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Konrad von Marburg um 1185 30 Juli 1233 in Beltershausen bei Marburg war ein hochmittelalterlicher Priester und Magister erfolgreicher Kreuzzugsprediger spater Inquisitor und Beichtvater Elisabeths von Thuringen der spateren Heiligen Elisabeth Konrad von Marburg Detail eines Glasfensters in der Marburger Elisabethkirche Inhaltsverzeichnis 1 Biografie 1 1 Erstes Auftreten 1 2 Einfluss auf die Thuringer Landgrafenfamilie 1 3 Offentliches Ansehen 1 4 Neue Karriere als Ketzerverfolger 1 5 Gerichtsverhandlung und Ermordung 2 Rezeption seit dem 19 Jahrhundert 3 Siehe auch 4 Literatur 5 Quelleneditionen 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseBiografie BearbeitenUber Konrad von Marburg gibt es kaum biographische Hinweise was darauf deuten kann dass er aus eher unbedeutenden Verhaltnissen stammte Auch in seinen Selbstzeugnissen ist unublich fur diese Zeit kein einziger Hinweis auf seine Herkunft Erstes Auftreten Bearbeiten Nachweisliche offentliche Beachtung fand Konrad erstmals 1214 durch aufsehenerregende Predigten Da er in den historischen Quellen haufig Magister entspricht damals etwa dem heutigen Doktor und gebildet genannt wird scheint er studiert zu haben vermutlich an der Universitat von Paris Dazu passt das Indiz dass er zunachst im Elsass wirkte Spater zog er durch das Rheinland nach Thuringen und hielt in Stadten unter freiem Himmel seine massenwirksamen Kreuzzugspredigten die zur Entstehung einer neuen Kreuzzugsbewegung beitrugen Hierzu war er 1215 von Papst Innozenz III beauftragt worden in diesem Zusammenhang hatte er auch disziplinarische Vollmachten zur Verbesserung von Lebensfuhrung und Seelsorge des deutschen Klerus erhalten Einfluss auf die Thuringer Landgrafenfamilie Bearbeiten Im Zuge seiner umherziehenden Tatigkeit ergab sich eine Freundschaft zur Thuringer Landgrafenfamilie Er wurde 1225 1 zum Beichtvater der jugendlichen Elisabeth bestellt In diesem Amt verstarkte er die Tendenz der jungen Landgrafin zu sehr harten Frommigkeitsubungen und brachte den lange unwilligen Ludwig IV dazu am Kreuzzugsunternehmen Kaiser Friedrichs II teilzunehmen Ein weiterer Machtzuwachs fur Konrad bestand in dem Privileg in Stellvertretung des auf dem Kreuzzug abwesenden Landgrafen die geistlichen Amter in Thuringen zu vergeben Landgraf Ludwig starb noch in Italien und hinterliess eine sehr junge Witwe die spatere Heilige Elisabeth von Thuringen Nach dem Tod Ludwigs inszenierte Konrad sich als Beschutzer und erkampfte fur sie in Auseinandersetzung mit der Familie des Landgrafen die Herausgabe betrachtlicher Witwenguter Die beiden zogen auf seine Veranlassung um von der Wartburg nach Marburg Papst Gregor IX selbst hatte Konrad per Sendschreiben zu Elisabeths Vormund bestimmt und zur Wahrung ihrer Rechte gegenuber ihren Verwandten nach dem Tod ihres Mannes als Defensor bevollmachtigt Konrad nutzte den Zugriff auf das Vermogen Elisabeths um in Ubereinstimmung mit ihr ein Hospital zur Betreuung Kranker und Armer einzurichten in dem die ehemalige Furstin als Krankenpflegerin arbeitete Sein seelsorgerliches Amt gegenuber Elisabeth ubte Konrad in grausamer Weise aus er nahm ihr die Kinder weg und isolierte sie indem er ihr ein Kontaktverbot zu ihren Freundinnen befahl Da