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Der evangelische Luisenfriedhof III im Berliner Ortsteil Westend ist ein seit 1891 bestehender Alleequartierfriedhof mit einer Grosse von 12 0 Hektar 1 Der Friedhof steht als Gesamtanlage unter Denkmalschutz 2 Ehemalige Erbbegrabnisse an der Westmauer des FriedhofsDer Friedhof befindet sich am Furstenbrunner Weg in direkter Nachbarschaft zum Kaiser Wilhelm Gedachtnis Friedhof und ist mit diesem durch zwei Wege verbunden Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Okumenische Gedenkstatte fur Genozidopfer im Osmanischen Reich 3 Kunsthistorische bedeutsame Graber 3 1 Grab Heinrich Brugsch 3 2 Grab Grisebach 3 3 Grab Emil Gotze 3 4 Grab Hirschwald 3 5 Grab Valentin 4 Beigesetzte Personlichkeiten 5 Literatur 6 Siehe auch 7 Einzelnachweise 8 WeblinksGeschichte BearbeitenDurch das rapide Bevolkerungswachstum Charlottenburgs am Ende des 19 Jahrhunderts wurde der erst 1867 eroffnete Luisenfriedhof II bald schon wieder zu klein Auf dem Gelande einer kircheneigenen Sandgrube auf dem Spandauer Berg wurde deshalb weit ausserhalb der damaligen Bebauung nordlich von Charlottenburg ein neuer Friedhof angelegt Die Planungen begannen 1891 mit der Einsetzung einer Kommission fur die Gestaltung Mit dieser wurde der Landschaftsgartner Otto Vogeler betraut der nicht dem damals aktuellen Trend der Parkfriedhofe folgte sondern einen Alleequartierfriedhof unter Verwendung einheimischer Pflanzen plante 500 Alleebaume vorwiegend Linden Ahorne und Eichen sowie 4500 weitere Geholze wurden gepflanzt Die erste Beisetzung auf dem neuen Friedhof erfolgte am 19 Juni 1891 nbsp FriedhofskapelleIn den beiden folgenden Jahren wurde die Friedhofskapelle nach Entwurfen von Johannes Vollmer und Heinrich Jassoy errichtet Sie waren als Sieger aus einem Wettbewerb fur einen Kapellenentwurf hervorgegangen Die Kapelle ist ein hellroter Backsteinbau mit fruhgotischen Stilelementen Der Sockel besteht aus kunstlichem Sandstein die Fassaden werden durch schwarz glasierte Formsteine braun glasierte Gesimssteine sowie durch weisse Blenden gegliedert Zum Eingang hin offnet sich die Kapelle mit einer Vorhalle unter einem grossen Rundbogen Auf dem Dach thronte ein schlanker hoher Dachreiter der jedoch im Zweiten Weltkrieg verloren ging Die Kapelle wird den Wandpfeilerkirchen zugerechnet und gilt als typischer Friedhofskapellenbau fur die Zeit von 1890 bis 1905 3 Ein ebenfalls von Vollmer und Jassoy geplantes Eingangsportal das architektonisch mit der Kapelle korrespondiert hatte kam nicht zur Ausfuhrung Stattdessen wurde ein gusseisernes Portal errichtet In den Jahren 1893 94 wurde nach Entwurfen von Paul Bratring nordlich vom Eingang ein anderthalbgeschossiges Verwaltungsgebaude errichtet Der rote Backsteinbau orientiert sich an der Architektur der Friedhofskapelle In ihm wurde die Verwaltung der drei Friedhofe der Luisengemeinde sowie eine Wohnung fur den Totengraber untergebracht 4 1905 wurde der Friedhof nach Suden auf die heutige Grosse erweitert Vogeler fuhrte die geometrische Gestaltung des Friedhofes hier fort Fur die Anlage der Alleen wurden auf der Erweiterungsflache 300 Linden und 180 Ulmen gepflanzt Seit dieser Zeit hat sich die Friedhofsflache nur geringfugig verandert In der sudwestlichen Ecke wird ein Friedhofsteil von der Armenischen Gemeinde Berlins genutzt 5 Fur die Gefallenen des Ersten Weltkriegs wurde 1922 ein Ehrenmal Foto errichtet das Teilobjekt des Gartendenkmals ist Seit 1945 gibt es Kriegsgraber auf dem Friedhof Es bestehen mehrere Anlagen mit