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Dieser Artikel behandelt den Prahistoriker und Mittelalterarchaologen Paul Grimm fur den Kunstler siehe Artikel Paul Grimm Kunstler Paul Grimm 18 August 1907 in Torgau 19 November 1993 in Berlin war ein deutscher Prahistoriker der auch Wegbereiter einer Archaologie des Mittelalters vor allem der Wustungs und Burgenforschung war Grimm arbeitete vor allem in Mitteldeutschland uber verschiedene Perioden so stammen von ihm die Bezeichnungen Baalberger Kultur und Salzmunder Kultur fur zwei wichtige Fundgruppen des Neolithikums Seine flachendeckenden Grabungen in Hohenrode und Tilleda waren richtungweisend in der Geschichte der deutschen Archaologie Paul Grimm im Nationalen Historischen Museum in Kiew 1942 1 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Beruflicher Aufstieg 1 2 Wahrend des Zweiten Weltkriegs 1 3 Zeit nach 1945 2 Publikationen Auswahl 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenBeruflicher Aufstieg Bearbeiten Grimm Sohn eines Zahlmeisters studierte nach dem Abitur in Aschersleben ab 1925 an der Universitat Halle wo er bis 1929 Vorgeschichte Geschichte Klassische Archaologie Germanistik Geographie und Geologie belegte 1927 beteiligte er sich erstmals an Grabungen unter Hans Hahne Ab 1929 war er wissenschaftlicher Assistent an der Landesanstalt fur Vorgeschichte 1929 wurde er mit einer Dissertationsschrift uber Die vor und fruhgeschichtliche Besiedlung des Unterharzes und seines Vorlandes auf Grund der Bodenfunde zum Dr phil promoviert Gutachter war neben Hahne Georg Karo Grimm gehorte zunachst der Jugendbewegung an war ab 1926 im volkischen Jugendbund Adler und Falke 2 und bereits vor der Zeit des Nationalsozialismus Mitglied der Mannus Gesellschaft fur arische Vorgeschichte und der Fachgruppe fur Vorgeschichte im Kampfbund fur deutsche Kultur 3 Zum 1 Februar 1933 trat Grimm der NSDAP bei Mitgliedsnummer 1 447 316 4 und war von 1933 bis 1934 Blockleiter 2 1935 wurde Grimm Kustos und Stellvertretender Direktor der Landesanstalt fur Volkheitskunde in Halle Saale 2 Ab 1935 war er gemeinsam mit dem Leiter der volkskundlichen Abteilung Heinz Julius Niehoff Herausgeber der Zeitschrift Mitteldeutsche Volkheit Hefte fur Vorgeschichte Rassenkunde und Volkskunde 5 Nach seiner Habilitation uber die Salzmunder Kultur war er von 1939 bis 1945 als Dozent und Direktor der Landesanstalt fur Volkheitskunde in Halle Saale tatig Wahrend des Zweiten Weltkriegs Bearbeiten Am 22 Oktober 1940 wurde Paul Grimm zum Wehrdienst einberufen Von Januar 1942 bis November 1942 war Grimm Mitarbeiter des Sonderstabs Vor und Fruhgeschichte des Einsatzstabes Reichsleiter Rosenberg 6 Der Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg war eine Unterorganisation der NSDAP und hatte die Aufgabe in allen besetzten Gebieten Europas Kunst und Kulturguter zu beschlagnahmen und im Sinne der NSDAP zu verwenden Grimm der gleichzeitig Leiter des in Kiew geschaffenen Landesamtes fur Vor und Fruhgeschichte war sollte zunachst die verschiedenen vorgeschichtlichen Sammlungen der Ukraine sicherstellen den germanischen Anteil der ukrainischen Vorgeschichte besonders hervorheben und auf der Basis der nationalsozialistischen Geschichtsideologie in Kiew eine Ausstellung fur die Wehrmacht konzipieren 6 Er organisierte die Uberfuhrung der Sammlungen