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Die lutherische Thomaskirche Eglise Saint Thomas ist eine der kulturgeschichtlich und architektonisch bedeutendsten Kirchen Strassburgs Seitdem das Strassburger Munster 1681 nach der Besetzung Strassburgs durch Frankreich im Rahmen der Reunionspolitik Konig Ludwigs XIV den Katholiken zuruckgegeben werden musste ist die Thomaskirche die lutherische Hauptkirche der gesamten Region der Protestantischen Kirche Augsburgischen Bekenntnisses von Elsass und Lothringen Die Kirche ist auch fur ihre Orgel von Johann Andreas Silbermann aus dem Jahr 1741 beruhmt Fassaden und VierungsturmAnsicht um 1450 aus einem Gemalde des Meisters der Karlsruher Passion und 2015 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Architektur 2 1 Westfassade 3 Ausstattung 3 1 Grabmaler 3 2 Fresken 3 3 Glasfenster 3 4 Orgeln 3 5 Glocken 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenUm das Jahr 600 wurde am heutigen Standort ein Benediktinerinnenkloster mit Kirche gegrundet das dem Apostel Thomas gewidmet war 1 Im 9 Jahrhundert liess Bischof Adalog 817 822 einen prachtigen Kirchenneubau samt angrenzender Schule errichten Beide brannten 1007 durch Blitzeinschlag ab Nach dem Wiederaufbau wurde das Kloster 1031 in ein Kollegiatstift umgewandelt Zu einem erneuten verheerenden Brand durch Blitzeinschlag kam es 1144 Mithilfe eines Ablassprivilegs 2 begann 1196 von der Fassade an der Neubau der romanische Massivitat mit fruhgotischen Details verbindet So zeigt der Querbau einerseits geschlossenes Mauerwerk mit kleinen Fensteroffnungen andererseits eine fortschrittliche Fensterrose und der Turm koppelt gedrungene Proportionen und Rundbogenfriese mit fruhgotischen Fenstern Um 1270 1280 entstanden der Chor und das Querhaus mit dem Vierungsturm in gotischen Formen Darauf folgte der Bau des Langhauses als Hallenkirche bis etwa 1330 Die Bauarbeiten endeten 1521 mit Seitenkapellen im Stil der Spatgotik nbsp Langhaus zum Chor nbsp Chorgewolbe und Kuppel nbsp Funfschiffige Halle1524 wurde die Kirche dem lutherischen Glauben zugewiesen Martin Bucer diente hier als Pastor 3 diesen Status konnte sie trotz der Annexion des Elsass durch das katholische Frankreich behaupten nbsp Die Thomasschule Ecole Saint Thomas Das Kollegiatstift Kapitel mit seinen Besitzungen und Einkunften blieb als lutherische Institution bestehen Die Stiftungspfrunden kamen jetzt den beiden Pastoren sowie den Professoren der Universitat zugute Heute noch verwaltet das Chapitre de Saint Thomas mehrere Grund und Hauptschulen Ecole Saint Thomas Foyer Jean Sturm sowie den im angrenzenden Barockgebaude untergebrachten Seminaire protestant 4 5 Die Thomaskirche spielte eine entscheidende Rolle in der alteren liturgischen Bewegung als der Ort an dem Friedrich Spitta ab 1888 neue Gottesdienstformen erprobte und den Akademischen Kirchenchor begrundete Ab 1893 kam Julius Smend als regelmassiger Prediger hinzu 1894 1899 wurde hier das Gesangbuch fur das Reichsland Elsass Lothringen entwickelt Am 7 Mai 2006 wurde in der Thomaskirche die Grundung der Union Protestantischer Kirchen von Elsass und Lothringen zelebriert Architektur Bearbeiten nbsp Westfassade feingliedriges Rosenfenster fruhgotische Schallluken interessante PortalzoneDie Thomaskirche ist eine funfschiffige Hallenkirche das alteste Bauwerk dieser Art auf damals sudwestdeutschem Gebiet Die Innenlange betragt etwa 65 Meter die Innenhohe etwa 22 Meter etwa 30 Meter unter der spatgotischen Vierungskuppel die Innenbreite etwa 30 Meter An der Seite des linken ausseren Seitenschiffs sind Emporen angebracht Rechts und links von der Chorapsis befinden sich abgetrennte spatgotische Kapellen Westfassade Bearbeiten Die Westfassade verdient genaue Betrachtung denn sie enthalt einige zu ihrer Bauzeit teils fur das Rheingebiet teils