www.wikidata.de-de.nina.az
Die mancipatio eingedeutscht Manzipation war ein bedeutendes Rechtsgeschaft des ius civile im antiken romischen Rechtsverkehr Der bereits in der Zeit des Zwolftafelgesetzes etablierte Rechtsakt diente der Ubertragung von Eigentum und anderen Herrschaftsrechten Vermutet wird dass er auf die Zeit der altesten Pontifikaljurisprudenz der fruhen Konigszeit zuruckgeht Begrifflich leitet sich die mancipatio aus den lateinischen Worten manus Hand und capere ergreifen ab Gefolgt wird einem festgelegten Ritual das der legis actio sacramento in rem nachgebildet ist Inhaltsverzeichnis 1 Das Ritual der mancipatio 2 Res mancipi 3 Geschichtliche Entwicklung der mancipatio 4 Nachklang 5 Literatur 6 AnmerkungenDas Ritual der mancipatio BearbeitenDie mancipatio war ein negotium per aes et libram Geschaft durch Kupfer und Waage In Anwesenheit von mindestens funf Zeugen die romische Burger sein mussten und eines weiteren romischen Burgers der die Funktion eines Waagehalters libripens einnahm hatte der Erwerber den Sklaven oder die Sache an der er Eigentum erwerben sollte zu ergreifen und nach Gaius niedergelegt in seinen Institutionen 1 119 folgende Worte zu sprechen Hunc ego hominem ex iure Quiritium meum esse aio isque mihi emptus esto hoc aere aeneaque libra Ich erklare dass dieser Sklave oder der jeweilige Kaufgegenstand nach dem Recht der Quiriten der romischen Burger mir gehort und er soll von mir gekauft sein durch dieses Kupferstuck und diese kupferne Waage Nachdem der Waagehalter den zugewogenen Kaufpreis bestimmt hatte ubergab der Sacherwerber das Kupferstuck an den bisherigen Eigentumer Der Verausserer seinerseits schwieg begegnete also nicht durch contravindicatio und nahm den zugewogenen Kaufpreis entgegen In der weiteren Entwicklung der Rechtsfigur wurde auf die Zuwiegung des Kaufpreises verzichtet und der Sacherwerber klopfte mit einer Munze symbolisch gegen die Waage mancipatio nummo uno Res mancipi BearbeitenGegenstand einer mancipatio konnten nur rechtlich bestimmte Gegenstande sein die sogenannten res mancipi ursprunglich res mancipii 1 Dabei handelte es sich um wichtige Wirtschaftsguter die einen bauerlichen Betrieb ausmachten etwa Sklaven italische Grundstucke nebst Feldservituten Wege Wasserleitungen und dergleichen und Zug und Tragtiere Rinder Pferde Esel Maultiere und Maulesel sowie alle weiteren fur bauerliche Verhaltnisse wesentlichen landwirtschaftlichen Produktionsmittel Res mancipi konnten im Rahmen des ius civile den Eigentumer nur im Wege der In iure cessio oder haufiger der Manzipation wechseln Wurde der Eigentumswechsel uber eine blosse Traditio angebahnt konnte auf Erwerberseite kein quiritisches Eigentum eintreten sondern lediglich bonitarisches Eigentum das der Gestaltungsbefugnis des Prators unterlag Eigentumswechsel aller anderen Sachen bezeichnet als res nec mancipi unterlagen nicht dem Formgebot der Manzipation Geschichtliche Entwicklung der mancipatio BearbeitenDas Ritual der mancipatio entstammt der Vorgehensweise aus einer Zeit als ein Kupferstuck nicht nur als Symbol fur den Kauf hingegeben wurde sondern der Kaufpreis tatsachlich an Ort und Stelle ubergeben und mit der Waage abgemessen wurde Neben dieser Erinnerung an altere Kaufgeschafte fallt auf dass die Formel der mancipatio derjenigen des fruhen Eigentumsprozesses vindicatio ahnelt Dies erklart auch die Besonderheit dass lediglich der Erwerber sich mittels Spruchformel aussert Der Erwerber behauptet gleich einem Klager sein Eigentumsrecht und der Verausserer widerspricht dem nicht gleich einem Beklagten der bei fehlender Erwiderung verurteilt werden muss Dies zeigt dass der Gedanke des Vertrages noch nicht vollends ausgeformt war obgleich die mancipatio ein Kaufgeschaft war Dies insofern als der Verausserer nicht im