www.wikidata.de-de.nina.az
Die Schlacht von Adrianopel am 9 August 378 war mit ungefahr 20 000 Toten die schwerste Niederlage der Romer gegen germanische Krieger seit der Varusschlacht 9 n Chr Adrianopel ist heute Edirne die nordwestlichste Grossstadt der Turkei In der Schlacht in der Kaiser Valens fiel unterlag das ostromische Heer den Westgoten genauer gesagt handelte es sich dabei um die terwingischen Goten die nicht deckungsgleich mit den spateren Westgoten sind die auf der Flucht vor den Hunnen auf dem Gebiet des Romischen Reichs einen neuen Siedlungsraum gesucht hatten von den Romern aufgenommen worden waren aber schliesslich gegen diese rebellierten siehe auch Volkerwanderung Schlacht von Adrianopel Teil von Gotenkrieg 376 382 Datum 9 August 378Ort bei Adrianopel heute Edirne in der Turkei Ausgang Sieg der Terwingen Westgoten KonfliktparteienRomisches Reich Terwingen AlanenBefehlshaberValens FritigernTruppenstarkeca 30 000 Mann ca 25 000 MannVerlusteca 20 000 darunter Kaiser Valens Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Schlachtverlauf 3 Nachwirkung 4 Einordnung in der Militargeschichte 5 Literatur 6 Weblinks 7 AnmerkungenVorgeschichte BearbeitenDie Invasion der Hunnen hatte im Jahr 375 im ostlichen Teil Europas und im westlichen Asien zu umfangreichen Wanderbewegungen einzelner Kriegerverbande gefuhrt Die am Schwarzen Meer lebenden gotischen Terwingen suchten angesichts der herannahenden Hunnen das Heil in der Flucht gen Sudwesten in das nordliche Balkangebiet des Romischen Reichs um der Unterwerfung durch die Hunnen zu entkommen Nach einem Umsturz in der westgotischen Fuhrungsschicht wurde Fritigern ein arianischer Christ als Fuhrer uber die Terwingen ernannt Unter seiner Fuhrung erflehten die vor den Hunnen geflohenen Terwingen den Ubergang uber die Donau und die Aufnahme in das Romische Reich und der Kaiser der sie als Bauern und Soldaten zu gewinnen hoffte willigte ein Ihnen hatte sich der gefluchtete Teil der ansonsten von den Hunnen unterworfenen gotischen Greutungen und iranischen Alanen die besonders gut bewaffnete Reitertruppen stellten angeschlossen Die romische Donauflotte organisierte den Transfer der Krieger und ihrer Familien laut Ammianus Marcellinus etwa 200 000 Menschen Sie waren willkommene Soldaten die den Romern Unterstutzung bei der Verteidigung der Donaugrenze und im geplanten Krieg gegen die persischen Sassaniden geben sollten und durften daher auch ihre Waffen behalten Im Gegenzug versprach man ihnen sie mit Nahrungsmitteln zu versorgen dies scheiterte jedoch an der Korruption der lokalen Kommandeure Die Goten litten daher in den kommenden Monaten unter Hungersnoten und wurden von romischen Beamten schikaniert Dies fuhrte dazu dass die Terwingen schliesslich 377 meuterten die ihnen zugedachten Siedlungsgrenzen durchbrachen und plundernd durch die romischen Balkanprovinzen zogen Andere Meuterer schlossen sich ihnen an ebenso wie weitere Kriegergruppen die auf Beute hofften Mehrere kleinere romische Verbande wurden besiegt Nachdem es den kaiserlichen Truppen vor Ort nicht gelungen war die Rebellion militarisch zu unterdrucken entschloss sich der ostromische Kaiser Valens selbst zum Handeln brach den geplanten Perserfeldzug ab und begab sich 378 an der Spitze der ostromischen Armee auf den Balkan nbsp Solidus des Valens von etwa 370 Auf der Ruckseite sind Valens und sein Bruder Valentinian I dargestellt Schlachtverlauf BearbeitenAm 9 August des Jahres 378 stellte Valens mit seinem Heer die Terwingen Die Starke beider Heere ist nicht genau bekannt Moderne Schatzungen fur das romische Heer schwanken zwischen 24 000 bzw 26 000 1 und bis zu 30 000 oder gar 40 000 Mann 2 Oft werden rund 30 000 Mann angenommen wenngleich Peter J Heather von einer niedrigeren Starke ausgeht Es handelte sich uberwiegend um kampferfahrene comitatenses das Ruckgrat der ostromischen Armee Die Terwingen verfugten sicher uber mehr als 10 000 Krieger nach neueren Schatzungen vielleicht um die 25 000 Mann 3 Ohne auf die erwartete Armee des Westkaisers Gratian zu warten dessen Truppen zunachst in der Schlacht bei Argentovaria gegen die alamannischen Lentienser gekampft hatten und sich daher noch einige Tagesmarsche von Adrianopel entfernt befanden liess Valens am fruhen Morgen seine Legionen in voller Kampfrustung 18 Kilometer auf die Wagenburg der Terwingen zumarschieren die sie erst zur Mittagszeit erreichten Valens und seine Berater gingen irrtumlich davon aus es nur mit etwa 10 000 