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Die Petrinischen Reformen sind die zusammenfassende Bezeichnung fur die Reformen in verschiedenen Bereichen des offentlichen und privaten Lebens im Zarentum Russland bzw Russischen Kaiserreich die von Zar Peter I seit seiner Ruckkehr von der Grossen Gesandtschaft 1698 bis zu seinem plotzlichen Tod 1725 durchgesetzt worden sind 1 Peter I der Grosse beaufsichtigt gartnerische Arbeiten Historiengemalde von Wassili Pawlowitsch ChudojarowSie wurden unter den Bedingungen des langjahrigen und schliesslich siegreichen Grossen Nordischen Krieges mit Schweden eingeleitet und durchgesetzt Vielfach improvisierte man einen Generalplan gab es nicht Die oft sprunghaften petrinischen Reformen betrafen das Militarwesen die Verwaltung die Steuern die Wirtschaft und die Kirche Die Menschen gleich welcher Schicht wurden zwangsweise in den Dienst des Staates gestellt Im Gegensatz zu fruheren Zaren glaubte Peter I dass eine wirksame Modernisierung des Landes sich nicht auf das Militarische beschranken durfe sondern das ganze zeitgenossische Leben umfassen musse Die petrinischen Reformen brachen mit den altrussischen Traditionen Grundung weltlicher Schulen Zuruckdrangung der Macht der Kirche und trugen zur Modernisierung des Russischen Reiches bei die letztlich zur Grossmachtstellung Russlands im 18 Jahrhundert fuhrte Inhaltsverzeichnis 1 Das Zarentum Russland am Ausgang des 17 Jahrhunderts 2 Reformwerk 2 1 Staatsumbau 2 1 1 Gebietsterritoriale Reformen 2 1 2 Senat 2 1 3 Kollegien 2 1 4 Verlegung der Hauptstadt 2 2 Militarreformen 2 3 Wirtschaftsreformen 2 4 Kirchenreform 2 5 Sozialreformen 2 5 1 Bildungsreformen 2 5 2 Kalenderreform 2 5 3 Steuerreformen 2 5 4 Adelsreform 3 Beurteilung und Fortfuhrung des Reformwerks 4 Siehe auch 5 Literatur 6 EinzelnachweiseDas Zarentum Russland am Ausgang des 17 Jahrhunderts BearbeitenAn der Wende zum 18 Jahrhundert offnete Zar Peter der Grosse das teilweise in mittelalterlichen Strukturen erstarrte Zarentum Russland westeuropaischen Einflussen und forderte Wissenschaft und Kultur Russland lag technologisch zu diesem Zeitpunkt hinter den meisten Staaten Westeuropas zuruck Dazu beigetragen hatte die Abschirmungspolitik des Staatsapparates und der Kirche die nur da Lucken bot wo man den Westen benotigte 2 Auch griff der Moskauer Staat im Falle kriegerischer Gefahr noch auf Adelsaufgebote zuruck und war zudem wegen seiner schwachen Finanzkraft nicht in der Lage den Schutz des riesigen nur unzureichend erschlossenen Territoriums uberall erfolgreich zu ubernehmen 3 Der junge Herrscher hatte sich durch Aufenthalte in der Moskauer Auslander Vorstadt der Nemezkaja sloboda und seine Aufenthalte wahrend seiner ersten grossen Auslandsreise von Marz 1697 bis August 1698 der sogenannten Grossen Gesandtschaft in den Niederlanden und England ein genaues Bild von Westeuropa seinem Wissen und seiner Technik gemacht Reformwerk BearbeitenStaatsumbau Bearbeiten Eine umfassende Reformierungspolitik setzte eine tragende und fahige Burokratie voraus die die Massnahmen weitergeben konnte Die vorhandenen Administrationsorgane waren fur diese Zwecke aber unzulanglich Waren die am Anfang durchgefuhrten Reformen in diesem Bereich noch uberhastet wurden diese nach der Schlacht von Poltawa sorgfaltiger ausgearbeitet Auch wurden vielfach auslandische Fachkrafte und Gelehrte herangezogen die Entwurfe und Reglements ausarbeiteten Gebietsterritoriale