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Ein Nahrmedium auch als Kulturmedium bezeichnet dient zur Kultivierung von Mikroorganismen Zellen Geweben oder kleinen Pflanzen wie dem Laubmoos Physcomitrella patens 1 Man unterscheidet zwischen flussigen zum Beispiel Bouillon Nahrbouillon oder Nahrlosung und gelierten festen Nahrmedien Nahrboden Eine Agarplatte Agargelmedium mit einem Ausstrich von Mikroorganismen in einer Petrischale Inhaltsverzeichnis 1 Anwendung 1 1 Flussige Nahrmedien 1 2 Feste Nahrmedien Gelnahrmedien 1 3 Halbfeste Nahrmedien 2 Zusammensetzung 3 Einteilung 3 1 Nach Anwendungsgebiet 3 2 Nach Inhaltsstoffen 3 3 Nach Nahrstoffanspruchen 3 4 Nach Arbeitsaufwand 3 5 Nach Untersuchungsziel 3 5 1 Selektivmedien 3 5 2 Differentialmedien 4 Replica Plating 5 Einzelnachweise 6 WeblinksAnwendung Bearbeiten nbsp Flasche mit einem flussigen Nahrmedium LB Medium Flussige Nahrmedien Bearbeiten Flussige Nahrmedien werden eingesetzt fur biotechnologische Produktionsverfahren siehe Bioreaktor Zellkulturmedien zur Kultivierung von eukaryotischen Zellen z B DMEM MEM RPMI 1640 Ham s F 10 und Ham s F 12 und Mikroorganismen siehe Mikroorganismenkultur zu Forschungszwecken zur Kultivierung von lebenden Geweben fur den medizinischen Einsatz z B Hauttransplantationen fur den Nachweis oder zur Voranreicherung von Mikroorganismen siehe Anreicherungskultur zur Prufung auf bestimmte Stoffwechselleistungen von Mikroorganismen zu deren Identifizierung siehe Bunte Reihe Labor zur Quantifizierung von Mikroorganismen nach der Methode der Wahrscheinlichsten Anzahl Most Probable Number siehe MPN Verfahren Feste Nahrmedien Gelnahrmedien Bearbeiten nbsp Serratia odorifera im halbfesten Medium SIM Agar zeigt Motilitat an nbsp Bakterienkolonien von Staphylococcus aureus auf dem festen Nahrmedium Baird Parker Agar in einer Petrischale Als Feste Nahrmedien bezeichnet man Nahrmedien die durch Zusatz eines Geliermittels in Form eines Gels vorliegen Feste Nahrmedien werden vor allem zu Analysezwecken verwendet denn sie ermoglichen auch eine Quantifizierung von Mikroorganismen Da die Mikroorganismen sich nicht frei im Medium verteilen konnen bilden sie bei ihrer Vermehrung um jeden auf oder im Nahrmedium befindlichen Mikroorganismus eine sichtbare Kolonie Die Anzahl dieser Kolonien entsprache also im Idealfall der ursprunglichen Anzahl von Mikroorganismen Da jedoch eine Kolonie auch von mehreren dicht beieinander liegenden Individuen gebildet werden kann entspricht die Anzahl der Kolonien nicht der tatsachlichen Anzahl der Mikroorganismen sondern nur der Anzahl der Individuen und der in Gruppen im oder auf dem Nahrboden verteilten Mikroorganismen Diese Individuen und Individuengruppen bezeichnet man als KbE Koloniebildende Einheit auch cfu colony forming units 2 Weiterhin werden feste Nahrmedien verwendet wenn die sich auf der Oberflache des Nahrmediumgels bildenden Kolonien mit charakteristischem Aussehen zur Charakterisierung und Identifizierung der Mikroorganismen herangezogen werden sollen Halbfeste Nahrmedien Bearbeiten Halbfeste Nahrmedien werden vor allem in hoher Schicht in Reagenzrohrchen als Hochschichtrohrchen bezeichnet verwendet Dieser sogenannte Weichagar enthalt Agar Agar in geringerer Konzentration als bei einem festeren Nahrmedium ublich Mit ihm kann man bei vielen Mikroorganismen die durch Flagellen bewirkte aktive Bewegung Motilitat nachweisen Ausserdem wird er zur Schaffung eines Sauerstoffgradienten verwendet