des Kiewer Instituts fur Archaologie aus der zerstorten Lawra in ein neues Museum 6 In spateren Jahren wurde mehrfach von ukrainischer und deutscher Seite sein grosser personlicher Einsatz sein wissenschaftlich fundiertes Arbeiten sowie sein menschliches Verhalten gegenuber den ukrainischen Museumsmitarbeitern hervorgehoben 7 8 Von November 1942 bis Dezember 1944 wurde Grimm wieder zur Wehrmacht eingezogen Nach seiner krankheitsbedingten Entlassung aus der Armee war Grimm fur das Institut fur Ostforschung im Schloss Hochstadt bei Dillingen tatig 9 Grimm verwaltete dort mit mehreren Mitarbeitern das wichtigste Depot mit geraubten Kulturgutern aus dem Bereich der Vor und Fruhgeschichte sowie volkskundlicher Objekte aus den besetzten sowjetischen Gebieten 10 11 12 Unmittelbar vor dem Eintreffen der US Armee wurde Grimm zum Leiter der Bergungsstatte Hochstadt ernannt 13 Grimm ubergab die Sammlungen an die US Amerikaner 14 und begab sich von Hochstadt im Juni 1945 unbehelligt in die Sowjetische Besatzungszone nach Halle Ernst Klee 3 Gunter Schobel 15 und Thomas Widera 16 werfen Grimm vor mindestens Mitwisser am Kulturraub gewesen zu sein Grimm hat nachweislich nicht an der Verbringung ukrainischer Kulturguter von Kiew nach Hochstadt mitgewirkt Der Vorwurf ist daher umstritten 7 8 Joachim Herrmann schatzt ein dass Grimm eben nicht zum Tater wurde sondern die Tat verweigerte 17 Angesichts von Grimms Aktivitaten in Kiew und Hochstadt kann man aber auch nicht von Unbeteiligtsein sprechen 16 Zeit nach 1945 Bearbeiten Im Dezember 1945 wurde Grimm wegen Mitgliedschaft in der NSDAP aus dem offentlichen Dienst entlassen 2 18 Am 26 Februar 1946 verhaftete die sowjetische Geheimpolizei NKWD Grimm um ihn im Speziallager Torgau zu internieren Von dort kam er im Dezember 1946 in das Speziallager Buchenwald aus dem er am 3 Februar 1950 bei dessen Auflosung entlassen wurde ohne angeklagt bzw verurteilt worden zu sein Spater erhielt Grimm wiederholt Einladungen zu archaologischen Fachtagungen in die UdSSR bzw Ukraine Im Jahr 1951 wurde Grimm wissenschaftlicher Mitarbeiter der Deutschen Akademie der Wissenschaften in Ost Berlin und arbeitete in der Kommission fur Vor und Fruhgeschichte mit Nach verschiedenen Lehrauftragen wurde er 1955 Professor an der Humboldt Universitat zu Berlin und innerhalb der Akademie der Wissenschaften seit 1957 Stellvertreter des Direktors des Instituts fur Vor und Fruhgeschichte 1955 wurde er auch Mitglied des Deutschen Archaologischen Instituts Von 1956 bis 1972 war er verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift Ausgrabungen und Funde Nachrichtenblatt fur Vor und Fruhgeschichte Mitglied des Redaktionsbeirates war er bei den Zeitschriften Natur und Heimat 1953 bis 1962 und Zeitschrift fur Archaologie seit Bd 1 1967 1973 19 Popularwissenschaftlich wirksam war Paul Grimm durch Artikel Broschuren und Fuhrungen auf seinen Grabungsstatten sowie durch seine Mitarbeit im Kulturbund der DDR die er u a zu zahlreichen Vortragen uber die Ausgrabung in Tilleda nutzte 20 1975 wurde er zum korrespondierenden Mitglied der Gottinger Akademie der Wissenschaften gewahlt 21 Insbesondere durch die fur die Wustungsforschung richtungweisenden Grabungen in der mittelalterlichen Wustung Hohenrode und der Pfalz Tilleda der ersten ganzlich ausgegrabenen Konigspfalz zeichnete Grimm