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Der polnisch ukrainische Krieg von 1918 und 1919 war ein Konflikt zwischen der Zweiten Polnischen Republik und der Westukrainischen Volksrepublik um die Kontrolle uber Ostgalizien nach der Auflosung von Osterreich Ungarn Polnisch Ukrainischer Krieg Datum 1918 bis 1919Ort Galizien Karpatenukraine Wolhynien BukowinaAusgang Sieg PolensKonfliktparteienPolen 1919 PolenRumanien Konigreich RumanienUngarn 1940 UngarnTschechoslowakei 1918 Tschechoslowakei West Ukrainische Volksrepublik West UkraineUkraine Volksrepublik Ukrainische VolksrepublikBefehlshaberPolen 1919 Jozef PilsudskiPolen 1919 Jozef HallerPolen 1919 Edward Rydz SmiglyPolen 1919 Waclaw Rudoszanski West Ukrainische Volksrepublik Jewhen PetruschewytschWest Ukrainische Volksrepublik Symon PetljuraWest Ukrainische Volksrepublik Oleksandr HrekowUkraine Volksrepublik Mychajlo PawlenkoVerlustemehr als 10 000 Tote 1 rund 15 000 Tote 1 Inhaltsverzeichnis 1 Konflikt 2 Hintergrund 3 Kriegsverlauf 4 Kriegsende 5 Kriegsverbrechen 6 Siehe auch 7 Literatur 8 EinzelnachweiseKonflikt BearbeitenEs gab mit dem Hohen Rat der Pariser Friedenskonferenz keine hinreichend starke uberstaatliche Instanz und auch kein von Polen oder der Ukraine vorgeschlagenes Regulativ auf der Grundlage einer Volksabstimmung eine Entscheidung uber die Staatlichkeit Ostgaliziens herbeizufuhren Die politischen und militarischen Krafte der noch nicht gegrundeten ukrainischen Republik besetzten aufgrund einer Entscheidung des letzten Statthalters Osterreichs im November 1918 Ostgalizien Obwohl die Mehrheit der Bevolkerung in Ostgalizien Ukrainer waren wurden grosse Teile des von der Ukraine beanspruchten Territoriums von Polen als polnisch angesehen Die polnischen Einwohner von Lemberg waren emport dass sie sich nach Besetzung Ostgaliziens in einem selbst ernannten ukrainischen Staat befanden Hintergrund BearbeitenDer Ursprung des Konfliktes lag in den komplexen ethnischen Beziehungen im Galizien der Habsburgermonarchie Die Monarchie bot aufgrund ihrer weniger suppressiven Politik gegenuber Minderheiten die Moglichkeit fur die Entwicklung polnischer und ukrainischer nationaler Bewegungen Die weiter entwickelten polnischen Politiker dienten dabei als Vorbild fur die Ukrainer Ein Vorfall ereignete sich im Jahre 1897 als sich die polnisch dominierte Verwaltung bei den Parlamentswahlen gegen die Ukrainer stellte Ein weiterer Konflikt entwickelte sich in den Jahren 1901 1908 im Umfeld der Universitat Lemberg in dem ukrainische Studenten eine eigene ukrainische Universitat forderten wahrend dies polnische Studenten und der Lehrkorper verhindern wollten Die endgultige Wende im Verhaltnis der beiden Gruppen kam im Jahre 1903 als sowohl die Polen als auch die Ukrainer eigene Versammlungen in Lemberg abhielten die polnische Versammlung fand im Mai statt die ukrainische im August Seitdem entwickelten sich die beiden nationalen Bewegungen mit unvereinbaren Zielen in gegensatzliche Richtungen nbsp Gepanzerter polnischer Zug Sanok Gromoboj 1918 Die ethnische Zusammensetzung von Galizien lag dem Konflikt zwischen den dortigen Polen und Ukrainern zu Grunde Das osterreichisch ungarische Kronland Galizien und Lodomerien bestand aus Gebieten die im Zuge der ersten Teilung Polens im Jahre 1772 von Polen abgetreten wurden Der westliche Teil der zentrale Teile des historischen Territorium Polens einschliesslich der ehemaligen Hauptstadt Krakau umfasste hatte eine mehrheitlich polnische Bevolkerung der ostliche Teil Galiziens als historisches Kernland von Halytsch Wolhynien hingegen eine ukrainische Mehrheit 2 Wahrend des 19 und fruhen 20 Jahrhunderts strebten die Ukrainer in Galizien eine Teilung in einen westlichen polnischen und einen ostlichen ukrainischen Teil an Diesen Bestrebungen widersetzten sich die Polen die furchteten die Kontrolle uber Ostgalizien zu verlieren Obwohl