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Ein Titularbischof ist in der romisch katholischen Kirche und ebenso in der orthodoxen Kirche ein geweihter Bischof der im Unterschied zum Diozesanbischof keine eigene Diozese leitet sondern andere Aufgaben oder Funktionen ubernimmt Die Bezeichnung Titularbischof ruhrt daher dass nach katholischer Tradition jeder Bischof zum Bischof eines Bistums geweiht wird Ein Titularbischof ist daher Bischof eines historischen aber untergegangenen Bistums Can 376 des Codex Iuris Canonici unterscheidet Bischofe denen die Sorge fur eine Diozese anvertraut ist werden Diozesanbischofe genannt die ubrigen Titularbischofe Inhaltsverzeichnis 1 Funktion 2 Bistumer in partibus 3 Orthodoxe Kirchen 4 Historische Entwicklung 5 Besonderheiten 6 Liste der Titularbistumer 7 Literatur 8 EinzelnachweiseFunktion BearbeitenJe nach Aufgabe werden Titularbischofe meist Weihbischofe und Titularerzbischofe meist Apostolische Nuntien oder Kurienbischofe unterschieden Ein Titularbischof hat keine Jurisdiktion uber eine Diozese aber denselben Rang wie ein Diozesanbischof Er kann an allgemeinen Konzilien der Kirche teilnehmen und ist gewohnlich auch stimmberechtigtes Mitglied der ortlichen Bischofskonferenz Die Ranggleichheit bedeutet keine Gleichheit der Leitungsgewalt in Bezug auf die Vollmacht zu lehren und zu leiten da ein Weihbischof seinem Diozesanbischof untergeordnet ist Vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil wurde die Stellung des Weihbischofs besonders dadurch verdeutlicht dass er stets nur einen Gaststatus im Bistum hatte und wie der Bischof einer anderen Diozese behandelt wurde Bistumer in partibus BearbeitenSeit dem 16 Jahrhundert wurden Bistumer in durch Andersglaubige eroberten Gebieten von der Romischen Kurie auch als in partibus infidelium Abk i p i das heisst im Gebiet der Unglaubigen oder kurzer in partibus Abk i p bezeichnet 1 Erst als im spaten 19 Jahrhundert durch die Mission im Orient auch in diesen Gebieten wieder Katholiken lebten wurde 1882 von Papst Leo XIII die heute gebrauchlichen Bezeichnung Titularbistum bzw Episcopus titularis eingefuhrt 2 vielfach war der altere Sprachgebrauch jedoch noch bis weit ins 20 Jahrhundert ublich Die romisch katholische Kirche kennt etwa 2000 Titularbistumer Sie sind jedoch nicht alle vergeben Orthodoxe Kirchen BearbeitenAuch die orthodoxen Kirchen kennen Titularbischofe Der Titel eines Titularbischofs wird aus okumenischer Rucksicht unter anderem an Bischofe vergeben die in der westeuropaischen Diaspora tatig sind denn die orthodoxen Kirchen weihen im Allgemeinen niemanden zum Bischof einer Stadt die zur Zeit der Kirchenspaltung katholisch war In Ubersee vor allem in Nordamerika werden dagegen heute meist die Namen der tatsachlichen Bischofssitze verwendet auch wenn es dort bereits romisch katholische Bischofe geben sollte Das Amt des Weihbischofs spielt in den Ostkirchen keine wesentliche Rolle vor allem da die Firmung dort gewohnlich von Priestern gespendet werden Historische Entwicklung BearbeitenIm Mittelalter mussten viele Bischofe aus ihren Diozesen vor allem Kleinasiens des Nahen Ostens und Nordafrikas fliehen da diese durch die Eroberungszuge der Muslime in die Hande von Andersglaubigen gefallen waren Die europaischen Bischofe nahmen diese Exilbischofe auf und ubertrugen ihnen vertretungshalber bischofliche Funktionen in ihren Diozesen Die Vorstellung dass sich aus der Neubesetzung dieser verlorenen Bistumer die Institution des Titularbischofs entwickelt habe trifft jedoch nicht zu Die Bistumer erloschen vielmehr in der Regel nach dem Tod des exilierten Amtsinhabers Allerdings gab es besonders auf der Iberischen Halbinsel fortbestehende Bistumer auf verlorenem Territorium als eine Art Anspruchstitel der anzeigen sollte dass die Hoffnung auf eine Re Christianisierung dieser Lander nicht aufgegeben wurde und die im Zuge der Reconquista tatsachlich ihre Gebiete wiedergewannen Im 13 Jahrhundert bestand bei den regularen Diozesanbischofen der Bedarf