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Die Trauermucken Sciaridae sind eine Familie der Zweiflugler Diptera und gehoren zur Unterordnung der Mucken Nematocera Weltweit sind etwa 1800 Arten beschrieben was aber vermutlich nur ein Bruchteil der Gesamtartenzahl ist In Europa sind mehr als 600 Arten bekannt Ihren deutschen und wissenschaftlichen Namen verdanken sie der dunklen Korperfarbung und den dunkel getrubten Flugeln gr skiaros skiaros beschattet dunkel TrauermuckenEine TrauermuckeSystematikKlasse Insekten Insecta Ordnung Zweiflugler Diptera Unterordnung Mucken Nematocera Teilordnung BibionomorphaUberfamilie SciaroideaFamilie TrauermuckenWissenschaftlicher NameSciaridaeBillberg 1820Schematische Darstellung der Flugeladerung der meisten Sciaridae Legende Langsadern C Costa Sc Subcosta R Radius M Median Cu Cubitus A Analvenen Queradern h Humeral r m Radiomedial Inhaltsverzeichnis 1 Merkmale 2 Verbreitung 3 Fossile Belege 4 Lebensweise 5 Entwicklung 6 Genetik 7 Arten Auswahl 8 Schadwirkung und Bekampfung 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseMerkmale BearbeitenDie Mucken erreichen eine Korperlange von einem bis sieben Millimetern Sie haben einen schlanken Korper und sind dunkel gefarbt Sie haben charakteristisch dunkle Flugel auf denen die Mittelader sich glockenformig aufteilt s Abb Die Weibchen einiger Arten sind dagegen flugellos Wie die meisten Mucken haben sie lange Beine und 8 bis 16 gliedrige Fuhler Sie haben neben den Facettenaugen auch Punktaugen Ocelli Ihre Maxillarpalpen bestehen aus drei Segmenten Der Thorax steht bei vielen Arten uber den Kopf hinaus Die Larven haben einen schlanken Korperbau sind graulich weiss gefarbt und haben sehr kleine Tracheenoffnungen Sie haben eine komplett ausgebildete chitinisierte schwarze Kopfkapsel sind also eucephal Verbreitung BearbeitenDie Trauermucken sind weltweit verbreitet Sie besiedeln auch extreme Lebensraume weit nordlich bzw sudlich der Polarkreise wie zum Beispiel Inseln um die Antarktis Tundragebiete und auch Bergregionen uber 4 000 m Seehohe Es gibt auch troglophil lebende Arten die zum Teil sogar ausschliesslich in Hohlen leben Man findet sie aber auch in den heissen Gebieten der Erde Arten der Gattung Parapnyxia graben sich sowohl wahrend der heissen Stunden als auch in kalten Nachten im Wustensand ein Die meisten Arten findet man aber in feuchten Habitaten wie Waldern Mooren Feuchtwiesen auf Weiden Feldern und auch in Garten Dort leben sie versteckt in Laub und Pflanzen Sie treten auch in Hausern und Wohnungen auf und entwickeln sich dort in Blumentopfen In feuchten und schattigen Biotopen konnen die Trauermucken bis zu 70 aller Zweifluglerarten ausmachen Ihre Verbreitung wird entscheidend durch Wind und andere Verdriftung wie zum Beispiel auf Treibholz beeinflusst Auch der Mensch tragt stark dazu bei Durch den Handel mit landwirtschaftlichen Produkten und insbesondere den Transport von Humus Blumenerde und Torf werden zahlreiche Arten eingeschleppt die sich dauerhaft ansiedeln konnen Dazu tragen auch die idealen Aufzuchtbedingungen biotopfremder Arten in Gewachshausern bei in denen fur die Tiere optimale Temperatur und Feuchtigkeitsbedingungen herrschen Feinde dagegen fehlen nbsp Eine in Bernstein eingeschlossene fossile TrauermuckeFossile Belege BearbeitenFossile Trauermucken sind aus verschiedenen Bernsteinvorkommen aus der Kreidezeit und dem Tertiar bekannt Die altesten Belege stammen aus dem unterkreidezeitlichen Libanon Bernstein etwa 130 Mio Jahre mit mindestens zehn Gattungen ist die Familie in Baltischem Bernstein Eozan ca 40 bis 50 Mio Jahre am starksten vertreten Hier machen die Trauermucken etwa ein Funftel aller in Baltischem Bernstein gefundenen Nematocera aus 1 2 Die