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Traditio ex iusta causa Ubergabe aus einem gultigen 1 Grund verkurzt als Traditio bezeichnet ist ein sachenrechtlicher Begriff zur Eigentumsubertragung im antiken romischen Recht 2 Inhaltsverzeichnis 1 Rechtsentwicklung 2 Rechtsquellen 3 Nachwirkungen 4 Besondere Formen der traditio 5 Literatur 6 Weblinks 7 AnmerkungenRechtsentwicklung BearbeitenDie romische Rechtsordnung kannte drei Arten des rechtsgeschaftlichen Eigentumserwerbs Das waren zunachst die beiden Formalgeschafte der rituellen Mancipatio und der Abtretung vor Gericht bezeichnet auch als in iure cessio Die formfreie korperliche Ubergabe einer Sache wurde als traditio ex iusta causa charakterisiert Komprimiert die in iure cessio war ein abstraktes vom Rechtsgrund losgelostes Verfugungsgeschaft und die traditio war Ubereignung durch blosse Ubergabe auf Grund eines gultigen Titels Causa Rechtsgrund fur die Rechtsubertragung konnte eine Verpflichtung aus Kaufvertrag oder Schenkung sein aber auch die blosse Besitzeinraumung aus einem Gebrauchsuberlassungsvertrag wie die Leihe sogar die blosse tatsachliche Sachherrschaft durch besitzdienenden Gewahrsam waren Rechtsgrunde Eine dingliche Einigung im Sinne des heutigen deutschen Rechts lag der Ubergabe nicht zugrunde 3 Waren hingegen im Kausalgeschaft Willensmangel enthalten etwa weil der veraussernde Eigentumer minderjahrig oder geisteskrank war so konnte er als furiosus im Sinne des Zwolftafelgesetzes keine wirksame Vereinbarung tatigen sodass die fehlerbehaftete causa auf die nachfolgende Ubertragung der Ware und den Erhalt des Preises als Gegenleistung durchschlug und das Rechtsgeschaft insgesamt unwirksam war Auch gab es keine Heilung wenn der Verkaufer zum Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Rechtsmangels bereits volljahrig oder gesundet war 2 Die traditio ex iusta causa fuhrte bei res nec mancipi also bei Sachen die keines formalen Ubertragungsaktes bedurften zum unmittelbaren Eigentumserwerb An res mancipi hingegen konnte lediglich sogenanntes bonitarisches Eigentum begrundet werden wenn die Ubereignungserfordernisse nicht oder fehlerhaft vorgenommen worden waren Erforderlich war in allen Fallen dass der Verausserer auch Eigentumer war Eigentumsrechtliche Rechtsmangel gingen sogar zu Lasten des gutglaubigen Erwerbers denn der derivative Erwerb vom Nichtberechtigten fuhrte im Sinne der traditio nie zum Eigentumswechsel Der berechtigte Dritte konnte in historischer Reihenfolge zunachst mit der legis actio sacramento in rem spater mit der vindicatio Herausgabe des Erlangten an sich verlangen und seine Anspruche gerichtlich durchsetzen 1 Aus den aufgezeigten Elementen wurden letztlich vier Qualitaten entwickelt die sich in den unterschiedlichen Rechtsordnungen Kontinentaleuropas heute widerspiegeln Das deutsche Recht kennt den abstrakt dinglichen Vertrag Osterreich hingegen den kausal dinglichen Frankreich und Italien verzichten auf das Institut des dinglichen Vertrags und in der Schweiz ist allerdings nach Mindermeinung zwar nicht die Ubergabe entbehrlich aber der dingliche Vertrag 4 Rechtsquellen BearbeitenZur Verdeutlichung dass die traditio neben der Gebrauchsuberlassung aus obligatorischem Rechtsgeschaft beziehungsweise der Einraumung tatsachlicher Sachherrschaft echter Rechtsubertragung diente hilft als Quelle das Lehrbuch des Gaius aus dem 2 Jahrhundert aufgenommen im Corpus