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Scherden auch Serden Schardana Sardana ist ab dem Neuen Reich die neuagyptische Bezeichnung fur eine Volksgruppe die teils Agypten angriff teils als Hilfstruppen in agyptischen Diensten belegt ist Die Scherden werden in verschiedenen Aufzeichnungen beginnend in den Amarna Briefen der 18 Dynastie bis in die Zeit von Osorkon II dem funften Pharao der 22 Dynastie genannt 3 Scherden in HieroglyphenScherden Schardana Scha r da na Srdn S3 r d3 n3 1 Sarden 2 Inhaltsverzeichnis 1 Erwahnungen der Scherden 1 1 Amarna 1 2 Ramses II und Merenptah 1 3 Ramses III 2 Herkunft 3 Literatur 4 EinzelnachweiseErwahnungen der Scherden BearbeitenAmarna Bearbeiten Erstmals erwahnt werden die Scherden als Scherdenu um 1345 v Chr in Amarna in den Briefen der nordlichen Vasallen in welchen Rib Addi der Konig von Byblos militarische Unterstutzung von Echnaton erbat 4 Rib Addi beklagte sich darin dass bei Angriffen von Feinden vor allem Aziru von Amurru seine Scherden Soldner die offenbar seine Leibgarde bildeten oder einer Spezialtruppe angehorten dezimiert wurden 5 Auch andere Levante Fursten unterhielten Scherden Soldner wobei es sich immer um kleinere Gruppen fremdlandischer Krieger handelt 6 Belege fur solche Soldnertruppen existieren auch fur Ugarit und Zypern 7 Ramses II und Merenptah Bearbeiten Unter Ramses II werden die Scherden als bedrohliche Seestreitkraft beschrieben die nur schwer zu besiegen war In einer Stele aus Tanis heisst es Die Schardana von aufstandischem Herzen die seit ewiger Zeit niemand zu bekampfen weiss sie kamen indem ihre Herzen bestarkt waren sie fuhren heran in Kriegsschiffen aus der Mitte des Gewassers und man wusste ihnen nicht standzuhalten KRI II 290 8 9 nbsp nbsp Darstellung der Scherden im grossen Tempel von Abu Simbel Original und Zeichnung nach James H Breasted In der Schlacht bei Kadesch 1274 v Chr nach der Kurzchronologie wurden Scherden dagegen von Ramses II als eigene Truppe neben Infanterie und Streitwagen eingesetzt Es handelt sich dabei nach Angaben Ramses um gefangene Scherden die eventuell bei einem Kriegszug dieses Pharaos in Kriegsgefangenschaft gerieten und dann als Soldner eine Chance bekamen 10 Im grossen Tempel von Abu Simbel sind vier Scherden mit Langschwertern und Rundschilden je zwei sich gegenuberstehend unter dem thronenden Konig Ramses II dargestellt hinter denen agyptische Fusssoldaten folgen Die Szenerie gehort zur Komposition der Schlacht bei Kadesch an der Nordwand der grossen Pfeilerhalle des Tempels In weiteren agyptischen Quellen werden die Scherden in Verbindung mit den sogenannten Seevolkern erwahnt so z B im Libyerkrieg im 5 Regierungsjahr von Merenptah 11 Ramses III Bearbeiten nbsp Grosser Papyrus Harris Spalte 76Unter Ramses III erfolgte auf Agypten 1186 v Chr erneut ein Angriff der Seevolker Auf einem Relief in Medinet Habu wurde diese Schlacht in Bildern festgehalten In der namentlichen Aufzahlung der Seevolker fehlt jedoch der Name Scherden Ihr Name wird erst im Grossen Papyrus Harris in den Zeilen 5 und 7 der Spalte 76 erwahnt 12 Dieser Widerspruch konnte bis heute nicht erklart werden Die Zuordnung der Scherden als Teilnehmer an der Schlacht kann zwar als gesichert angesehen werden ihre Teilnahme im Seevolker Bundnis gegen Agypten stellt jedoch nur wissenschaftliche Annahmen dar Ramses II rekrutierte die Scherden als Gardeeinheiten die auf agyptischen Schiffen eingesetzt wurden Sie kampften weiterhin mit ihrer eigenen Ausrustung und als Zeichen der Zugehorigkeit zur agyptischen Flotte wurden ihre Helme mit dem Aton Emblem bestuckt Eine Ableitung aus den Abbildungen auf dem Relief von Medinet Habu kann aus diesen Grunden nicht automatisch vorgenommen werden Herkunft Bearbeiten nbsp Darstellung der Scherden am Totentempel Ramses III in Medinet Habu erster Innenhof Die Scherden trugen nach den Darstellungen in Medinet Habu gehornte Helme mit Knauf oder Aufsatz an der Spitze des Helmes gerippte Brustharnische Schilde Doppelspeere und lange zweischneidige Schwerter Die Helme entsprechen dem Aussehen zweier Bronzestatuetten aus Enkomi auf Zypern allerdings ohne Aufsatz Ferner ahneln sie den auf der