Reformen Bearbeiten Einteilung Russland in 8 Gouvernements im Jahr 1708 Gouvernement Moskau Gouvernement Ingermanland Gouvernement Smolensk Gouvernement Kiew Gouvernement Asow Gouvernement Kasan Gouvernement Archangelgorod Gouvernement SibirienDie Gebietsreformen lassen sich in drei Phasen einteilen Der erste Abschnitt begann mit der Stadtreform von 1699 um den Machtmissbrauch der Woiwoden zu begrenzen liess Peter I am 30 Januar 1699 in einem Ukas Erlass mit Gesetzeskraft Rathauser fur die Stadte errichten Von den Kaufleuten bestimmte Burgermeister sollten samtliche Steuer und Rechtsfragen der Handelstreibenden an sich ziehen um den Kaufleuten Rechtssicherheit zu gewahren dem Staat aber ungeschmalerten Steuerfluss zu sichern der zweite Abschnitt folgte mit der Gouvernementsreform von 1708 09 mit einem Ukas wurde das Staatsterritorium in acht Gouvernements aufgeteilt deren Steueraufkommen den jeweiligen Befehlshabern zur Truppenversorgung diente Durch diese eingeleitete Dezentralisierung wurde gewahrleistet dass in einem Kriegsfall in dem sich Russland ja befand zumindest Teile des Landes verteidigungsfahig blieben Die letzte Phase erfolgte mit dem neuerlichen Umbau des Gouvernements 1719 Der Befehl zur Neuordnung der Provinzen erging am 29 Mai 1719 Zunachst wurden den Gouverneuren viele Rechte entzogen so leitete ein Woiwode unter Umgehung des Gouverneurs die Steuern direkt nach Sankt Petersburg weiter Die nunmehr 11 Gouverneure behielten im Wesentlichen ihre militarischen Kompetenzen Zweitens wurde die Zahl der von Woiwoden geleiteten Provinzen auf 50 erhoht Schliesslich richtete Sankt Petersburg in der lokalen Verwaltung eine Vielzahl neuer Amter ein um die Gewaltenteilung zu verankern Senat Bearbeiten Hauptartikel Regierender Senat Russisches Kaiserreich Ab 1711 stand der Senat als oberste Zentralbehorde im Mittelpunkt der Reformbemuhungen Der Senat war eine Gruppe der hochsten Wurdentrager des Landes die beratende Funktion hatten und in der Lage sein sollten die Regierung bei Abwesenheit Peters zu fuhren Mit dem Ukas vom 22 Februar 1711 wurden neun Manner zu Senatoren wobei mit der Leibkanzlei als Teil der alten Bojarenduma auch personelle Kontinuitaten zutage traten Der Senat hatte das Justizwesen zu leiten und das gesamte Feld der Innenpolitik Die zuvor bestandene Bojarenduma wurde daraufhin abgesetzt Der Senat wurde nach Moglichkeit mit Personen besetzt die aufgrund ihrer Kompetenz ausgewahlt wurden Das Militar und Aussenministerium hatte dabei eine Schlusselstellung sie waren immer in engem Kontakt mit dem Zaren Der Senat bestand mit nur wenigen Anderungen bis 1917 Kollegien Bearbeiten Die Reform der zentralen Amter war lange vorbereitet und im Ausland beobachtet Gottfried Wilhelm Leibniz gab beispielsweise nutzliche Hinweise Andere Lander wie beispielsweise Schweden dienten teilweise als Vorbilder Aufgrund dessen wurden als modernste Neuerung sogenannte Kollegien eingefuhrt die in etwa die Funktion von Ministerien hatten Peter fuhrte von diesen Kollegien zehn ein die folgende Ressorts hatten Berg Bergbau Manufaktur Manufakturen Kommerz Handel Staatskontor Staatsfinanzen Kammer Finanzen des Zaren unterstand dem Senat Krieg Militar Admiralitat Marine Aussen Aussen Justiz Justiz Kirchenangelegenheiten erst 1721 dazugekommen stand neben dem Senat Die Kollegien wurden vom hohen Adel gebildet Viele Probleme der Verwaltung entstanden mit den Kollegien aufgrund von