uberhaupt fortschrittliche Details Die abgesehen vom spater erneuerten obersten Geschoss jungsten Offnungen die Schallluken des unteren Glockengeschosses sind fruhgotisch Biforien mit Zusatzokulus runde Mittelstutzen mit ziemlich kelchformigen Kapitellen Das nur aus Ringen bestehende Masswerk der Rose ist feingliedriger als damalige Konstruktionen im franzosischen Ursprungsgebiet der Gotik Der Uberfangbogen der Portalzone ist nur angedeutet spitzbogig aber innerhalb gibt es zwei sehr spitze Lanzettfenster interessanterweise mit Monolithaufliegern 6 und mehrere Spitzbogen ohne Relief im Mauerverband Das kleine Spitzbogenfenster uber der Tur enthalt passend zur Rose feingliedriges Masswerk Im Material mag es teilweise erneuert sein aber Gestalt und Kontext legen nahe dass sie der ursprunglichen entsprechen Es ist 10 bis 15 Jahre alter als die Chorumgangskapellen der Kathedrale von Reims mit denen in uberregionaler Sicht der Beginn feinen Masswerks in aufrechten Fenstern angesetzt wird 7 8 Die Stabe sind zarter als in Reims aber im Unterschied zu dort nicht mit Kapitellen geschmuckt so wie die Vormasswerke an den Kathedralen von Chartres und von Soissons beide wie St Thomas um 1200 begonnen Ausstattung BearbeitenGrabmaler Bearbeiten nbsp Marschall Hermann Moritz von SachsenIn der Kirche befinden sich etliche Grabdenkmaler aus der Zeit von 1130 bis 1850 darunter zwei Werke von Landolin Ohmacht Am beruhmtesten sind der reich verzierte romanische Sarkophag 1130 des Bischofs Adeloch 9 und das riesige spatbarocke Mausoleum 1777 des Marschalls Hermann Moritz von Sachsen ein Werk des Pariser Bildhauers Jean Baptiste Pigalle 10 Der Marschall durfte aufgrund seines lutherischen Glaubens nicht in der franzosischen Hauptstadt bestattet werden Unter den zahlreichen anderen sehenswerten Denkmalern fallt die Renaissance Grabplatte 1510 eines Nikolaus Roeder von Tiersberg auf die auf realistische Weise seinen verwesenden Kadaver darstellt 11 Roeder hatte die lebensgrosse Olberg Skulpturengruppe 1498 gestiftet die heute im nordlichen Querschiff des Strassburger Munsters aufgestellt ist nbsp Sarkophag aus heimischem Sandstein fur den Strassburger Bischof des 9 Jahrhunderts Adeloch um 1130 Ein Werk des Meisters des Eschauer Kreuzgangs Weinranken Stirnseite nbsp Vorderseite mit Arkaden und Motiven des 9 Jahrhunderts wie eine Nereide auf einem Fisch Der Sarkophag ruht auf vier kleinen Lowen nbsp Die Saulen der Arkaden sind als Adikula ausgefuhrt In den mittleren Feldern der kniende Bischof Adeloch mit Stab vor dem segnenden Christus und einem Engel Deckel laut Inschrift aus dem Jahr 830 Fresken Bearbeiten nbsp Fresko des heiligen MichaelEine spatgotische Darstellung des heiligen Michaels im rechten Kirchenschiff gehort nach jener des heiligen Christophorus in Wissembourg zu den grossten ihrer Art in Frankreich Glasfenster Bearbeiten Von den mittelalterlichen Bleiglasfenstern ist nur die mehrfach restaurierte Fensterrose der Fassade in all ihren Feldern erhalten 12 Von den grossen Langhausfenstern ist nur noch der obere Teil zu sehen der auf aufwandige Weise architektonische und pflanzliche Motive darstellt Die ehemals darunter befindlichen Heiligendarstellungen wurden im 16 Jahrhundert durch protestantische Bildersturmer zerstort Die Chorfenster sind zeitgenossischen Stils Orgeln Bearbeiten nbsp Die Hauptorgel von Johann Andreas Silbermann 1741 nbsp Chororgel von Dalstein Haerpfer nach Planen von Albert Schweitzer 1905Die Kirche ist international bekannt fur ihre historisch und musikalisch bedeutenden Orgeln Die 1979 von Alfred Kern in Annaherung an das Original restaurierte Silbermann Orgel von 1741 auf der bereits Wolfgang Amadeus Mozart 1778 spielte und die 1905 vom Orgelbauer Fritz Haerpfer nach Planen von Albert Schweitzer angefertigte und 1906 eingebaute Chororgel Die