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Die Kreisgrabenanlage von Goseck auch Sonnenobservatorium von Goseck ist eine jungsteinzeitliche Kreisgrabenanlage am nordwestlichen Ortsrand von Goseck Burgenlandkreis in Sachsen Anhalt Die ringformigen Bodenverfarbungen wurden 1991 bei einem Erkundungsflug durch den Luftbildarchaologen Otto Braasch entdeckt und als neues Bodendenkmal gemeldet Die Anlage wurde zwischen 2002 und 2004 im Rahmen eines interdisziplinaren Forschungsprojektes vollstandig ausgegraben Die wahrend des Mittelneolithikums vor etwa 6900 Jahren errichtete Anlage wird der Kultur der Stichbandkeramik zugeordnet Die Kreisgrabenanlage von Goseck wurde von einigen Archaologen als das alteste Sonnenobservatorium der Welt bezeichnet 1 Rekonstruktionsversuch der Kreisgrabenanlage von GoseckAufsicht der Anlage von Goseck im Schema Die helleren Flachen markieren die Ausgrabungen 2002 wurde der schmale west ostliche Streifen untersucht 2003 eine annahernd quadratische Flache die den grossten Teil der ersten Untersuchung mit einschloss Die gelben Linien stellen rechts die Richtung des Sonnenaufgangs und links die des Sonnenuntergangs zur Wintersonnenwende dar Die senkrechte Linie markiert den astronomischen Meridian Informationstafeln am Eingang des SonnenobservatoriumsDie Anlage ist zusammen mit dem Fundort der Himmelsscheibe von Nebra dem Grosssteingrab Langeneichstadt der Kreisgrabenanlage von Pommelte und dem Landesmuseum fur Vorgeschichte in Halle eine Station auf der touristischen Strasse Himmelswege 2 Inhaltsverzeichnis 1 Ausgrabungen 2 Beschreibung 3 Bedeutung 4 Literatur 5 Siehe auch 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseAusgrabungen BearbeitenNach der Entdeckung 1991 wurden ab 1999 erneut Luftaufnahmen des Areals gemacht und geomagnetische Untersuchungen vorgenommen die eine vollstandige Kartierung des Grundrisses ermoglichten Die vollstandige Freilegung und Ausgrabung der Anlage fand im Rahmen des interdisziplinaren Forschungsprojektes Kreisgrabenanlage Goseck Archaologie multimedial statt Die finanziellen Mittel zur Ausgrabung wurden im Rahmen eines Multimedia Erlasses des Kultusministeriums von Sachsen Anhalt zur Verfugung gestellt 3 Unter der Leitung von Francois Bertemes vom Institut fur prahistorische Archaologie der Martin Luther Universitat Halle Wittenberg wurde 2002 zunachst das Sudosttor sowie ein Teil des Aussenrings ausgegraben der aus einem Graben einem Wall und zwei Palisaden bestand Bei der ersten Grabung auf einem Areal von 10 m 50 m wurden neben den Spuren der Ringanlage mit Scherben der Stichbandkeramik auch die eines Langhauses mit lehmverputzten Flechtwerkwanden und ein Kindergrab mit zwei Gefassen aus der Zeit der vorangegangenen Linearbandkeramik gefunden 2003 wurde ein Grossteil der ersten Ausgrabungsflache erneut und eine sudlich davon gelegene Flache von 30 m 40 m erstmals untersucht und das gesamte Sudosttor freigelegt Dabei wurde festgestellt dass das innere Palisadentor schmaler als das aussere war und dieses wieder schmaler als der Zugangsweg uber den Graben Bei weiteren Ausgrabungen wurden zahlreiche Rinderknochen besonders Schadel und in drei Erdgruben Menschenknochen gefunden Sie waren sorgfaltig bearbeitet worden das Fleisch von den Knochen abgeschabt Das konnte fur Menschenopfer sprechen 4 oder fur spezielle Begrabnisrituale Von Juni bis Oktober 2005 wurde die Anlage auf dem mittlerweile vollstandig freigelegten Areal rekonstruiert Die Eroffnung fand am 21 Dezember 2005 statt dem Tag der Wintersonnenwende Beschreibung Bearbeiten nbsp Der Rundgang zwischen ausserem und innerem PalisadenringDie Kreisgrabenanlage liegt auf einem Plateau oberhalb des Saaletals und besteht aus einem deutlich erkennbaren annahernd kreisformigen Ringgraben mit etwa 71 m Durchmesser Es konnte ein flacher Erdwall rund um den Graben nachgewiesen werden Die Anlage hat drei grabengesaumte Zugangswege die nach Norden Sudwesten und Sudosten ausgerichtet sind Im Inneren befinden sich Spuren zweier konzentrischer Palisaden etwa 56 und 49 m Durchmesser mit gleich ausgerichteten zum Zentrum hin schmaler werdenden Toren Es