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Die evangelisch lutherische Pfarrkirche St Jacobi in der Altstadt von Gottingen in Niedersachsen ist eine zwischen 1361 und 1433 errichtete dreischiffige gotische Hallenkirche Kirchenpatron ist Jakobus der Altere Der Turm der Kirche ist mit seinen 72 Metern Hohe das hochste Gebaude der Gottinger Altstadt Uberregionale Bedeutung hat der gotische Flugelaltar aus dem Jahr 1402 welcher sich im Chor der Kirche befindet St JacobiSt Jacobi vom Turm der St Johannis Kirche aus gesehen DatenOrt GottingenBaumeister Hans Rutenstein Turm Baustil GotikBaujahr 1361 1433Hohe 72 mSt Jacobi von Osten Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Ausstattung 3 Orgeln 3 1 Ott Schmid Orgel 3 2 Italienische Orgel 4 Glocken 5 Sonstiges 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenGegen 1186 liess Heinrich der Lowe oder sein Sohn Heinrich von Braunschweig den Vorgangerbau von St Jacobi als Burgkapelle der Stadtburg Bolruz 1 errichten die 1245 zum ersten Mal urkundlich erwahnt wird Sie wurde dem heiligen Jakobus d A geweiht dem Schutzpatron der Pilger Ein moglicher Grund hierfur kann die Lage am Jakobsweg gewesen sein der durch die Weender Strasse verlauft 2 Diese Kapelle erwies sich jedoch mit der Zeit als zu klein sodass 1350 von Herzog Ernst I von Braunschweig Gottingen erlaubt wurde die Kirche zu vergrossern 3 So entstand in mehreren Bauabschnitten die heutige Kirche Als Erstes wurde an Chor und Langhaus gebaut Den Baufortschritt um 1361 dokumentiert eine wohl nachtraglich hierhin versetzte 4 Bauinschriften Tafel 5 auf der sudlichen Seite der Vorhalle 1372 wurde ein papstlicher Ablass ausgestellt der die Spendenfreudigkeit der Glaubigen starken sollte 1383 ist ein Marienaltar im nordlichen Seitenschiff aufgestellt worden sodass davon ausgegangen werden kann dass das Kirchenschiff zu diesem Zeitpunkt bereits fertiggestellt war 1387 wurde die Stadtburg von Gottinger Burgern vor dem Hintergrund einer Fehde mit dem amtierenden Herzog Otto III genannt der Quade bis auf die Grundmauern zerstort Fortan trieben die Burger der Stadt den Bau an St Jacobi voran wobei die Sakristei und der Westriegel entstanden 1426 wurde mit dem Hildesheimer Hans Rutenstein ein dreijahriger Bauvertrag abgeschlossen Er wird als federfuhrender Architekt des seither stadtbildpragenden Turmbaus angesehen Nach Auskunft des Gottinger Stadtchronisten Franciscus Lubecus wurde der Turm mit einem damaligen Spitzhelm 1433 vollendet Danach wurde der Turm dreimal durch Blitzschlag schwer beschadigt 1479 1555 und 1642 Durch den dritten Schlag brannte er bis zum unteren Gewolbe aus nur das Mauerwerk des Turmschafts blieb erhalten Beim Wiederaufbau erhielt der Turm 1697 seinen Fachwerkaufsatz mit der barocken welschen Haube Zunachst als Provisorium gedacht verleiht dieser Aufsatz der Kirche seither einen charakteristischen Akzent im Stadtbild 1880 81 erfolgte nach Planen des aus Gottingen stammenden Architekten Hans Grisebach eine Rekonstruktion der Portalvorhalle die 1642 durch den herabsturzenden brennenden Turmhelm zerstort worden war 6 Durchgreifend war die zwischen 1891 und 1898 von Conrad Wilhelm Hase geleitete Sanierung des Kirchenbaues und des Kircheninnenraums 7 Dabei wurden beispielsweise am Aussenbau fast alle mittelalterlichen Wasserspeier ersetzt Von 1900 bis 1901 wurde der Innenraum unter der Leitung von Conrad Wilhelm Hase und Friedrich Jacob in Zusammenarbeit