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Der Slawenaufstand von 983 war eine Erhebung der im Lutizenbund zusammengeschlossenen elbslawischen Stamme gegen die Tributherrschaft des Markgrafen Dietrich von Haldensleben Die Lutizen zerstorten am 29 Juni 983 zunachst den Bischofssitz in Havelberg und eroberten drei Tage spater mit der Brandenburg auch den Sitz des Markgrafen Damit wurden die sachsische Tributherrschaft und der Aufbau einer christlichen Kirchenorganisation ostlich der Elbe auf Jahrzehnte unterbrochen Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Verlauf des Aufstands 3 Folgen 4 Literatur 5 AnmerkungenVorgeschichte BearbeitenTrotz der Kriegszuge Heinrichs I und Ottos I hatten die Bemuhungen um eine Christianisierung der Elb und Ostseeslawen soweit uberhaupt vorhanden nur massigen Erfolg Zuletzt hatte Otto I am 16 Oktober 955 in der Schlacht an der Raxa eine antisachsische Koalition aus Tollensanen und Zirzipanen besiegt 1 die zu einer Unterwerfung der slawischen Stamme in Form einer Tributpflicht nicht jedoch zu einer Eroberung ihres Territoriums fuhrte 2 Eine Christianisierung war mit dem Feldzug nicht beabsichtigt Um die christliche Mission voranzutreiben stiftete Otto I im Jahr 948 zunachst die Bistumer Havelberg und Brandenburg die zusammen mit den Bistumern Zeitz Merseburg und Meissen 968 dem neu geschaffenen Erzbistums Magdeburg unterstellt wurden Damit war eine feste Eingliederung der slawischen Gebiete in den Reichs und Kirchenverband beabsichtigt 3 Auf dem Gebiet des Abodritenreiches hatte der Schleswiger Bischof Marco auf Anweisung des Hamburg Bremer Erzbischofs Adaldag bereits erfolgreich mit der Slawenmission begonnen Fur das Abodritengebiet wurde deshalb zwischen 968 und 972 als Hamburg Bremer Suffraganbistum das Bistum Oldenburg eingerichtet Verlauf des Aufstands BearbeitenWahrend im Reich um die Nachfolge des Erzbischofs Adalbert von Magdeburg und des Kaisers Ottos II gestritten wurde erhoben sich im Sommer 983 slawische Verbande unter der Fuhrung der Liutizen und vertrieben die kirchlichen und politischen Vertreter des Reiches Der Aufstand soll im liutizischen Hauptheiligtum Rethra geplant und vorbereitet worden sein 4 Am 29 Juni uberfielen liutizische Heerhaufen uberraschend Havelberg und zerstorten den dortigen Bischofssitz Drei Tage spater nahmen sie Brandenburg ein Residenz des Markgrafen Dietrich von Haldensleben und Bischofssitz Dietrich scheint die Burg zunachst noch verteidigt zu haben 5 bevor er mit der Burgbesatzung und Bischof Volkmar die Flucht antrat Wahrend sie entkommen konnten wurde die Geistlichkeit gefangen genommen und der Kirchenschatz geplundert In der Folge verwusteten die Angreifer alle Ortschaften bis zum Tanger Selbst Magdeburg war offenbar unmittelbar bedroht 6 Ein in Eile aufgestelltes sachsisches Heer bestehend aus Aufgeboten von Erzbischof Giselher von Magdeburg Bischof Hildeward von Halberstadt Dietrich von Haldensleben und den Grafen Rikdag und Hodo Binizo Friedrich Dudo und Siegfried I Walbeck konnte die Slawen in einem Zusammenstoss Ende Juli oder Anfang August im Balsamerland hinter die Elbe zuruckdrangen 7 Die Lausitz und die sorbischen Marken hatten sich nicht am Aufstand beteiligt Ob die Abodriten unter ihrem Samtherrscher Mistiwoj 983 an der Seite der Liutizen kampften ist in der Forschung umstritten 8 Nach alterer Lesart der Quellen sollen sie wahrend des Aufstandes Hamburg uberfallen und ein Laurentiuskloster geplundert haben das ebenfalls nicht unumstritten in Kalbe an der Milde lokalisiert wird Die Datierung dieser Ereignisse ist jedoch unsicher Die Abodriten haben sich zwar in den folgenden Jahrzehnten der Aufstandsbewegung angeschlossen und ebenfalls vom Christentum abgewandt Der Uberfall auf Hamburg hat sich aber moglicherweise erst nach der Jahrtausendwende zugetragen Nach neuerer Auffassung ist er eher in die Jahre 1012 1018 anzusiedeln 9 Folgen BearbeitenAb 985 unternahmen die Reichsfursten gemeinsam mit den polnischen Fursten Mieszko I und spater Boleslaw I jahrliche Kriegszuge um das Gebiet der Lutizen zu unterwerfen Die Feldzuge erwiesen