www.wikidata.de-de.nina.az
Strontianit ist ein eher selten vorkommendes Mineral der Mineralklasse der Carbonate und Nitrate ehemals Carbonate Nitrate und Borate Es kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem mit der Zusammensetzung Sr CO3 4 ist also chemisch gesehen ein Strontiumcarbonat StrontianitFarbloser Strontianit mit harzglanzender OberflacheAllgemeines und KlassifikationIMA Symbol Str 1 Chemische Formel Sr CO3 Mineralklasse und ggf Abteilung Carbonate und Nitrate ehemals Carbonate Nitrate und Borate System Nummer nach Strunz 8 Aufl Lapis Systematik nach Strunz und Weiss Strunz 9 Aufl Dana V B 04 V B 04 020 5 AB 15 14 01 03 03Kristallographische DatenKristallsystem orthorhombischKristallklasse Symbol orthorhombisch dipyramidal 2 m 2 m 2 m 2 Raumgruppe Nr Pmcn Nr 62 Gitterparameter a 5 107 A b 8 414 A c 6 029 ABitte Quelle als Einzelnachweis erganzen Formeleinheiten Z 4Bitte Quelle als Einzelnachweis erganzen Zwillingsbildung nach 110 Kontakt oder ofter noch DurchdringungszwillingePhysikalische EigenschaftenMohsharte 3 5Dichte g cm3 3 74 bis 3 78Spaltbarkeit vollkommen nach 110 deutlich nach 021 undeutlich nach 010 Bruch Tenazitat muschelig unebenFarbe farblos grau braun grunlich gelblich rotlichStrichfarbe weissTransparenz durchsichtig bis durchscheinendGlanz Glasglanz HarzglanzKristalloptikBrechungsindizes na 1 516 bis 1 520nb 1 664 bis 1 667ng 1 666 bis 1 668 3 Doppelbrechung d 0 150 3 Optischer Charakter zweiachsig negativAchsenwinkel 2V 7 berechnet 8 bis 12 3 Weitere EigenschaftenChemisches Verhalten in HCl oder HNO3 unter CO2 Abgabe loslichStrontianit entwickelt meist prismatische bis nadelige Kristalle und bildet ahnlich dem verwandten Aragonit durch zyklische Drillingsbildung auch pseudohexagonale Prismen aus Daneben kommen aber auch buschelige bis kugelige faserige oder massige bis erdige Aggregate vor Auf den Oberflachen unverletzter Kristalle zeigt sich ein glasahnlicher Glanz Bruchflachen schimmern dagegen harz oder fettahnlich 5 In reiner Form ist Strontianit farblos und durchsichtig Er kann allerdings durch vielfache Lichtbrechung aufgrund multikristalliner Ausbildung weiss erscheinen und durch Fremdbeimengungen eine graue braune grunliche gelbliche oder rotliche Farbe annehmen Seine Strichfarbe ist allerdings immer weiss Inhaltsverzeichnis 1 Etymologie und Geschichte 2 Klassifikation 3 Kristallstruktur 4 Eigenschaften 5 Modifikationen und Varietaten 6 Bildung und Fundorte 6 1 Fundorte und Gewinnung in Deutschland 6 2 Weitere Fundorte 7 Verwendung 8 Siehe auch 9 Literatur 10 Weblinks 11 EinzelnachweiseEtymologie und Geschichte BearbeitenErstmals entdeckt wurde Strontianit in der schottischen Ortschaft Strontian und beschrieben 1790 durch Friedrich Gabriel Sulzer 1749 1830 6 der das Mineral nach seiner Typlokalitat benannte Klassifikation BearbeitenIn der mittlerweile veralteten aber noch gebrauchlichen 8 Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehorte der Strontianit zur gemeinsamen Mineralklasse der Carbonate Nitrate und Borate und dort zur Abteilung der Wasserfreien Carbonate ohne fremde Anionen wo er zusammen mit Alstonit Aragonit Barytocalcit Cerussit Olekminskit Paralstonit und Witherit die eigenstandige Aragonitgruppe bildete Die seit 2001 gultige und von der International Mineralogical Association IMA verwendete 9 Auflage der Strunz schen Mineralsystematik ordnet den Strontianit in die Klasse der Carbonate und Nitrate die Borate bilden hier eine eigene Klasse und dort in die Abteilung der Carbonate ohne zusatzliche Anionen ohne H2O ein Diese Abteilung ist allerdings weiter unterteilt nach der Gruppenzugehorigkeit der beteiligten Kationen so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung Erdalkali und andere M2 Carbonate zu finden ist wo es zusammen mit Aragonit Cerussit und Witherit die Aragonitgruppe mit der System Nr 5 AB 15 bildet Die Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Strontianit wie die alte Strunz sche Systematik in die Klasse der Carbonate