mit dem Superintendenten Karl Kayser im neugotischen Stil umgestaltet 8 Diese historistische Innenausstattung wurde 1960 bei einer Innenrenovierung wieder entfernt 9 In den 1990er Jahren wurden die Fassaden des Kirchenschiffes nach mittelalterlicher Befundvorlage wieder verputzt Von 2009 bis 2014 wurde das Natursteinmauerwerk des Kirchturms einschliesslich des Turmaufsatzes umfassend restauriert 10 11 12 nbsp Westfassade mit Portal vorhalle nbsp Kirchturm nbsp Wasserspeier in Form eines Drachen Skulptur von 1890 nbsp Wasserspeier Geiziger Skulptur von 1890 nbsp Westportal Farbfassung nach historischen BefundenAusstattung Bearbeiten nbsp Inneres nach OstenDer bedeutendste Schatz im Kircheninneren ist der 1402 von unbekannten Kunstlern gefertigte gotische Flugelaltar Seine Alltagsseite zeigt acht Szenen aus der Legende des hl Jakobus des Alteren dem Patron der Kirche Werden die Aussenflugel geoffnet zeigt sich die Sonntagsseite Diese stellt in 16 Szenen die Jugend und Passion Jesu dar Im vollstandig geoffneten Zustand ist die Festtagsseite mit der Kronung Mariens zur Himmelskonigin im Beisein von Heiligen zu sehen Zur weiteren Ausstattung gehoren ein barocker Taufstein sowie die neugotische Kanzel die im Zuge der von Jacob geleiteten Sanierung um 1900 in die Kirche kam Ebenfalls aus dieser Zeit stammen die Glasfenster im Chor und im sudlichen Seitenschiff Moderne Kunst findet sich in der Kirche seit 1997 98 Der funfteilige Fensterzyklus auf der Nordseite von Johannes Schreiter ubersetzt den 22 Psalm in Farbe Linie und Licht Seit 2002 befindet sich an der Ostwand des sudlichen Seitenschiffs ein von Joachim Dunkel gestalteter Kruzifixus aus Bronze Die charakteristische aus geometrischen Formen bestehende Ausmalung ist 1999 rekonstruiert worden und beruht auf spatgotischen Farbbefunden der Zeit um 1470 80 An den nahen Pilgerweg erinnern seit den 2000er Jahren eine bronzene Einlassung in Form einer Jakobsmuschel vor dem Westportal und eine Figur des Kirchenpatrons die an der Ostseite der Kirche steht nbsp Flugelaltar 2 Wandlung nbsp Flugelaltar 1 Wandlung nbsp Flugelaltar geschlossen nbsp Taufstein Detail nbsp Grabstein der Marianne Haller 1736 und ihres Sohnes Albert 1738 Orgeln Bearbeiten nbsp Die Ott Schmid OrgelOtt Schmid Orgel Bearbeiten Die Orgel von St Jacobi wurde 1966 von dem Orgelbauer Paul Ott Gottingen erbaut Das Instrument wurde zuletzt 2006 2007 umfassend durch Siegfried Schmid Knottenried Allgau renoviert und um neun Register in einem weiteren Schwellwerk spielbar vom IV Manual und einen Subbass 32 im Pedal erweitert In diesem Zuge wurde die Orgel mit einer 4000 fachen elektronischen Setzeranlage ausgestattet die die bisherige Lochkarten Setzeranlage ersetzt Das Instrument hat heute 67 Register auf vier Manualen und Pedal 4806 Pfeifen Die Spieltrakturen sind mechanisch mit Ausnahme des Subbass 32 der elektrisch angespielt wird Die Registertrakturen sind elektrisch 13 I Ruckpositiv C g31 Praestant 8 2 Holzflote 8 3 Quintade 8 4 Oktav 4 5 Rohrflote 4 6 Nasard 2 2 3 7 Superoktave 2 8 Gemshorn 2 9 Terz 1 3 5 10 Quinte 1 1 3 11 Mixtur IV VII 1 12 Dulzian 16 13 Trichterregal 8 Tremulant II Hauptwerk C g314 Grossprinzipal 16 15 Quintade 16 16 Oktave 8 17 Hohlflote 8 18 Oktave 4 19 Gedackt 4 20 Quinte 2 2 3 21 Superoktave 2 22 Waldflote 2 23 Mixtur IV VII 1 1 3 24 Scharf IV VI 1 25 Trompete 8 Zimbelstern III Brust Schwellwerk C g326 Metallgedackt 8 27 Spitzgambe 8 28 