www.wikidata.de-de.nina.az
Als Luxusgut bezeichnet man umgangssprachlich eine Klasse von Gutern die von einem Konsumenten als Luxus wahrgenommen werden oder in der Volkswirtschaftslehre und dort speziell in der Mikrookonomik eine Klasse von Gutern deren Nachfrage sich bei steigendem Einkommen uberproportional zum Einkommensanstieg erhoht Gegensatz ist das Billigsortiment Abb 1 Klassifikation von Gutern nach Nachfrageverhalten bei Einkommensanderungen Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 Geschichte 3 Arten 4 Rechtsfragen 5 Wirtschaftliche Aspekte 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseAllgemeines BearbeitenDie umgangssprachliche Definition stellt die Luxusguter dem Luxusbegriff gegenuber was auch unter anderen der Volkswirt N Gregory Mankiw vertritt 1 2 Eine Vielzahl von Okonomen stellt bei Luxusgutern deren Zusammenhang zu Einkommen und Nachfrage her 3 4 5 Unabhangig von der Definition unterliegen Luxusguter der Hochpreisstrategie ihrer Anbieter Im Hinblick auf das Preisniveau und auf die Beziehung zwischen Einkommen und Nachfrage gibt es volkswirtschaftlich drei Guterklassen namlich inferiore Guter normale Guter und Luxusguter 6 Bei inferioren Gutern fuhren steigende Einkommen sogar zu sinkender Nachfrage bei normalen Gutern wachst die Nachfrage unterproportional oder proportional zum Einkommen bei Luxusgutern steigt die Nachfrage uberproportional Normale und Luxusguter heissen auch superiore Guter weil bei beiden die Nachfrage steigt Uber diese Abgrenzungen besteht in der Fachliteratur jedoch keine einheitliche Meinung 7 Normalguter dienen der Grundversorgung ihre Nachfrage ist anfangs sehr hoch es tritt jedoch sehr schnell Sattigung ein erst danach beginnt die Grenze zu den Luxusgutern 8 Geschichte BearbeitenAls Haupteigenschaft der ersten Luxusguter der Antike galt ihre naturliche Knappheit Deshalb gehorten Edelmetalle wie Gold oder Silber fur die Elite zu den Luxusgutern Manche Historiker zahlen auch Olivenol zu den antiken Luxusgutern Die Nabataer kontrollierten einen grossen Teil der Weihrauchstrasse auf der Weihrauch und andere Luxusguter von Sudarabien bis ans Mittelmeer zum Hafen Gaza transportiert wurden 9 Fur die Romer galt Pfeffer als das wichtigste Wurzmittel sie verwendeten auch Gewurznelken und Ingwer zur Verfeinerung der Fleischgerichte 10 Seefahrer und Handler brachten im 7 Jahrhundert vor Christus exotische Luxusguter aus dem Orient und Afrika nach Etrurien wo sie einen regen Absatz fanden 11 Auch Porzellan Seide oder Tee mussten aus Ubersee nach Europa gebracht werden vor allem Seide galt als Prestigegut Von ihr berichtete der romische Philosoph Seneca um 64 vor Christus in seinem Werk Uber Wohltaten lateinisch De beneficiis bissig dass die Damen nicht einmal ihren ehebrecherischen Liebhabern mehr von sich im Schlafzimmer als in der Offentlichkeit zeigen 12 Als Hauptabnehmer der Luxusguter fungierten im Mittelalter vorwiegend die koniglichen oder adligen Hofe Der von Kaufleuten betriebene Handel spezialisierte sich auf Fernhandel mit Luxusartikeln 13 Die Nachfrage des spatmittelalterlichen Zentraleuropa nach knappen Gewurzen war so gross weil sie sich auf eine kleine Oberschicht begrenzte sodass Gewurznelken Molukken Ingwer Muskatnussgewachse Banda Neira Pfeffer oder Zimt ausgesprochene Luxusguter waren 14 Der Preis des Pfeffers eines der am meisten begehrten Luxusguter in den