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Le sacre du printemps Tableaux de la Russie paienne en deux parties dt Die Fruhlingsweihe Bilder aus dem heidnischen Russland in zwei Teilen haufig auch Das Fruhlingsopfer ist die 1913 komponierte dritte der drei grossen Ballettmusiken fur grosses Orchester die Igor Strawinsky vor dem Ersten Weltkrieg fur die Ballets Russes von Sergei Djagilew komponiert hat Es gilt aufgrund aussergewohnlicher rhythmischer und klanglicher Strukturen als ein Schlusselwerk der Neuen Musik das zugleich wegen seiner zahlreichen Dissonanzen und wegen mehrfacher schneidend scharfer Einwurfe im Gegensatz zu den ersten beiden Ballettmusiken Strawinskys beim Publikum uberwiegend Missfallen erregte Die New York Times berichtet am 8 Juni 1913 von der Urauffuhrung Pariser pfeifen das neue Ballett aus Intendant muss das Licht anschalten um die feindseligen Proteste zu beenden wahrend der Tanz weitergeht Originalkostum von Nicholas Roerich fur die Urauffuhrung Inhaltsverzeichnis 1 Anlass und Entstehung 2 Orchesterbesetzung und Dauer 3 Skandal bei der Urauffuhrung 4 Stellung in Strawinskys Gesamtwerk 5 Handlung 5 1 Teil 1 Die Anbetung der Erde 5 2 Teil 2 Das Opfer 6 Kompositorische Besonderheiten 6 1 Polytonalitat 6 2 Polyrhythmik und Polymetrik 6 3 Klangliche und motivische Schichtung 6 4 Verwendung von osteuropaischen Volksweisen 7 Choreografien 8 Adaptionen 9 Literatur 10 Filme 11 Weblinks 12 EinzelnachweiseAnlass und Entstehung BearbeitenDie Entstehung des Werkes ist kaum denkbar ohne Djagilew und seine Ballets Russes die 1909 bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs in Paris ein Motor der kunstlerischen Avantgarde waren Djagilew war es der Strawinsky nach Paris holte um die Musik fur Der Feuervogel zu komponieren nachdem der zunachst damit betraute Anatol Liadow zeitlich in Verzug geraten war Der Erfolg des Balletts begrundete fast uber Nacht Strawinskys Weltruhm an den er auch mit Petruschka der zweiten Ballettmusik fur Djagilew anknupfen konnte Zu der Zeit hatte Strawinsky langst eine Vision fur ein weiteres Ballett Als ich in St Petersburg die letzten Seiten des Feuervogel niederschrieb uberkam mich eines Tages vollig unerwartet denn ich war mit ganz anderen Dingen beschaftigt die Vision einer grossen heidnischen Feier Alte angesehene Manner Die Weisen sitzen im Kreis und schauen dem Todestanz eines jungen Madchens zu das zufallig ausgewahlt wurde und geopfert werden soll um den Gott des Fruhlings gunstig zu stimmen Das wurde zum Thema von Le sacre du printemps Igor Strawinsky ubersetzt 1911 war Strawinsky nach Russland gereist und hatte auch die Kunstlerkolonie Talaschkino besucht wo er Material sammelte Volkslieder notierte und mit dem Buhnenbildner Nicholas Roerich die Geschichte von einem Fruhlingsfest russischer Stamme entwarf 1 Orchesterbesetzung und Dauer BearbeitenDas Orchester besteht aus funf Floten dritte auch vierte nur Piccolo funfte Altflote funf Oboen vierte auch funfte nur Englischhorn funf Klarinetten drei in A und B dritte auch funfte nur Bassklarinette vierte in Es und D funf Fagotten viertes auch funftes nur Kontrafagott acht Hornern siebtes und achtes auch Tenor Wagnertuba funf Trompeten vier in C vierte auch Basstrompete in Es funfte in D drei Posaunen dritte Bassposaune zwei Basstuben funf Pauken zwei Spieler Schlagwerk Grosse Trommel Tamtam Triangel Tamburin Becken Crotales antike Zimbeln in As und B Guiro und Streichern Eine Auffuhrung dauert etwa 35 Minuten Skandal bei der Urauffuhrung Bearbeiten nbsp Dieser Artikel oder nachfolgende Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen beispielsweise Einzelnachweisen ausgestattet Angaben ohne ausreichenden Beleg konnten demnachst entfernt werden Bitte hilf Wikipedia indem du die Angaben recherchierst und gute Belege einfugst Die Urauffuhrung fand am 29 Mai 1913 im neu erbauten Theatre des Champs Elysees in Paris statt nachdem genau zwei Wochen zuvor