sich als wirkungslos Konig Heinrich II entschloss sich zu einem Wechsel der Politik Er schloss im Jahre 1003 ein Bundnis mit den heidnischen Liutizen und fuhrte ab 1004 stattdessen Kriege gegen das bisher verbundete christliche Herzogtum Polen unter Boleslaw I Die slawisch heidnische Herrschaft der Liutizen konnte sich so bis ins 12 Jahrhundert halten Die unmittelbare Folge des Slawenaufstandes war ein Stopp der Christianisierung fur die nachsten 200 Jahre Die Bischofe von Brandenburg und die Bischofe von Havelberg lebten fortan als Titularbischofe ausserhalb ihrer Bistumer zumeist am koniglichen Hof Erst im 12 Jahrhundert wurde nach erneuter Eroberung und diesmal mit teilweiser Einbindung slawischer Fursten mit der deutschen Ostsiedlung die Christianisierung jenseits der Elbe wirksam In den zeitgenossischen Quellen hat der Slawenaufstand nur einen geringen Niederschlag gefunden ausserhalb Sachsens keinen Fur die betroffenen Sachsen durfte es sich um einen in einer Reihe von vielen Grenzkonflikten mit den Slawen gehandelt haben uber die in den Annalen und Chroniken des ausgehenden 10 Jahrhunderts beinahe zu jedem Jahr ein Eintrag vorzufinden ist Zur Katastrophe wird der Slawenaufstand erst wenn die Erhebung der Lutizen als zielgerichtete Zerstorung eines auf Christianisierung und Germanisierung der elbslawischen Gebiete abzielenden Aufbauwerkes der Ottonen gedeutet wird Ob eine solche Interpretation gerechtfertigt ist wird zunehmend in Frage gestellt 10 Literatur BearbeitenWolfgang H Fritze Der slawische Aufstand von 983 eine Schicksalswende in der Geschichte Mitteleuropas In Eckart Henning Werner Vogel Hrsg Festschrift der Landesgeschichtlichen Vereinigung fur die Mark Brandenburg zu ihrem hundertjahrigen Bestehen Berlin 1984 S 9 55 Herbert Ludat An Elbe und Oder um das Jahr 1000 Skizzen zur Politik des Ottonenreiches und der slavischen Machte in Mitteleuropa Bohlau Koln u a 1971 ISBN 3 412 07271 0 Christian Lubke Slawenaufstand von 983 In Lexikon des Mittelalters LexMA Band 7 LexMA Verlag Munchen 1995 ISBN 3 7608 8907 7 Sp 2003 f Lutz Partenheimer Die Entstehung der Mark Brandenburg Mit einem lateinisch deutschen Quellenanhang Bohlau Koln u a 2007 mit Quellen zum Slawenaufstand S 98 103 ISBN 3 412 17106 9 Anmerkungen Bearbeiten Widukind von Corvey Rerum gestarum Saxonicarum libri tres In Paul Hirsch et al Hrsg MGH SS rer Germ 60 Hannover 1935 S 132 ff Gerd Althoff Saxony and the Elbe Slavs in the Tenth Century In The New Cambridge Medieval History Band 3 Timothy Reuter Hrsg c 900 c 1024 Cambridge University Press Cambridge u a 1999 ISBN 0 521 36447 7 S 267 292 hier S 282 Wolfgang Bruske Untersuchungen zur Geschichte des Lutizenbundes Bohlau Munster Koln 1955 S 22 und 36 38 Roderich Schmidt Rethra Das Heiligtum der Lutizen als Heidenmetropole In Das historische Pommern Bohlau Koln u a 2007 ISBN 978 3 412 27805 2 S 75 Andrea Stieldorf Marken und Markgrafen Studien zur Grenzsicherung durch die frankisch deutschen Herrscher Hahn Hannover 2012 ISBN 978 3 7752 5764 0 S 510 Wolfgang Petke Sachsen und Slawen um das Jahr 1000 In Michael Brandt Arne Eggebrecht Hrsg Bernward von Hildesheim und das Zeitalter der Ottonen Hildesheim 1993 S 217 214 hier S 218 Wolfgang Bruske Untersuchungen zur Geschichte des Lutizenbundes Bohlau Munster u a 1955 S 39 45 Grundlegend Gerard Labuda Zur Gliederung der slawischen Stamme in der Mark Brandenburg 10 12 Jahrhundert In Jahrbuch fur die Geschichte Mittel und Ostdeutschlands Bd 42 1994 S 103 140 hier S 133f Fred Ruchhoft Vom slawischen Stammesgebiet zur deutschen Vogtei Die Entwicklung der Territorien in Ostholstein Lauenburg Mecklenburg und Vorpommern im Mittelalter Archaologie und Geschichte im Ostseeraum Bd 4 Leidorf Rahden Westfalen 2008 ISBN 978 3 89646 464 4 S 124 128 Grundlegend Gerd Althoff Saxony and the Elbe Slavs in the Tenth Century In The New Cambridge Medieval History Band 3 Timothy Reuter Hrsg c 900 c 1024 Cambridge University Press Cambridge u a 1999 ISBN 0 521 36447 7 S 267 292 insbesondere S 278 288 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Slawenaufstand von 983 amp oldid 220471235