Stadten und auf dem Lande fiel im Jahre 1607 in Augsburg und in Wien in Wien von 112 5 Kreuzer je Pfund im Jahre 1600 auf 45 Kreuzer im Jahre 1607 15 Der Merkantilismus konzentrierte sich im 17 Jahrhundert unter anderem auf die Theorie dass sich im eigenen Land der Wohlstand einstellen werde wenn der Export von Luxusgutern gesteigert der Import jedoch verringert werde und damit das Geld im Lande bliebe 16 Friedrich I fuhrte im Marz 1698 mit der Perucken und Karossensteuer erstmals eine Luxussteuer ein 17 die im November 1717 wieder abgeschafft wurde Ebenso wurde die heute noch existente Hundesteuer in Preussen erstmals im Jahre 1810 als Luxussteuer initiiert Im gleichen Jahr belegte Zar Alexander I franzosische Luxusguter mit hohen Einfuhrzollen 18 Kaiser Wilhelm II fuhrte im Mai 1902 die Sektsteuer als Luxussteuer ein sie lebt bis heute als Schaumweinsteuer fort David Ricardo stellte hierzu 1817 fest dass Steuern auf jene Waren die man gewohnlich als Luxusgegenstande betrachtet belasten nur jene die diese gebrauchen 19 Arten BearbeitenZu den Luxusgutern gehoren insbesondere Guter exklusiver Markennamen mit Hochpreisstrategie Luxusmarken wie Modelabels der haute couture etwa Hugo Boss Pierre Cardin Christian Dior Yves Saint Laurent Accessoires Gucci Louis Vuitton Luxusuhren etwa der Marken Breitling SA und Rolex Gebrauchsgegenstande wie Autos Ferrari Lamborghini Mercedes Maybach Rolls Royce Motor Cars Sammlerobjekte Antiquitaten Briefmarkensammlungen Kunstwerke Munzsammlungen hochpreisige Nahrungs oder Genussmittel Champagner Delikatessen wie Kaviar oder Truffel Hausrat Christofle Poggenpohl Rosenthal Villeroy amp Boch oder Luxuswohnungen Sichere Geldanlagen sind Luxusguter und keine Grundbedurfnisse 20 Der Hochpreis ergibt sich entweder aus kunstlicher Knappheit etwa Hermes oder aus der Hochpreisstrategie Bally Zum Hochpreis Segment zahlen in der Gastronomie Luxushotels oder auch die vom Guide Michelin ausgezeichnete Sterne Gastronomie Rechtsfragen BearbeitenLuxusguter unterliegen stets der Pfandung Selbst wenn sie nach 811 Abs 1 Nr 1 5 und 6 ZPO als unpfandbar gelten konnen sie gemass 811a ZPO im Wege der Austauschpfandung durch Uberlassung eines dem Verwendungszweck genugenden Ersatzstucks gepfandet werden Austausch einer Rolex von 16 000 Euro gegen eine Swatch von 30 Euro Unpfandbare Gegenstande nach 811 Abs 1 Nr 1 5 und 6 ZPO sind Gegenstande des personlichen Gebrauchs Hausrat oder der Berufsausubung bzw Erwerbstatigkeit dienende Sachen In manchen Staaten wird fur bestimmte Luxusguter eine Luxussteuer erhoben wie in Danemark oder Finnland Wirtschaftliche Aspekte BearbeitenLuxuswaren sind keine Nachfrageprodukte die ein rationales Problem losen Sie sind vielmehr Angebotsprodukte die eine sinnliche Erlebniswelt schaffen emotionale Losungen bieten und einen Traum konkretisieren 21 Ausserdem wirken sie als Statussymbole mit denen ein sozialer Status signalisiert wird selbst wenn keine Autoritat vorhanden ist wie bei Hochstaplern 22 Nachfrager nach Luxusgutern verfolgen ferner das Ziel sich durch den Kauf dieser Guter von der Masse der ubrigen Konsumenten abzuheben und einen bestimmten Lebensstil zu demonstrieren 23 Luxusguter stellen keine Eigenschaft dieser Guter dar sondern es handelt sich um das Marktverhalten einiger Marktteilnehmer mit bestimmten Praferenzen in bestimmten Einkommenssituationen 24 So wird ein von BAfoG