durch Djagilews Balletttruppe in Nijinskys Choreographie bereits Debussys Jeux mit negativem Erfolg uraufgefuhrt worden war Wahrend Djagilew sich wohl insgeheim einen Theaterskandal erhoffte 2 3 rechneten die Mitwirkenden Strawinsky eingeschlossen offenbar nicht damit Aber schon nach der Generalprobe sah der Kritiker des L Echo de Paris Adolphe Boschot mogliche Proteste voraus er sei neugierig wie das Publikum das Werk aufnehmen werde und vermute dass es negativ reagieren werde weil es vielleicht den Eindruck gewinnen konnte verspottet zu werden Bei der Urauffuhrung selbst gab es bereits bei der Eroffnungsmusik Gelachter vom ersten Ton des sehr hohen Fagottsolos an Dies verstarkte sich dann zum Tumult als wenig spater die Tanzer mit ekstatischen Stampfbewegungen auftraten 4 Es war der stoischen Ruhe des Dirigenten Pierre Monteux zu verdanken dass die Auffuhrung uberhaupt zu Ende gespielt werden konnte Die Vorgange wurden in vielen Augenzeugenberichten festgehalten unter denen die von Igor Strawinsky selber und von Jean Cocteau immer wieder zitiert werden Die sturmische Entrustung hielt an sodass das Spektakel eine Woche nach der Premiere der New York Times einen Artikel wert war 5 Pariser pfeifen das neue Ballett aus Neuestes Werk des russischen Tanzers Das Fruhlingsopfer ein Reinfall Die Zeitung zitierte zunachst den Kulturkritiker Alfred Capus des Figaro der sich uber das reiche versnobte kritikunfahige Ballettpublikum von Paris lustig machte und feststellte dass man ihm dennoch nicht alles bieten konne Denn die Primitivitat von Nijinskis Inszenierung des Sacre sei selbst diesen eitlen bornierten Zeitgenossen unangenehm aufgefallen sodass sie ihrem Unmut mit Pfiffen Luft machten Die Buhne reprasentierte die Menschheit Rechts pflucken starke junge Leute Blumen wahrend eine 300 Jahre alte Frau wie wahnsinnig herumtanzt Am linken Buhnenrand studiert ein alter Mann die Sterne wahrend hier und da dem Gott des Lichtes Opfer gebracht werden Das konnte das Publikum nicht schlucken Es pfiff das Stuck umgehend aus Vor einigen Tagen hatte es vielleicht applaudiert Die Russen die nicht besonders vertraut mit dem Anstand und den Gepflogenheiten der Lander sind die sie besuchen wussten nicht dass die Franzosen ohne weiteres anfangen zu protestieren wenn die Dummheit ihren Tiefpunkt erreicht hat Die Times machte Capus fur die uber mehrere Vorstellungsabende anhaltenden Proteststurme verantwortlich er habe die Stimmung aufgeheizt Igor Strawinsky hier erstmals in der amerikanischen Tageszeitung uberhaupt erwahnt sagte der Aufstand sei ein schwerer Schlag gegen das Stuck und die sensiblen russischen Tanzer seien moglicherweise ausser Stande die Vorstellungsreihe fortzusetzen Das ist offenbar alles was man uns gibt nach 100 Probedurchlaufen und einem Jahr harter Arbeit Zweifellos wird man eines Tages verstehen dass ich einen Uberraschungscoup auf Paris gelandet habe Paris aber unpasslich war Bald wird es seine schlechte Laune vergessen New York Times Igor Strawinsky Ausgabe vom 8 Juni 1913 Auch wenn der Skandal Strawinsky endgultig zur Beruhmtheit machte verletzte ihn die Reaktion sehr und er gab nicht zuletzt Nijinsky die Schuld der in seinen Augen den Sacre choreografisch nicht bewaltigt habe Der grosse Erfolg den das Werk dann in der konzertanten Auffuhrung ebenfalls unter Pierre Monteux 1914 hatte scheint Strawinsky auch recht zu geben wobei sich allerdings die Einstellung des Publikums zu den Herausforderungen von Strawinskys Musik siehe unten schon dadurch geandert haben kann dass es darauf gefasst war Stellung in Strawinskys Gesamtwerk BearbeitenDie drei Ballette zeigen Strawinskys Weg von den Stilmitteln des Impressionismus eines Claude Debussy ausgehend mehr und mehr zu einem scharfen expressionistischen Klangeindruck zu kommen Auch die Orchesterbehandlung entwickelt sich zu immer selbstbewussteren Experimenten mit den Moglichkeiten in der Instrumentation Das thematische Material