nach Stellvertretern die sie bei bischoflichen Weihehandlungen vertreten konnten Bischofe die ihre Bischofssitze im christianisierten Baltikum wegen der nicht abgeschlossenen Eroberung dieser Gebiete noch nicht einnehmen konnten wurden daher fur Amtshandlungen herangezogen Eine solche Tatigkeit von Bischofen ausserhalb ihrer Diozesen widersprach zwar der etablierten kirchlichen Rechtsordnung bildete aber eine Vorform des Amtes der Weihbischofe Noch mehr Nachfrage nach Hilfsbischofen gab es da viele Diozesanbischofe ihrer Residenzpflicht nicht nachkamen weil sie entweder durch Positionen an der papstlichen Kurie oder als Berater ihrer Monarchen etc gehindert waren ihren eigentlichen Aufgaben als Bischof nachzukommen oder weil sie durch Amterkumulierung oft mehreren Diozesen gleichzeitig vorstanden Seit dem Konzil von Vienne 1311 12 fuhrte die romische Kurie daher die Praxis ein Weihbischofe zu erheben und nach untergegangenen Bischofssitzen zu benennen die teils seit Jahrhunderten nicht mehr existiert hatten Dabei wurden zunachst vorwiegend verlorengegangene Bischofssitze im Bereich der Ostkirche als Titelspender verwendet Lediglich die im Zuge der Kreuzzuge in den Kreuzfahrerstaaten etablierten katholischen Bistumer insbesondere Jerusalem wurden nach dem Verlust dieser Gebiete kontinuierlich weiterbesetzt diese blieben aber eine Ausnahme Auch die in der Reformation verlorengegangenen Bistumer erloschen nach einer gewissen Zeit und wurden nicht in Titularbistumer umgewandelt Daruber hinaus brachte der Niedergang der Kirchendisziplin im spaten Mittelalter insbesondere in den Zeiten des Grossen Abendlandischen Schismas oft auch Personen in den Bischofsrang welche nie ernstlich daran dachten die Bischofsweihe zu empfangen sondern diese Position eher als Grundlage fur ihre Karriere betrachteten In all diesen Fallen war es daher naheliegend fur die Leitung und Verwaltung der Diozese oder auch fur die Spendung einiger Sakramente auch Titularbischofe einzusetzen Lagen diese Titularbistumer bis Mitte des 20 Jahrhunderts fast ausschliesslich in Nordafrika Vorderasien oder Sudosteuropa so hat man in den vergangenen Jahrzehnten auch untergegangene Bistumer aus anderen Teilen Europas insbesondere Italiens und der Iberischen Halbinsel und Amerikas unter die Titularbistumer aufgenommen Durch die Verscharfung der Residenzpflicht fur Diozesanbischofe und die Beschrankung von Amterkumulationen die vom Konzil von Trient verfugt wurden kam es zwar zu einer Reduktion der Zahl von Titularbischofen Andererseits fuhrte die Ausweitung der Missionen ab dem 16 Jahrhundert wieder zu einer Vermehrung derselben da die Funktion der Apostolischen Vikare die faktisch die Stelle von Missionsbischofen haben durch Titularbischofe besetzt wird Auch die in Missionsgebieten errichteten Pralaturen wurden von Titularbischofen geleitet Ebenso wurde es im Verlauf des 17 und 18 Jahrhunderts ublich Diozesanbischofe die aus Gesundheits oder anderen Grunden auf ihr Amt verzichteten an ein Titularbistum zu binden Durch diese Umstande erhohte sich die Zahl von Titularbischofen sodass die bisherige Praxis nur eine begrenzte Zahl der untergegangenen Diozesen als Titularsitze zu verleihen spatestens ab dem Anfang des 20 Jahrhunderts mehr und mehr aufgegeben wurde und schliesslich zur Erstellung einer moglichst umfassenden Liste von Titularbistumern fuhrte um auf diese Weise genugend Titel fur die benotigten Funktionen zu haben Die starke Ausweitung der Kirchenhierarchie fuhrte dennoch ab ca 1960 zu zunehmenden Engpassen insbesondere da aus okumenischen Rucksichten eine grosse Zahl von Titularsitzen welche auch als Residenzialsitze der orthodoxen Kirchen in Verwendung stehen nicht mehr vergeben werden sollten Ausserdem fuhrte die Einfuhrung einer Altersgrenze durch Ecclesiae Sanctae fur Diozesanbischofe das 75 Lebensjahr zu einer steigenden Zahl von Altbischofen Man schied daher ab 1971 einige Kategorien von Titularbischofen aus um so wieder freie Platze zu schaffen Zunachst wurden die Altbischofe