sogenannten Kriegervase aus Mykene dargestellten Helmen Die Kriegervase stammt aus dem spaten 12 Jahrhundert Die abgebildeten Kriegswaffen waren seit dem spaten 13 Jahrhundert v Chr im mykenischen Kulturkreis gebrauchlich und wurden erst im 12 Jahrhundert v Chr in Zypern eingefuhrt Das Aussehen der Schiffe z B die Form des Bugs mit Vogelkopfmotiv ist vergleichbar mit Abbildungen auf mykenischen Tongefassen z B einer mykenischen Bugelkanne aus dem spaten 12 Jahrhundert SH III C die auf Skyros 13 gefunden wurde Andere Gegenstande des taglichen Gebrauchs die kurz nach 1186 v Chr im Umland eingefuhrt wurden sind ebenfalls mykenischen Ursprungs Die Herkunft aus dem agaischen Raum scheint daher nahezuliegen Dass die Scherden an der Seevolker Koalition zumindest zeitweise beteiligt waren macht ihre Herkunft aus dem Agaisraum oder Sudwestanatolien ebenfalls wahrscheinlich Eberhard Zangger vermutete eine Herkunft der Scherden unspezifiziert aus Nordwest Kleinasien wo er auch Aḫḫijawa seiner Meinung nach ein bedeutendes trojanisches Reich und die Lukka Lander annahm 14 Seit dem Fund des Staatsvertrags zwischen Tudḫalija IV und Kurunta in Ḫattusa und dessen Auswertung gilt jedoch als sicher dass sich die Lukka Lander im westlichen Suden Kleinasiens befanden und Aḫḫijawa kaum in der Troas gelegen haben kann 15 Eine Herkunft der Scherden aus Nordwestanatolien kann daher will man sie wie Zangger in der Nahe der Lukka Lander und Ahhijawas lokalisieren nicht mehr aufrechterhalten werden Ferner wird schon seit langer Zeit immer wieder von einigen Forschern eine Herkunft der Scherden Schardana aus Sardinien vermutet Argumente dafur sind nicht nur die Namensahnlichkeit sondern auch die phonizische Schreibung srdn fur die Insel die auf der Stele von Nora aus dem 9 Jahrhundert v Chr erstmals begegnet 16 sowie viele Funde ostmediterraner Herkunft vor allem im Sudosten der Insel z B Nuraghe Antigori die zeigen dass Sardinien in das spatbronzezeitliche Seehandelsnetz eingebunden war 17 Auch in Kommos auf Kreta 18 sowie in Pyla Kokkinokremmos auf Zypern 19 gefundene sardische Keramik wird in dem Zusammenhang angefuhrt Ferner werden Bronzefiguren der Nuraghenkultur ins Spiel gebracht wie Schiffsmodelle die Ahnlichkeiten zu den Schiffen der Scherden bzw zu den oben erwahnten Schiffsdarstellungen auf Skyros aufweisen sollen oder Figuren mit gehornten Helmen In der 1993 2000 ausgegrabenen Siedlung el Ahwat im Norden Israel stiess man u a auf Tholos artige Befestigungsbauten die der Ausgraber Adam Zertal potentiell mit Sardinien in Verbindung bringt 20 Die Funde ostmediterraner Herkunft auf Sardinien datieren jedoch hauptsachlich ins 13 und 12 Jahrhundert v Chr mykenische Keramik z B umfasst vor allem SH III B und SH III C Ware nur wenige Stucke sind deutlich fruher anzusetzen Das deutet darauf hin dass die Kontakte erst deutlich nach den altesten Schriftquellen zu den Scherden s o intensiviert wurden Ferner gibt es auf Sardinien aus der dortigen mittleren und spaten Bronzezeit so gut wie keine Funde von Waffen was im Widerspruch zu den Berichten uber die gefurchteten Krieger der Scherden stehen konnte wenn man sowohl deren Herkunft aus Sardinien als auch eine von ihnen auch noch wahrend ihrer als Seevolk bekannten Zeit aufrechterhaltene Ortsbindung an Sardinien annimmt 21 Literatur BearbeitenOtto Kaiser Hrsg Texte aus der Umwelt des Alten Testaments TUAT Band 1 Rechts und Wirtschaftsurkunden historisch chronologische Texte Alte Folge Gutersloher Verlagshaus Gutersloh 1982 ISBN 978 3 579 00060 2 Bill Manley Die siebzig grossen Geheimnisse des Alten Agyptens Frederking amp Thaler Munchen 2003 ISBN 3 89405 625 8 Walter Arend Altertum Alter Orient Hellas Rom Geschichte in Quellen Band 1 Bayerischer Schulbuch Verlag Munchen 1989 ISBN 3 7627 6055 1 James Henry Breasted Ancient records of Egypt historical documents from the earliest times to the Persian Conquest The Nineteenth Dynasty Band 3 The Nineteenth Dynasty Histories amp Mysteries of Man London 1988 ISBN 1 85417 027 9 archive org Einzelnachweise Bearbeiten Syllabische Schreibung S3 r d3 na Rainer Hannig Grosses Handworterbuch Agyptisch Deutsch 2800 950 v Chr von Zabern