Trauermucken sind ein derart typisches und zentrales Element der bodennahen Fauna des eozan oligozanen Bernsteinwaldes dass diese von einigen Autoren als Sciara Zone bezeichnet wird 3 Lebensweise BearbeitenDie Imagines nehmen nur Flussigkeiten auf und sterben schon ca funf Tage nach dem Schlupf Sie leben nur um sich zu paaren und fortzupflanzen Charakteristisch ist ihr tanzelnder Flug Die Larven fressen saprophag oder mycetophag entweder organisches Material wie zum Beispiel Laub Rinde und Totholz oder Pilze Es gibt auch Arten die in Pflanzenteilen und Wurzeln minieren Die Larven zahlen zu den wichtigsten Laub zersetzenden Organismen in Waldern Sie stellen auch ein wichtiges Glied in der Nahrungskette dar sowohl fur die Rauber von denen sie gefressen werden als auch fur Mikroorganismen die ihre Exkremente fressen nbsp Heerwurm Zeichnung aus Brehms Thierleben 1887 Unter der Bezeichnung Heerwurm auch Ascarides militares Haselwurm Hungerwurm Schlangenwurm Wurmschlange Dragfae Orme Drag Gards Drag Hauszug Harmask Grynorm Luskung Lauskonig Armyworm Kriegswurm Kriegsschlange Heerwurme Heerschlange Wurmdrache oder Drachenwurm werden im Volksmund auffallende Ansammlungen von Trauermucken Larven bezeichnet Diese Zuge konnen bis zu 14 Meter Lange erreichen und mehrere Hunderttausend Larven umfassen Bei feuchter Witterung konnen sie etwa einen Meter pro Stunde zurucklegen Heerwurmer wurden fruher allein den Arten Sciara hemerobioides und Sciara militaris die danach benannt wurde zugeschrieben Durch Zuchtversuche wurde aufgeklart dass auch zahlreiche andere Arten wie Sciara analis Bradysia bicolor Cratyna perplexa syn Sciara gregaria und Ctenosciara hyalipennis solche Larvenzuge aufbauen konnen Heerwurmer treten offensichtlich vor allem in Europa fast nur in Mittel und Nordeuropa auf vor allem in den Mittelgebirgen Die Grunde fur die Massenvermehrung die zu den Heerwurm Zugen fuhren sind nicht bekannt Im Mittelalter wurden Heerwurm Zuge oft mit Krieg Hungersnot Krankheit und Tod in Verbindung gebracht 4 5 Die erste dokumentierte Meldung von solchen Larvenzugen datiert aus dem Jahr 1603 nbsp Larve einer TrauermuckeDa 90 Prozent der Larven Weibchen sind und die Imagines aufgrund ihrer Kurzlebigkeit und ihrer sehr begrenzten Flugkunste nur geringe Entfernungen uberwinden konnen ist die Partnerfindung nur dann gewahrleistet wenn die Larven im Verbund bleiben Der hohe Anteil weiblicher Tiere bewirkt ein weit hoheres Vermehrungspotential gegenuber Arten mit ausgeglichenem Geschlechterverhaltnis In Anbetracht der geringen Motilitat der Imagines dient der gemeinsame Larvenzug auch der Ausbreitung Entwicklung BearbeitenDie Weibchen legen bis zu 200 durchsichtige Eier in den feuchten Erdboden Nach ca sieben bis acht Tagen schlupfen die Larven Diese leben in grossen Gruppen von bis zu 2 500 Tieren pro Quadratmeter Die Larvenzuge kann man in Mitteleuropa von Mai bis Juni beobachten Die Verpuppung die in einer Mumienpuppe stattfindet erfolgt im Juli und August Genetik BearbeitenDie Genetik der Trauermucken weist einige Besonderheiten auf die grosstenteils schon in den 1920er und 1930er Jahren von Charles W Metz und Mitarbeitern in den USA erforscht wurden 6 7 Die Mannchen der Trauermucken geben wie auch bei den verwandten Gallmucken nur diejenigen Erbanlagen an ihre Nachkommen weiter die sie von ihrer Mutter erhalten hatten Wahrend das weibliche Geschlecht sich ganz normal fortpflanzt und eine kontinuierliche Kette von Vorfahren und Nachkommen bildet fungieren die Mannchen also nur als Vermittler zwischen diesen rein weiblichen Vererbungslinien Zytologisch basiert das auf einem besonderen Ablauf der Spermatogenese Bei der Meiose I paaren sich die homologen Chromosomen nicht wie es der Regelfall