Ressortuberschneidungen und Konkurrenzdenken Doch dieses Verwaltungssystem blieb prinzipiell bis 1917 erhalten Grosse Veranderungen gab es vor allem in den Bereichen Kultur Kirche Wissenschaft und Bildung Verlegung der Hauptstadt Bearbeiten Das neuerbaute Sankt Petersburg und Newa Kupferstich von Joseph Valeriani und Michail Iwanowitsch Machajew 1753 Die neue Hauptstadt galt im russischen Volk als Symbol des fremden unverstandlichen unnutzen und abgottischen Neuen Die ablehnende Haltung wurde hervorgerufen durch die grossen Opfer die der Bau der Stadt forderte und durch die Anwendung von Zwangsmitteln bei der Peuplierung der Stadt 4 So wurde bald nach dem Tod Peters I die Hauptstadt fur kurze Zeit wieder nach Moskau verlegt Fur eine erfolgreiche und nachhaltige Reorganisation des Verwaltungsapparates bedurfte es aber eines bedeutenden Signals um mit den festgefahrenen Moskauer Traditionen zu brechen Dieses Signal bot sich an nachdem russische Truppen am 1 Mai 1703 bis zur Newa Mundung vorgestossen waren Der Zar liess nun nach eigenem Plan ab dem 16 Mai die Peter und Paul Festung errichten mit dem Ziel ein dauerhaftes Fenster zum Norden zu etablieren und damit die Offnung fur die Modernisierung deutlich zu machen Im November traf das erste hollandische Handelsschiff ein zugleich entstand die erste russische Waren und Wechselborse In den folgenden Jahren wurde der Ausbau der neuen geplanten Hauptstadt Sankt Petersburg exzessiv vorangetrieben ungeachtet aller Opfer Dafur beorderte Zar Peter seit 1704 fur die Sommermonate 24 000 Arbeitskrafte in die Sumpfe des neu eroberten Mundungsdeltas der Newa Seit 1708 stieg die Zahl auf bis zu 40 000 5 Es kam zu Unruhen vor allem in Sudrussland 1712 wurde die Regierung von Moskau nach St Petersburg verlegt Um die neue zentrale Rolle der Stadt als Fenster nach Norden zu fordern erzwang Zar Peter I seit 1720 die Umleitung fast des gesamten russischen Aussenhandels vom bis dato bedeutendsten russischen Aussenhandelshafen Archangelsk nach St Petersburg Militarreformen Bearbeiten Wahrend der Regierungszeit des Zaren Peter I 1689 bis 1725 wurden durch Patrick Gordon Francois Le Fort und andere die Grundlagen einer modernen Armee nach westeuropaischem Vorbild geschaffen Als Initialzundung fur die grundlegende Reformierung erwies sich die Katastrophe infolge der Schlacht bei Narva im Grossen Nordischen Krieg im Jahr 1700 bei der sich die russische Armee als deutlich unterlegen gegenuber einer viel kleineren schwedischen Streitmacht erwies Zu der Zeit verfugte der Zar uber ein Heer von 100 000 Mann das durch die Auflosung der Strelitzen Regimenter 1698 und die Verstossung der Strelitzen aus dem Heer um 30 000 Mann geschwacht wurde Die Armee war zudem bis auf vier Regimenter schlecht bewaffnet und noch schlechter ausgebildet und gefuhrt 6 Da die schwedische Hauptarmee auf dem polnischen Kriegsschauplatz gebunden war nutzte Zar Peter I die Situation und baute Schritt fur Schritt die Armee wieder auf Durch Rekrutierungen konnte die Armee wieder gestarkt werden und umfasste 1705 bereits wieder 200 000 Soldaten nach 34 000 im Jahr 1700 7 Peter I ernannte auslandische Experten die die Truppen ausgestattet mit modernen Waffen in den Methoden der westeuropaischen Kriegsfuhrung schulen sollten Um die bei Narva verlorengegangene Artillerie schnell wieder aufzubauen liess Peter I Kirchenglocken konfiszieren um aus ihnen Kanonen herzustellen So verfugte im Fruhjahr 1701 