um mikroaerophile Organismen zu kultivieren diese benotigen eine geringere Sauerstoffkonzentration als die welche sich im Losungsgleichgewicht mit der Luft einstellt 2 Zusammensetzung BearbeitenDie Grundzusammensetzung eines Nahrmediums besteht meist aus einem Hauptanteil Wasser einer fur den jeweiligen Organismus verwertbaren Energiequelle siehe Chemotrophie beispielsweise organische Verbindungen oder schwefelhaltige Verbindungen sowie von ihm benotigte Nahrstoffe organische oder anorganische Kohlenstoff Stickstoff Schwefel und Phosphat Quellen sowie andere essentielle Nahrstoffe Die Nahrstoffe werden auch Substrate genannt und sind in den Nahrmedien fur Heterotrophe meistens Kohlenhydrate Zucker etwa Traubenzucker wie bei den Serumnahrboden der Loeffler Platte Proteinhydrolysate Peptone und gegebenenfalls Fettsauren Zusatzlich liefern anorganische Salze dem Organismus lebenswichtige Ionen wie z B Ammonium Kalium Natrium Phosphat Sulfat sowie Spurenelemente 2 Daneben konnen noch enthalten sein 2 Farbstoffe bzw deren Vorstufen Mikroskopiefarbstoffe chromogene Substrate Geliermittel Verfestigungsmittel wie Agar Agar oder seltener Gelatine Hemmstoffe zum Beispiel Antibiotika und selektive Agentien um das Wachstum unerwunschter Mikroorganismen zu verhindern z B Chloramphenicol fur Hefen Schimmel Nahrboden Indikatoren um Anderungen anzuzeigen wie z B beim pH Wert aber auch um gewisse Stoffwechselprodukte oder Stoffwechselaktivitaten anzuzeigen Puffersubstanzen um den pH Wert zu stabilisieren Wachstumsfaktoren Suppline genannt wie Hormone Vitamine und dergleichen Zur Herstellung eines Nahrmediums werden die Nahr und Zusatzstoffe gemass einer Rezeptur zusammengemischt und in destilliertem oder demineralisiertem Wasser erforderlichenfalls unter Erhitzen mit heissem stromendem Wasserdampf gelost Anschliessend erfolgt die Sterilisierung meist durch Erhitzen im Autoklaven Thermolabile Zusatzstoffe die durch die Hitzesterilisierung zerstort wurden werden auf mechanischem Weg sterilisiert meistens durch eine Sterilfiltration mit einem Membranfilter Sterilfilter und dem Nahrmedium erst nach dessen Hitzesterilisierung und Erkalten zugegeben 3 Feste Nahrmedien enthalten mindestens 1 Agar Agar je nach Rezeptur variiert die Konzentration zwischen 10 und 20 g Agar l Nahrmedium Gramm pro Liter Fur einen sogenannten Weichagar sind 1 4 g l ublich Historisch bedingt spricht man bei wassrigen Losungen komplexer organischer Substrate von Bouillon da die ersten Nahrmedien dieser Art noch in Anlehnung an Suppenrezepte hergestellt wurden Solche Flussigmedien ahneln in der Zusammensetzung den festen Nahrmedien nur ist bei ihnen kein Agar oder ein anderes Geliermittel enthalten 2 Einteilung BearbeitenKulturmedien lassen sich nach verschiedenen Gesichtspunkten einteilen 2 3 Nach Anwendungsgebiet Bearbeiten Bezeichnung Festmedium Flussigmediumenthalt meistens Agar als Geliermittel kein GeliermittelAnwendung Bei Festmedien steht die Isolierung und Analyse der jeweiligen Mikroorganismen im Vordergrund daher werden sie auch als Isolierungsmedien bezeichnet Bei der Quantifizierung von Mikroorganismen verwendet man feste Medien zur Bestimmung der Koloniezahl Flussigmedien werden als Anreicherungsmedium verwendet Ebenso werden sie genutzt wenn man grossere Mengen einer Kultur benotigt Bei der Quantifizierung von Mikroorganismen verwendet man flussige Medien im Titerverfahren Nach Inhaltsstoffen Bearbeiten nbsp Kolonien von Yersinia enterocolitica