insgesamt 816 Kriegsopfern 6 2013 bis 2015 wurden die Hauptallee auf dem Kapellenberg und der Kapellenplatz durch eine Planung von relais Landschaftsarchitekten ausgehend von einer denkmalpflegerischen Sanierung des Bestands neu gestaltet 7 8 Okumenische Gedenkstatte fur Genozidopfer im Osmanischen Reich Bearbeiten nbsp Gedenkstatte fur Genozidopfer im Osmanischen ReichSeit 2012 wird aus drei aufgelassenen Erbbegrabnisstatten an der Westwand des Friedhofs die Okumenische Gedenkstatte fur Genozidopfer im Osmanischen Reich errichtet Konzipiert vom Berliner Architekten Martin Hoffmann erfolgte deren Umwandlung in Altare der Erinnerung 9 Eine hinzugefugte Widmungstafel benennt die Opfergruppen und mahnt Gedenkt der Opfer des osmanischen Genozids Die Altare einrahmend sind sechs historische Fotografien montiert 10 Im Vorfeld wurden 68 quadratische Muschelkalkplatten verlegt die in lateinischer armenischer griechischer und aramaischer Schrift an grossere Herkunftsorte der Opfer erinnern Einzelner ermordeter Personen wie des armenischen Dichters Daniel Waruschan oder des Schriftstellers Siamanto wird durch Namenssteine gedacht Eine Schautafel vor dem Mahnmal informiert uber dessen historischen Hintergrund Kunsthistorische bedeutsame Graber Bearbeiten nbsp Grab Heinrich BrugschGrab Heinrich Brugsch Bearbeiten Das Grabmal des Agyptologen Heinrich Brugsch ist einzigartig da es sich um einen Sarkophagdeckel handelt der wahrscheinlich aus dem Alten Reich stammt Die Ende des 19 Jahrhunderts angebrachte Beschriftung mit der Altersangabe 4000 v Chr ist aus heutiger Sicht nicht haltbar Fachleute gehen von einer Entstehungszeit 2400 2200 v Chr aus Die Sargplatte besteht aus Rosengranit auch Assuan Granit genannt und stammt aus Sakkara Fur das Grabmal wurde sie senkrecht aufgestellt und beschriftet Ein Bruder Heinrich Brugschs Emil Brugsch der durch die Unterstutzung Heinrich Brugschs Konservator der Agyptischen Museen in Bulaq und Kairo wurde hat dieses ungewohnliche Grabmal erstellen lassen Die ursprungliche Gestaltung beinhaltete noch ein bronzenes Medaillon mit einem Bildnis Brugschs das von Max Rabes gefertigt wurde Ausserdem war eine Bronzetafel mit einem Vogel Lotosblumen und einer arabischen Inschrift angebracht 11 Stattdessen befindet sich nun dort eine Tafel mit den Daten von Nachfahren Brugschs die sich ebenfalls hier bestatten liessen Zu Beginn des 21 Jahrhunderts hat der Verein zur Forderung des Agyptischen Museums Berlin das Grab restaurieren lassen nbsp Grab GrisebachGrab Grisebach Bearbeiten Anlasslich des Todes seines Sohnes Edward liess der Architekt Hans Grisebach ein Erbbegrabnis nach seinen Ideen errichten Dieses Grabmal fallt an der Westmauer des Friedhofes durch seine wohltuende Zuruckhaltung auf die sich auf handwerkliche Qualitat beschrankt Diese zeichnet sich durch ein Mosaik von Hermann Schaper aus das den verstorbenen Sohn von Engeln aufgehoben zeigt Die Fertigung des Mosaiks wird der Firma Puhl amp Wagner zugeschrieben 12 Hans Grisebach wurde 1904 ebenfalls in diesem Erbbegrabnis beigesetzt nbsp Grab Gotze im Zustand 2009Grab Emil Gotze Bearbeiten Die Nachfahren des Koniglich Preussischen Kammersangers Emil Gotze liessen nach dessen Tod beim Architekturburo Erdmann amp Spindler das sich bereits durch zahlreiche reprasentative Grabmalsentwurfe hervorgetan hatte ein Erbbegrabnis entwerfen Erdmann amp Spindler entwarfen ein Grabmal aus rotem Granit es fallt vor allem durch seine grossen Rundungen ins Auge Die konvexe Rundung der Ruckwand geht in die Seitenflugel uber die konkav