Ostgalizien mehrheitlich von Ukrainern bewohnt war hatte die wichtigste Stadt Lemberg nur einen Anteil von rund 20 Prozent ukrainischer Bevolkerung gegenuber einem etwa funfzigprozentigen polnischen Anteil und wurde von den Polen als ein kulturelles Zentrum Polens angesehen Aus der Sicht vieler Polen einschliesslich derer aus Lemberg war es undenkbar dass diese Stadt nicht unter polnischer Kontrolle sein sollte Letztendlich stimmten die Osterreicher jedoch einer Teilung Galiziens zu der Ausbruch des Ersten Weltkriegs verhinderte jedoch die Umsetzung dieses Vorhabens Karl I gab im Oktober 1916 das Versprechen diesen Schritt nach Beendigung des Krieges nachzuholen 2 Kriegsverlauf BearbeitenOsterreich Ungarn brach Ende Oktober 1918 zusammen und der ukrainische Nationalrat bestehend aus ukrainischen Mitgliedern des osterreichischen Reichsrats und aus Mitgliedern der galizischen und bukowinischen Landtage sowie aus Fuhrern der ukrainischen Parteien verlangte vom letzten osterreichischen Statthalter von Galizien die Kontrolle uber Ostgalizien offiziell an die Ukrainer zu ubertragen Er entsprach dieser Forderung am 31 Oktober 1918 In dieser Zeit marschierten die ukrainischen Milizen die Sitscher Schutzen unter Dmytro Vitovskyi in Lemberg ein um sicherzustellen dass es unter ukrainische Kontrolle kam Die Westukrainische Volksrepublik wurde am 1 November 1918 mit Lemberg als Hauptstadt ausgerufen Die Proklamation der Republik welche die Souveranitat fur Ostgalizien einschliesslich der Karpaten bis nach Nowy Sacz im Westen sowie fur Wolhynien die Karpatoukraine und die Bukowina beanspruchte war fur die Polen eine grosse Uberraschung Bei ihrem Einmarsch in Lemberg wurde den ukrainischen Kraften von ortlichen polnischen Verteidigern die sich zum grossen Teil aus Veteranen des Ersten Weltkriegs Studenten und sogar Jugendlichen und Kindern zusammensetzten erfolgreich Widerstand geleistet Als grosser Vorteil fur die Polen erwies sich dabei die Tatsache dass ihre Soldaten und sonstigen Kampfer sich zum Grossteil aus ortsansassigen Lembergern rekrutierten wahrend in der ukrainischen Armee zumeist Bauern dienten die mit der Stadt und ihren Gegebenheiten nicht oder nur wenig vertraut waren Nach zwei Wochen teilweise schwerer Kampfe innerhalb der Stadt durchbrach mit einer Entsatzoperation eine bewaffnete Einheit der wieder aufgestellten polnischen Armee unter Oberstleutnant Michal Karaszewicz Tokarzewski den ukrainischen Belagerungsring und gelangte in die Stadt Am 21 November waren die Kampfe um die Stadt zugunsten der Polen beendet nachdem sich das ukrainische Oberkommando das sich uberdies mit Desertionen und Versorgungsproblemen in seiner Armee konfrontiert sah entschlossen hatte die Stadt zu raumen vorlaufig wie man meinte Dennoch kontrollierten die ukrainischen Krafte zu diesem Zeitpunkt weiterhin den grossten Teil von Ostgalizien und waren auch bis zum Mai 1919 eine Bedrohung fur die Stadt Schon bald nach ihrer Ruckeroberung Ende November brachten die Polen eine Anzahl ukrainischer Aktivisten in Internierungslager 3 Im Dezember 1918 begannen die Kampfe in Wolhynien Polnische Einheiten versuchten die Kontrolle uber die Region zu gewinnen wahrend zur selben Zeit die Krafte der Westukrainischen Volksrepublik unter Symon Petljura versuchten die von ihnen kontrollierten Gebiete nach Westen in Richtung der Stadt Chelm auszudehnen Nach zweimonatigen schweren Kampfen wurde dort der Konflikt im Marz 1919 durch den Eintritt von frischen und gut ausgerusteten polnischen Einheiten unter General Edward Rydz Smigly zugunsten der Polen beendet Die polnische Generaloffensive in Wolhynien und Ostgalizien begann am 14 Mai 1919 Sie wurde von den Einheiten der polnischen Armee unterstutzt von der kurzlich eingetroffenen Blauen Armee von General Jozef Haller von Hallenburg durchgefuhrt Diese Armee war von den westlichen Verbundeten gut ausgestattet