bezieht Strawinsky aus Sammlungen osteuropaischer Volkslieder Der Sacre reprasentiert zudem im bisherigen Werk Strawinskys die kompromissloseste Modernitat Den hier eingeschlagenen Weg verfolgt Strawinsky vor allem in Les Noces einer stilisierten russischen Bauernhochzeit und in L histoire du soldat deren Sujet der Marchensammlung von Nikolai Afanassjew entlehnt ist weiter Das letztere Werk enthalt aber bereits eine unverkennbare Tendenz zur Verfremdung traditioneller Genres wie Marsch Choral Walzer oder Tango und bedeutet damit zugleich auch die Abkehr von explizit russischem Material Mit dem Ballett Pulcinella das ausschliesslich auf italienischer Barockmusik grosstenteils von Giovanni Battista Pergolesi beruht wendet sich Strawinsky dem sogenannten Neoklassizismus zu Die Abkehr vom riesenhaften Orchester ist dabei auch ausseren Umstanden geschuldet die die Moglichkeiten fur grosses Orchester zu komponieren vorubergehend einschrankten Am meisten bewahrt sich im spateren Werk seine Harmonik die aus gegeneinander strebenden Dreiklangschichten aufgebaut wird auch wenn sie in dieser Dichte nicht mehr vorkommen wird Handlung BearbeitenDas Ballett beschreibt ein Fruhlingsopfer im heidnischen Russland In diesem Ritual wird eine Jungfrau dem Fruhlingsgott zur Versohnung geopfert Das Ballett teilt sich in zwei Teile Im ersten Teil der Anbetung der Erde wird das rituelle Opfer vorbereitet Verschiedene Stamme kommen zusammen Das eigentliche Opfermotiv ist in diesem ersten Teil noch ausgespart stattdessen werden die rivalisierenden Kampf Spiele zwischen den Stammen und Geschlechtern dargestellt und vertont Erst im zweiten Teil uberschrieben mit Das Opfer wird der Blick auf das Schicksal einer einzelnen auserwahlten Jungfrau fokussiert die sich nach einem Verherrlichungs und Ahnenritual zu Tode tanzt Strawinsky selbst meinte dazu Im Sacre du Printemps wollte ich die leuchtende Auferstehung der Natur schildern die zu neuem Leben erweckt wird die Auferstehung der ganzen Welt Igor Strawinsky ubersetzt Teil 1 Die Anbetung der Erde Bearbeiten nbsp Roerichs Entwurf zu Teil 1 des Balletts mit Buhnenbild und MadchengruppeDie Introduktion zum ersten Teil uberrascht durch ein hohes Fagottsolo zu dem sich nach und nach die ubrigen Holz und Blechblaser gesellen Anfangs ruhig steigert sich das Klanggeschehen zu einem undurchschaubaren Vorhang von Klangfetzen der plotzlich abreisst Das anfangliche Fagottsolo schwebt nun einen Halbton nach unten transponiert in der Leere Aus einem ruhigen Ubergang bricht jah das zweite Stuck die Vorboten des Fruhlings Tanz der jungen Madchen mit hammernden Streichern und zerbrochener Rhythmik hervor Heftige Einwurfe von Blechblasern zerreissen immer wieder die Luft uberraschend kommt der Wirbel zum Erliegen wahrend Pauken und grosse Trommel sich krachend hervortun Nach diesem Einschnitt staut sich die Stimmung erneut auf und mundet in ein rasendes Durcheinander das unmittelbar in die Entfuhrungsspiele ubergeht Wuchtige Schlage der grossen Trommel und markante Paukenrhythmen dominieren diesen straffen Teil An ihn schliesst sich eine flatternde Uberleitung an bestehend aus Streichern und Tutti Einwurfen des Orchesters Sie kommt nach vier Schlagen zum Erliegen und macht Platz fur eine ruhige Klarinettenmelodie die durchgehend von Trillern in den Floten untermalt wird Diese Phase der Entspannung wird anschliessend von den Fruhlingsreigen aufgegriffen Sie verkehren die vorangehende Heiterkeit in schwere dustere Rhythmik diese wird mehr symbolisch denn tatsachlich horbar von Mezzoforte Schlagen der grossen Trommel auf den Hauptzahlzeiten untermalt Das Thema das nur aus einem dreifach wiederholten Akkord mit ansteigender Bassuntermalung besteht wird von den Streichern zu den Blechblasern und wieder zuruckgegeben ohne seine Dynamik zu verandern Dann brechen ohne Vorwarnung die Pauken durch und peitschen das Thema jah zum Tutti Fortissimo hoch das die vorherige dustere