fur Meilensteine in der Geschichte der deutschen Archaologie verantwortlich Von ihm stammen die Bezeichnungen Baalberger Kultur und Salzmunder Kultur fur zwei wichtige Fundgruppen des Neolithikums Diese Untersuchungen sowie eher theoretische Uberlegungen machten Grimm zu einem Wegbereiter der Mittelalterarchaologie Er betonte zwar eine prinzipielle Gleichwertigkeit von archaologischen und schriftlichen Quellen sah aber dennoch eine enge Bindung der Archaologie an die historischen Daten Publikationen Auswahl BearbeitenHohenrode eine mittelalterliche Siedlung im Sudharz Halle 1939 Veroffentlichungen der Landesanstalt fur Volkheitskunde Halle 11 Die vor und fruhgeschichtlichen Burgwalle der Bezirke Halle und Magdeburg Akademie Verlag Berlin 1958 Handbuch vor und fruhgeschichtlicher Wall und Wehranlagen hrsg von Wilhelm Unverzagt Teil 1 Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin Schriften der Sektion fur Vor und Fruhgeschichte Band 6 Der Beitrag der Archaologie fur die Erforschung des Mittelalters In Heinz A Knorr Hrsg Probleme des fruhen Mittelalters in archaologischer und historischer Sicht Akademie Verlag Berlin 1966 S 39 74 Tilleda eine Konigspfalz am Kyffhauser Teil 1 Die Hauptburg Akademie Verlag Berlin 1968 Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin Schriften der Sektion fur Vor und Fruhgeschichte Band 24 Tilleda eine Konigspfalz am Kyffhauser Teil 2 Die Vorburg und Zusammenfassung Akademie Verlag Berlin 1990 Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin Schriften der Sektion fur Vor und Fruhgeschichte Band 40 Literatur BearbeitenVerzeichnis der Schriften von Paul Grimm In Jahresschrift fur mitteldeutsche Vorgeschichte Band 62 1978 S 15 25 Online Karl Heinz Otto Joachim Herrmann Hrsg Siedlung Burg und Stadt Studien zu ihren Anfangen Akademie Berlin 1969 Schriften der Sektion fur Vor und Fruhgeschichte der Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin Bd 25 ZDB ID 517961 0 Festschrift fur Paul Grimm Lothar Mertens Lexikon der DDR Historiker Biographien und Bibliographien zu den Geschichtswissenschaftlern aus der Deutschen Demokratischen Republik Saur Munchen 2006 ISBN 3 598 11673 X S 247 248 Henrik Eberle Die Martin Luther Universitat in der Zeit des Nationalsozialismus Mdv Halle 2002 ISBN 3 89812 150 X S 372f Hans Joachim Bottcher Grimm Hugo Paul in Bedeutende historische Personlichkeiten der Dubener Heide AMF Nr 237 2012 S 32 33 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Paul Grimm im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Ausfuhrliche Webseite zur Erinnerung an Prof Paul Grimm mit umfangreichen Dokumente Nachrufen einem biographischen Abriss und einem Schriftenverzeichnis Eintrag zu Paul Grimm im Catalogus Professorum HalensisEinzelnachweise Bearbeiten Istoriya muzeyu a b c d http www catalogus professorum halensis de grimmpaul html a b Ernst Klee Das Kulturlexikon zum Dritten Reich Wer war was vor und nach 1945 S Fischer Frankfurt am Main 2007 ISBN 978 3 10 039326 5 S 198 Bundesarchiv R 9361 IX KARTEI 11960869 Heinz Julius Niehoff PDF 88 kB war von 1912 bis 1945 als Volkskundler und Fotograf an der Landesanstalt in Halle Er starb 1947 im sowjetischen Speziallager Nr 1 Muhlberg a b c Bericht PDF 10 7 MB des Sonderstabs Vor und Fruhgeschichte des Einsatzstabes Reichsleiter Rosenberg uber seine Tatigkeit im