gekrummt fast bis auf den Boden reichen Als schmuckendes Beiwerk erhielt das Grabmal ein rundes Reliefportrait und zwei rechteckige Tafeln mit szenischen Darstellungen Diese drei Reliefs fertigte die Bildhauerin Lilli Wislicenus Finzelberg Ein Rosenkranz der als Relief halbkreisformig der Rundung der Ruckwand folgte wurde von Richard Gerschel gefertigt 13 In der Nachkriegszeit wurden hier wie beim Grab Brugsch die metallenen Verzierungen entwendet und wahrscheinlich als Altmetall verkauft und eingeschmolzen Seit dem Jahr 2004 wird die Grabstelle als Gemeinschaftsgrab genutzt Die Flachen der fehlenden Reliefs wurden fur Tafeln der nun hier Beigesetzten genutzt nbsp Grab HirschwaldGrab Hirschwald Bearbeiten Das Erbbegrabnis Hirschwald wurde um 1899 fur den verstorbenen Verlagsbuchhandler Ferdinand Hirschwald errichtet Die Grabwand im klassizistischen Stil wird von zwei Pilastern gerahmt auf denen jeweils eine Amphore steht Die beiden Seitenflugel der typischen Dreiteilung sind zu unbedeutenden Randstucken zuruckgenommen Vor der Grabwand steht die Grabskulptur einer jungen Frau die mit den fliessenden Formen des fallenden Kleides Jugendstilelemente aufgreift Die Skulptur wurde vom Schwiegersohn der Eheleute Hirschwald dem Bildhauer Hans Dammann geschaffen der sich auf Grabmalsplastiken spezialisiert hatte Es handelt sich bei der Skulptur um die 1899 auf der Grossen Berliner Kunstausstellung gezeigte Figur Der Schlaf Diese wurde als bildnerische Umsetzung des Auferstehungsgedankens verstanden 14 nbsp Grab ValentinGrab Valentin Bearbeiten Der Fabrikbesitzer Julius Valentin der auch im Aufsichtsrat der AEG sass und mit Emil Rathenau befreundet war liess sich ein Erbbegrabnis errichten das heute als eine der qualitatvollsten Grabanlagen auf dem Luisenfriedhof III gilt 15 Bereits ab 1902 kummerte sich Valentin um die Gestaltung seines zukunftigen Grabmals Der Entwurf der Anlage stammt vom Architekten Wilhelm Guthlen die Skulpturen wurden von Fritz Schaper gefertigt Das Grabmal im direkten Umfeld der Kapelle ist als Gruft ausgefuhrt Beidseits des Einstieges zu dieser befinden sich grosse Platten mit den Inschriften Das ruckseitig stehende Grabdenkmal aus Marmor zeigt einen weiblichen Genius als Hochrelief Der himmelwarts gerichtete Blick der Skulptur soll die Auferstehungshoffnung des Bestatteten versinnbildlichen Im Sockelbereich befinden sich zwei als Relief gearbeitete Putten Die Herstellung des Grabes zog sich uber zehn Jahre hin da Valentin lange mit der Gemeinde und den benachbarten Grabbesitzern uber den Begrabnisplatz verhandelte und eine Streitigkeit mit Schaper sogar vor Gericht ausgetragen wurde Trotzdem wurde das Grab rechtzeitig fertiggestellt da Valentin erst 81 jahrig im Jahre 1921 verstarb Beigesetzte Personlichkeiten Bearbeiten Ehrengrab des Landes Berlin 16 Bernhard Afinger 1813 1882 Bildhauer August Aschinger 1862 1911 Gastronom Aschinger Georg Bleibtreu 1828 1892 Schlachtenmaler Karl Bleibtreu 1859 1928 Dichter und Schriftsteller Heinrich Brugsch 1827 1894 Agyptologe Emil Bucherl 1919 2001 Herzchirurg Eva Borsch Supan 1932 2022 Kunst und Architekturhistorikerin Wilhelm Cauer 1900 1945 Mathematiker und Physiker Heinrich Dernburg 1829 1907 Jurist und Rechtshistoriker Lia Eibenschutz 1899 1985 Schauspielerin Ernst Forstemann 1822 1906 Germanist und Namenforscher Hans Grisebach 1848 1904 Architekt Emil Gotze 1856 1901 koniglich preussischer Kammersanger Georg Heym 1887 1912 Schriftsteller und Dichter Wilhelm Jebens 1830 1907 Jurist Heinz Kaschke 1916 2002 Politiker und