www.wikidata.de-de.nina.az
Walther Steller 1 Oktober 1895 in Breslau 1 29 Dezember 1971 in Kiel war ein deutscher Hochschulprofessor Germanist Frisist und Volkskundler Mitglied der NSDAP in der Zeit des Nationalsozialismus Nach dem Zweiten Weltkrieg war er ausserdem Bundeskulturwart der Landsmannschaft Schlesien Inhaltsverzeichnis 1 Wissenschaftliche Tatigkeit 2 Politische Aktivitaten in der Weimarer Republik und im NS Staat 3 Stellers Wenden These 4 Kritik an den Thesen Stellers 5 Schriften 6 Einzelnachweise 7 Literatur 7 1 Zu Stellers Leben und Wirken 7 2 Rezensionen zu Stellers Slawen These 8 WeblinksWissenschaftliche Tatigkeit BearbeitenWalther Steller wurde am 1 Oktober 1895 als Sohn des Kaufmanns Max Steller und dessen Ehefrau Gertrud geborenen Quiehl in Breslau geboren 1 1919 wurde er hier bei Theodor Siebs promoviert 1922 habilitierte er sich mit einer Arbeit uber Das altwestfriesische Schulzenrecht erschienen 1926 Der Wert dieser Arbeit wird unterschiedlich beurteilt Wahrend Nils Arhammar meinte Steller habe damit methodisches Neuland betreten bezeichnet Harm Peer Zimmermann sie als kaum mehr als eine kommentierte Quellenedition 1928 erschien sein Abriss der altfriesischen Grammatik die jedoch lediglich als Kompilation aus der Geschichte der friesischen Sprache seines Lehrmeisters Theodor Siebs eingeschatzt wird Arhammar Steller ubernahm im selben Jahr die Leitung der Volkskundlichen Abteilung des Deutschen Instituts Seit 1926 27 oblag ihm ausserdem die Aufnahme von schlesischen sowie von nord ost und westfriesischen Mundarten im Auftrag der Schlesischen Gesellschaft fur Volkskunde Seit 1927 engagierte er sich fur den Atlas der deutschen Volkskunde dessen Landesstelle Niederschlesien er fuhrte nbsp Steller als Herausgeber der Germanistischen Abhandlungen und der Festschrift fur Theodor Siebs1935 heiratete er in Breslau 1 1937 wurde ihm ein Lehrauftrag fur Friesisch durch die Christian Albrechts Universitat Kiel erteilt Gleichzeitig ubernahm er die Arbeit am Nordfriesischen Worterbuch im Rahmen des Instituts fur Volks und Landeskunde Seine in diesem Zusammenhang erschienenen Schriften Generationsprobleme des Neufriesischen 1940 und Nordfriesland 1941 fanden zu ihrer Zeit in weiten Kreisen Anklang und sicherten Steller nach seinem Tod einen anerkennenden Nachruf von friesischer Seite 1940 wurde er zum nichtbeamteten ausserordentlichen Professor fur Deutsche Philologie an der Kieler Universitat mit dem Schwerpunkt Friesisch ernannt Seitdem bot er auch wieder volkskundliche Veranstaltungen an Aus Krankheitsgrunden lehrte Steller bis zum Kriegsende jedoch nur unregelmassig in Kiel 1945 wurde er entlassen und konnte erst nach seiner Entnazifizierung im Sommersemester 1947 die Vorlesungstatigkeit an der Universitat Kiel wieder aufnehmen Er las bis einschliesslich Wintersemester 1961 62 am germanistischen Seminar vor allem auch zu volkskundlichen und friesischen Themen Daruber hinaus war er Bundeskulturwart der schlesischen Landsmannschaft Walther Steller starb am 29 Dezember 1971 in Kiel Politische Aktivitaten in der Weimarer Republik und im NS Staat BearbeitenBereits fruhzeitig hatte sich Steller dem rechtsextremen politischen Lager angeschlossen Er selbst bezeichnete sich ruckblickend als unbewussten