Elisabeth sich vorher durch Gelubde an ihn gebunden hatte mochte sie sich nicht dagegen wehren ohne das Gelubde zu brechen Er peitschte sie aus und bespitzelte sie Die Gesundheit der jungen Frau war dem nicht lange gewachsen Sie starb 1231 mit nur 24 Jahren Nach Elisabeths Tod kuhlte sich die offentliche Aufmerksamkeit fur Konrad deutlich ab So inszenierte er sich im Anschluss als Kampfer fur die Heiligsprechung Elisabeths Um den Leichnam der Wohltaterin der Kranken und Armen rankten sich alsbald Geschichten von gottlichen Wundern Konrad stellte folgerichtig in Rom selber einen Antrag auf Heiligsprechung Zu diesem Zweck verfasste er auch einen kurzen Lebensabriss Elisabeths Diese Summa vitae ist sein einziges erhaltenes literarisches Werk und stellt neben dem Libellus de dictis quatuor ancillarum sanctae Elisabeth confectus das die Aussagen unter anderem der Elisabethdienerinnen Guda und Isentrud von Horselgau enthalt eine der wichtigsten historischen Quellen fur das Leben der Heiligen dar Offentliches Ansehen Bearbeiten Seiner Glaubwurdigkeit kam zugute dass er sowohl den fur Priester geltenden Zolibat also das Gelubde der Keuschheit einhielt als auch in bewusst gewahlter personlicher Armut lebte Laut historischer Quellen folgten ihm einige Anhanger von Ort zu Ort So bot er zunachst das Bild eines typischen Predigers der religiosen Armutsbewegung die in dieser Zeit in allen Landern Europas lebendig war Neue Karriere als Ketzerverfolger Bearbeiten Diese Armutsbewegung hatte allerdings auch einen bedeutenden kirchenfernen bzw haretischen Zweig hier sind vor allem die Katharer und Waldenser zu nennen Die romische Kirche setzte auf gewaltsame Ausrottung dieser Ketzer Um diesem Ziel naher zu kommen richtete Papst Gregor IX das Amt des Inquisitors ein also eines von den normalen bischoflichen Gerichten unabhangigen Sonderbevollmachtigten zur Ketzerbekampfung Einer der ersten dieser Inquisitoren mit direktem papstlichen Auftrag wurde Konrad von Marburg 2 Nun durfte er als offizieller Ketzer Richter an den Bischofen vorbei verurteilen Unter Konrad nahm die Ketzerverfolgung in Deutschland an Umfang und Scharfe zu durch ein Dekret von Papst Gregor dazu ermachtigt durfte er das Inquisitionsverfahren abkurzen und Angeklagte ohne Einhaltung der bis dato ublichen zeitraubenden Verfahrensregeln auf dem Scheiterhaufen hinrichten lassen Etliche Ketzer die Konrad verfolgte hielt er fur Teufelsanbeter Seine Schilderungen veranlassten Papst Gregor IX im Jahr 1233 zur Aussendung des papstlichen Schreibens Vox in Rama in welchem uber diese Haresie informiert wurde Gerichtsverhandlung und Ermordung Bearbeiten Da Konrad auch vor Grafen Bischofen und Fursten nicht zuruckscheute erregte er Angst Hass und Widerstand auch in Adelskreisen Heinrich III von Sayn und seine Frau Mechthild waren die Pflegeeltern der beiden kleinen Tochter Elisabeths und Ludwigs Sophie und Gertrud seit die Mutter sie auf Konrads Geheiss hatte abgeben mussen Ihn klagte Konrad als Ketzerfreund an Heinrich erreichte jedoch dass sein Fall der Inquisitionsgerichtsbarkeit entzogen und einem Reichsgericht im Dom zu Mainz unter Teilnahme des deutschen Konigs Heinrich VII uberstellt wurde Dort konnte er auf traditionelle gerichtliche Verfahren wie Eideshelfer die seine Unschuld beschworen