Terwingen zu tun zu haben und wollten den sicher geglaubten Sieg nicht mit Gratian teilen Zwischen den beiden Kaisern die Onkel und Neffe waren herrschte Rivalitat um den Vorrang im Reich Mutmasslich befurchtete man uberdies das gotische Heer konnte sich bald wieder in schwer zu bekampfende Einzelgruppen aufspalten und wollte daher die Gelegenheit einen entscheidenden Sieg zu erringen nicht verpassen Da weder ausreichend Wasser noch Lebensmittel mitgenommen worden waren erreichten die romischen Soldaten das Schlachtfeld nach acht Stunden Marsch in erschopftem Zustand Fritigern bat dennoch um Verhandlungen dem stimmte Valens zu Die ungeduldig gewordene Reiterei des rechten Flugels unter Cassio und Bacurius begann jedoch mit einem eigenmachtigen Erkundungsangriff wobei sie den Schutz ihrer Plankler verlor nun entwickelte sich ungeplant die Schlacht Dennoch konnten die kaiserlichen Truppen zunachst vorrucken und die Terwingen in grosse Bedrangnis bringen bis unerwartet die greutungischen Reiter auf dem Schlachtfeld erschienen und den Legionaren in den Rucken fielen Die schwache romische Kavallerie wurde von der vereinigten greutungischen und alanischen Reiterei in die Flucht geschlagen Die zur Hilfe geeilte Reiterei des linken Flugels die zuruckgeblieben war da der Aufmarsch der Romer noch gar nicht abgeschlossen war wurde von der panischen Flucht der Reiterei des rechten Flugels ergriffen und floh teilweise kampflos Dadurch waren die Flanken der romischen Infanterie schutzlos bevor diese uberhaupt vollstandig in Stellung gegangen war Die Terwingen die den romischen Legionen durch das Anzunden des Grases vor ihrer Wagenburg bereits erheblich zugesetzt hatten griffen die Romer nun mit Blitzattacken ihrer Reiterei zu der auch die so genannte Dreivolker Konfoderation bestehend aus Greutungen Alanen und geflohenen Hunnen gehorte und Fusssoldaten von drei Seiten gleichzeitig an Nach verzweifelter Gegenwehr brach im kaiserlichen Heer schliesslich Panik aus Nur ein geringer Teil der Legionare konnte fluchten fast alle ubrigen wurden auf dem Schlachtfeld getotet Auch Kaiser Valens der personlich versuchte den Zusammenbruch der romischen Front zu verhindern sowie zwei Heermeister fielen in der Schlacht Flavius Victor und andere hohe Offiziere hingegen konnten entkommen Die Stadt Adrianopel das heutige Edirne in der sich sowohl der Reichsschatz als auch die Reichsinsignien befanden konnte dank einer von der Kaiserwitwe Albia Domnica besoldeten romischen Burgermiliz gehalten werden Gratian musste hilflos zusehen wie die siegreichen Terwingen Reichsgebiet verwusteten Der 379 von ihm erhobene neue romische Kaiser Theodosius I unterlag 380 nochmals den Feinden konnte aber nach einer Reorganisation des Heeres und weiteren Gefechten ab 380 schliesslich im Jahr 382 eine Einigung mit den Terwingen des Fritigern erzielen Er siedelte diese als Foderaten im Gebiet des heutigen Bulgarien an wobei dieser schlecht bezeugte Gotenvertrag aufgrund der angeblich ungewohnlich gunstigen Bedingungen die die Romer den gotischen Terwingen einraumen mussten vielen Gelehrten als epochemachend gilt Nachwirkung BearbeitenDas foedus das Kaiser Theodosius mit den Terwingen abschliessen liess ist im Detail sehr umstritten Offenbar uberliess man ihnen Gebiete in Thrakien und Mosien aus denen sie sich versorgen durften und liess ihnen zudem wohl eine weitgehende Autonomie Die Terwingen Fritigerns wurden keine romischen Burger sondern hatten eigene Gesetze und eine eigene politische Spitze Allerdings blieb das Gebiet formal romisches Territorium und die Terwingen waren Rom gegenuber als foederati zur Waffenhilfe verpflichtet wobei sie als Soldner unter eigenen Anfuhrern aber unter romischen Oberbefehlshabern comites foederatorum kampften Die Terwingi waren damit die ersten Barbaren die im Romischen Reich als ungeteilte ethnisch politische Einheit sesshaft werden durften Diese Ordnung die fur Terwingen wie Romer vorteilhaft war blieb allerdings nur bis 395 bestehen als Theodosius starb und seine Nachfolger das foedus nicht verlangerten Traditionell gilt die Schlacht von Adrianopel als der Auftakt der spatantiken Volkerwanderung Die Niederlage und ihre Folgen markierten demnach den beginnenden Niedergang der romischen Macht und den Anfang einer Reihe germanischer Invasionen die zur Plunderung Roms im Jahr 410 zur Einnahme Karthagos 439 sowie schliesslich zum Ende Westroms 476 gefuhrt hatten In dieser Sichtweise war Adrianopel eine entscheidende