Grundstimmung zur Rage verwandelt Schrill verbeissen sich die Blechblaser in das Thema wahrend die Pauken immer wieder mit ihren vier heftigen Crescendo Schlagen das Orchester vorantreiben Gerade als sich das Thema zu erschopfen beginnt schliesst sich die bereits vorher gehorte Uberleitung etwas variiert an und bricht auch hier wieder in die Klarinettenmelodie zusammen Anders als zu Beginn der Fruhlingsreigen jedoch konnte der Kontrast durch die folgenden Spiele der rivalisierenden Stamme die plotzlich einsetzen nicht krasser sein Auftakt und hervorstechendes Merkmal dieses Stuckes sind die Pauken die mit unbarmherziger Harte und quasi solistisch eine Tonfolge hammern Das parallel entwickelte Thema des Orchesters mundet nach kurzer Verarbeitung und einem vorlaufigen Hohepunkt in spannungsgeladene langgezogene Tone der tiefen Blechblaser Gleichzeitig setzt die grosse Trommel mit wuchtigen Akzenten und eigensinnigem Rhythmus ein Unbeirrbar setzt sie einen Dreivierteltakt gegen den ubrigen Viervierteltakt Dieses Beharren auf dem eigenen Metrum und das Hinzutreten des Tam Tam in der bis zum Zerreissen gespannten Atmosphare bereitet die Prozession des alten Weisen vor die mit schneidenden Schreien der Trompeten einsetzt Im selben Moment da dieses roh klingende Tutti hervorbricht wechselt der Takt zu 6 4 Die dominierenden Blechblaserstimmen sind darin synkopisch verschoben und das Schlagwerk stolpert in Duolen und Quartolen unter dem Metrum Die Kronung bildet die Verwendung eines Guiro einer Ratschgurke als Orchesterinstrument Es untermalt das wirbelnde Geschehen der Blechblaser mit gleichmassiger nervenzerfetzender Gerauschkulisse Nachdem die Prozession jah abgebrochen ist herrscht fur einen Moment Ruhe der Kuss der Erde wird mit tiefen ruhigen Liegetonen der Fagotte Pizzicati im Solo Kontrabass und verhaltenen Schlagen auf der Pauke untermalt wahrend sich der alte Weise auf die Knie herablasst und die Erde kusst Gebannt und regungslos bleibt die Kulisse bis dieses Ritual vollbracht ist Dann leitet ein Wirbel der grossen Trommel den Tanz der Erde ein der mit stetigen Pauken scharfen Crescendi des Tam Tam und einem aufwarts stolpernden Orchester auf einen Hohepunkt zustrebt diesen erreicht und jah abreisst Die druckende Stille verkundet das Ende des ersten Teils Teil 2 Das Opfer Bearbeiten nbsp Originalbuhnenbild von Nicholas Roerich zum zweiten Teil des Balletts nbsp N Roerich Madchengruppe zu Beginn des Balletts Eine darunter wird am Ende das Opfer das sich zu Tode tanzen muss siehe unten Gala Teil 1 Die Introduktion zum zweiten Teil beginnt mit gequalten Orchesterpassagen Ruhig aber lamentierend wird ein Thema entwickelt das eine Weile lang mit teils karger Orchestrierung im Verdeckten gehalten und im darauf folgenden Mystischen Reigen der jungen Madchen von den Violen im sechsfachen Divisi aufgegriffen und weitergesponnen wird bis die Holzblaser eine zweite zarte Melodie einzuwerfen wissen Ohne sich gegenseitig zu durchdringen werden beide Themen beibehalten Plotzlich wagen gedampfte Horner einen Einwurf der das erste Mal ohne Erfolg bleibt beim zweiten Mal jedoch das Orchester in einem aufwarts gerichteten Crescendo kollabieren lasst Es folgen elf kraftvolle Schlage des Schlagwerks und der Streicher die die Verherrlichung der Auserwahlten einleiten Eines der vorher tanzenden jungen Madchen wird plotzlich in die Mitte des Kreises gestellt und zum Opfer erwahlt Die Darstellung dieses Rituals findet kaum Zeit zur Entwicklung nennenswerter Themen Klangfetzen und wiederholte Motive bauen die Kulisse dieses zerstorerisch anmutenden Teils auf der nach der mehrminutigen Ruhe zum alten Stil des Sacre zuruckfuhrt Zwischenzeitlich zieht er sich in ein unterdrucktes Pizzicato der Streicher zuruck wahrend die Pauken mit einer markanten Repetition Platz finden Dann jedoch kehrt er zuruck zu seinem Anfang und vollzieht ein zweites Mal die gleiche Abfolge von Rhythmen und bruchstuckhaften