und teilweise mit erfahrenen franzosischen Offizieren besetzt um gegen die Bolschewiki und nicht gegen die Einheiten der Westukrainischen Volksrepublik zu kampfen Ungeachtet dessen setzten die Polen Hallers Armee gegen die Ukrainer ein um das Patt in Ostgalizien fur sich zu entscheiden Die Alliierten schickten mehrere Telegramme an die Polen mit der Aufforderung die Offensive zu stoppen Diese Aufforderung wurde jedoch ignoriert 4 Die ukrainischen Linien wurden durchbrochen hauptsachlich aufgrund des Ruckzugs der Eliteeinheit Sitscher Schutzen Am 27 Mai erreichten die polnischen Krafte die Linie Zlota Lipa Bereschany Jezierna Radziwillow Aufgrund der Forderungen der Entente wurde die polnische Offensive gestoppt und die Truppen unter General Haller nahmen Verteidigungspositionen ein Am 8 Juni 1919 begannen die ukrainischen Krafte unter dem Kommando von Oleksandr Hrekow Oleksandr Grekov einem ehemaligen General der russischen Armee eine Gegenoffensive die nach drei Wochen den Fluss Gnila Lipa und die obere Styr erreichte und dort zum Erliegen kam Der Grund dafur war in erster Linie das Fehlen von Waffen Es waren nur 8 bis 10 Gewehrkugeln pro ukrainischem Soldat vorhanden Die Regierung der Westukrainischen Volksrepublik kontrollierte die Olfelder bei Drohobytsch und plante Waffen aus den Erlosen fur den Kampf zu kaufen aber aus politischen und diplomatischen Grunden konnten Waffen und Munition nur uber die Tschechoslowakei in die Ukraine gelangen Obwohl es den ukrainischen Kraften gelang die Polen etwa 120 km zuruckzudrangen konnten sie den Weg in die Tschechoslowakei nicht sichern Das bedeutete dass sie ihre Vorrate an Waffen und Munition nicht auffullen konnten Der sich daraus ergebende Mangel an Nachschub zwang Hrekow seinen Feldzug zu beenden Jozef Pilsudski ubernahm den Befehl der polnischen Krafte am 27 Juni und begann eine weitere Offensive Der Mangel an Munition und die zahlenmassige Unterlegenheit zwangen die Ukrainer zuruck auf die Linie des Flusses Sbrutsch Kriegsende BearbeitenAm 17 Juli 1919 wurde zunachst eine Waffenruhe vereinbart Die ukrainischen Kriegsgefangenen wurden in ehemaligen osterreichischen Kriegsgefangenenlagern in Dabie Lancut Pikulice Strzalkowo und Wadowice festgehalten Am 21 November 1919 sprach der Hohe Rat der Pariser Friedenskonferenz Ostgalizien fur eine Zeitdauer von 25 Jahren Polen zu danach sollte in dem Gebiet ein Referendum abgehalten werden Am 21 April 1920 unterzeichneten Jozef Pilsudski und Symon Petljura eine polnisch ukrainische Allianz in der Polen der Westukrainischen Volksrepublik militarische Unterstutzung in der Offensive gegen die Rote Armee zusagte Im Gegenzug akzeptierte die Ukraine den Verlauf der polnisch ukrainischen Grenze entlang der Sbrutsch Kriegsverbrechen BearbeitenNationale polnische und ukrainische Geschichtskonstruktionen betonen gerne dass der polnisch ukrainische Krieg von uberwiegend disziplinierten Kraften auf beiden Seiten ausgefuhrt worden sei weswegen im Gegensatz zur Brutalitat bei den Kampfen in den ehemaligen Teilen des Russischen Reiches relativ wenige zivile Tote und Zerstorungen zu beklagen gewesen seien Die Praxis und der Verlauf des Krieges zeigten jedoch dass solche Behauptungen kaum der Wahrheit entsprechen Beide Seiten zogen entsprechend national aufgeladen in den Krieg und auf beiden Seiten kamen Ubergriffe auf Gefangene und Zivilisten der gegnerischen Seite vor welche zumeist relativiert und verharmlost wurden Bewusst versuchte man auf beiden Seiten auch die offentliche Meinung in den Ententestaaten fur den jeweils eigenen Standpunkt einzunehmen Im Juni 1919 beispielsweise beklagte sich der griechisch katholische Metropolit Andrej Scheptyzkyj in einem Brief an Jozef Pilsudski uber massenhafte Internierungen von Ukrainern die von polnischer Seite mit dem Ziel durchgefuhrt worden seien die ukrainische Intelligenzija und nationalbewusste