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Als Mumifikation bezeichnet man den naturlich ablaufenden Prozess einer langfristigen Leichenkonservierung der zur Bildung von Mumien fuhrt Seine Untersuchung ist Teil der Fossilisationslehre Mumifikation als naturliche Form der Leichenveranderung und konservierung ist nicht mit der von Menschen betriebenen Mumifizierung identisch Trockenmumie einer Hauskatze Inhaltsverzeichnis 1 Voraussetzungen 2 Kaltemumien 3 Trockenmumien 3 1 Salzmumien 4 Giftmumien 5 Wachsleichen 6 Mumifizierter Wald 7 Stein Embryonen 8 Siehe auch 9 Literatur 10 EinzelnachweiseVoraussetzungen BearbeitenSiehe auch Erhaltungsbedingungen fur organisches Material Durch besondere aussere Umstande wie starke Sonnenstrahlung trocken kalte Zugluft oder rasche Einbettung in giftiges Milieu wird manchmal sowohl Verwesung als auch Faulnis fruhzeitig gestoppt Man spricht dann im weitesten Sinne von Mumifikation die durch den Erhalt der Weichteile von Proteinen und manchmal auch von Zellstrukturen gekennzeichnet ist nbsp Trockenmumie einer BieneKaltemumien Trockenmumien Giftmumien vor allem Bitumeneinlagerungen WachsleichenDie Mumifikation kann Kadaver nur uber einige zehntausend Jahre in unterschiedlicher Qualitat erhalten sie reagiert allerdings empfindlich auf verschiedene geologische Vorgange wie beispielsweise steigenden Gesteinsdruck oder hohere Temperaturen Ist die Mumie an der Erdoberflache gelagert zerfallt sie meist rasch verwittert oder wird von Mikroorganismen zerstort In alteren Ablagerungen finden sie sich deshalb zunehmend seltener werden jedoch mit geringerem Abstand zur Gegenwart haufiger Altere Mumien erleiden im Gestein oft eine allmahliche Stoffumwandlung eine Metamorphose in deren Verlauf die Originalsubstanz chemisch verandert wird sodass ein langer haltbares Fossil entsteht An diesem sind zwar die Weichteile gut erkennbar Zellstrukturen und typische organische Substanzen fehlen jedoch Als Mumienpseudometamorphosen bezeichnet man Mumien deren ursprungliche Substanz nach der Einlagerung vollstandig zersetzt wurde und ein Hohlraum entstand der sich dann mit anorganischen Material ausfullte Es entsteht dann ein Fossil das wie bei einem Gipsabdruck einen Hohlraum ausfullt Bildgebende Verfahren Rontgen usw zeigen dann dass die Innenstruktur nichts mit der ursprunglichen Struktur des ehemals mumifizierten Organismus gemeinsam hat Dennoch sind diese Fossilien wertvoll denn sie zeigen die ausseren Umrisse des Lebewesens was bei der direkten Einbettung nur selten der Fall ist Die bekannten Anatosaurus Mumien aus der nordamerikanischen Kreide von Wyoming South Dakota und Kanada sind ein oft zitiertes Beispiel dafur Sie erwecken bei fluchtiger Betrachtung den Eindruck als handle es sich um echte Mumien bestehen aber durch und durch aus anorganischen Kristallstrukturen Kaltemumien Bearbeiten nbsp Das Wollhaarmammutkalb Dima am Fundort im nordostsibirischen Kolyma Becken im einstigen Beringia Die hervorragend erhaltene Eismumie des ca 115 cm langen Mannchens fand ein Arbeiter 1977 bei der Goldgewinnung Dima starb vor etwa 39 000 Jahren im Alter von 6 bis 8 Monaten Kaltemumifikation ist die effizienteste Art einen Korper gut zu erhalten denn Pilze und Bakterien brauchen Warme um sich entwickeln zu konnen Das Optimum wird heute von der Gerichtsmedizin zwischen 21 und 38 C angegeben Ab Kuhlschranktemperaturen von 4 bis 3 Grad Celsius kommt die Tatigkeit der Mikroorganismen zum Erliegen Als Eismumien bezeichnete Kaltemumien entstehen sowohl durch naturliche Gefriertrocknung bei der die Korperfeuchtigkeit verdunstet und das Gewebe austrocknet als auch durch den allmahlichen Verlust der im Korper enthaltenen Feuchtigkeit unter Bildung einer den Kadaver umgebenden Eislinse Beide Prozesse konnen den biologischen