Motiven Plotzlich gerat dieses Ritual ins Stocken Das Orchester zerschlagt in der Anrufung der Ahnen mit langgezogenen dumpfen Bassstimmen mit Wirbeln und Schlagen der grossen Trommel und der Pauken die Stille Das einzelne Thema dieses Abschnitts ist markant es beschrankt sich auf rhythmisch charakteristische Sekundschritte Nach einem letzten Aufbaumen sinkt die brutale Dynamik in sich zusammen und leitet die Rituelle Handlung der Ahnen ein die mit Tamburinschlagen und Aufwartsskalen tiefer Holzblaser beginnt Die verhaltene unheimliche Stimmung wird durch ein einfaches Thema in gedampften Trompeten unterstutzt Mit gesteigerter Dynamik wird es von der gesamten Blechblasergruppe intoniert Eine gedehnter Zwischenteil verzogert die Entwicklung kurz bis schliesslich das gesamte Orchester in einem kraftvollen pulsierenden Stampfen das Hauptthema zum Hohepunkt treibt Dann fallt es in die verhaltene Stimmung zusammen die zu Beginn des Stuckes herrschte Nach einer kurzen tiefen Uberleitung der Klarinetten beginnt das eigentliche und finale Opfer Die Auserwahlte die ihre eigene Anbetung und die Ahnenbeschworung bis dahin noch regungslos als Mittelpunkt aller Handlung verfolgt hat beginnt ihren Opfertanz Zuerst zeigt dieser noch eine zerbrochene Rhythmik Das Thema wird hauptsachlich durch scharfe Crescendi des Orchesters und rhythmisch markante Terzen in den Pauken aufgebaut Nach einer ersten vollstandigen Entwicklung dieses Themas fallt die Stimmung erneut zusammen Die chaotisch rhythmische Struktur des Stuckes bleibt erhalten indem ein gleichbleibender Streicherakkord ohne erkennbare Ordnung mit Pausen aneinandergereiht wird Ein schneidender Einwurf der Trompeten und Posaunen gipfelt in harten Paukenschlagen die an jene in den Vorboten des Fruhlings im ersten Teil erinnern Streicherakkorde und Einwurfe werden mit wechselnder Dynamik weiterentwickelt bis das Orchester nach einem wirbelnden Hohepunkt urplotzlich zum Stillstand kommt Es schliesst sich erneut der Tanz der Auserwahlten an einen Halbton nach unten transponiert ahnlich der Introduktion des ersten Abschnitts Obwohl der Beginn des Opfers bereits den Hohepunkt des Chaos darzustellen scheint indem sich beispielsweise im Tanz der Auserwahlten unmittelbar 2 8 mit 3 8 und 5 16 Takten abwechseln wird bei der nun folgenden zweiten Halfte des Opfertanzes klar dass bis dahin mehr der Ritus als das Menschenopfer dominierte Es folgt ein verheerendes Tutti in dem das Schlagwerk mit erbarmungslosem Einsatz eine Kulisse von Vernichtung schafft Themenfetzen des vorherigen Opfertanzes sind noch enthalten doch sie haben nicht mehr die sachliche rituelle Bedeutung wie noch zu Beginn sondern charakterisieren in ihrer puren Ekstase nunmehr tatsachlich das Opfer den gewollten und selbst herbeigefuhrten Tod des Madchens Scheinbar erschopft bricht das Orchester nach kurzer Zeit etwas zusammen staut sich erneut auf und wird von durchgehenden Schlagen des Schlagwerks in einem finalen Crescendo zu einem Hohepunkt getrieben Eine einzelne Flotenstimme halt die Spannung der jahen Unbeweglichkeit noch fur einen Moment und lost sich dann selbst auf Ein machtiger Tutti Schlag des gesamten Orchesters stellt den barbarischen Schluss des gesamten Werkes dar Das junge Madchen bricht tot zusammen Kompositorische Besonderheiten BearbeitenViele Kennzeichen des Sacre lassen sich bereits an den Anfangstakten des Danse des Adolescentes dt Tanz der jungen Madchen demonstrieren Polytonalitat Bearbeiten Ansatze zu einer Polytonalitat die schon Debussy in seinem Werk verfolgte werden bei Strawinsky seit dem vorangehenden grossen Ballett Petruschka 1911 zu einem konsequenten harmonischen Prinzip Charakteristisch ist hier der Zusammenklang von Durdreiklangen im Tritonusabstand v a C Dur und Fis Dur nbsp In Le sacre du printemps wird dieses Prinzip weiter entwickelt Dur und Mollakkorde mit gleichem Grundton werden ubereinander geschichtet Septakkorde und ihre