ist sondern treten ohne vorherige Paarung auseinander Ungewohnlich ist dabei auch der Bau des Spindelapparats Es ist nur eine Halbspindel mit einem Pol vorhanden zu welchem die maternalen Chromosomen das heisst diejenigen mutterlichen Ursprungs gezogen werden Die paternalen Chromosomen vaterlichen Ursprungs hingegen bewegen sich in entgegengesetzter Richtung zur Zellperipherie und werden dort in einer kleinen Plasmaknospe abgeschnurt welche zugrunde geht Diese Trennung der homologen Chromosomen ohne vorherige Paarung ist moglich weil die beiden Chromosomensatze schon vor der Kernteilung im noch intakten Zellkern nicht wie sonst ublich miteinander vermengt sind Stattdessen sind die vier Chromosomen eines jeden Satzes ringformig angeordnet und beide Ringe liegen etwa parallel nebeneinander 8 Wahrend bei dem gewohnlichen Ablauf der ersten meiotischen Teilung homologe Chromosomen nach der Paarung zufallig auf beide Tochterkerne verteilt werden ein wesentlicher Aspekt der genetischen Rekombination sind sie hier also schon vor der Meiose nach ihrer Herkunft separiert Ungewohnlich ist auch der Ablauf der zweiten meiotischen Teilung Bei dieser versammelt sich das X Chromosom das einzige bei den Mannchen vorhandene Geschlechtschromosom nicht mit den ubrigen Chromosomen Autosomen in der Metaphaseplatte zwischen den Spindelpolen um dort geteilt zu werden sondern begibt sich schon vorzeitig zu einem Pol und teilt sich erst dort oder auf dem Weg dorthin 6 7 9 Da auch hier wie schon nach der Meiose I eine hochgradig inaquale Zellteilung folgt und nur aus demjenigen Tochtergebilde welches das letztlich doppelt vorhandene X Chromosom erhalten hat ein Spermium hervorgeht enthalten also alle Spermien zwei X Chromosomen Nach der Befruchtung sind daher in der Zygote drei X Chromosomen vorhanden Die Bestimmung des Geschlechts der Trauermucken erfolgt ebenfalls auf aussergewohnliche Weise Wie bei vielen anderen Insekten liegt im Prinzip der X0 Typ der Geschlechtsbestimmung vor das heisst Weibchen besitzen zwei X Chromosomen Mannchen nur eines Die Anzahl der X Chromosomen wird hier jedoch nicht wie im Normalfall durch die Chromosomen Ausstattung der Keimzellen bestimmt denn die Zygote enthalt aus den zuvor genannten Grunden immer drei X Chromosomen In einem fruhen Embryonalstadium zumeist bei der 7 Furchungsteilung werden ein oder zwei X Chromosomen eliminiert indem sie sich bei der Mitose nicht teilen und in der Metaphaseplatte zuruckbleiben Wie viele X Chromosomen eliminiert werden hangt vom Erbgut der Mutter ab daher bekommt jedes Trauermucken Weibchen entweder nur weibliche oder nur mannliche Nachkommen 6 7 10 11 Eine weitere Besonderheit ist das Vorhandensein spezieller Chromosomen nur in der Keimbahn also in Keimzellen und deren potentiellen Vorgangern allerdings nicht bei allen Arten der Trauermucken Sie werden als Keimbahn begrenzte Chromosomen engl germ line limited chromosomes oder davon abgeleitet L Chromosomen bezeichnet Bei den meiotischen Teilungen im Zuge der Spermatogenese werden sie ebenfalls nicht zufallig verteilt sondern gelangen unreduziert alle in das einzige Spermium Ahnlich wie die zuvor erwahnten uberzahligen X Chromosomen werden jedoch alle bis auf exakt zwei L Chromosomen in einem fruhen Embryonalstadium der Nachkommen aus den Zellkernen ausgeschieden 12 Beim Ubergang von der Keimbahn zum Soma werden sie komplett eliminiert in den Keimbahn Zellen sind sie jedoch unentbehrlich Gehen sie verloren dann bleiben diese Zellen in der Entwicklung zuruck und treten nicht in die Meiose ein 12 Arten Auswahl BearbeitenCtenosciara alexanderkoenigi Sciara analis Sciara humeralisSchadwirkung und Bekampfung BearbeitenEinige Trauermuckenarten konnen bei Massenauftreten Schaden in der