Silbermann Orgel hat heute 38 Register auf drei Manualen und Pedal 13 Disposition der Hauptorgel I Positif de Dos C c31 Bourdon 0 8 2 Prestant 0 4 3 Flute 0 4 4 Nasard 2 2 3 5 Doublette 0 2 6 Tierce 1 3 5 7 Fourniture III 0 1 8 Cromorne 0 8 II Grand Orgue C c30 9 Bourdon 16 10 Montre 0 8 11 Bourdon 0 8 12 Prestant 0 4 13 Nasard 2 2 3 14 Doublette 0 2 15 Tierce 1 3 5 16 Cornet V17 Fourniture IV 0 1 18 Cymbale III 0 1 19 Trompette 0 8 20 Clairon 0 4 21 Voix humaine 0 8 III Echo C c322 Bourdon 0 8 23 Salicional 0 8 24 Prestant 0 4 25 Flute 0 4 26 Doublette 0 2 27 Larigot 1 1 3 28 Flageolet 0 1 29 Cornet IV30 Cymbale III 0 2 3 31 Trompette 0 8 Tremblant Pedale C d132 Soubasse 16 33 Octavebasse 0 8 34 Quinte 5 1 3 35 Prestant 0 4 36 Bombarde 16 37 Trompette 0 8 38 Clairon 0 4 Koppeln I II III II II P III PDisposition der Chororgel I Grand Orgue C g31 Bourdon 16 2 Montre 0 8 3 Bourdon 0 8 4 Viole de Gambe 0 8 5 Octave 0 4 6 Mixture Cornet III V rgs II Recit C g30 7 Geigenprincipal0 8 0 8 Floete amabile 8 0 9 Salicional 8 10 Voix celeste 8 11 Trompette 8 Pedale C f112 Soubasse 16 Koppeln II I I P II PGlocken Bearbeiten Vier neue Glocken goss die Glockengiesserei Bachert aus Karlsruhe Die Glocken wurden am 29 Mai 2009 gegossen und am 6 September 2009 eingeweiht Sie erganzen die historische 1783 umgegossene grosse Glocke die nur noch zu aussergewohnlichen Anlassen lautet sowie die kleinere Vater Unser Glocke aus dem Jahr 1810 beide Werke der Strassburger Glockengiesserei Edel Nr Bezeichnung Gussjahr Giesser Durchmesser mm Masse kg Schlagton HT 1 16 1 Bourdon 1783 Matthaus III Edel 1 820 3 625 a0 112 Amour 2009 Glockengiesserei Bachert 1 478 2 075 cis1 113 Foi 2009 Glockengiesserei Bachert 1 293 1 549 e1 84 Esperance 2009 Glockengiesserei Bachert 1 155 1 094 fis1 105 Notre Pere 1810 Glockengiesserei Edel 919 435 gis1 26 Temoins ensemble 2009 Glockengiesserei Bachert 981 728 a1 11Seit dem Mittelalter ist es Tradition dass die Glocken der Thomaskirche immer funf Minuten vor denen des Munsters lauten um diese weder zu ubertonen noch von diesen ubertont zu werden Die neuen Glocken wurden aus diesem Grunde auch annahernd auf das Gelaut des Munsters abgestimmt um Religionskriege zu vermeiden 14 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Thomaskirche Strassburg Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Thomaskirche Strassburg In archINFORM Thomaskirche Strassburg In Structurae Website der Kirchgemeinde Saint Thomas Strasbourg frz Sankt Thomas Kirche Eglise St Thomas zu Strassburg auf strasbourg eu Die Hauptorgel auf Les orgues de la region de Strasbourg in A la decouverte de l Orgue Orgues d Alsace Die Chororgel auf Les orgues de la region de Strasbourg in A la decouverte de l Orgue Orgues d AlsaceEinzelnachweise Bearbeiten Germania Sacra Chapitre de Saint Thomas eglise Martin Bucer Geschichte von St Thomas Memento vom 13 Dezember 2014 im Internet Archive Chapitre de Saint Thomas patrimoine Monolithauflieger ist eine wortwortliche Ubersetzung aus dem Danischen wo monolitopligger fur die aus einem Stein gehauenen Bogen der zahlreichen jutlandischen Granitquaderkirchen verendet wird Gunther Binding Masswerk 1989 ISBN 3 534 01582 7 S 31 ff Christian Kayser Die Baukonstruktion gotischer Fenstermasswerke in Mitteleuropa 2012 S 72 73 Bilder des Sarkopghags auf Commons Teilansicht des Mausoleums Memento vom 11 August 2010 im Internet Archive Abbildung der Grabplatte Foto der Fensterrose Memento vom 2 April 2015 im Internet Archive Nahere Informationen zur Silbermann Orgel Memento vom 19 April 2014 im Internet Archive Strasbourg les nouvelles cloches de Saint Thomas48 579722222222 7 7452777777778 Koordinaten 48 34 47 N 7 44 43 O Normdaten Geografikum GND 4354286 4 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Thomaskirche Strassburg amp oldid 233411680