die russische Armee wieder uber 243 Kanonen 13 Haubitzen und 12 Morser 7 Danach wurden weitere Anstrengungen unter der Leitung geschickter hollandischer Geschutzgiesser unternommen um die Artillerie weiter zu modernisieren In Luttich Europas altester und wichtigster Waffenfabrik wurden 15 000 neue Musketen gekauft Weitere Punkte der Heeresreform von 1705 und davor Die alte Moskowiter Reiterei wurde durch Dragonerverbande ersetzt die keine reinen Adelsverbande mehr darstellten Weitere Anstrengungen wurden fur den Aufbau von militarischen Ausbildungsstatten unternommen Ferner wurden die ehemaligen Spielregimenter Peter des Grossen das Preobraschenski und das Semjonowski Regiment als privilegierte Eliteeinheiten der Zaristischen Garde errichtet Der Adel der bisher im Rahmen des Adelsaufgebotes dienstverpflichtet war und als Gefolgsleute Dienstlehen erhalten hatten wurde von nun an als regelmassig besoldete Offiziere in die Armee eingebunden Das Unteroffizierskorps und die Mannschaften wurde durch Bauern und Burger der Stadte gestellt Die Dienstzeit betrug 15 20 Jahre Als Spezialisten wurden auslandische Fachleute in die Organisation des russischen Heeres integriert wobei die Schlusselpositionen von Russen besetzt blieben Die Zaristische Armee konnte zwischen 1701 und 1706 von 40 auf 78 Regimenter vergrossert 8 und bis 1709 von Grund auf erneuert und reorganisiert werden so dass sie in der Lage war mit den disziplinierten schwedischen Truppen mitzuhalten und in der Schlacht bei Poltawa einen entscheidenden Sieg zu erringen und die Wende des Krieges herbeizufuhren Da Peter der Grosse in seinen 36 Regierungsjahren nur in 2 Jahren keinen Krieg fuhrte gab es eine Vielzahl von Aushebungen Allein zwischen 1705 und 1713 wahrend des Grossen Nordischen Krieges gab es 10 Musterungen die rund 337 000 Manner zu den Waffen riefen Die Dienstbedingungen waren allerdings so schlecht dass wahrend des Grossen Nordischen Krieges etwa 45 000 russische Soldaten todlich verletzt wurden aber 54 000 an Krankheiten starben 9 Eine weitere Reform Peters die auch fur die Erhohung der Effizienz der Armee sehr wichtig war war die Reform der Rangtabelle 1721 Ursprunglich durfte nach der alten Rangtabelle niemand in der Armee unter jemandem dienen dessen Rang niedriger war als der Rang des eigenen Vaters Dies fuhrte dazu dass geeignete Militars keine Fuhrungsaufgaben in Verbanden ubernehmen konnten sofern in diesen Verbanden Sohne ranghoherer Adeliger dienten Dadurch wurde die Schlagkraft der russischen Armee massiv geschwacht Dieses System wurde von Sofia Alexejewna zwar ausser Kraft gesetzt aber erst 1721 durch die neue Rangordnung ersetzt Vor allem in den Garderegimentern die aus den Spielregimentern Zar Peters entstanden waren wurde der Adel verpflichtet Die Dienstpflicht wurde streng gehandhabt Jeder mannliche erwachsene Adelige musste im Regiment aktiv werden Die Dienstzeit des Adels betrug ungefahr 25 Jahre Zur Finanzierung der neuen russischen Armee und der neu gegrundeten russischen Flotte fuhrte Peter der Grosse 1718 die Kopfsteuer fur die leibeigenen Bauern und die steuerpflichtigen Burger der Stadte ein Durch die schlechten Bedingungen in der Armee nahm zu der Zeit die Desertion grosse Ausmasse an Eine von der russischen Administration unternommene Zahlung ergab 198 876 Deserteure in der Zeit von 1719 bis 1727 9 Wirtschaftsreformen Bearbeiten Peter baute eine merkantilistische Wirtschaft auf Dazu