Prinzipal 4 29 Spillgedackt 4 30 Nasard 2 2 3 31 Oktave 2 32 Flote 2 E33 Tierce 1 3 5 34 Quinte 1 1 3 35 Septime 1 1 7 36 Superoktave 1 37 Scharf IV V 2 3 38 Rankett 16 39 Krummhorn 8 Tremulant IV Schwellwerk C g340 Bourdon 16 N41 Holzflote 8 N42 Gambe 8 N43 Voix Celeste 8 N44 Prinzipal 4 N45 Traversflote 4 N46 Mixtur V 2 2 3 N47 Oboe 8 N48 Clarinette 8 Tremulant NIV Chamadenwerk C g349 Spanische Trompete 16 40 Spanische Trompete 8 51 Spanische Trompete 4 Pedal C f152 Subbass 32 N53 Prinzipal 16 54 Subbass 16 55 Oktave 8 56 Gedackt 8 57 Spitzflote 8 N E58 Oktave 4 59 Holzflote 4 60 Nachthorn 2 61 Sesquialtera II 5 1 3 62 Rauschpfeife II 2 2 3 63 Mixtur VI 2 64 Kontrafagott 32 65 Posaune 16 66 Trompete 8 67 Clarine 4 Koppeln I II III II IV I IV II I P II P IV P Anmerkungen N 2007 nachtraglich hinzugefugtes Register E Ersetztes Register Nr 32 bis 1985 None 8 9 Nr 57 bis 2007 Quinte 10 2 3 Italienische Orgel Bearbeiten 2014 wurde eine italienische Orgel angekauft erbaut 1844 von Vicenzo Ragone aus Genua Sie verfugt u a uber ein Register das nach Vogelgezwitscher klingt 14 Die Orgel hat zudem eine besondere mitteltonige Stimmung 1 4 pythagoreisches Komma a1 440 Hz 15 C c kurze Oktave1 Principale 8 2 Ottava 4 3 Quintadecima 2 4 Decimanona 1 1 3 5 Voce umana 8 Diskant6 Flauto in Duodecima 2 2 3 DiskantTiratuttizug7 Usignolo Nachtigall Glocken Bearbeiten nbsp Glockenstuhl nbsp GlockenspielIm 72 Meter hohen Turm der Kirche befindet sich ein vierstimmiges Gelaute aus dem Jahre 1968 das durch eine historische Glocke von 1423 erganzt wird Letztere wurde vermutlich im 16 oder 17 Jahrhundert der Kirchengemeinde in Grone abgekauft und hing lange Zeit in der Laterne des Turmes wo sie den Stundenschlag ausubte 1942 wurde sie auf den Glockenfriedhof in Hamburg geliefert 1947 kehrte sie zuruck Das gleiche Schicksal hatte auch die kleine 1626 im Eichsfeld gegossene Betglocke die da sie mit den anderen Glocken nicht harmoniert gesondert gelautet wird taglich 8 00 Uhr 12 00 Uhr 18 00 Uhr 16 Die Lauteordnung sieht vor dass nur zu hohen Festtagen alle funf Glocken erklingen In der restlichen Zeit des Kirchenjahres wird abwechselnd eine ausgelassen sodass nur vier Glocken erklingen Drei dieser Glocken lauten wiederum am Samstag um 18 00 den Sonntag ein Glocke Gussjahr Giesser cm Gewicht kg Nominal 16tel Anmerkung Besondere Verwendung1 1968 Rincker Sinn 134 1399 d1 Beerdigung2 124 1078 es13 113 827 f1 Stundenschlag4 1423 Henrich Heistirboum 105 625 g15 1968 Rincker Sinn 84 345 b1 TaufeBetglocke 1636 David Fobben 54 125 e2 Gesondert vom restlichen Gelaut Morgen Mittags AbendlautenDer Turm beherbergt zudem ein Glockenspiel grosstenteils ebenfalls von Rincker im Jahre 1968 gegossen welches aus 15 Glocken besteht 17 Die zwei grossten davon c2 und d2 werden fur den Viertelstundenschlag genutzt Das Glockenspiel erklingt jeden Samstag um 11 30 Uhr 18 19 Sonstiges BearbeitenDie heutige evangelisch lutherische Kirchengemeinde von St Jacobi hat etwa 2000 Mitglieder Die Kirche ist taglich von 11 00 Uhr bis 15 00 Uhr geoffnet Freitag bis Sonntag haufig auch bis 18 Uhr Die Turmbesteigung ist seit der Schliessung wahrend der Covid Pandemie aufgrund eines neuen Brandschutz Gutachtens aktuell nicht mehr moglich 20 Literatur Bearbeiten chronologisch Dieter Unckenbold Karl Heinz Bielefeld Die Gotischen Pfarrkirchen in Gottingen Heinz Reise Verlag Gottingen 1953 Wulf Schadendorf Gottinger Kirchen Kleine Kunstfuhrer