iuris civilis Justinians 1 PER TRADITIONEM QUOQUE IURE NATURALI RES NOBIS ADQUIRITUR NIHIL ENIM TAM CONVENIENS EST NATURALI AEQUITATI QUAM VOLUNTATEM DOMINI VOLENTIS REM SUAM IN ALIENUM TRANSFERRE RATAM HABERI Auch durch Tradition konnen wir nach naturlichem Recht Eigentum erwerben nichts entspricht namlich der naturlichen Billigkeit mehr als dem Willen des Eigentumers Geltung zu verschaffen der seine Sache einem anderen ubertragen will Gai D 41 1 9 3 Beispielhaft fur klassische Erwerbstatbestande zahlt Gaius an anderer Stelle den Kaufvertrag und die Schenkung auf Er verdeutlicht dass im Rahmen der traditio ein Erwerb vom Nichtberechtigten ausschied Um ubertragen zu konnen musste der Verausserer einer Sache zwingend Eigentum an ihr innehaben ITAQUE SI TIBI VESTEM VEL AURUM VEL ARGENTUM TRADIDERO SIVE EX VENDITIONIS CAUSA SIVE EX DONATIONIS SIVE QUAVIS ALIA EX CAUSA STATIM TUA FIT EA RES SI MODO EGO EIUS DOMINUS SIM Wenn ich Dir daher ein Kleid Gold oder Silber ubergebe sei es aufgrund eines Kaufes einer Schenkung oder aus irgend einem anderen Grund so wird die Sache sogleich Dein Eigentum wenn nur ich ihr Eigentumer bin Gai 2 20 Traditio ist schlicht die tatsachliche Ubergabe der Sache welche einen Eigentumserwerb herbeifuhrt Voraussetzung dafur ist dass sie ex iusta causa erfolgt mithin in Erfullung eines gultigen obligatorischen Rechtsgeschafts NUMQUAM NUDA TRADITIO TRANSFERT DOMINUM SED ITA SI VENDITIO AUT ALIQUA IUSTA CAUSA PRAECESSERIT PROPTER QUAM TRADITIO SEQUERETUR Durch blosse Ubergabe wird niemals Eigentum ubertragen es sei denn dass ein Verkauf oder ein anderer Erwerbsgrund vorausgegangen ist dessentwegen die Ubergabe erfolgte I Paul D 41 1 31 pr Erwerbsgeschafte sind regelmassig entgeltlich und daher mit einer Gegenleistung verknupft Im justinianischen Recht galt ansonsten in der Romanistik umstritten 5 dass beim Kauf der Eigentumsubergang von der Kaufpreiszahlung abhangig war Justinian zitiert einen Zwolftafelsatz diesen Inhalts 1 SED SI QUIDEM EX CAUSA DONATIONIS AUT DOTIS AUT QUALIBET ALIA EX CAUSA TRADANTUR SINE DUBIO TRANSFERUNTUR VENDITO VERO ET TRADITAE NON ALITER EMPTORI ADQUIRUNTUR QUAM SI IS VENDITORI PRETIUM SOLVERIT VEL ALIO MODO EI SATISFECERIT VELUTI EXPROMISSORE AUT PIGNORE DATO QUOD CAVETUR QUIDEM ETIAM LEGE DUODECIM TABULARUM TAMEN RECTE DICITUR ET IURE GENTIUM ID EST IURE NATURALI ID EFFICI SED SI IS QUI VENDIDIT FIDEM EMPTORIS SECUTUS FUERIT DICENDUM EST STATIM REM EMPTORIS FIERI Wenn Sachen als Schenkung oder Mitgift oder aus irgend einem anderen Grund ubergeben werden wird ohne Zweifel Eigentum ubertragen Verkaufte und ubertragene Sachen dagegen erwirbt der Kaufer nur dann wenn er dem Verkaufer den Kaufpreis gezahlt oder Sicherheit geleistet hat z B durch einen Burgen oder ein Pfand Dies bestimmt schon das Zwolftafelgesetz doch wird richtig gesagt dass es auch nach ius gentium gilt d h nach Naturrecht Wenn aber der Verkaufer dem Kaufer den Kaufpreis kreditiert so ist zu sagen dass die Sache sogleich ins Eigentum des Kaufers ubergeht Codex Iustinianus I 2 1 41 Nachwirkungen BearbeitenDas Gemeine Recht kannte vornehmlich die traditio ex iusta causa Es operierte mit dem Publizitatsprinzip das die Notwendigkeit einer Ubergabe Tradition notwendig machte Parallel entwickelte sich im Naturrecht das Konsensprinzip dem das franzosische und italienische Recht folgten Es beruht auf der These dass das Eigentum etwas lediglich Gedachtes sei