Nitrate und Borate und dort in die Abteilung der Wasserfreien Carbonate ein Hier ist er zusammen mit Aragonit Witherit und Cerussit in der auch in dieser Systematik vorhandenen Aragonitgruppe Orthorhombisch Pmcn mit der System Nr 14 01 03 innerhalb der Unterabteilung der Wasserfreien Carbonate mit einfacher Formel A CO3 zu finden Kristallstruktur BearbeitenStrontianit kristallisiert isotyp mit Aragonit im orthorhombischen Kristallsystem in der Raumgruppe Pmcn Raumgruppen Nr 62 Stellung 5 Vorlage Raumgruppe 62 5 mit den Gitterparametern a 5 107 A b 8 414 A und c 6 029 A sowie vier Formeleinheiten pro Elementarzelle Eigenschaften Bearbeiten nbsp Hellgelber Strontianit auf Calcit und Fluorit aus dem National Limestone County Steinbruch Perry Township Snyder County Pennsylvania USA nbsp Gleiche Stufe unter UV LichtStrontianit ist in Salzsaure HCl und Salpetersaure HNO3 unter brausender Abgabe von Kohlenstoffdioxid CO2 loslich Wird die entstandene Losung verdampft und der Ruckstand mit Spiritus ubergossen flammt dieser hellrot auf 7 Vor dem Lotrohr blaht sich Strontianit gluhend auf farbt die Flamme intensiv karminrot und nimmt schliesslich eine blumenkohlahnliche Form an 7 Manche Strontianite weisen Thermolumineszenz auf produzieren also bei Erwarmung Licht Andere zeigen unter Einwirkung von UV Licht Kathoden oder Rontgenstrahlung eine schwache blauliche Fluoreszenz 8 7 Modifikationen und Varietaten BearbeitenBeim Erhitzen auf ca 920 C 5 geht Strontianit in die hexagonale Modifikation uber die allerdings nicht in der Natur vorkommt 7 Ublicherweise ist in der chemischen Formel des Strontianit immer ein wenig Strontium durch Calcium diadoch ersetzt Bei der als Strontiumcalcit Calciostrontianit oder auch Emmonit bekannten Varietat sind bis zu 13 des Strontiums durch Calcium ersetzt 5 7 Bildung und Fundorte Bearbeiten nbsp Strontianit mit Schwefel aus dem Tagebau Machow bei Tarnobrzeg PolenStrontianit bildet sich durch hydrothermale Vorgange in Vulkangesteinen oder durch Sedimentation Begleitminerale sind unter anderem Baryt Calcit Coelestin Magnesit Schwefel Harmotom sowie verschiedene andere Vertreter der Zeolithe Fundorte und Gewinnung in Deutschland Bearbeiten In Deutschland wurde Strontianit vor allem im sudostlichen Munsterland abgebaut Zwischen 1874 und 1900 wurden hier ca 650 Gruben betrieben die sich im Gebiet ostlich bis Oelde und Beckum Neubeckum sudlich bis Hamm und Lippetal westlich bis Nordkirchen und nordlich bis Munster Telgte und Sendenhorst 9 Warendorf befanden 10 Als letzte strontianitfordernde Grube stellte die Grube Wickensack in Ascheberg im Januar 1945 ihren Betrieb ein Im Raum Ahlen insbesondere im Ortsteil Vorhelm sind etwa 20 Schachte mit bis zu 110 m Tiefe bekannt Das grosste Bergwerk war die Alwine sudlich von Vorhelm Die Stadt Drensteinfurt war mit 180 Gruben der Hauptort des Strontianitabbaus 11 Viele Strassennamen die Strontianitvilla und der Strontianitspielpfad erinnern an die kurze Bergbaugeschichte der Stadt In der Davert bei Ascheberg und nordlich von Bockum Hovel in der Bauerschaft Holter wurde das Mineral ebenfalls abgebaut Als Reste dieser Bergbautatigkeiten sind noch heute Mergelaufschuttungen zu sehen 9 An die wilden Jahre des Bergbaubooms erinnert der Film Wild Wild Westfalen der Arbeitsstelle Forschungstransfer AFO der Universitat Munster 2023 12 Weitere Fundorte Bearbeiten Neben seiner Typlokalitat Strontian in Schottland findet sich Strontianit unter anderem auch in Huambo Huila und Namibe in Angola South Australia in Australien Departamento Cochabamba in Bolivien Minas Gerais und Sao Paulo in Brasilien verschiedene Regionen in der Volksrepublik China Auvergne Rhone Alpes Ile de France und Provence Alpes Cote d Azur in Frankreich Attika in Griechenland Kitaa und Tunu in Gronland verschiedene Regionen in Grossbritannien Tamil Nadu in Indien verschiedene Regionen in Italien Honshu und Shikoku in Japan British Columbia Ontario und Quebec in Kanada Balaka Phalombe und Zomba in Malawi