zahlt besonders seine starke Forderung der Manufakturen Beim Amtsantritt Peters existierten in Russland nur zehn Manufakturen Die Forderung der Industrie stand in engem Zusammenhang mit den Bedurfnissen der Armee wahrend der langen Kriegsjahre Aber daruber hinaus entstanden auch viele Manufakturen und Fabriken die Gebrauchsguter herstellten Einige Fabriken unter ihnen die Spiegelfabrik Menschikows arbeiteten schon fur den Export 1716 wurde das Spinnrad in Russland eingefuhrt Noch ein Jahr vor seinem Tod ordnete Peter I an dass alle Findelkinder zu Handwerkern und Fabrikanten erzogen werden sollten In seinem letzten Regierungsjahr gab es etwa 100 Fabriken darunter einige mit mehr als 3000 Beschaftigten herausragend die Waffenfabrik von Tula Wesentlichen Anteil an der Entwicklung der Huttenindustrie hatte der deutsche Bergbauspezialist Baron von Hennin der Vorsitzender des Bergkollegiums war Am Ende der Regierung registriert die Statistik einen ausgeglichenen Staatshaushalt von etwa zehn Millionen Rubel Kirchenreform Bearbeiten Das Verhaltnis zwischen Zar und Kirche war seit Peters Thronbesteigung angespannt Zar Peter I spurte hinter den Strelizen die Hande der Kirche Auch in den Klostern vermutete er verschworerische Krafte der Monche Der Klerus stand geschlossen Glaubige und Altglaubige gegen die Neuerungen Peters Der Klerus hatte eine grosse Macht im Volk so dass Zar Peter I die Kirche in seine Reformen integrieren musste Der Tod des Patriarchen Adrian 1628 1700 am 16 Oktober 1700 kam ihm dabei gelegen Zar Peter I unterband die Wahl eines neuen Patriarchen und setzte stattdessen einen Patriarchatsverweser ein der im Gegensatz zum Patriarchen nicht die Wurde der russisch orthodoxen Unfehlbarkeit verkorperte Erst nach dem Grossen Nordischen Krieg begann Zar Peter I die Reformierung der russisch orthodoxen Kirche Am 25 Januar 1721 wurde durch das Geistliche Reglement eine Staatsbehorde geschaffen der Heiligste Dirigierende Synod das Geistliche Kollegium der die Stelle des Patriarchats einnahm Die Mitglieder schworen dem Zaren einen Amtseid so dass diese Institution vom Zaren abhangig wurde Zar Peter I hatte sozusagen ein Ministerium fur kirchliche Angelegenheiten geschaffen und gleichzeitig die kirchliche Eigenstandigkeit abgeschafft Die kirchliche Gerichtsbarkeit wurde eingeschrankt genauso wie der Besitz der Kloster denen er auch die Zahl der Monche beschnitt Sozialreformen Bearbeiten Bildungsreformen Bearbeiten Energisch setzte sich Peter der Grosse fur die Forderung von Kultur Bildung und Wissenschaft in seinem Reich ein Bei der Verwirklichung seiner Reformabsichten die ihn insbesondere bei seinen kurzeren Auslandsaufenthalten im Heiligen Romischen Reich 1711 und 1712 3 gepragt hatten bediente sich der Zar vor allem der Deutschen Fruhaufklarung die in Russland im 18 Jahrhundert zur vorherrschenden Denkrichtung werden sollte 10 Insbesondere die ersten bedeutenden russischen Wissenschaftler Tatischtschew Lomonossow und Trediakowski waren in hochstem Masse von deutschen Gelehrten wie Leibniz und Wolff beeinflusst Der hohen Bedeutung die der Zar der Bildung fur die Entwicklung einer modernen Gesellschaft beimass zeigten seine zahlreichen Erlasse durch die Schulen der verschiedensten Typen ins Leben gerufen wurden Dennoch blieb das weltliche Schulwesen im Argen weil es an Geld und Lehrern fehlte Ein weiteres Projekt das Zar Peter in Angriff nahm war die Etablierung einer Akademie der