Umkehrungen in die Schichtungen einbezogen oder zwei Molltonarten im Halbtonabstand ubereinandergelagert Bei dem exzessiv wiederholten Streicherakkord des Danse des Adolescentes handelt es sich um eine Kombination aus E Dur in der Partitur enharmonisch umgedeutet nach Fes Dur und der ersten Umkehrung eines Es Dur Septakkordes nbsp Der Akkord kann auch als zwei aufeinander folgende Septakkorde beschrieben werden die den Ton e gemeinsam haben bzw die miteinander einen Tredezimakkord bilden nbsp Eine andere Methode ist die Parallelverschiebung eines dissonanten Akkordes uber die Tone einer in der Regel diatonischen Tonleiter Charakteristisch ist dass im Sacre zwar eine dissonanzenreiche Harmonik entsteht allerdings ganz in impressionistischer Tradition der konsonante Anteil betont wird indem beispielsweise in Lage und Instrumentation die einzelnen Dreiklange heraushorbar bleiben oder indem Hauptthemen in Terzen erscheinen die sich einer diatonischen Tonleiter zuordnen lassen Le sacre du printemps gilt insoweit auch nicht als atonales Werk im Sinne von Arnold Schonbergs Klavierstuck op 11 3 Polyrhythmik und Polymetrik Bearbeiten Ein weiteres zentrales Element ist die Ubereinanderschichtung verschiedener Rhythmen die Polyrhythmik Dabei spielen verschiedene Instrumente gleichzeitig gegenlaufige Rhythmen die zum Teil auch in verschiedenen Taktarten notiert sind Polymetrik Strawinsky setzte diese Technik bereits in fruheren Werken z B Petruschka ein Klangliche und motivische Schichtung Bearbeiten Der Eindruck des Primitiven im Sinne von vorzeitlich wird oft durch die Ubereinanderschichtung von sich standig wiederholenden musikalischen Motiven Ostinati erzeugt Ein Ostinato der tiefen Instrumente wird nach und nach von immer weiteren Ostinati anderer Instrumentengruppen uberlagert zu denen dann gelegentlich auch eine dominierende Melodie tritt siehe hierzu die Beschreibung von Rondes printanieres dt Fruhlingsreigen Auch diese entwickelt oft genug ostinaten Charakter indem sie irgendwann nur noch um sich selbst zu kreisen scheint Diese Technik ersetzt eine motivische Entwicklung im Sinne traditioneller Sinfonik und wirkt dieser gegenuber ganz dem Sujet entsprechend formal wesentlich ursprunglicher Verwendung von osteuropaischen Volksweisen Bearbeiten Strawinsky behauptete dass lediglich das Fagottsolo des Anfangs auf eine litauische Volksweise zuruckgehe Tatsachlich liess sich nachweisen dass eine betrachtliche Anzahl der verwendeten Melodien ihren Ursprung in einer von Nikolai Rimski Korsakow herausgegebenen Sammlung osteuropaischer Volksmelodien haben und Strawinsky dies aus unbekannten Grunden leugnete 6 Choreografien BearbeitenViele Choreografen haben den Sacre in einer eigenen Choreografie herausgebracht unter anderen waren dies Leonide Massine 1920 1930 mit Martha Graham Mary Wigman 1957 Maurice Bejart 1959 Glen Tetley 1974 Pina Bausch 1975 Mats Ek 1984 Angelin Preljocaj 2001 Uwe Scholz 2003 Emanuel Gat 2004 Wang Xinpeng 2009 Chris Haring 2010 Sacre The Rite Thing und Mario Schroder 2018 Im Jahre 1987 haben Millicent Hodson und Kenneth Archer fur das Joffrey Ballet eine Rekonstruktion der Erstauffuhrung versucht 7 Das Theater der Klange inszenierte Le Sacre du Printemps 1999 als Reaktion auf den Kosovokrieg unter dem Titel Das Fruhlings Opfer Gegenstand der Handlung war auch hier die Opferung eines jungen Madchens aber nicht wie im Original durch weise alte Manner sondern durch junge Freischarler in einer gesetzlosen Situation Die Musik von Strawinsky wurde fur den ersten Teil des Stucks in einer elektronischen Neufassung des Komponisten und Regisseurs J U Lensing eingespielt fur den zweiten Teil wurde die Originalmusik von Strawinsky von ihm selbst 1960 dirigiert fur das Columbia Symphony Orchestra eingespielt 8 2006 begleitete der Dokumentarfilmer Ralf Peter Post die Entwicklung der Abschiedsvorstellung von Stephan Thoss seinerzeit Choreograf an der Staatsoper Hannover von