gedrangt auf etwaig schon verliehene Titularsitze zu resignieren und ihnen der Titel Episcopus emeritus N sis Altbischof von N verliehen Einige Jahre spater wurden die Pralaten der Territorialpralaturen ebenfalls gleich auf ihren Pralaturtitel geweiht nicht mehr wie bisher auf einen Titularsitz Seit 1998 sind die Militarbischofe ausser in Osterreich siehe unten keine Titularbischofe mehr Das derzeit einzige Titularbistum in Deutschland ist das Bistum Chiemsee in Osterreich gibt es mit den Titular Erzbistumern Tiburnia und Lauriacum sowie den Titularbistumern Wiener Neustadt Aguntum und Virunum funf Titularsitze Das Titularbistum Wiener Neustadt wird traditionell an den Bischof der osterreichischen Militardiozese vergeben 2018 legte der Berliner Historiker Michael F Feldkamp seine Forschungen uber die Entstehung des Titularbischofs vor Demnach waren die Titularbistumer erst auf Grundlage der Beschlusse des Konzils von Vienne 1311 12 und eben nicht infolge der islamischen Eroberungskriege des 7 Jahrhunderts entstanden Feldkamp widersprach zugleich der im 19 Jahrhundert entstandenen Legende die untergegangenen Bistumer hatten als Titularbistumer fortgelebt um einen Anspruch des Heiligen Stuhls aufrecht zu halten Vielmehr wurden Titularbistumer bzw erzbistumer bei Bedarf errichtet und lagen nach Feldkamps Recherchen mit wenigen Ausnahmen in den Territorien die mit dem Morgenlandischen Schisma 1054 orthodox geworden waren 3 Besonderheiten BearbeitenJohannes Dyba wurde wahrend seiner Zeit an der romischen Kurie zum Titularerzbischof von Neapolis in Proconsulari ernannt Spater leitete er als Diozesanbischof das Bistum Fulda Fruher behielt ein Titularerzbischof in solchen Fallen sein Titularerzbistum neben seinem Residentialbistum bei seit der Mitte des 20 Jahrhunderts wird in solchen Fallen jedoch der Titel Erzbischof Bischof von N verliehen In Ausnahmefallen pro hac vice ist der vergebene Titel Erzbischof nicht mit einem Titularerzbistum historisch erloschenes Erzbistum verbunden Da jeder Bischofstitel ein Titularbistum haben muss wird der Titel mit einem schon vorhandenen Titularbistum verbunden Liste der Titularbistumer BearbeitenListe der romisch katholischen TitularbistumerLiteratur BearbeitenGunther Dickel Artikel Titularbischof in EKL1 3 Sp 1450 Heribert Schmitz Titularbischof In Walter Kasper Hrsg Lexikon fur Theologie und Kirche 3 Auflage Band 10 Herder Freiburg im Breisgau 2001 Sp 57 58 Michael F Feldkamp Warum entstanden aus den im Konfessionellen Zeitalter sakularisierten deutschen Bistumern keine Titularbistumer Beobachtungen zur Entwicklung des Rechtsinstituts des Titularbischofs In Andreas Gottsmann Pierantonio Piatti Andreas E Rehberg Hrsg Incorrupta monumenta ecclesiam defendunt Studi offerti a mons Sergio Pagano prefetto dell archivio segreto vaticano Band 1 La Chiesa nella storia Religione cultura costume Collectanea Archivi Vaticani 106 Archivio Segreto Vaticano Citta del Vaticano 2018 ISBN 978 88 98638 08 6 S 589 606 Einzelnachweise Bearbeiten Gunther Dickel Artikel Titularbischof in EKL1 3 Sp 1450 Heribert Schmitz Titularbischof In Walter Kasper Hrsg Lexikon fur Theologie und Kirche 3 Auflage Band 10 Herder Freiburg im Breisgau 2001 Sp 57 Michael F Feldkamp Warum entstanden aus den im Konfessionellen Zeitalter sakularisierten deutschen Bistumern keine Titularbistumer Beobachtungen zur Entwicklung des Rechtsinstituts des Titularbischofs In Andreas Gottsmann Pierantonio Piatti Andreas E Rehberg Hrsg Incorrupta monumenta ecclesiam defendunt Studi offerti a mons Sergio Pagano prefetto dell archivio segreto vaticano Band 1 La Chiesa nella storia Religione cultura costume Collectanea Archivi Vaticani 106 Archivio Segreto Vaticano Citta del Vaticano 2018 ISBN 978 88 98638 08 6 S 589 606 Vgl auch Michael F Feldkamp Wo borgte sich der Leihbischof sein Bistum In Frankfurter Allgemeine Zeitung Abgerufen am 6 April 2020 Normdaten Sachbegriff GND 7793255 9 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Titularbischof amp oldid 228635555