konnte auf der Innenflache keine weitere Bebauung festgestellt werden Nach Untersuchungen des Astroarchaologen Wolfhard Schlosser vom Astronomischen Institut der Ruhr Universitat Bochum der fruher schon die Himmelsscheibe von Nebra interpretiert hat sind die beiden sudlichen Tore und Zugangswege vom Mittelpunkt der Anlage aus gesehen mit einer Genauigkeit von drei bis vier Tagen auf den Sonnenauf und Untergang zur Wintersonnenwende um 4800 v Chr ausgerichtet Das nordliche Tor weist annahernd genau auf den astronomischen Meridian namlich nach Norden Dass es sich um ein Observatorium zur Bestimmung der Wintersonnenwende handelt ist deshalb wahrscheinlich nbsp Detail einer Palisadenverbindung2004 wurde eine weitere Visiereinrichtung in der Palisade gefunden die auch die Bestimmung der Sommersonnenwende ermoglichte Die Auswertungen Wolfhard Schlossers wurden dabei durch ein GPS satellitengestutztes Messsystem unterstutzt Im Unterschied zu anderen schlechter erhaltenen mittelneolithischen Kreisgrabenanlagen sind die Visierlinien in Goseck ausserordentlich prazise und ermoglichen die Berechnung und Beobachtung der Sonnenwenden uber mehrere Tage in allen vier Punkten Nach Auswertung von 40 Radiokohlenstoffdaten wird der Bau der Anlage in das 49 Jahrhundert v Chr datiert 5 Durch die Daten und die Typologie der stichbandkeramischen Funde kann gleichfalls als wahrscheinlich gelten dass die Anlage bis ins 47 Jahrhundert v Chr in Benutzung war 5 Etwa einen Kilometer von dieser Anlage entfernt ist eine weitere neolithische Siedlung entdeckt worden Eine Erkundungsgruppe der Universitat Halle ist in der Ortschaft Goseck beim Ausheben eines etwa 50 Meter langen und einen Meter tiefen Suchgrabens auf die Uberreste eines 7000 Jahre alten Dorfes der Linearbandkeramik gestossen Dokumentation und Auswertung der Grabungen stehen seit 2002 in einem gemeinschaftlichen Projekt zur Erforschung der Mikroregion um Goseck das von den halleschen Instituten in Zusammenarbeit mit der University of California in Berkeley durchgefuhrt wird nbsp vergrossern und Informationen zum Bild anzeigen nbsp 360 Panorama im Zentrum der Kreisgrabenanlage eine gute Stunde vor Sonnenuntergang am 3 Februar 2015 nbsp vergrossern und Informationen zum Bild anzeigen nbsp Aus digitalem Gelandemodell berechnetes 360 Panorama im Zentrum der Kreisgrabenanlage Der Himmelsaquator schneidet den naturlichen Horizont im Osten Azimut 90 exakt auf dem geometrischen Horizont Zenithohe 90 Die Vertikale ist vierfach uberhoht dargestellt Bedeutung Bearbeiten Hauptartikel Kreisgrabenanlage nbsp Ringgraben an der Sudwestseite nbsp Offnung der Anlage an der SudwestseiteIn Mitteldeutschland weisen mehrere Kreisgrabenanlagen des Mittelneolithikums Bezuge zu den Sonnenauf und Sonnenuntergangen zur Sommer Schalkenburg bei Quenstedt Quedlinburg Nordwesttor oder Wintersonnenwende Goseck Sudosttor auf Bezuge der mittelneolithischen Rondelle zu Sonnenwendpunkten wurden seit den 1980er Jahren bereits an einigen anderen Anlagen der Stichbandkeramik bzw der ostmitteleuropaischen Lengyelkultur festgestellt 6 z B Tesetice Kyjovice in Mahren 7 Kunzing Unternberg in Bayern oder Svodin Slowakei 8 Das Phanomen Kreisgrabenanlage kam in den mitteldeutschen Raum elbabwarts aus dem Gebiet der westlichen Lengyelkultur 9 Alle bisher datierten Kreisgrabenanlagen wurden in einer recht kurzen Zeitspanne in der fruhen Stufe der Lengyelkultur bzw Kultur mit Mahrisch Bemalter Keramik IA und am Beginn der Stufe IV Stufe II nach Dieter Kaufmann der Stichbandkeramik errichtet Eine Stilisierung Gosecks in der Presse als Altestes Observatorium der Welt ist daher unsachlich Als holzernes Henge Monument ist die Anlage von Goseck jedoch rund 2000 Jahre alter als Stonehenge Literatur BearbeitenFrancois Bertemes Die Kreisgrabenanlage von Goseck Ein Beispiel fur fruhe Himmelsbeobachtungen In Wilfried Menghin Hrsg Astronomische Orientierung und Kalender in der Vorgeschichte Acta Praehistorica et Archaeologica Bd 40 Internationales Kolloquium vom 09 11 11 11 2006 im Museum fur Vor und Fruhgeschichte Staatliche Museen zu Berlin Preussischer Kulturbesitz Berlin 2008 ISBN 