Jahr 1942 abgerufen am 5 August 2013 a b L Silina E Pokrowska E Machno Ein Dokument der Museumsgeschichte Informationen fur die Museen der DDR Nr 2 1989 Institut fur Museumswesen S 62 66 ISSN 0138 1989 abgerufen am 5 August 2013 a b Eike Gringmuth Dallmer Nachruf Paul Grimm 1907 1993 Zeitschrift fur Archaologie Heft 28 1994 S 145 147 ISSN 0044 233X Abbildung des Dienstausweises Grimms in Hochstadt PDF 174 kB abgerufen am 5 August 2013 Wolfgang Eichwede Ulrike Hartung Betr Sicherstellung NS Kunstraub in der Sowjetunion Edition Temmen 1998 S 64 3861083264 Heinz Grunert Gustaf Kossinna 1858 1931 Vom Germanisten zum Prahistoriker ein Wissenschaftler im Kaiserreich und in der Weimarer Republik Leidorf 2002 S 357 ISBN 389646504X Reinhardt Seitz Das furstliche Renaissanceschloss zu Hochstadt an der Donau seine Baugeschichte und seine ost europaischen Bezuge Weissenhorn Konrad Verlag 2009 ISBN 9783874375375 Ernennung Grimms zum Leiter der Bergungsstatte Hochstadt ab 23 April 1945 unterzeichnet von Rudolf Stampfuss abgerufen am 7 August 2013 NARA M1947 Restitution Claim Records Records Concerning the Central Collecting Points Ardelia Hall Collection Wiesbaden Central Collecting Point 1945 1952 Roll 0048 S 41 abgerufen am 5 August 2013 Das Dokument ist abgedruckt in Ulrike Hartung Verschleppt und Verschollen Edition Temmen 2000 S 290 ISBN 3861083361 Gunter Schobel Die Ostinitiativen Hans Reinerths In Judith Schachtmann Michael Strobel Thomas Widera Hg Politik und Wissenschaft in der prahistorischen Archaologie Gottingen 2009 S 267 bis 283 ISBN 3899717414 a b Thomas Widera Werner Coblenz und die prahistorische Archaologie In Judith Schachtmann Michael Strobel Thomas Widera Hg Politik und Wissenschaft in der prahistorischen Archaologie Gottingen 2009 S 21 ISBN 3899717414 Joachim Herrmann Rezension von Prahistorie und Nationalsozialismus hg von Achim Leube in Zusammenarbeit mit Morten Hegewisch In Bulletin fur Faschismus und Weltkriegsforschung 21 2003 S 89 ff ISSN 1434 5781 Entlassungsbescheid PDF 206 kB vom 18 Dezember 1945 abgerufen am 7 August 2013 Jahresschrift fur mitteldeutsche Vorgeschichte Band 62 1978 S 25 Ethnographisch Archaologische Zeitschrift Heft 14 1973 Seite 154 156 Holger Krahnke Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Gottingen 1751 2001 Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Gottingen Philologisch Historische Klasse Folge 3 Bd 246 Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Gottingen Mathematisch Physikalische Klasse Folge 3 Bd 50 Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2001 ISBN 3 525 82516 1 S 97 Inhaber der Professur fur Ur und Fruhgeschichte an der Humboldt Universitat zu Berlin Professuren vor Einfuhrung des Lehrstuhles Gustaf Kossinna 1902 1931 Alfred Gotze 1908 1928 Max Ebert 1927 1929 1 Lehrstuhl Hans Reinerth 1934 1945 Karl Heinz Otto 1955 1980 Johan Callmer 1993 2007 Felix Biermann 2007 2011 2 Lehrstuhl Paul Grimm 1955 1972 Heinz Grunert 1975 1992 Achim Leube 1992 2001 Normdaten Person GND 132775166 lobid OGND AKS LCCN n91036264 VIAF 39416162 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Grimm PaulKURZBESCHREIBUNG deutscher PrahistorikerGEBURTSDATUM 18 August 1907GEBURTSORT TorgauSTERBEDATUM 19 November 1993STERBEORT Berlin Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Paul Grimm amp oldid 236375765