Gelderland in den Niederlanden Bad Bleiberg Karnten und andere Regionen in Osterreich verschiedene Regionen in Russland Medelpad und Skane in Schweden Kanton Graubunden und Kanton Solothurn in der Schweiz Banska Bystrica Kosice und Okres Zilina in der Slowakei Andalusien und Katalonien in Spanien Gauteng Limpopo und North West in Sudafrika Mahren in Tschechien Borsod Abauj Zemplen in Ungarn sowie verschiedene Regionen in den USA 13 Verwendung Bearbeiten Hauptartikel Strontianverfahren In den 1880er Jahren wurde Strontianit SrCO3 in der Zuckerindustrie als Katalysator zur Restentzuckerung von Melasse eingesetzt Bei der Zuckerproduktion aus Zuckerruben bliebe sonst noch immer 50 des sussen Stoffs zuruck Nachdem das sogenannte Strontianitverfahren 1871 entwickelt wurde setzte der Strontianit Abbau richtig ein Trotzdem konnte der Bedarf der Zuckerindustrie kaum gedeckt werden 10 Um 1900 wurde die Umsetzung des gunstigeren SrSO4 aus Coelestin in SrCO3 entdeckt und der Strontianit begann an Bedeutung zu verlieren Obendrein wurde der Zucker wahrscheinlich wegen der enormen Mengen aus der Zuckerrohrproduktion auf dem Weltmarkt so billig dass sich die bisherige Ausbeute aus der Melasse nicht mehr lohnte Siehe auch BearbeitenListe der MineraleLiteratur BearbeitenMartin Gesing Der Strontianitbergbau im Munsterland Quellen und Forschungen zur Geschichte des Kreises Warendorf Warendorf 1995 ISBN 3 920836 13 8 S 647 Petr Korbel Milan Novak Mineralien Enzyklopadie Nebel Verlag GmbH Eggolsheim 2002 ISBN 3 89555 076 0 S 120 Martin Okrusch Siegfried Matthes Mineralogie Eine Einfuhrung in die spezielle Mineralogie Petrologie und Lagerstattenkunde 7 Auflage Springer Verlag Berlin Heidelberg New York 2005 ISBN 3 540 23812 3 S 66 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Strontianite Sammlung von Bildern Mineralienatlas Strontianit Wiki Ueber den Strontianit ein Schottisches Fossil das ebenfalls eine neue Grunderde zu enthalten scheint und uber einige andere naturhistorische Merkwurdigkeiten Aus einem Briefe des Hrn Rath Sulzer zu Ronneburg mitgetheilt von J F Blumenbach Westfalen regional Strontianitbergbau im Munsterland Fund und Abbau von Strontianit im Raum Hamm Video uber die Strontianitgruben Strontianit Bergbau im sudlichen Munsterland hier Sendenhorst Einzelnachweise Bearbeiten Laurence N Warr IMA CNMNC approved mineral symbols In Mineralogical Magazine Band 85 2021 S 291 320 doi 10 1180 mgm 2021 43 englisch cambridge org PDF 320 kB abgerufen am 5 Januar 2023 Webmineral Strontianite englisch a b c Strontianite bei mindat org englisch Stefan Weiss Das grosse Lapis Mineralienverzeichnis 4 Auflage Christian Weise Verlag Munchen 2002 ISBN 3 921656 17 6 a b c Paul Ramdohr Hugo Strunz Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie 16 Auflage Ferdinand Enke Verlag Stuttgart 1978 ISBN 3 432 82986 8 S 575 Hans Luschen Die Namen der Steine Das Mineralreich im Spiegel der Sprache Ott Verlag Thun und Munchen 1968 S 329 381 a b c d e A G Betechtin A G Betehtin Lehrbuch der speziellen Mineralogie 2 Auflage VEB Verlag Technik Berlin 1957 S 364 365 russisch Kurs mineralogii Kurs mineralogii Ubersetzt von Wolfgang Oestreich John W Anthony Richard A Bideaux Kenneth W Bladh Monte C Nichols Strontianite In Handbook of Mineralogy Mineralogical Society of America 2001 handbookofmineralogy org PDF 65 5 kB a b Strontianitbergbau im sudlichen Munsterland a b isa Strontianit Das Gold des Munsterlandes Thementag auf dem Hof Dabbelt In Westfalischer Anzeiger Westfalischer Anzeiger Verlagsgesellschaft Hamm 24 Juni 2012 wa de abgerufen am 26 Oktober 2012 Martin Gesing Der Strontianitbergbau im Munsterland Quellen und Forschungen zur Geschichte des Kreises Warendorf Warendorf 1995 ISBN 3 920836 13 8 Expedition Munsterland Strontianit und der weisse Goldrausch abgerufen am 24 Juli 2023 MinDat Localities for Strontianite engl Normdaten Sachbegriff GND 4412262 7 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Strontianit amp oldid 237842835