Gefolgsmann Hitlers von dessen Anfangen an Besonders stark engagierte sich Steller in der Frage der umstrittenen Ostgrenze Deutschlands nach dem Ersten Weltkrieg Seit 1920 beteiligte er sich aktiv an dem Grenzkampf in Oberschlesien bei dem von deutscher wie von polnischer Seite territoriale Anspruche mit wissenschaftlichen siehe z B Gustaf Kossinna zum Teil aber auch mit terroristischen Mitteln geltend gemacht wurden und zog in gleicher Mission auch durch das Sudetenland Bereits 1922 23 plante er den Ausbau und die Aufwertung des Germanischen Seminars zu einem Deutschen Institut damit Breslau als die Universitat des deutschen Sudostens schlagkraftiger der slawischen Bewegung entgegentreten konne Diese Ideen wurden dann 1928 verwirklicht In seiner 1924 anonym publizierten Schrift Germania Quo vadis fasste Steller seine nationalistischen Uberzeugungen gleichsam in einem weltanschaulichen Katechismus zusammen dessen erster Punkt lautete Ich glaube an das Ideal einer deutschen Volksgemeinschaft Des Weiteren forderte er das Bekenntnis zum Leben zur Tat zu den Grosstaten der Vater zu Schopfung und Tradition als Religion fur die Erneuerung Deutschlands aufzufassen Offenbar in der Hoffnung auf mogliche Bekehrung sandte er seine nationalistische Kampfschrift 1924 an den Reichsprasidenten Friedrich Ebert Ein weiteres Exemplar ging am 3 April 1933 an Adolf Hitler 1925 begrundete Steller im Sinne des Wehrsportgedankens und seines politischen Glaubensbekenntnisses Deutsche Manner einigt Eure Fauste den Breslauer Akademischen Reiterverein Daraus ging die berittene SA der Stadt hervor deren Grundungsmitglied Steller war Fur die volkisch nationalistische Agitation dienten ihm ausserdem vor allem Lehrerversammlungen die er im Rahmen seiner Arbeit am Atlas der deutschen Volkskunde anberaumte Im April 1933 trat Steller in die NSDAP ein wobei er bereits lange zuvor keinen Hehl aus seinen Sympathien fur diese Partei gemacht hatte Ab dieser Zeit erschien er auch auf dem Universitatsgelande und in seinen Vorlesungen und Seminaren in SA Uniform In den folgenden Wochen und Monaten kamen neben der NSDAP Zugehorigkeit Mitgliedschaften in der Reichsfachschaft Hochschullehrer des NS Lehrerbundes im NS Lehrerbund und in der fur die breite Durchsetzung der nationalsozialistischen Weltanschauung und zu Gleichschaltungszwecken gegrundeten Politischen Organisation der Partei P O der NSDAP hinzu Auf diese Weise gestutzt avancierte Steller zum heftigsten Vorkampfer des Nationalsozialismus an der Universitat Breslau Am 10 Mai 1933 hielt er in der Aula der Leopoldina die Flammenrede die der Bucherverbrennung vorausging Einige Tage spater bekraftigte er sein Bekenntnis zur deutschen Art vor der akademischen SA Nachdem ihm 1937 an der Universitat Breslau eine Dozentenstelle verweigert wurde denunzierte er die dortigen angesehenen Volkskundler Friedrich Ranke und Will Erich Peuckert und brachte beide damit in Lebensgefahr Ranke musste emigrieren Peuckert verlor seine Lehrerlaubnis bis 1945 2 Stellers Wenden These Bearbeiten1959 veroffentlichte Steller in seiner Funktion als Bundeskulturwart der schlesischen Landsmannschaft in den Mitteilungen der Landsmannschaft Schlesien Landesgruppe Schleswig Holstein Nr 15 eine Arbeit uber Name und Begriff