Abbauvorgang um Jahrtausende verzogern Im sibirischen Eis des Permafrostbodens haben sich beispielsweise einige pleistozane Grosssauger Megafaunen aus der Mammutsteppe bis in unsere Tage derart gut erhalten dass ihre inneren Organe die Muskulatur und sogar das Blut noch heute von Fuchsen Wolfen und Hunden gefressen werden kann Solche Funde sind dann von besonderem Wert wenn sich Zellstrukturen erhalten haben an denen zytologische und histologische Untersuchungen Aufschluss uber Unterschiede zwischen Zellen dieser Tiere und heutigen Tieren geben sowie vorsichtige Schatzungen uber die Physiologie der ausgestorbenen Tierart erlauben Auch die Gene konnen erhalten sein Es sind deshalb in neuester Zeit auch Uberlegungen angestellt worden ob es moglich ware ausgestorbene Tierarten mit gentechnischen Methoden Klonen erneut auf die Bildflache zu rufen doch bedingt durch den Zerfall der DNA nach dem Tod eines Lebewesens waren entsprechende Bemuhungen bisher noch nicht erfolgreich 1977 konnte erstmals aus Muskelgewebe eines in Fairbanks Alaska gefundenen Wollhaarmammuts Mammuthus primigenius ein Protein isoliert werden an dem eine exakte Bestimmung einer Verwandtschaft zu rezenten Elefanten moglich war Es stellte sich heraus dass das im Mammut gefundenen Protein ein Immunglobulin zu seiner Entsprechung im indischen und afrikanischen Elefanten etwa den gleichen Verwandtschaftsgrad aufweist wie die Globuline der beiden rezenten Elefanten untereinander Der molekularbiologische Beweis der verwandtschaftlichen Nahe dieser Tiere war erbracht Die bekannteste Eismumie ist der Mann vom Tisenjoch in den Otztaler Alpen oft Otzi genannt Weitere Beispiele sind der etwa 39 000 Jahre alte Korper des Wollhaarmammutkalbs Dima aus Nordostsibirien oder der rund 35 000 Jahre alte Kadaver des Steppenbisons Blue Babe Trockenmumien Bearbeiten nbsp Mumifizierte Krote gefunden an der Ems in Rheda Wiedenbruck nbsp Mumifizierte Ratten bis ins 14 Jahrhundert zuruckgehende Fehlbodenfunde auf Schloss RochlitzAuch rascher Wasserentzug der durch trockene warme Luft direkte Sonnenbestrahlung ebenso durch bewegte kalte trockene Luft eintreten kann erzeugt haltbare Mumien siehe auch Backobst oder Trockenfisch Die Oberflache der Organismen trocknet schnell aus verfestigt sich und verhindert erneute Wasseraufnahme Im Inneren dieses versiegelten Kadavers halt sich die Feuchtigkeit langer und kann in Faulnis ubergehen Oft verhindern aber weitere Umbildungsprozesse dies wenn beispielsweise nekrotisch wirkende Substanzen entstehen Meist aber losen sich Organe auf beispielsweise das Verdauungssystem unter Selbstverdauung oder die Leber unter enzymatisch bewirktem Zerfall Trockenmumien findet man in abgeschlossenen Raumen aber auch in lockeren trockenen Boden Torf Charakteristisch fur diese Mumienbildung ist eine dorsale Wirbelsaulenverkrummung die durch die Verkurzung der Muskulatur wahrend der Trocknung entsteht Anhand dieser Verkrummung kann man auch an versteinerten Fossilien erkennen dass der Kadaver vor seiner Einbettung mumifiziert wurde Dabei biegen sich Kopf und Hals rucklings nach hinten meist bis auf den Rucken des Korpers Diese Verkrummung weist also auf unmittelbar postmortale Austrocknung hin das Tier befand sich vermutlich in einem Lebensraum in dem es vielleicht verdurstet war Trockenmumien entstehen in Wusten oder unter anderen Gegebenheiten durch schnelle Austrocknung wie es hochstwahrscheinlich beim Leichnam von Christian Friedrich von Kahlbutz Ritter Kahlbutz der Fall war Salzmumien Bearbeiten Besonders effektiv wirkt hygroskopische Umgebung wie sie in Gegenwart von trockenen Salzen entsteht Auch die Einlagerung in salzhaltige historische Losungen die den Kadaver durchtranken und Bakterienwachstum verhindern konserviert die Weichteile Salztumpel bieten