Niederlage der Moment als sich das Kriegsgluck den Germanen zuwandte und die Macht Roms gebrochen wurde Zwar fassten bereits Zeitgenossen diese Schlacht als Katastrophe auf so endete das Geschichtswerk des Ammianus Marcellinus mit ebendieser Schlacht Doch macht der Schluss von Ammianus Werk auch deutlich dass dieser zum Zeitpunkt der Niederschrift des Werkes in den 90er Jahren des 4 Jahrhunderts durchaus wieder optimistischer in die Zukunft schaute In der neueren Forschung werden die langfristigen Folgen der Schlacht teils stark relativiert da das Imperium Romanum trotz der vor allem militarisch zunachst ausserst problematischen Lage weiterhin handlungsfahig geblieben sei Uberdies wird insbesondere darauf hingewiesen dass es problematisch sei eine kausale Verbindung zwischen der Niederlage einer ostromischen Armee und dem Untergang des westromischen Kaisertums knapp 100 Jahre spater zu konstruieren Der Umstand dass die ostromische Armee in den 16 Jahren nach der Schlacht in der Lage war gleich zwei blutige Burgerkriege gegen Westrom zu gewinnen wobei die Visigoten die terwingischen foederati dem Ostkaiser gute Dienste leisteten legt in der Tat nahe dass man die langfristigen Folgen der Schlacht haufig uberbewertet Die noch immer verbreitete Annahme mit Adrianopel habe die Volkerwanderungszeit und der Untergang des Romischen Reiches begonnen da nun der Damm gebrochen sei ist daher zumindest eine sehr fragwurdige Vereinfachung Eine erhebliche Nachwirkung hatte die Schlacht allerdings in der theologischen Auseinandersetzung zwischen den Anhangern von Nicaa und den Arianern Selbst Arianer kampfte Valens hier gegen arianisch missionierte Terwingen Seine Niederlage wurde von spatantiken und mittelalterlichen Kirchenhistorikern als die gerechte Strafe fur Ketzerei angesehen 4 als der Arianismus als Ketzerei verfolgt wurde Einordnung in der Militargeschichte BearbeitenDie Schlacht von Adrianopel wird manchmal als der erste grosse Sieg von Panzerreiterei uber disziplinierte gepanzerte Fusssoldaten Legionare in Europa und damit als Geburtsstunde der mittelalterlichen Ritterheere gesehen Vom taktischen Verlauf der Schlacht her kann diese These jedoch nicht uberzeugen da die Romer ebenfalls schwer gepanzerte Reiterei cataphracti und clibinari besassen die jedoch von den Terwingen Fritigerns in die Flucht geschlagen wurde wodurch die Flanken der romischen Infanterie gegen die Attacken der greutungischen und alanischen Lanzenreiter schutzlos waren Die romische Infanterie unterlag nicht einer uberlegenen Kampfweise ihrer Gegner sondern sie wurde vor allem das Opfer mangelnder bzw fehlerhafter Feindaufklarung die den uberraschenden Angriff der Terwingen nicht vorausgesehen und die Zahl der Feinde drastisch unterschatzt hatte Literatur BearbeitenAlessandro Barbero The Day of the Barbarians The Battle That Led to the Fall of the Roman Empire 2007 ISBN 0 8027 1571 0 popularwissenschaftlich Dariusz Brodka Einige Bemerkungen zum Verlauf der Schlacht bei Adrianopel 9 August 378 In Millennium Jahrbuch zu Kultur und Geschichte des ersten Jahrtausends n Chr Band 6 2009 S 265 280 Thomas S Burns Barbarians within the Gates of Rome A Study of Roman Military Policy and the Barbarians ca 375 425 Indiana University Press Bloomington Indiana 1994 ISBN 0 253 31288 4 detaillierte militargeschichtliche Studie Peter J Heather The Fall of the Roman Empire Macmillan London 2005 ISBN 0 333 98914 7 S 167 ff wie Burns vor allem in militargeschichtlicher Hinsicht interessant Simon MacDowall Adrianople AD 378 Osprey Publishing Oxford 2001 ISBN 1 84176 147 8 popularwissenschaftlich Martin Rink Die Schlacht von Adrianopel 9 August 378 Beginn der Volkerwanderung In Damals Zeitschrift fur Geschichte und Kultur Heft 6 2009 S 54 61 popularwissenschaftlich Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Schlacht von Adrianopel 378 Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienAnmerkungen Bearbeiten Dariusz Brodka Einige Bemerkungen zum Verlauf der Schlacht bei Adrianopel 9 August 378 In Millennium Band 6 2009 S 265 280 hier S 267 Vgl Alexander Demandt Die Spatantike 2 Aufl Munchen 2007 S 152 Anmerkung 147 Dariusz Brodka Einige Bemerkungen zum Verlauf der Schlacht bei Adrianopel 9 August 378 In Millennium Band 6 2009 S 265 280 hier S 267f Die Schlacht bei Adrianopel am 9 August 378 n Chr In Zeitschrift fur Geschichtswissenschaft Band 6 1891 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Schlacht von Adrianopel 378 amp oldid 234939133