den ersten als Skizzen gezeichneten Schrittfolgen uber das Training mit dem Ballett Ensemble bis zur Premiere 9 Der Film Der Choreograf Stephan Thoss und Le Sacre du Printemps wurde 2007 im ZDF Theaterkanal erstmals ausgestrahlt 10 Am 29 Mai 2013 wurde im Pariser Theatre des Champs Elysees das hundertjahrige Jubilaum der Erstauffuhrung gefeiert Aus diesem Anlass wurde vom Ballett und Orchester des Sankt Petersburger Mariinski Theaters unter der musikalischen Leitung von Valery Gergiev die von Hodson und Archer rekonstruierte Erstfassung Nijinskys aufgefuhrt 11 Im Programm folgte darauf eine neue Choreografie des Sacre du Printemps von Sasha Waltz 12 Der Kultursender arte ubertrug die Auffuhrung live aus Paris 11 Adaptionen BearbeitenIm Walt Disney Trickfilm Fantasia 1940 wurde der Sacre als Begleitmusik fur ein Segment verwendet das von der Entstehung der Erde und dem Aufstieg und Fall der Dinosaurier handelt Im Projekt Rhythm Is It erarbeiteten 250 Berliner Jugendliche im Jahr 2003 unter der Leitung des Tanzpadagogen Royston Maldoom eine Auffuhrung des Sacre mit den Berliner Philharmonikern unter Simon Rattle Der Komponist Stefan Goldmann erstellte eine 2009 veroffentlichte Schnittfassung Edit aus 146 Segmenten die sich aus mehreren Dutzend historischen Konzertmitschnitten des Sacre zusammensetzt die Komposition selbst aber werktreu nachbildet 13 Der Regisseur und Fotograf Oliver Herrmann gestaltete 2003 zur Aufnahme der Berliner Philharmoniker unter Simon Rattle einen Film Herrmann hatte sich von der Musik zu einer Geschichte inspirieren lassen die in die Welt der Santeria Religion fuhrt Die Filmpremiere fand 2004 bei den Berliner Filmfestspielen in der Philharmonie mit Orchesterbegleitung statt Der osterreichische Komponist Bernhard Gander schrieb mit dem Ensemble Werk Take Death 2013 die Geschichte des Sacre fort so dass die geopferte Jungfrau aus der Unterwelt auf die Erde zuruckkehrt und furchterliche Rache an ihren Peinigern ubt Das Stuck das ansonsten im Kontext der Neuen Musik zu verorten ist hat auch Anleihen an elektronische Tanzmusik und Death Metal Es wurde im Rahmen des Musikfests Le Sacre du Printemps 2013 an der Alten Oper Frankfurt durch das Ensemble Modern unter Dirigent Franck Ollu uraufgefuhrt Literatur BearbeitenTheodor W Adorno Strawinsky und die Reaktion in Ders Philosophie der neuen Musik Suhrkamp Frankfurt am Main 2019 1958 S 127 196 Jan Assmann Das kulturelle Gedachtnis des Sacre du printemps Uber Archaik und Moderne in Nieper Lena und Schmitz Julian Hrsg Musik als Medium der Erinnerung Gedachtnis Geschichte Gegenwart transcript Verlag Bielefeld 2016 ISBN 978 3 8376 3279 8 Gabriele Brandstetter Gabriele Klein Hrsg Methoden der Tanzwissenschaft Modellanalysen zu Pina Bauschs Le Sacre du Printemps Transcript Bielefeld 2007 ISBN 978 3 89942 558 1 14 Heinrich Lindlar Hrsg Igor Strawinsky Suhrkamp Frankfurt am Main 1982 ISBN 3 518 37317 X Alex Ross The Rest is Noise Das 20 Jahrhundert horen Aus dem Amerikanischen von Ingo Herze Mit 21 Abbildungen Munchen und Zurich Piper 2009 ISBN 978 3 492 05301 3 S 93 ff 106 ff Shelley C Berg Le sacre du printemps 7 productions from Nijinsky to Martha Graham UMI Research Press Ann Arbor 1988 ISBN 0 8357 1842 5 Igor Strawinsky Erinnerungen Musikalische Poetik Antworten auf 35 Fragen Atlantis Zurich Schott Mainz 1957 Pieter C van den Toorn Stravinsky and The Rite of Spring The Beginnings of a Musical Language University of California Press Berkeley 1987 ISBN 0 19 315331 9 Filme Bearbeiten1913 Der Tanz auf dem Vulkan Das Jahr von Sacre du Printemps Alternativtitel 1913 Danse sur un volcan L annee du Sacre du Printemps Dokumentarfilm Deutschland 2013 90 Min Konzept Dag Freyer Produktion broadview tv Arte ZDF Reihe 100 Jahre Sacre du Printemps Erstsendung 29 Mai 2013 bei Arte In elf Kapiteln wird der zeitgeschichtliche Hintergrund des Ballettstucks interpretiert 15 100 Jahre Sacre du Printemps Uber die Geschichte des