Stadtaltester Fritz Kolbe 1900 1971 Beamter und Widerstandskampfer Joachim Kruger 1915 1969 Kabarettist und Konzertveranstalter Hermann Kuhn 1851 1937 Politiker und preussischer Staatsminister Wilhelm Lauser 1836 1902 Historiker und Publizist Julius Lohmeyer 1835 1903 Humoristischer Schriftsteller Kladderadatsch Vera Lourie 1901 1998 russische Dichterin Brigitte Mira 1910 2005 Schauspielerin Karl August Mobius 1825 1908 Zoologe Gunter Neumann 1913 1972 Kabarettist Die Insulaner und Komponist Eva Renzi 1944 2005 Schauspielerin Tatjana Sais 1910 1981 Schauspielerin und Kabarettistin Karl Schell 1866 1936 Physiker Fridtjof Schliephacke 1930 1991 Architekt Konrad von Studt 1838 1921 Politiker und preussischer Staatsminister Joseph Uphues 1850 1911 Bildhauer Rosel Zech 1940 2011 SchauspielerinLiteratur BearbeitenBirgit Jochens Herbert May Die Friedhofe in Berlin Charlottenburg Geschichte der Friedhofsanlagen und deren Grabmalkultur Stapp Verlag Berlin 1994 ISBN 3 87776 056 2 Berlin und seine Bauten Teil X Band A Anlagen und Bauten fur Versorgung 3 Bestattungswesen Verlag von Wilhelm Ernst amp Sohn Berlin Munchen 1981 ISBN 3 433 00890 6 Hans Jurgen Mende Lexikon Berliner Grabstatten Haude amp Spener Berlin 2006 ISBN 3 7759 0476 X Siehe auch BearbeitenBerliner Bestattungswesen Liste der Friedhofe in BerlinEinzelnachweise Bearbeiten Liste Berliner Friedhofe PDF 84 kB Senatsverwaltung fur Stadtentwicklung Berlin Eintrag 09040489 in der Berliner Landesdenkmalliste Berlin und seine Bauten Bestattungswesen S 51 Birgit Jochens Herbert May Die Friedhofe in Berlin Charlottenburg Geschichte der Friedhofsanlagen und deren Grabmalkultur Stapp Verlag Berlin 1994 ISBN 3 87776 056 2 S 56 Ev Luisenfriedhof III In Lexikon des Bezirks Charlottenburg Wilmersdorf Bild hartwig w de Luisenfriedhof III denkfried de Marianne Mommsen Gedachtnis und Gedenken Der Kapellenberg auf dem Luisenkirchhof III in Berlin In Neue Landschaft Band 63 Nr 6 2018 S 38 43 Luisenkirchhof III Berlin In relaisla de Abgerufen am 14 Marz 2021 Astrid Herbold Langer Kampf um das Gedenken In Der Tagesspiegel am 16 Juli 2018 Tessa Hofmann Erinnern und Gedenken aber wie PDF 5 7 MB In pogrom Band 49 Nr 306 2018 S 60 64 H Nehls Das gestohlene Relief Anmerkungen zum Grabmal des Agyptologen Heinrich Brugsch In Museums Journal II 5 Jg 1991 S 6f Birgit Jochens Herbert May Die Friedhofe in Berlin Charlottenburg Geschichte der Friedhofsanlagen und deren Grabmalkultur Stapp Verlag Berlin 1994 ISBN 3 87776 056 2 S 192 R Bruning Neuere Bauten von Erdmann und Spindler Architekten in Berlin In Berliner Architekturwelt Nr 2 Mai 1903 S 43 Text S 66 und S 68 Abbildungen zlb de Martina Samulat Gede Der Bildhauer Hans Dammann 1867 1942 und sein kunstlerisches Werk in Beispielen Schriftenreihe des Forderkreises Ohlsdorfer Friedhof e V Band 9 2003 S 12 Birgit Jochens Herbert May Die Friedhofe in Berlin Charlottenburg Geschichte der Friedhofsanlagen und deren Grabmalkultur Stapp Verlag Berlin 1994 ISBN 3 87776 056 2 S 200 Ehrengrabstatten des Landes Berlin Stand Januar 2009 PDF 566 kB Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Luisenfriedhof III Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien bildindex der Kunst und Architektur Ev Luisenfriedhof III Luisenkirchhof Gesamtanlage unter Denkmalschutz In Lexikon des Bezirks Charlottenburg Wilmersdorf Eintrag 09040489 in der Berliner Landesdenkmalliste52 524740649444 13 277118355 Koordinaten 52 31 29 1 N 13 16 37 6 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Luisenfriedhof III amp oldid 235200910