Wissenschaften die im Dezember 1725 nach seinem Tod von seiner Nachfolgerin Katharina I als Russische Akademie der Wissenschaften gegrundet wurde In enger Verbindung mit der Akademiegrundung standen die von ihm befohlene Erkundung und Erforschung seines riesigen Reiches Die von Peter I inspirierten Forschungsexpeditionen bis in den Fernen Osten wie z B die Expeditionen Berings vermittelten der russischen Wissenschaft wichtige Impulse und forderten die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung des Reiches 11 Kalenderreform Bearbeiten Eine Veranderung der alten Ordnung starina erfolgte beispielsweise durch eine Kalenderreform wobei der byzantinische Kalender abgeschafft wurde So wurde der 1 September 1699 der in Moskau der Anfang des Jahres 7208 hatte sein sollen nicht gefeiert sondern stattdessen auf weltliche Weise der 1 Januar 1700 Es kam damit zur Einfuhrung des julianischen Kalenders er war in protestantischen Landern im Vergleich zum gregorianischen Kalender ublicherweise 11 Tage zuruck Steuerreformen Bearbeiten Um die Besteuerung zu rationalisieren wurde 1718 die Kopfsteuer eingefuhrt wonach allen mannlichen Landbewohnern gleichmassig die gesamte Steuerlast eines Dorfes aufgeburdet werden sollte Eigentlich als Erleichterung fur die Bauern gedacht hatte sich durch die standigen Finanzforderungen des Zaren und die haufigen Rekrutenaushebungen die Lage der Bauern erheblich verschlechtert 12 In allen Bevolkerungsschichten gab es erheblichen Widerstand gegen die Reformpolitik der sich in verzweifelten Volksaufstanden ausserte die wiederum auf Befehl des Zaren mit brutaler Gewalt niedergeschlagen wurden Dass die druckende Steuerlast die Schollenbindung und Leibeigenschaft der Bauern Hauptursachen fur die nur langsamen Fortschritte im Russischen Reich waren wurde von Zar Peter I nicht gesehen 13 Karikatur auf die Reform Peters des Grossen Einem altglaubigen Russen wird der Bart abgeschnitten Holzschnitt fur ein Flugblatt Ende 17 JahrhundertZar Peter der Grosse hatte den Eindruck dass im Russland seiner Zeit zu sehr an althergebrachten Traditionen festgehalten werde und das Land auf manchen Sektoren einer Modernisierung bedurfe In seiner Meinung bestarkten ihn Eindrucke die er auf seiner Reise ins westliche Europa gewonnen hatte Unter anderem waren wallende Vollbarte in den von ihm besuchten Landern eher selten zu sehen und auch die Kleidung der bereisten Lander erschien ihm funktioneller als die Gewander seiner Untertanen Er nahm sich daher vor Verschiedenes in seinem Reich zu andern Als er vom Auslandsaufenthalt heimgekommen war wurde am 26 Augustjul 5 September 1698greg 14 im Schloss von Preobraschenskoje zu jener Zeit der Zarensitz vor Moskau ein Empfang gegeben zu dem viele Wurdentrager erschienen Peter der Grosse erschien die Gelegenheit gunstig gleich ein Zeichen fur neu anbrechende Zeiten zu setzen Er liess sich Barbierzeug geben und schnitt eigenhandig die langen Barte seiner Besucher ab Nur drei Personen entgingen ihrem Bartverlust Sein fruherer Vormund Tichon Stresnev 1644 1719 der russisch orthodoxe Patriarch Adrian I und der schon sehr alte Furst Cerkasskij Einige Tage danach gab der Zar seinem Hofnarren den Auftrag die Prozedur des Bartabschneidens bei Hofe fortzusetzen 15 An der Tafel des Zaren war nunmehr stets ein des Barbierens kundiger Bediensteter eingesetzt der jedem erscheinenden Barttrager noch wahrend der Dauer des Mahls die Haare stutzte 16 