der Wenden Sclavi Eine wortgeschichtliche Untersuchung In dieser griff er die besonders in der NS Zeit populare Urgermanentheorie wieder auf fuhrte sie jedoch wesentlich weiter indem er nicht nur das Fortbestehen einer germanischen Bevolkerung Ostdeutschlands behauptete sondern zugleich eine nennenswerte Zuwanderung slawischer Gruppen leugnete siehe auch Germania Slavica Die hochmittelalterliche Ostsiedlung hatte demnach nicht zu einem Zusammenwachsen deutscher und slawischer Bevolkerung gefuhrt sondern es sei lediglich eine Christianisierung und Eindeutschung des alten ostgermanischen Elementes bei einem gewissen Zuzug deutscher Bevolkerung zu verzeichnen vgl Slawenlegende Mit diesen Ausfuhrungen verband er primar politische Ziele indem er mit seinen Entdeckungen in die Fragen der deutschen Ostgrenze eingreifen wollte siehe Oder Neisse Grenze Unter den Schlagworten Irrtum der Wissenschaft Verlust der Heimat warf er den verschiedenen historischen Wissenschaftlern vor durch die Duldung und Verbreitung vermeintlicher alter Irrlehren den Verlust der deutschen Ostgebiete verschuldet zu haben In den Veroffentlichungen der Vertriebenenverbande und ideenverwandter Autoren wie dem Berliner Hans Scholz wurden diese Thesen Stellers begeistert aufgegriffen Bis in die heutige Zeit werden sie von verschiedenen rechtsextremen Autoren wie Lothar Greil und Helmut Schrocke immer wiederholt und weitergefuhrt Sie schaffen sich dabei ein in sich weitestgehend abgeschlossenes System von gegenseitigen Belegen und Zitaten bei denen die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschungen entweder negiert oder verfalschend und verkurzt herangezogen werden Die archaologische historische und sprachwissenschaftliche Forschung lehnte solche Thesen von Anfang begrundet ab und ignoriert sie inzwischen ganzlich Kritik an den Thesen Stellers BearbeitenBald nach Erscheinen seiner Arbeit erschienen in verschiedenen Publikationen Erwiderungen und Rezensionen von namhaften Fachwissenschaftlern wie den Archaologen Wolfgang La Baume und Georg Kossack dem Slavisten Ludolf Muller dem Germanisten Gerhard Cordes und dem Landeshistoriker Wilhelm Koppe in denen diese Arbeit einmutig und mit scharfen Worten abgelehnt wurde Sehr intensiv setzte sich auch der Mittelalterhistoriker Wolfgang H Fritze 1961 mit den Thesen und Methoden Stellers auseinander Der Leser konstatiert mit einer von Seite zu Seite wachsenden Besturzung den haarstraubenden Dilettantismus des Verfassers der sich selbst mit diesem Buche in der peinlichsten Weise blossstellt ja es muss gesagt werden sich das wissenschaftliche Todesurteil spricht Seine umwalzenden Ergebnisse hat er lediglich dadurch erzielen konnen dass er sich auf einige wenige Quellenzeugnisse beschrankt die er noch dazu mit denkbarer Willkur interpretiert wahrend er von allen anderen absieht Zudem zieht er die bisherige Forschung nur dort heran wo es ihm passt Abschliessend stellte Fritze bereits fur eine der Urschriften derartigen Theorien aus der Feder Stellers fest dass wir es hier mit einem typischen Erzeugnis nationalsozialistischer Pseudowissenschaft zu tun haben Die bornierte Uberbewertung des Germanentums gegenuber dem Slawentum das durch seine sarmatische Qualifizierung als asiatisch diskriminiert