auf Blutagar einem komplexen MediumBezeichnung synthetisches Medium komplexes MediumErklarung Sie enthalten definierte Konzentrationen von chemisch exakt definierten Inhaltsstoffen Hier sind auch komplexe organische Bestandteile enthalten die chemisch nicht genau bestimmt sind enthalt z B D Glucose Ammoniumchlorid NH4Cl Magnesiumsulfat MgSO4 Dikaliumhydrogenphosphat K2HPO4 Pepton Caseinhydrolysat Hefeextrakt Fleischextrakt BlutAnwendung Synthetische Medien dienen insbesondere zur Selektion bestimmter Arten von Mikroorganismen Aber auch wenn identische Anfangsbedingungen fur Wiederholungsexperimente wichtig sind werden sie eingesetzt Komplexe Medien auch Komplettmedien genannt werden am haufigsten verwendet und erlauben das Wachstum fast aller heterotropher Mikroorganismen Nach Nahrstoffanspruchen Bearbeiten Bezeichnung Minimalmedium VollmediumErklarung Es enthalt die absolut notwendigen Nahrstoffe fur das Wachstum des betreffenden Mikroorganismus Existenzminimum diese sind chemisch definiert Es enthalt daruber hinausgehende wachstumsfordernde Stoffe und Suppline enthalt z B D Glucose als Kohlenstoffquelle Ammonium Ionen als Stickstoffquelle Sulfat Ionen als Schwefelquelle Pepton oder mehrere Aminosauren als Stickstoffquelle schwefelhaltige Aminosauren als SchwefelquelleAnwendung Die Zusammensetzung eines Minimalmediums muss empirisch ermittelt werden oder bekannt sein es dient also der Selektion und Beschreibung eines bestimmten Mikroorganismus Wegen der enthaltenen wachstumsfordernden Bestandteile ist ein Vollmedium zur Kultivierung zahlreicher Mikroorganismen geeignet Ein komplexes Medium ist gleichzeitig ein Vollmedium Nach Arbeitsaufwand Bearbeiten nbsp Eine Salmonellen Kultur auf Desoxycholat Citrat Agar DC Agar in einer PetrischaleBezeichnung Fertige Mischung FertigmediumErklarung Bei haufig verwendeten Nahrmedien werden die festen Bestandteile samt Geliermittel industriell zusammengestellt um zu erreichen dass die Zusammensetzung immer einheitlich gleich bleibt Derartige Fertigmischungen liegen als Pulver Granulat Tabletten oder Lyophilisat vor Beim Fertigmedium ist das Medium bereits industriell hergestellt und in Petrischalen oder Rohrchen abgefullt worden Anwendung Diese vorgefertigten Mischungen mussen bei Bedarf nur noch in erhitztem Wasser gelost und sterilisiert werden Das Fertigmedium kann ohne weitere Vorbereitung direkt eingesetzt werden Nach Untersuchungsziel Bearbeiten Man verwendet Medien auch um Mikroorganismen anhand bestimmter Eigenschaften zu selektieren Dafur gibt es zwei Ansatze 3 Selektivmedien Bearbeiten Selektivmedien erlauben nur das Wachstum von bestimmten Mikroorganismen die besondere Eigenschaften aufweisen um sich in diesem Medium zu vermehren Ein Beispiel sind Medien die mit Antibiotika angereichert sind In ihnen konnen nur solche Mikroorganismen wachsen die gegen das verwendete Antibiotikum resistent sind Differentialmedien Bearbeiten nbsp Kolonien von Pseudomonas fluorescens auf Simmons Citrat Agar die blaue Farbung deutet auf Citrat Verwertung hin Differentialmedien auch Differenzierungsmedien oder Indikatornahrboden genannt erlauben das Wachstum von mehreren eingesetzten Mikroorganismen Sie sind jedoch so zusammengesetzt dass sich die entstehenden Kolonien der verschiedenen Mikroorganismen im Aussehen voneinander unterscheiden so lassen sie sich differenzieren Beispielsweise konnen auf Blutagar Bakterienstamme die zur Hamolyse fahig sind von anderen durch den