eigentlichen Sinne als Vertragspartner auftritt Allerdings konnte dies seinen Grund auch darin haben dass an res mancipi ursprunglich ein Verausserungsverbot bestand das gerade dadurch umgangen wurde dass der Erwerber nach aussen hin so tat als sei er bereits Eigentumer der sein Eigentum vom Verausserer herausfordert Scheingeschaftscharakter Die Eigentumsbehauptung sei dann erst spater mit der Bekundung des Kaufs kombiniert worden Die Entwicklung vom ursprunglichen Kaufvorgang hin zu einem Ritual in dem lediglich das Kupferstuck als symbolischer Kaufpreis hingegeben wird fuhrte im Verlauf der romischen Privatrechtsgeschichte dazu dass die res mancipi auch aus jedem anderen Rechtsgrund als demjenigen eines Kaufvertrags durch mancipatio ubereignet werden konnten Die mancipatio lasst sich daher als eine Urform des Verfugungsgeschaftes verstehen Die mancipatio erlaubte es dem die umfassende Hausgewalt ausubenden pater familias neben Sklaven auch Haussohne filiifamilias in die Herrschaftsmacht eines anderen Familienoberhauptes zu ubertragen Das Zwolftafelgesetz schritt insofern ein als es normierte Si pater filium ter venum duit filius a patre liber esto Wenn ein Vater seinen Sohn dreimal verkauft hat soll der Sohn vom Vater frei sein XII Tafeln Tafel IV 2 Sinn hat diese Textpassage erst dadurch dass Kindsverkaufe meist zu Arbeitszwecken vorgenommen wurden und nach getaner Arbeit eine Ruckubertragung stattfand Zunehmend erwies sich die mancipatio zu Beginn der fruhen Kaiserzeit strukturell als uberholt Mit Aufgabe des Rechtsschichtensystems ius civile ius honorarium und ius gentium wurde die mancipatio ebenso wie die Ubertragungsform der in iure cessio zunehmend aufgegeben 2 In den Kompilationen des spatantiken Kaisers Justinian war der Rechtsakt vollends verschwunden Nachklang BearbeitenDer einer mancipatio zugrunde liegende Gedanke des Eigentumserwerbs mittels Entrichtung eines symbolischen Kaufpreises hat sich bis in die heutige Zeit erhalten Er kommt vor allem dann zur Anwendung wenn der zu erwerbende Gegenstand mit erheblichen Mangeln Lasten oder Risiken behaftet ist Der Erwerber ubernimmt mit der Kaufsache erhebliche Kosten oder Risiken welche sonst der ursprungliche Eigentumer zu tragen hatte zum Beispiel beim Verkauf uberschuldeter Unternehmen z B Affare Wohnungsunternehmen Neue Heimat 1986 erheblich sanierungsbedurftiger denkmalgeschutzter Gebaude oder umweltverseuchter Liegenschaften der NVA zum symbolischen Kaufpreis von 1 Euro beziehungsweise bis 2001 1 DM Literatur BearbeitenHerbert Hausmaninger Walter Selb Romisches Privatrecht Bohlau Wien Koln 1981 9 Aufl 2001 ISBN 3 205 07171 9 S 19 ff 149 Max Kaser Das Romische Privatrecht 2 Bande 2 Auflage Beck Munchen 1971 1975 Handbuch der Altertumswissenschaft Abt 10 Teil 3 Bd 3 Detlef Liebs Romisches Recht 6 Auflage Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2004 Ulrich Manthe Geschichte des romischen Rechts Beck sche Reihe 2132 Beck Munchen 2000 ISBN 3 406 44732 5 S 19 24 Franz Stefan Meissel Nikolaus Benke Ubungsbuch Romisches Sachenrecht 10 durchgesehene und verbesserte Auflage Manz Wien 2012 ISBN 978 3 214 14961 1 S 84 Joseph G Wolf Funktion und Struktur der mancipatio In Michel Humbert Yan Thomas Hrsg Melanges de droit romain et d histoire ancienne Hommage a la memoire de Andre Magdelain Pantheon Assas Paris 1998 ISBN 2 275 01689 9 S 501 524 Anmerkungen Bearbeiten Georges Fritz Sturm Ius gentium Imperialistische Schonfarberei romischer Juristen In Romische Jurisprudenz Dogmatik Uberlieferung Rezeption Festschrift fur Detlef Liebs zum 75 Geburtstag Hrsg von Karlheinz Muscheler Duncker amp Humblot Berlin Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen Neue Folge Band 63 S 663 669 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mancipatio amp oldid 228480497