Damit nicht genug gab Peter am 5 September 1698 einen Ukas heraus 17 der Manner ausgenommen Geistliche und tendenziell Bauern 18 anhielt sich ihren Vollbart abzurasieren Doch Widerstande von Betroffenen blieben Daraufhin belegte er Vollbarttrager mit einer Abgabe die 1701 und 1705 vom Zaren erneut angeordnet wurde Bauern die in eine Stadt kamen mussten die Abgabe bezahlen wollten sie ihren Bart behalten 19 Adelsreform Bearbeiten 1722 wurde im Zuge der Adelsreform eine Rangtabelle eingefuhrt Sie ermoglichte den unmittelbaren Vergleich ziviler und militarischer Dienstgrade sollte die Vormachtstellung des alten Erbadels der Bojaren brechen und einen von der Krone abhangigen Dienstadel schaffen Nur ein Drittel des Adels durfte sich dem zivilen Dienst widmen das Militarische genoss Vorrang 20 Um St Petersburg die Stadt an der Ostsee zu starken mussten viele russische Adelige dort in einer Stadt ohne Hinterland und mit ungesundem Sumpfklima diese aufbauen Denn wer in Peters Reich vorankommen wollte musste sich seiner Meinung nach der notwendigen Modernisierung anpassen Unter Peter stiegen viele Leute aus dem Landadel oder bescheideneren Verhaltnissen auf so etwa Heinrich Ostermann Alexander Menschikow Peter Schafirow Doch auch die alten Bojarenfamilien die Scheremetjews Dolgorukis Apraxins und Peter Tolstoi nahmen westeuropaische Titel wie Furst oder Graf an Andere Leute die einen unerwartet schnellen Aufstieg erlebten waren Zarin Katharina I die eine litauische Magd gewesen war Menschikow der Pastetenbacker gewesen sein soll Lefort ein Burgerlicher aus Genf Ostermann einer von Peters besten Diplomaten war ein Gastwirtssohn aus Westfalen und Peter Schafirow ein konvertierter Jude Es gibt viele Beispiele dafur dass Peter fahige Leute nach Verdienst beforderte Er machte einmal einen Leibeigenen der anonym einen guten Verbesserungsvorschlag gemacht hatte zum Leiter der Kanzlei Doch Peter konnte naturlich nicht den Adel ignorieren und er konnte ebenso wenig alle Schlusselstellungen in Administration und Armee nur mit Emporkommlingen und Auslandern besetzen Peter wollte dass der Adel die ihm gebuhrenden Stellen in Verwaltung und Armee besetzte und aktiv seinen Staat mitgestaltete das allerdings in Peters Sinne der Modernisierung Die Bojaren sollten die notigen Qualifikationen besitzen Sie mussten Arithmetik Sprachen Geometrie und Ballistik erlernen ihre Sohne ins Ausland schicken und vieles mehr Wer sich bewahrte und die Politik des Zaren mitmachte konnte sehr hoch steigen So waren auch konservative Adelige gezwungen mitzumachen wollten sie nicht gesellschaftlich und politisch ins Abseits geraten und von Auslandern uberspielt werden In Russland besass der Adel noch einen grossen Einfluss im landlichen Raum Beurteilung und Fortfuhrung des Reformwerks BearbeitenDie Einschatzung des Reformwerks Peters I ist nicht einheitlich brachte er doch bei seinen Modernisierungsversuchen die Krafte der Unterschichten an den Rand der Erschopfung Seine lange Zeit hervorgehobene Pionierrolle bei der Modernisierung Russlands wurde relativiert Viele seiner Reformen wurzelten in den Vorstossen seiner Vorganger des ausgehenden 17 Jahrhunderts Peters I Nachfolger setzten die von ihm intensivierte Modernisierung Russlands grundsatzlich fort wenn auch viele seiner Reformen zunachst ruckgangig gemacht wurden Die Kraft der petrinischen Umgestaltungen war aber so gross dass der Prozess der Modernisierung in Russland