Klarungshof um ihre Kolonien unterschieden werden Eine klare Trennung verschiedener Bakterienarten auf Nahrboden war 1876 Ferdinand Julius Cohn gelungen 4 Haufig enthalten Differentialmedien Farbstoffe oder pH Indikatoren mit denen man bestimmte Stoffwechselleistungen der Mikroorganismen sichtbar machen kann Beispiele dafur sind der Abbau eines Kohlenhydrats durch Mikroorganismen unter Saurebildung dabei wird der pH Wert erniedrigt sauer oder der Abbau von Harnstoff oder Citrat durch Bakterien dabei entstehen alkalische Abbauprodukte und der pH Wert wird erhoht Die Anderung des pH Wertes wird mit Hilfe eines passenden pH Indikators durch Farbumschlag angezeigt dies fuhrt zu einer Verfarbung des Mediums oder der Kolonien Ein bekanntes Medium das beide dieser Prinzipien vereint ist der MacConkey Agar Er enthalt Gallensalze und Kristallviolett und verhindert dadurch das Wachstum von grampositiven Bakterien und wirkt so als Selektivmedium Fur seine Wirkung als Differentialmedium ist Lactose und Neutralrot enthalten so dass Lactose fermentierende Bakterien anhand eines Farbumschlages des pH Indikators Neutralrot identifiziert werden konnen Ein weiteres haufig verwendetes Kulturmedium das sowohl als Selektivmedium wie auch als Differentialmedium wirkt ist der XLD Agar Replica Plating Bearbeiten Hauptartikel Stempeltechnik Mikrobiologie Replica Plating zu deutsch etwa Replikationsausplattierung bezeichnet den Transfer aller Kolonien von einem festen Nahrmedium zu einem anderen festen Nahrmedium unter Erhalt der Anordnung der einzelnen Kolonien zueinander 5 Auf einen Lederberg Stempel wird hierzu ein steriles Samttuch gespannt das zuerst auf eine mit Kolonien bewachsene Platte und anschliessend auf eine unbewachsene Platte durch sanftes Aufdrucken ubertragen wird Durch den Abdruck entsteht eine Kopie der Kolonien auf dem festen Nahrmedium die zum Heranwachsen der Kolonien kultiviert wird Die Florfasern des Samtes vermeiden ein Verschmieren der Kolonien Vor der Verwendung von Samt wurde der Transfer von Kolonien mit sterilen Zahnstochern nach E Tatum oder mit sterilem Filterpapier nach N Visconti durchgefuhrt Einzelnachweise Bearbeiten Birgit Hadeler Sirkka Scholz Ralf Reski 1995 Gelrite and agar differently influence cytokinin sensitivity of a moss Journal of Plant Physiology 146 369 371 a b c d e f Eckhard Bast Mikrobiologische Methoden Eine Einfuhrung in grundlegende Arbeitstechniken 2 Auflage Spektrum Akademischer Verlag GmbH Heidelberg Berlin 2001 ISBN 978 3 8274 1072 6 a b c Roland Sussmuth Jurgen Eberspacher Rainer Haag Wolfgang Springer Biochemisch mikrobiologisches Praktikum 1 Auflage Thieme Verlag Stuttgart New York 1987 ISBN 3 13 685901 4 S 12 15 Paul Diepgen Heinz Goerke Aschoff Kurze Ubersichtstabelle zur Geschichte der Medizin 7 neubearbeitete Auflage Springer Berlin Gottingen Heidelberg 1960 S 42 J Lederberg E M Lederberg Replica plating and indirect selection of bacterial mutants In J Bacteriol 1952 Band 63 3 S 399 406 PMID 14927572 PMC 169282 freier Volltext Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Kulturen in Petrischalen Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wiktionary Nahrboden Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Media Index for BAM Liste von Nahrmedien im Bacteriological Analytical Manual In Website der U S Food and Drug Administration FDA 16 Marz 2013 abgerufen am 2 April 2013 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Nahrmedium amp oldid 234064570