat Das Federseemoor als Siedlungsland des Vorzeitmenschen Kabitzsch Leipzig 1936 Herausgeber und Mitautor Vorgeschichte der deutschen Stamme Germanische Tat und Kultur auf deutschem Boden 3 Bande Bibliographisches Institut Herbert Stubenrauch Leipzig Berlin 1940 Handbuch der vorgeschichtlichen Sammlungen Deutschlands Sud und Mitteldeutschland einschliesslich des Protektorats Bohmen u Mahren Hg Reichsbund fur Deutsche Vorgeschichte und Reichsamt fur Vorgeschichte der NSDAP Verlag J A Barth Leipzig 1941 Pfahlbauten am Bodensee Uberlingen 1977Literatur BearbeitenKatharina Krall Prahistorie im Nationalsozialismus Ein Vergleich der Schriften von Herbert Jankuhn und Hans Reinerth zwischen 1933 und 1939 Magisterarbeit Universitat Konstanz 2005 Volltext Helmut Maurer Nachruf in Schriften des Vereins fur Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung 109 Jg 1991 S V X Digitalisat Gunter Schobel Hans Reinerth Forscher NS Funktionar Museumsleiter In Achim Leube Morton Hegewisch Hrsg Prahistorie und Nationalsozialismus Die mittel und osteuropaische Ur und Fruhgeschichtsforschung in den Jahren 1933 1945 Studien zur Wissenschafts und Universitatsgeschichte 2 Heidelberg 2002 ISBN 3 935025 08 4 S 321 396 13 Michael Strobel Die Schussenrieder Siedlung Taubried I Stuttgart 2000 S 28ff Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Hans Reinerth im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Biografie Hans Reinerth bei Humboldt Universitat zu Berlin Gunter Schobel H Reinerth 1900 1990 Karriere und Irrwege eines Siebenburger Sachsen in der Wissenschaft wahrend der Weimarer Zeit und wahrend des Totalitarismus in Mittel und Osteuropa In Acta Siculica 2008 S 145 188 Volltext Online PDF 15 7 MB publiziert auf der Webprasenz des ungarischen Szekely Nemzeti Muzeum Gunter Schobel Die Einflussnahme des Amtes Rosenberg auf die Rheinprovinz In Jurgen Kunow Thomas Otten Jan Bemmann Hrsg Archaologie und Bodendenkmalpflege in der Rheinprovinz 1920 1945 Materialien zur Bodendenkmalpflege im Rheinland Band 24 Treis Karden 2013 S 47 66 Volltext auf pfahlbauten de PDF 5 4 MB Tatort Zigiholz zur Rolle von Hans Reinerth Wie Hitlers Archaologe Pfahlbauer Funde manipulierte In Neue Zurcher Zeitung vom 6 Februar 2023Einzelnachweise Bearbeiten Wolfgang Kimmig Die Wasserburg Buchau In Schones Schwaben S 61 Ausgabe Oktober 2001 a b Ernst Klee Das Personenlexikon zum Dritten Reich Wer war was vor und nach 1945 Fischer Taschenbuch Verlag Zweite aktualisierte Auflage Frankfurt am Main 2005 ISBN 978 3 596 16048 8 S 487 Michael Gruttner Die Hochschulkommission der NSDAP In Ursula Ferdinand Hans Peter Kroner Ioanna Mamali Hrsg Medizinische Fakultaten in der deutschen Hochschullandschaft 1925 1950 Synchron Heidelberg 2013 S 34 Zitat bei Ernst Klee Das Personenlexikon zum Dritten Reich Fischer Taschenbuch 2005 S 488 Vgl Hans Reinerth Freilichtmuseum Radolfzell Mettnau Fuhrer durch die Steinzeitbauten Radolfzell 1938 a b Ernst Klee Das Personenlexikon zum Dritten Reich Fischer Taschenbuch 2005 S 488 Zu seiner Tatigkeit fur ERR siehe detailliert die Giessener Dissertation 2013 von Nazarii Gutsul Der Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg und seine Tatigkeit in der Ukraine 1941 1944 Giessen 2014 online auf d nb info 1068591870 34 Hubert Filser Die Scherben der Arier in Suddeutsche Zeitung 5 Juli 2014 S 24 Ahnlich schrieb Rosenberg bereits an Reinerth selbst am 21 August 1941 zit bei Ulrike Hartung Verschleppt und verschollen Temmen Bremen 2000 ISBN 3 86108 336 1 S 80 Ausser Sicherung oder Sicherstellung verwendeten Rosenbergs Leute auch gern die Worte Rettung und Bergung fur den Kunst und Bucherraub Theo Toebosch in NRC Handelsblad 8 Dezember 2007 Der Niederlandische Archaologe Harm Tjalling Waterbolk in NRC Handelsblad 8 Dezember 2007 Waterbolk kannte Jankuhn Reinerth und andere deutsche Kollegen Er erzahlte der Zeitung uber die Karrieren und Streitigkeiten seiner deutschen Kollegen Karl Heinz Kerll Chronik des Tauchsports 1954 2009 Eigenverlag CD Ausgabe 1 Version vom 14 Dezember 2008 vgl von Schobel auch den Volltext WeblinkInhaber der Professur fur Ur und Fruhgeschichte an der Humboldt Universitat zu Berlin Professuren vor Einfuhrung des Lehrstuhles Gustaf Kossinna 1902 1931 Alfred Gotze 1908 1928 Max Ebert 1927 1929 1 Lehrstuhl Hans Reinerth 1934 1945 Karl Heinz Otto 1955 1980 Johan Callmer 1993 2007 Felix Biermann 2007 2011 2 Lehrstuhl Paul Grimm 1955 1972 Heinz Grunert 1975 1992 Achim Leube 1992 2001 Normdaten Person GND 116419237 lobid OGND AKS LCCN n90651869 VIAF 111459909 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Reinerth HansKURZBESCHREIBUNG deutscher ArchaologeGEBURTSDATUM 13 Mai 1900GEBURTSORT BistrițaSTERBEDATUM 13 April 1990STERBEORT Unteruhldingen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hans Reinerth amp oldid 236463310