Personen zu entfernen In diesem Schreiben wurde auch uber Auspeitschungen ukrainischer Bauern das Niederbrennen von deren Behausungen die entschadigungslose Requirierung von Pferden und Vieh das Erpressen von Geld und anderen Wertgegenstanden sowie das Berauben von Kirchen durch Angehorige der polnischen Armee Klage erhoben 5 Zum Angriffsziel polnischer Soldateska wurden auch die in der Westukraine lebenden Juden Als Lemberg nach teilweise heftigen Kampfen am 21 22 November 1918 von polnischen Truppen eingenommen worden war kam es vom 22 bis zum 24 November zu einem Pogrom an der judischen Gemeinde der Stadt Dabei toteten polnische Soldaten Milizionare und Zivilisten eine grosse Anzahl von Juden Dem Morgenthau Report zufolge starben dabei 64 Menschen 6 andere Angaben schwanken zwischen 73 und 150 judischen Opfern 7 Den Juden wurde ihre bis dahin neutrale Haltung im Konflikt zwischen Polen und Ukrainern vorgeworfen wodurch die Ubernahme der politischen Macht durch die Ukrainer in Lemberg zu Beginn des Krieges uberhaupt erst ermoglicht worden sei Siehe auch BearbeitenLemberger Adler Sowjetisch Ukrainischer KriegLiteratur BearbeitenMarek Figura Konflikt polsko ukrainski w prasie Polski Zachodniej w latach 1918 1923 Wydawnictwo Poznanskie Posen 2001 ISBN 83 7177 013 8 Karol Grunberg Boleslaw Sprengel Trudne sasiedztwo Stosunki polsko ukrainskie w X XX wieku Ksiazka i Wiedza Warschau 2005 ISBN 83 05 13371 0 William W Hagen The Moral Economy of Popular Violence The Pogrom in Lwow November 1918 In Robert Blobaum Hrsg Antisemitism and Its Opponents in Modern Poland Cornell University Press Ithaca NY u a 2005 ISBN 0 8014 8969 5 S 124 147 Witold Hupert Zajecie Malopolski Wschodniej i Wolynia w roku 1919 Ksiaznica Atlas Lemberg Warschau 1928 Wladyslaw Pobog Malinowski Najnowsza Historia Polityczna Polski 1864 1945 Band 2 1919 1939 Swiderski London 1956 Reprint Krajowa Agencja Wydawnicza Krakau 1990 ISBN 83 03 03164 3 Paul Robert Magocsi A History of Ukraine University of Toronto Press Toronto u a 1996 ISBN 0 8020 0830 5 Wladyslaw A Serczyk Historia Ukrainy 3 Auflage korrigiert und vervollstandigt Zaklad Narodowy im Ossolinskich Breslau 2001 ISBN 83 04 04530 3 Orest Subtelny Ukraine A History 3 Auflage University of Toronto Press Toronto u a 2000 ISBN 0 8020 8390 0 Torsten Wehrhahn Die Westukrainische Volksrepublik Zu den polnisch ukrainischen Beziehungen und dem Problem der ukrainischen Staatlichkeit in den Jahren 1918 bis 1923 Weissensee Verlag Berlin 2004 ISBN 3 89998 045 X zugleich Berlin Freie Universitat Dissertation 2001 Leseprobe PDF 157 kB aufgerufen am 27 Januar 2012 Leonid Zaszkilniak Geneza konfliktu polsko ukrainskiego z lat 1918 1919 In Krzysztof Jasiewicz Hrsg Europa nieprowincjonalna Przemiany na ziemiach wschodnich dawnej Rzeczypospolitej Bialorus Litwa Lotwa Ukraina wschodnie pogranicze III Rzeczypospolitej Polskiej w latach 1772 1999 Non provincial Europe Rytm u a Warschau u a 1999 ISBN 83 86759 92 5 S 451 460 ukr Zahidno Ukrayinska Narodna Respublika 1918 1923 Enciklopediya T 1 archive A Zh Ivano Frankivsk Manuskript Lviv 2018 688 s ISBN 978 9 662 06744 6 ukr Zahidno Ukrayinska Narodna Respublika 1918 1923 Enciklopediya T 2 archive Z O Ivano Frankivsk Manuskript Lviv 2019 832 s ISBN 978 9 662 06761 3 ukr Zahidno Ukrayinska Narodna Respublika 1918 1923 Enciklopediya T 3 archive P S Ivano Frankivsk Manuskript Lviv 2020 576 s ISBN 978 9 662 06765 1 ukr Zahidno Ukrayinska Narodna Respublika 1918 1923 Enciklopediya T 4 archive T Ya Ivano Frankivsk Manuskript Lviv 2021 688 s ISBN 978 966 2067 72 9Einzelnachweise Bearbeiten a b Subtelny 2000 S 370 a b Magosci 1996 S Grunberg u a 2005 S 260 Watt 1979 S Wehrhahn 2004 S 223 Vgl dazu Mission of The United States to Poland Henry Morgenthau Sr report Hagen 2005 S 127ff Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Polnisch Ukrainischer Krieg amp oldid 236013176