Sacre du Printemps Dokumentarfilm Deutschland 2013 26 Min Buch und Regie Olivier Simonnet Produktion Arte France Reihe 100 Jahre Sacre du Printemps Erstsendung 29 Mai 2013 bei arte 16 von musik heute Gala 100 Jahre Sacre du Printemps Die Originalchoreographie von Nijinsky Direktubertragung aus dem Theatre des Champs Elysees Frankreich Ballett und das Orchester des Sankt Petersburger Mariinski Theaters unter der musikalischen Leitung von Waleri Gergijew 33 40 Min 2013 Produktion Arte France Camera lucida productions Erstsendung 29 Mai 2013 bei Arte 16 von musik heute Choreographie rekonstruiert von Millicent Hodson 1987 Buhne und Kostume rekonstruiert von Kenneth Archer 1987 Coco Chanel amp Igor Stravinsky Spielfilm Frankreich 2009 115 Min Buch Chris Greenhalgh Regie Jan Kounen Der Spielfilm beginnt mit einer Rekonstruktion der Urauffuhrung vor und hinter den Kulissen Pina Deutschland 2011 Dokumentarfilm von Wim Wenders uber Pina Bausch und das Tanztheater Wuppertal mit Ausschnitten ihrer Auffuhrung und Interpretation des Werkes Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Le Sacre du printemps Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Horbeispiel und Beschreibung Le sacre du Printemps Choreografie Pina Bausch Video bei Dailymotion Le sacre du Printemps Choreografie Angelin Preljocaj Video bei YouTube Le sacre du printemps Gala 100 Jahre Sacre du Printemps Teil II moderne Choreografie Sasha Waltz Auffuhrung vom 29 Mai 2013 in Paris Theatre des Champs Elysees live ubertragen auf arte Video bei YouTube Nicht mehr verfugbar am 2 September 2023 Le sacre du Printemps Gala 100 Jahre Sacre du Printemps Teil I Original Choreografie Nijinsky Rekonstruktion von Millicent Hodson und Ken Archer Leitung Valery Gergiev Ballett und Orchester des Mariinski Theaters Sankt Petersburg Auffuhrung vom 29 Mai 2013 in Paris Theatre des Champs Elysees live ubertragen auf arte Video bei YouTube Einzelnachweise Bearbeiten Zeit Online 2013 Nr 21 Ballett Le Sacre du Printemps Fieber Sex und Zukunft S 2 3 abgerufen am 7 August 2015 Deutsche Welle www dw com 100 Jahre Le Sacre du Printemps DW 29 05 2013 Abgerufen am 26 Mai 2023 deutsch Did The Rite of Spring really spark a riot In BBC News 29 Mai 2013 bbc com abgerufen am 26 Mai 2023 Zu sehen in der rekonstruierten Originalfassung bei der Gala 100 Jahre Sacre du Printemps Teil I Original Choreografie Nijinsky Rekonstruktion von Millicent Hodson und Ken Archer Leitung Valery Gergiev Ballett und Orchester des Mariinski Theaters Sankt Petersburg Auffuhrung vom 29 Mai 2013 in Paris Theatre des Champs Elysees live ubertragen auf arte Video bei YouTube 1913 Times Article on Premiere of Rite of Spring Abgerufen am 26 Mai 2023 Malcolm MacDonald Vorwort zur Partitur Boosey amp Hawkes 1997 Millicent Hodson Puzzles choreographiques Reconstitution du Sacre de Nijinsky In Etienne Souriau u a Hrsg Le Sacre du Printemps de Nijinsky Editions Cicero Paris 1990 S 45 74 Theater der Klange Das Opfer Abgerufen am 17 Oktober 2015 Kerstin Hergt Die Kraft des Korpers Tanz I Ein Film uber Stephan Toss in Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 27 Marz 2008 S 9 Vergleiche das Jahrbuch 2007 des ZDF a b Aufzeichnung Sacre du printemps 2013 Memento vom 7 Juni 2013 im Internet Archive bei Arte Aufzeichnung nicht mehr abrufbar Sandra Luzina Sacre du printemps Fruhlings Erschrecken Tagesspiegel 30 Mai 2013 Tobias Rapp Neue Kolumne Clubland Igor Stravinsky Le Sacre Du Printemps Stefan Goldmann Edit In Spiegel Online 5 Juni 2009 abgerufen am 15 Juni 2023 Arnd Wesemann Buchbesprechung Bausch eine Tanzanalyse Zeitschrift ballettanz Februar 2008 S 31 1913 Der Tanz auf dem Vulkan Das Jahr von Sacre du Printemps Arte Memento vom 7 Juni 2013 im Internet Archive a b ARTE Programmschwerpunkt 100 Jahre Le Sacre du Printemps 27 Mai 2013 abgerufen am 15 September 2022 deutsch Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Le sacre du printemps amp oldid 237403014