Mainz 2006 ISBN 3 8053 1771 9 S 901 Ann E Killebrew Gunnar Lehmann The World of the Philistines and Other Sea Peoples In The Philistines and Other Sea Peoples in Text and Archaeology Society of Biblical Literature Atlanta 2013 ISBN 978 1 58983 129 2 S 2 5 sbl site org PDF 847 kB abgerufen am 27 Mai 2015 Amarna Briefe EA 81 EA 122 EA 123 August Strobel Der spatbronzezeitliche Seevolkersturm ein Forschungsuberblick mit Folgerungen zur bibl Exodusthematik Beihefte zur Zeitschrift fur die alttestamentliche Wissenschaft Band 145 De Gruyter Berlin 1976 ISBN 978 3 11 006761 3 S 190 Gustav Adolf Lehmann Die politischen historischen Beziehungen der Agais Welt des 15 13 Jhs v Chr zu Vorderasien und Agypten einige Hinweise In Joachim Latacz Hrsg Zweihundert Jahre Homerforschung Ruckblick und Ausblick Colloquium Rauricum Band 2 Teubner Stuttgart 1991 ISBN 978 3 519 07412 0 S 114 f Gustav Adolf Lehmann Die politischen historischen Beziehungen der Agais Welt des 15 13 Jhs v Chr zu Vorderasien und Agypten einige Hinweise In Joachim Latacz Hrsg Zweihundert Jahre Homerforschung Ruckblick und Ausblick Colloquium Rauricum Band 2 Teubner Stuttgart 1991 S 115 Kenneth A Kitchen Ramesside Inscriptions Band II Ramesses II Royal inscriptions KRI II Blackwell Oxford u a 1996 1999 ISBN 978 0 631 18435 5 Nr 290 Marcus Muller Die Schlacht gegen die Seevolker unter Ramses III In Krieg und Frieden Kemet Heft 4 2009 S 38 August Strobel Der spatbronzezeitliche Seevolkersturm ein Forschungsuberblick mit Folgerungen zur bibl Exodusthematik Berlin 1976 S 190 mit weiteren Literatur und Quellenangaben Vgl auch TUAT 1 AF S 544 552 Samuel Birch Hrsg Facsimile of an Egyptian Hieratic Papyrus of the Reign of Ramses III now in the British Museum Order of the Trustees London 1876 Plate LXXVI S 28 englisch Digitalisat Siehe Abbildung auf ime gr Eberhard Zangger Ein neuer Kampf um Troia Archaologie in der Krise Droemer Knaur Munchen 1994 ISBN 3 426 26682 2 Frank Starke Troia im Kontext des historisch politischen und sprachlichen Umfeldes Kleinasiens im 2 Jahrtausend In Studia Troica Band 7 1997 S 447 487 bes 450 ff H Donner W Rollig Kanaanaische und aramaische Inschriften Wiesbaden 1969 Nr 46 zitiert nach Gunther Holbl Beziehungen der agyptischen Kultur zu Altitalien Band 1 Brill Leiden 1969 S 21 Anm 64 Einen aktuellen Uberblick zu den Funden bietet Laura Soro Sardinien und die mykenische Welt Die Forschungen der letzten 30 Jahre In Fritz Blakolmer u a Hrsg Osterreichische Forschungen zur Agaischen Bronzezeit 2009 Akten der Tagung vom 6 bis 7 Marz 2009 am Fachbereich Altertumswissenschaften der Universitat Salzburg Wien 2011 S 283 294 academia edu Livingston Vance Watrous Kommos III The Late Bronze Age Pottery Princeton University Press Princeton NJ 1992 ISBN 978 0 691 03607 6 S 163 191 Tafel 56 57 zitiert nach Laura Soro Sardinien und die mykenische Welt Die Forschungen der letzten 30 Jahre In Fritz Blakolmer u a Hrsg Osterreichische Forschungen zur Agaischen Bronzezeit 2009 Akten der Tagung vom 6 bis 7 Marz 2009 am Fachbereich Altertumswissenschaften der Universitat Salzburg Wien 2011 S 287 Anm 26 Reinhard Jung The Sea Peoples after Three Millennia Possibilities and Limitations of Historical Reconstruction In Peter M Fischer Teresa Burge Hrsg Sea Peoples Up to Date New Research on Transformations in the Eastern Mediterranean in the 13th 11th Centuries BCE Contributions to the Chronology of the Eastern Mediterranean Bd 35 S 28 Abbildung 2 mit weiteren Literaturangaben Ausfuhrliche Publikation der Grabungsergebnisse Adam Zertal Hrsg Shay Bar u a El Ahwat a fortified site from the early Iron age near Nahal Iron Israel excavations 1993 2000 Culture and History of the Ancient Near East Band 24 Bulletin of the American Schools of Oriental Research Nr 371 201405 S 219 221 Brill Leiden 2012 ISBN 978 90 04 17645 4 Lucia Vagnetti Western Mediterranean overview Peninsular Italy Sicily and Sardinia at the time of the Sea peoples In Eliezer D Oren Hrsg The Sea Peoples and their world A Reassessment University Of Philadelphia 2000 S 319 Normdaten Sachbegriff GND 7518519 2 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Scherden amp oldid 228503854