fur Niedersachsen Heft 2 Gottingen 1953 Annelies Ritter Der Turm der Jacobikirche zu Gottingen In Gottinger Jahrbuch 4 1955 56 S 68 75 Hans Reuther Architektur In Dietrich Denecke Helga Maria Kuhn Hrsg Gottingen Geschichte einer Universitatsstadt Band 1 Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1987 S 530 536 f Bernd Carque Hedwig Rockelein Hrsg Das Hochaltarretabel der St Jacobi Kirche in Gottingen Veroffentlichungen des Max Planck Instituts fur Geschichte 213 Studien zur Germania Sacra 27 Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2005 ISBN 3 525 36284 6 Yvonne Besser Religiose Bildsprache der nichtfigurativen Moderne der Fensterzyklus zu Psalm 22 von Johannes Schreiter in der Jacobikirche Gottingen Verlag Otto Lembeck 2009 Klara Wagner Anna Luisa Walter St Jacobi In Gottinger Kirchen des Mittelalters Hrsg Christian Scholl Jens Reiche Universitatsverlag Gottingen Gottingen 2015 ISBN 978 3 86395 192 4 Digitalisat abgerufen am 10 April 2021 S 150 195 Enthalt auch zahlreiche historische Abbildungen Christian Scholl Harald Storz Sichtlich evangelisch Die Glasfenster der Jacobikirche in Gottingen von 1900 1901 und die Hannoveraner Glasmalwerkstatten Henning amp Andres und Lauterbach amp Schroder Universitatsverlag Gottingen Gottingen 2017 Katalog zur Ausstellung Sichtlich evangelisch in der Gottinger Jacobikirche 27 Marz 23 Juli 2017 ISBN 978 3 86395 302 7 Digitalisat auf univerlag uni goettingen de abgerufen am 10 Oktober 2022 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons St Jacobi Kirche Gottingen Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Homepage der Kirchengemeinde St Jacobi Architekturbeschreibung der St Jacobikirche Gottingen Aufnahme des Vollgelautes auf YouTube abgerufen am 4 Januar 2018 Einzelnachweise Bearbeiten G Eckhardt Burgen Schlosser und Kloster im Gottinger Land Gottingen 2011 Vgl hierzu Wagner Walter St Jacobi 2015 S 182 f A Arfken K H Bielefeld St Jacobi Kirche Gottingen Schnell und Steiner Regensburg 2008 DI 19 Stadt Gottingen 1980 Nr 8 Gottingen St Jacobikirche In Deutsche Inschriften Online Niedersachsen Gottingen Abgerufen am 11 April 2021 Wagner Walter St Jacobi 2015 S 152 Wagner Walter St Jacobi 2015 S 167 Abb 87 Foto des Vorzustandes und S 176 Wagner Walter St Jacobi 2015 S 177 ff Wagner Walter St Jacobi 2015 S 179 Wagner Walter St Jacobi 2015 S 150 Wagner Walter St Jacobi 2015 S 181 Jorn Barke Nach funf Jahren Kirchturm von St Jacobi in Gottingen ist saniert In www goettinger tageblatt de Online Ausgabe Gottinger Tageblatt 15 September 2014 abgerufen am 10 April 2021 Jorn Barke St Jacobi Ab Sonntag wieder mit Turmspitze In www goettinger tageblatt de Online Ausgabe Gottinger Tageblatt 24 September 2010 abgerufen am 10 April 2021 Nahere Informationen zur Orgel Artikel zur Orgel Hessisch Niedersachsische Allgemeine abgerufen am 12 April 2016 Italienische Orgel Abgerufen am 19 November 2016 Kanonen statt Glocken Glocken statt Kanonen PDF 2008 abgerufen am 19 November 2016 https glockenspieler de carillons und glockenspiele glockenspiele in deutschland goettingen Orgel Glocken der Region Gottinger Tageblatt abgerufen am 16 Januar 2015 Dr Ernst Puschmann Die Glocken von St Jacobi historisch physikalisch musikalisch Gottingen 2011 Jacobikirche Aktuelles Turmbesteigung51 535 9 9355555555556 Koordinaten 51 32 6 N 9 56 8 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title St Jacobi Gottingen amp oldid 238180763