selbst unter den spateren schwachen Kaisern unumkehrbar wurde 21 Vor allem Kaiserin Katharina II die Grosse geburtige deutsche Prinzessin Sophie Friederike Auguste von Anhalt Zerbst knupfte an die petrinischen Reformen an und setzte zugleich die ambivalenten Tendenzen von Peters Reformwerk als aufgeklarte Herrscherin unter Anwendung autokratischer Machtmethoden fort Siehe auch BearbeitenGrosse ReformenLiteratur BearbeitenGoehrke Hellmann Lorenz Scheibert Weltgeschichte Russland Band 31 Weltbild Verlag Frankfurt am Main 1998 Manfred Hellmann Klaus Zernack Gottfried Schramm Handbuch der Geschichte Russlands Band 6 Gerhard Muller Theologische Realenzyklopadie Religionspsychologie Samaritaner Band 29 Christoph Schmidt Russische Geschichte 1547 1917 Oldenbourg Wissenschaftsverlag Hans Joachim Torke Die russischen Zaren 1547 1917 C H BeckEinzelnachweise Bearbeiten Manfred Hellmann Klaus Zernack Gottfried Schramm Handbuch der Geschichte Russlands Band 6 S 300 Goehrke Hellmann Lorenz Scheibert Weltgeschichte Russland Band 31 Weltbild Verlag Frankfurt am Main 1998 S 174 Goehrke Hellmann Lorenz Scheibert Weltgeschichte Russland Band 31 Weltbild Verlag Frankfurt am Main 1998 S 177 Goehrke Hellmann Lorenz Scheibert Weltgeschichte Russland Band 31 Weltbild Verlag Frankfurt am Main 1998 S 186 Christoph Schmidt Russische Geschichte 1547 1917 Oldenbourg Wissenschaftsverlag S 33 Lothar Ruhl Aufstieg und Niedergang des Russischen Reiches Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1992 S 175 a b Duffy Russia s Military Way to the West S 17 Christoph Schmidt Russische Geschichte 1547 1917 Oldenbourg Wissenschaftsverlag S 32 a b Christoph Schmidt Russische Geschichte 1547 1917 Oldenbourg Wissenschaftsverlag S 37 Hans Joachim Torke Die russischen Zaren 1547 1917 C H Beck S 170 Hans Joachim Torke Die russischen Zaren 1547 1917 C H Beck S 172 Goehrke Hellmann Lorenz Scheibert Weltgeschichte Russland Band 31 Weltbild Verlag Frankfurt am Main 1998 S 198 Hans Joachim Torke Die russischen Zaren 1547 1917 C H Beck S 175 Anmerkung Beim von der Quelle verwendeten Datum 26 August kann es sich nur um ein julianisches Datum handeln denn Zar Peter der Grosse ist ausweislich des Theatrum Europaeum Band 15 Seite 475 definitiv am 4 September 1698 des Gregorianischen Kalenders in Moskau angekommen Peter Hauptmann Russlands Altglaubige Vandenhoeck amp Ruprecht 2005 ISBN 978 3 525 56130 0 S 92 Vorschau in der Google Buchsuche Bernhard Stern Geschichte der offentlichen Sittlichkeit in Russland Band 1 Kapitel 2 Der Barbier als Erzieher 1907 E Text in Lexikus Volltextbibliothek Memento des Originals vom 26 Marz 2010 im Internet Archive Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www lexikus de abgefragt am 12 Juli 2009 Tages Anzeiger vom 5 September 2008 Peter der Grosse verbietet Barte abgefragt am 10 Juli 2009 Wilhelm Binder Peter der Grosse Alexjewitsch und seine Zeit Kalbfell Kurtz Reutlingen 1844 S 94 Vorschau in der Google Buchsuche Th B Welter Lehrbuch der Weltgeschichte fur Schulen Ein frei bearb Auszug aus des Verf grosserem Werke Coppenrath sche Buchh Munster 1861 S 319 Vorschau in der Google Buchsuche Goehrke Hellmann Lorenz Scheibert Weltgeschichte Russland Band 31 Weltbild Verlag Frankfurt am Main 1998 S 183 Gerhard Muller Theologische Realenzyklopadie Religionspsychologie Samaritaner Band 29 S 499 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Petrinische Reformen amp oldid 236023759