lebender Student seinen Hunger mit Junk Food stillen spater als Vorstandsmitglied eines Grossunternehmens jedoch im Sterne Lokal speisen Die Selektionsfunktion des Preises fuhrt dazu dass beim hohen Preisniveau uberwiegend Nachfrager ubrigbleiben deren Einkommen oder Vermogen durch die Bezahlung nicht nennenswert geschmalert wird Wichtigste Zielgruppe sind deshalb Einkommens oder Vermogensmillionare Luxusguter erfullen diesen ein Luxusbedurfnis Sie bilden ein Marktsegment bei dem es ein anderes Konsumverhalten der Verbraucher gibt als beispielsweise bei Billigprodukten Steigen die Einkommen wechseln die Verbraucher zu hoherwertigen oder teureren Substitutionsgutern Der Mitlaufereffekt beschreibt das personliche Ziel einer Minderheit von Marktteilnehmern durch den Konsum bestimmter Luxusguter einer gewissen Prestigegruppe zugehorig zu erscheinen 25 Deshalb gibt es in diesem Marktsegment auch Marktteilnehmer die nicht zu den Vermogenden gehoren Andererseits sind Angebote mit niedrigen Preisen fur armere Kauferschichten attraktiv Die hohe Produktqualitat und die geringe Obsoleszenz der Luxusguter erhohen die Selbstkosten der Anbieter ein gunstiger Kaufpreis ist ohnehin nicht geplant Im Hinblick auf die Einkommenselastizitat h i displaystyle eta i nbsp sind Luxusguter positiv also vollkommen elastisch h i gt 1 displaystyle eta i gt 1 nbsp sodass bei steigendem Einkommen die Nachfrage uberproportional wachst Umgekehrt sinkt bei Rezessionen die Nachfrage uberproportional Luxusguter sind damit im Hinblick auf die Einkommenselastizitat konjunkturanfallig Durch die ubliche Darstellung mit der Marshallschen Nachfrage x i p y x i p 1 p n y displaystyle x i mathbf p y x i p 1 ldots p n y nbsp nach einem Gut i displaystyle i nbsp in Abhangigkeit von den Preisen aller n displaystyle n nbsp Guter und dem Haushaltseinkommen y displaystyle y nbsp h i x i p y y y x i p y displaystyle eta i equiv frac partial x i mathbf p y partial y frac y x i mathbf p y nbsp wird ein Gut nur dann zum Luxusgut wenn die Einkommenselastizitat grosser als 1 ist Die Preiselastizitat kann hoch bis sehr gering sein so dass die zahlungskraftigen Nachfrager auf Preisanderungen nicht oder kaum reagieren Fur sie sind keine immanenten Sattigungsgrenzen erkennbar 26 Theoretisch haben Luxusguter eine hohe Preiselastizitat der Nachfrage notwendige Guter hingegen eine geringe Preiselastizitat der Nachfrage 27 Luxusguter sind mithin eher konjunkturneutral 28 so dass die Nachfrage nach ihnen auch in der Rezession kaum abschwacht Beim Veblen Effekt steigt die Nachfrage nach Luxusgutern trotz Preiserhohung sogar weiter an Da nur wenige Zielgruppen fur Luxusguter in Frage kommen werden sie meist auf einem Klassenmarkt angeboten Die Streitfrage ob Luxuskonsum durch Luxussteuern reduziert werden kann ist schwer zu beantworten Einerseits fuhrt nach der Neoklassischen Theorie eine Besteuerung zu einer Preiserhohung durch Uberwalzung auf den Endkunden und damit zu einem Marktgleichgewicht bei niedrigerem Umsatz Wahrend einzelne Autoren 29 diesen Zusammenhang auch fur Luxussteuern sehen erkennen andere Autoren keine Lenkungswirkung Denn andererseits besteht der Nutzen des Luxusguts darin dass es so teuer ist dass es sich nicht jeder leisten kann Damit fuhren Preiserhohungen nicht zwingend zu einer Reduzierung der Nachfrage Der Status des Kaufers steigt durch den Erwerb weil das Luxusgut teurer