ideale Bedingungen zum Erhalt der Weichteile Das Salz strebt nach osmotischem Ausgleich und diffundiert in das Gewebe in welchem es Bakterienwachstum zum Erliegen bringt siehe auch Pokeln Bekannte Salzmumien stammen aus den historischen Salzbergwerken in Hallein Osterreich oder Cherabad bei Zandschan siehe Salzmumien von Zandschan Allerdings bilden sich aus Salzmumien nur selten Fossilien In reiner salziger Umgebung kommen schnell aggressive Prozesse in Gang die zum vollstandigen Zerfall fuhren Die machtigen Salzaufkommen der Zechsteinmeere Floz Hessen Floz Thuringen die aus Natrium und Kaliumsalzen bestehen weisen keine Fossilien auf Giftmumien BearbeitenSehr gut erhaltene Mumien entwickeln sich auch in Medien in denen nekrotisierend wirkende Stoffe vorhanden sind welche alle oder einen Teil der Mikroorganismen abtoten Einbettung in Bitumen Einlagerung in MoorMoorleichen kommen in Hochmooren vor Im Moor behindern Gerbstoffe aus zerfallenden Pflanzenteilen und der Sauerstoffabschluss das Wachstum vieler Mikroorganismen Wenn diese Moorleichen jedoch keinen weiteren fossilierenden Einflussen unterliegen zerfallen sie mit der Zeit und bleiben nicht erhalten insbesondere wenn das Moor feucht bleibt und nicht vorher austrocknet Oft versinken Tiere in naturlich entstandenen Bitumen oder Paraffintumpeln die wie Fallen wirken und in denen die Korper vollstandig von der Luftzufuhr abgetrennt werden Ist neben der oligen Masse kein Salz vorhanden erhalten sich die Weichteile jedoch nicht weil sie von den anaeroben Darmbakterien von innen verflussigt werden Ist die Salzkonzentration anfangs zu niedrig setzt die Verwesung von innen her ein Sinkt sie spater nicht ab wird der Korper durch Kristallisationsvorgange zerstort Wachsleichen Bearbeiten Hauptartikel Wachsleiche Eine Wachsleiche entsteht durch den Ausschluss von Sauerstoff Der Ausschluss von Sauerstoff verhindert das Stattfinden von Verwesungsprozessen Auch die im Korperinneren stattfindenden Faulnisprozesse die ohne Sauerstoff mit Hilfe korpereigener Enzyme stattfinden werden durch die Abfallprodukte die sie selbst produzieren und die nicht entweichen konnen z B Ammoniak gestoppt Dadurch wird die Leiche konserviert Es wird davon berichtet dass auf manchen deutschen Friedhofen Mumifikationen bei im Sarg bestatteten Leichen auftreten Dies stellt ein Problem dar da sie sich nicht in der vorgesehenen Zeit zersetzen der Friedhofsplatz aber eine festgelegte Liegedauer hat und danach freigegeben werden soll Bei Erdbestattung kommt der Ausschluss von Sauerstoff und damit das unerwunschte Entstehen von Wachsleichen beispielsweise dadurch zustande dass das Totenkleid aus Kunststofffasern ist und eng anliegt oder der Boden zu wenig luftdurchlassig ist z B Lehmboden Auch begunstigen die pramortale Einnahme von Antibiotika oder geringe Dosen ionisierender Strahlung die Mumifikation als Wachsleiche 1 2 Ein prominentes Beispiel fur Mumifizierung durch Ausschluss von Sauerstoff ist die Marquise von Dai Mumifizierter Wald Bearbeiten Hauptartikel Mumifizierter Wald Axel Heiberg Island Stein Embryonen Bearbeiten Hauptartikel LithopaedionSiehe auch BearbeitenLeichenkonservierung WachsleicheLiteratur BearbeitenArno Hermann Muller Lehrbuch der Palaozoologie Gustav Fischer 1992 R G Bromley Spurenfossilien Biologie Taphonomie Anwendungen Springer Berlin 1999 ISBN 3 540 62944 0 R L Lyman Vertebrate Taphonomy Cambridge University Press Cambridge 1994 ISBN 0 521 45215 5 R E Martin Taphonomy A Process Approach Cambridge Paleobiology Series Cambridge University Press Cambridge 1999 ISBN 0 521 59833 8Einzelnachweise Bearbeiten Mit Pilzen zur ewigen Ruh In Die Zeit Nr 15 2007 Mude Boden zahe Leichen In Die Zeit Nr 45 2003 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mumifikation amp oldid 236168022