Landwirtschaft anrichten Befallen werden neben verschiedenen Gemusesorten und Champignons auch Zierpflanzen sowohl im Gewachshaus als auch im Freiland Es kommt zu Frassschaden an Wurzeln und anderen Pflanzenteilen durch die Larven Keimlinge und Jungpflanzen konnen dadurch absterben Wahrend man fruher zu synthetischen Insektiziden zum Beispiel Dimethoat im Handel als Bi 58 gegriffen hat um der Plage Herr zu werden gibt es heute biologische Mittel die ahnlich gut wirken und anders als die chemischen Praparate auch Jungpflanzen nicht beeintrachtigen Zu diesen Mitteln zahlen Steinernema feltiae Nematoden SF Nematoden und Bacillus thuringiensis israelensis BTI In das Substrat gegossen bekampfen sie die Mucken auf unterschiedliche Weise Wahrend die Nematoden aktiv nach den Larven suchen mussen die Larven die BTI erst fressen Dementsprechend ist ersteres Mittel besser bei starkem Befall und zweiteres zur Vorbeugung Gelbtafeln werden haufig gegen Trauermucken angeboten dienen aber mehr der Uberprufung der Befallsstarke und nur bedingt zur Bekampfung da sie nur die kurzlebigen Imagines reduzieren und die Larven dabei ungestort lassen Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Sciaridae Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Fam Sciaridae Trauermucken Memento vom 5 Juli 2008 im Internet Archive Trauermucken als Schadlinge an ZimmerpflanzenEinzelnachweise Bearbeiten George O Poinar Jr Life in Amber 350 S 147 Fig 10 Tafeln Stanford University Press Stanford Cal 1992 ISBN 0 8047 2001 0 Wolfgang Weitschat und Wilfried Wichard Atlas der Pflanzen und Tiere im Baltischen Bernstein 256 S zahlr Abb Pfeil Verlag Munchen 1998 ISBN 3 931516 45 8 Sven Gisle Larsson Baltic Amber a Palaeobiological Study Klampenborg DK 1978 ISBN 87 87491 16 8 Frank Menzel 1999 Revision der palaarktischen Trauermucken Diptera Sciaridae unter besonderer Berucksichtigung der deutschen Fauna Dissertation Fachbereich Umweltwissenschaften der Universitat Luneburg darin Kap 4 2 Das Phanomen des Heerwurms Frank Menzel amp Ulrich Schulz 2007 Die Trauermucken in Deutschland okosystemare Bedeutung zonologische Koinzidenzen und bioindikatorisches Potential Beitrage zur Entomologie 57 1 9 36 doi 10 21248 contrib entomol 57 1 9 36 a b c C W Metz Chromosome behavior inheritance and sex determination in Sciara In American Naturalist Band 72 1938 JSTOR 2457532 S 485 520 a b c S A Gerbi Germ Line Soma Differentiation Hrsg Wolfgang Hennig Band 13 Springer Berlin Heidelberg 1986 ISBN 978 3 662 21958 4 Kapitel Unusual Chromosome Movements in Sciarid Flies S 71 104 doi 10 1007 978 3 540 39838 7 2 D F Kubai Nonrandom chromosome arrangements in germ line nuclei of Sciara coprophila males the basis for nonrandom chromosome segregation on the meiosis I spindle In The Journal of Cell Biology Band 105 Nr 6 Dezember 1987 S 2433 2446 doi 10 1083 jcb 105 6 2433 Melvin L Zilz In vitro male meiosis in the fungus gnat Sciara with analysis of chromosome movements during anaphase I and II Detroit MI 1970 OCLC 16865909 Dissertation Clara Goday M Rosario Esteban Chromosome elimination in sciarid flies In BioEssays Band 23 Nr 3 Marz 2001 ISSN 1521 1878 S 242 250 doi 10 1002 1521 1878 200103 23 33 0 CO 2 P B de Saint Phalle W Sullivan Incomplete sister chromatid separation is the mechanism of programmed chromosome elimination during early Sciara coprophila embryogenesis In Development Band 122 Nr 12 Dezember 1996 ISSN 1477 9129 S 3775 3784 Abstract a b Sally M Rieffel Helen V Crouse The elimination and differentiation of chromosomes in the germ line of sciara In Chromosoma Band 19 Nr 3 September 1966 ISSN 1432 0886 S 231 276 doi 10 1007 BF00326917 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Trauermucken amp oldid 237739593