geworden ist und damit steigt die Nachfrage 30 Literatur BearbeitenFriedrich Breyer Mikrookonomik Eine Einfuhrung 5 Aufl Springer Heidelberg u a 2011 ISBN 978 3 642 22150 7 Hal Varian Intermediate Microeconomics A Modern Approach 8 Aufl W W Norton New York und London 2010 ISBN 978 0 393 93424 3 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Luxusgut Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten N Gregory Mankiw Mark P Taylor Grundzuge der Volkswirtschaftslehre 4 Auflage Schaffer Poeschel Stuttgart 2008 ISBN 978 3 7910 2787 6 Johannes Natrop Grundzuge der Angewandten Mikrookonomie Oldenbourg Munchen 2006 S 82 ISBN 978 3 486 71315 2 Friedrich Breyer Mikrookonomik Eine Einfuhrung 2011 S 143 Susanne Wied Nebbeling Helmut Schott Grundlagen der Mikrookonomik Springer Heidelberg u a 2007 S 48 ISBN 978 3 540 73868 8 Alfred Endres Jorn Martiensen Mikrookonomik Eine integrierte Darstellung traditioneller und moderner Konzepte in Theorie und Praxis Kohlhammer Stuttgart 2007 S 320 ISBN 978 3 17 019778 7 Susanne Wied Nebbeling Helmut Schott Grundlagen der Mikrookonomik 2005 S 49 Susanne Wied Nebbeling Helmut Schott Grundlagen der Mikrookonomik 2005 S 49 Horst W Opaschowski Freizeitokonomie Marketing von Erlebniswelten 1995 S 29 Ariel Lewin William H C Propp Palastina in der Antike 2004 S 168 Eberhard Schmitt Uberseegeschichte Beitrage der jungeren Forschung 1999 S 207 FN 4 Peter Kranz Ulla Kreilinger Eva Heidebroek Soldner Georg Pohlein Antikensammlung Erlangen Auswahlkatalog 2002 S 39 Seneca De beneficiis um 64 v Chr 7 9 5 Gerhard Dilcher Marktrecht und Kaufmannsrecht im Fruhmittelalter in ders Hrsg Burgerrecht und Stadtverfassung im europaischen Mittelalter 1996 S 11 Eberhard Schmitt Uberseegeschichte Beitrage der jungeren Forschung 1999 S 207 Wilhelm Abel Agrarkrisen und Agrarkonjunktur Eine Geschichte der Land und Ernahrungswirtschaft Mitteleuropas seit dem hohen Mittelalter 1978 S 154 Uwe Schultz Versailles Die Sonne Frankreichs 2002 S 47 Karl Braun Wiesbaden Von Friedrich dem Grossen bis zum Fursten Bismarck 1882 S 24 Heinrich August Winkler Geschichte des Westens 2009 o S David Ricardo Principles of Political Economy and Taxation 1817 S 231 Kenneth J Arrow The Theory of Risk Aversion in ders Hrsg Essays in the Theory of Risk Bearing 1971 S 103 Miriam Buttner Frank Huber Stefanie Regier Kai Vollhardt Phanomen Luxusmarke 2006 S V Joachim Hurth Angewandte Handelspsychologie 2006 S 90 Hans Peter Liebmann Joachim Zentes Handelsmanagement 2001 S 496 Steffen J Roth VWL fur Einsteiger 2016 S 64 f Britta Korneli Internationale Markenfuhrung von Luxusmarken 2012 S 9 Michael Jackel Hrsg Elmar Lange Ambivalenzen des Konsums und der werblichen Kommunikation 2007 S 143 f Artur Woll Allgemeine Volkswirtschaftslehre 13 Auflage 2000 S 119 Hans Lothar Merten Kunst und Luxus als Kapitalanlage 2014 S 9 z B Norman J Ireland On limiting the market for status signals In Journal of Public Economics Band 53 Nr 1 Januar 1994 S 91 110 doi 10 1016 0047 2727 94 90015 9 z B Giacomo Corneo Olivier Jeanne Conspicuous consumption snobbism and conformism In Journal of Public Economics Band 66 Nr 1 Oktober 1997 S 55 71 doi 10 1016 S0047 2727 97 00016 9 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Normdaten Sachbegriff GND 4192138 0 lobid OGND AKS LCCN sh85079051 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Luxusgut amp oldid 233840136