das deshalb durch blossen Konsens ubertragbar sei Der Streit zwischen Traditions und Konsensprinzip beherrschte die Diskussion des 18 Jahrhunderts 4 Obwohl die traditio im romischen Recht selbst kein Vertrag war sondern lediglich der Ubergabe in Erfullung des zugrundeliegenden obligatorischen Rechtsgeschaftes Vertrages diente die freilich uber die condictio zu Ruckforderungsanspruchen fuhren konnte entwickelte Savigny im 19 Jahrhundert auf dieser Grundlage das seit 1900 fest im Burgerlichen Gesetzbuch BGB verankerte Abstraktionsprinzip Das Abstraktionsprinzip trennt strikt zwischen dem schuldrechtlichen Kausalgeschaft und dem sachenrechtlichen abstrakten Geschaft Savigny konstruierte dergestalt dass er aufgrund des Publizitatsprinzips nicht vom Erfordernis einer Ubergabe abwich diese aber zu einem eigenen zweiten Vertrag ausgestaltete Damit war die Theorie vom dinglichen Vertrag geboren Das bedeutete in der Konsequenz Wird ein Kaufvertrag geschlossen und anschliessend der Kaufgegenstand ubereignet stellt sich aber spater heraus dass der Kaufvertrag nichtig ist so schlagt diese schuldrechtliche Nichtigkeit nicht auf das Verfugungsgeschaft durch Das Verfugungsgeschaft steht abstrakt dinglich neben dem pathologischen Kaufvertrag Dem Verkaufer dient in diesem Fall die Leistungskondiktion dazu die Ruckubereignung des Kaufgegenstandes zu erreichen Rechtsmangel im Grundgeschaft causa fuhren somit zur unter Juristen dogmatisch sehr kontrovers diskutierten Ruckabwicklung uber das Bereicherungsrecht wegen Leistung auf eine Nicht Schuld oder wegen Zweckverfehlung denn das zugrundeliegende Rechtsgeschaft beruhte auf Rechtsgrundlosigkeit war sine causa vgl dogmatischen Streit im deutschen Rechtssystem Auch Rechtsordnungen die das Abstraktionsprinzip dogmatisch nicht aufgenommen haben sondern das Kausalprinzip wie der franzosische Code civil das schweizerische ZGB oder der italienische Codice civile lassen sich letztlich auf das romische Recht zuruckfuhren Technisch wird anders ruckabgewickelt Vindikation statt Kondiktion 1 Besondere Formen der traditio Bearbeitentraditio brevi manu constitutum possessoriumLiteratur BearbeitenHerbert Hausmaninger Walter Selb Romisches Privatrecht Bohlau Wien 1981 9 Aufl 2001 Bohlau Studien Bucher ISBN 3 205 07171 9 S 151 153 Heinrich Honsell Romisches Recht 5 Auflage Springer Zurich 2001 ISBN 3 540 42455 5 S 58 61 Honsell Mayer Maly Selb Hrsg Romisches Recht Enzyklopadie der Rechts und Staatswissenschaft Springer Verlag 4 Auflage 1987 S 160 ff mwN Kunkel Autor Ulrich Manthe Geschichte des romischen Rechts Beck sche Reihe 2132 Beck Munchen 2000 ISBN 3 406 44732 5 S 19 25 Weblinks BearbeitenDerivativer Eigentumserwerb Traditions und Abstraktionsprinzip Gesamtuberblick zur Eigentumsubertragung pdf Anmerkungen Bearbeiten a b c d e Heinrich Honsell Romisches Recht 5 Auflage Springer Zurich 2001 S 58 61 a b Ulrich Manthe Geschichte des romischen Rechts Beck sche Reihe 2132 Beck Munchen 2000 S 24 25 Herbert Hausmaninger Walter Selb Romisches Privatrecht Bohlau Wien 1981 9 Aufl 2001 Bohlau Studien Bucher S 151 153 a b Kausal und Abstraktionsprinzip bei der Ubereignung Die heutige Vielfalt und ihre Geschichte Kunkel Autor in Honsell Mayer Maly Selb Romisches Recht Enzyklopadie der Rechts und Staatswissenschaft Springer Verlag 4 Auflage 1987 S 160 ff mwN Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Traditio ex iusta causa amp oldid 224411709