978 3 88609 622 0 S 7 14 Francois Bertemes Die Sonne und ihre Bedeutung im religios mythologischen Kontext der Urgeschichte Mitteleuropas In Andrea Barnreuther Hrsg Die Sonne Brennpunkt der Kulturen der Welt Minerva Berlin 2009 ISBN 978 3 938832 49 3 S 94 126 Francois Bertemes Andreas Northe Neolithisches Heiligtum in prahistorischer Kulturlandschaft die Abschlussuntersuchungen in der Kreisgrabenanlage von Goseck und weitere Grabungen in deren Umgebung In Archaologie in Sachsen Anhalt NF Bd 4 Nr 2 2006 ISSN 1610 6148 S 269 281 Francois Bertemes Andreas Northe Der Kreisgraben von Goseck Ein Beitrag zum Verstandnis fruher Monumentaler Kultbauten Mitteleuropas In Karl Schmotz Hrsg Vortrage des 25 Niederbayerischen Archaologentages Leidorf Rahden Westf 2007 ISBN 978 3 89646 236 7 S 137 168 Norma Henkel Die mittelneolithische Kreisgrabenanlage von Goseck Lkr Burgenlandkreis Veroffentlichungen des Landesamtes fur Denkmalpflege und Archaologie Sachsen Anhalt Band 88 2 Bande Landesamt fur Denkmalpflege und Archaologie Sachsen Anhalt Halle Saale 2023 ISBN 978 3 948618 40 7 Katja Schmidt Bandkeramische Erdwerke Verteidigungsanlagen In Hans Jurgen Beier Hrsg Varia neolithica IV Beitrage zur Ur und Fruhgeschichte Mitteleuropas Bd 43 Beier amp Beran Langenweissbach 2006 ISBN 3 937517 43 X S 83 93 Ralf Schwarz Goseck Ldkr Weissenfels In Siegfried Frohlich Hrsg Aus der Vorgeschichte Sachsen Anhalts Landesmuseum fur Vorgeschichte Halle Saale Halle Saale 1995 ISBN 3 910010 13 X Nr 7 Helmut Spatz Hinkelstein Eine Sekte als Initiator des Mittelneolithikums In Jorg Eckert Ursula Eisenhauer Andreas Zimmermann Hrsg Archaologische Perspektiven Analysen und Interpretationen im Wandel Festschrift fur Jens Luning zum 65 Geburtstag Internationale Archaologie Studia honoraria Bd 20 Leidorf Rahden Westf 2003 ISBN 3 89646 400 0 575 587 Siehe auch BearbeitenKreisgrabenanlage von PommelteWeblinks Bearbeiten nbsp Commons Kreisgrabenanlage von Goseck Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Offizielle Projektseite der Universitat Halle Gosecker Sonnenobservatorium e V Sonnenobservatorium Goseck In Internetprasenz Himmelswege Die archaologische Tourismusroute in Sachsen Anhalt Hrsg Himmelswege c o Arche Nebra Die Himmelsscheibe erleben abgerufen am 16 Marz 2020 Fundort Goseck In emuseum himmelswege de Beitrag in der Mitteldeutschen Zeitung vom 8 September 2004 Archaologen finden einige Knochen von Opfertieren in einer jungsteinzeitlichen kreisformigen Grabenanlage dpa Meldung vom 1 Juni 2005 Wiederaufbau in Goseck hat begonnen dpa Meldung vom 7 November 2005 zur Eroffnung des rekonstruierten Sonnenobservatoriums am 21 Dezember 2005 Rundgang mit 360 FotografienEinzelnachweise Bearbeiten Francois Bertemes Peter F Biehl Andreas Northe Olaf Schroder Die neolithische Kreisgrabenanlage von Goseck Ldkr Weissenfels In Archaologie in Sachsen Anhalt NF Bd 2 2004 S 137 145 himmelswege de Bertemes Northe Der Kreisgraben von Goseck 2007 S 139 Menschenopfer in Europas altestem Sonnenobservatorium In FAZ vom 8 August 2003 a b Bertemes Northe Der Kreisgraben von Goseck 2007 S 150 Zdenek Weber Astronomische Orientierung des Rondells von Tesetice Kyjovice Bez Znojmo In Bohuslav Chropovsky Herwig Friesinger Hrsg Internationales Symposium uber die Lengyel Kultur Nove Vozokany 5 9 November 1984 s n Nitra u a 1986 S 313 322 Vladimir Podborsky Tesetice Kyjovice 4 Rondel osady lidu s moravskou malovanou keramikou Spisy Univerzity J E Purkyne v Brne Filozoficka Fakulta Bd 227 ZDB ID 1053550 0 Univerzita J E Purkyne Brno 1988 S 297 309 deutsche Zusammenfassung Viera Nemejcova Pavukova Svodin Band 1 Zwei Kreisgrabenanlagen der Lengyel Kultur Studia Archaeologica et Medievalia T 2 Katedra Archeologie Filozofickej Fak UK Bratislava 1995 ISBN 80 88780 05 5 Zusammenfassung des Workshops Funktion und Interpretation der mittelneolithischen Kreisgrabenanlagen aus Zentraleuropa des Instituts fur Prahistorische Archaologie der Universitat Halle PDF 258 kB 51 198333333333 11 864597222222 Koordinaten 51 11 54 N 11 51 52 5 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kreisgrabenanlage von Goseck amp oldid 238195818