werden soll der immer wieder im Buche herumspukende Rassismus und die primitive vorwissenschaftliche Gleichsetzung von nordischer Rasse und Germanentum sind deutliche Kennzeichen Das ganze Buch dieses groteske und gleichzeitig erschutternde Produkt einer von politischen Tendenzen geleiteten akademischen Halbbildung verdient vielleicht nur in einem Punkte ernst genommen zu werden in seiner Bedeutung als Symptom Schriften BearbeitenVolkskundliche Arbeit im Lichte des Nationalsozialismus In Volkskundliche Gaben John Meier zum siebzigsten Geburtstage dargebracht Berlin de Gruyter 1934 S 244 252 Einzelnachweise Bearbeiten a b c Standesamt Breslau III Geburtenregister Nr 3412 1895 Harm Peer Zimmermann Walther Steller in Breslau 1920 bis 1937 In Volkskunde und Frisistik im Zeichen des Nationalsozialismus Nordfriesisches Jahrbuch Neue Folge Band 30 1994 S 41 54 Literatur BearbeitenZu Stellers Leben und Wirken Bearbeiten Harm Peer Zimmermann Walther Steller in Breslau 1920 bis 1937 Volkskunde und Frisistik im Zeichen des Nationalsozialismus Nordfriesisches Jahrbuch Neue Folge 30 1994 S 41 54 Memento vom 10 April 2004 im Internet Archive Hier weitere Nachrufe auf und Arbeiten zu Steller Harm Peer Zimmermann Vom Schlaf der Vernunft Deutsche Volkskunde an der Kieler Universitat 1933 1945 In Hans Werner Prahl Hrsg Uni Formierung des Geistes Universitat Kiel im Nationalsozialismus Bd 1 Veroffentlichung des Beirats fur Geschichte der Arbeiterbewegung und Demokratie in Schleswig Holstein Kiel 1995 S 171 274 Brigitte Bonisch Brednich Volkskundliche Forschung in Schlesien eine Wissenschaftsgeschichte Schriftenreihe der Kommission fur Deutsche und Osteuropaische Volkskunde in der Deutschen Gesellschaft fur Volkskunde e V 68 Marburg Elwert 1994 ISBN 3770810414 Rezensionen zu Stellers Slawen These Bearbeiten Wolfgang H Fritze Slawomanie oder Germanomanie Bemerkungen zu W Stellers neuer Lehre von der alteren Bevolkerungsgeschichte Ostdeutschlands Jahrbuch fur die Geschichte Mittel und Ostdeutschlands 9 10 1961 erneut in Fritze Wolfgang Fruhzeit zwischen Ostsee und Donau Ausgewahlte Beitrage zum geschichtlichen Werden im ostlichen Mitteleuropa vom 6 bis zum 13 Jahrhundert hrsg v Ludolf Kuchenbuch und Winfried Schich Berlin 1982 S 31 46 W Kuhn in Zeitschrift fur Agrargeschichte und Agrarsoziologie 8 1960 S 214 Wolfgang La Baume in Ostdeutscher Literatur Anzeiger 6 1960 S 145 W Kuhn in Zeitschrift fur Agrargeschichte und Agrarsoziologie 8 1960 Georg Kossack Ludolf Muller Gerhard Cordes Wilhelm Koppe in ZSHG 85 86 1960 61 S 296 318 H D Kahl in Forschungsfragen unserer Zeit 7 1960 S 74 ff L Muller Ostholstein slawisch Entgegnung zu einem Aufsatz von Prof Steller Schleswig Holstein Monatsheft fur Heimat und Volkstum 12 1960 S 292 f Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Walther Steller im Katalog der Deutschen NationalbibliothekNormdaten Person GND 11875341X lobid OGND AKS LCCN n87855365 VIAF 13102920 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Steller WaltherKURZBESCHREIBUNG deutscher Hochschulprofessor Germanist Friesist und VolkskundlerGEBURTSDATUM 1 Oktober 1895GEBURTSORT BreslauSTERBEDATUM 29 Dezember 1971STERBEORT Kiel Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Walther Steller amp oldid 237168511