zuruckgreifen und so einen Freispruch erreichen Konrad sah sich einer unerwarteten Niederlage gegenuber In Begleitung von drei vertrauten Monchen machte er sich auf den Heimweg in das oberhessische Marburg Bei dem heutigen Weiler Hof Capelle sudostlich von Marburg etwa 2 km nordostlich von Beltershausen im Ebsdorfer Grund wollte er am 30 Juli 1233 mit seinen drei Dienern und ein paar Soldnern ein junges Madchen und einen alten Greis offentlich auf dem Scheiterhaufen verbrennen lassen Dabei wurden sie von Rudolf II von Vargula und seinen Mannen uberrascht und getotet 3 Rezeption seit dem 19 Jahrhundert BearbeitenIn der zweiten Halfte des 19 Jahrhunderts gab es eine Welle von Veroffentlichungen zu Konrad von Marburg Monographien Dissertationen sowie Erbauungsschriften Sogar ein Schauspiel als dramatische Bearbeitung des Themas ist erhalten Konrad von Marburg deutscher Ketzermeister und Grossinquisitor Trauerspiel in funf Akten frei nach der Geschichte bearbeitet von Hans Hagen Leipzig 1890 Der Umfang betrug 100 Seiten Dieses Modeinteresse flaute bald wieder ab Nach der Jahrhundertwende erschienen noch vereinzelt Dissertationen Im Nachkriegsdeutschland kam kaum ein Autor oder Verleger mehr auf die Idee diesen Stoff zu bearbeiten es sei denn mit Bezugnahme auf die Stadt Marburg oder akademisch auf das Verhaltnis der Geschlechter Als eine wichtige Nebenfigur erscheint Konrad jedoch in Wiebke von Thaddens Jugendroman Philipp zwischen Kaiser und Konig von 1989 In der franzosischen Comic Kurzserie La troisieme testament 1997 2003 in vier Teilen deutsch als Das dritte Testament bei Carlsen ist der Held ein ehemaliger Inquisitor Conrad de Marbourg deutsch Konrad von Marburg Diese Abenteuer Serie ist eine mittelalterliche Fantasiegeschichte ohne Bezug zum historischen Konrad In dem 2007 in Eisenach uraufgefuhrten Musical Elisabeth Die Legende einer Heiligen tritt Konrad in seiner Funktion als Elisabeths Beichtvater als mannliche Hauptrolle in Erscheinung Er wird von Chris Murray verkorpert Thomas Mann lasst Konrad von Marburg in seinem Roman Der Zauberberg durch den aufklarerisch gesinnten Protagonisten Lodovico Settembrini als namentliches Beispiel der entmenschte n Greuel und mordgierige n Unduldsamkeit seiner Epoche nennen Diesen wird in einem weitlaufigen Disput die Vertilgungslust der Jakobiner gegenubergestellt 4 Siehe auch BearbeitenElisabethkirche Marburg Literatur BearbeitenKarl Dienst Konrad von Marburg In Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon BBKL Band 4 Bautz Herzberg 1992 ISBN 3 88309 038 7 Sp 418 419 Artikel Artikelanfang im Internet Archive Mario Fischer Konrad von Marburg und die Anfange der Inquisition in Deutschland Jahrbuch der Hessischen Kirchengeschichtlichen Vereinigung JHKV 55 2004 ISBN 3 931849 18 X S 161 195 Dietrich Kurze Anfange der Inquisition in Deutschland in Peter Segl Hrsg Die Anfange der Inquisition im Mittelalter Mit einem Ausblick auf das 20 Jahrhundert und einem Beitrag uber religiose Intoleranz im nichtchristlichen Bereich Koln 1993 Bayreuther Historische Kolloquien Bd 7 S 131 193 Henry Charles Lea Geschichte der Inquisition im Mittelalter Band 2 Die Inquisition in den verschiedenen christlichen Landern 1 Auflage Nordlingen 1987 ISBN 3 89190 860 1 Alexander Patschovsky Zur Ketzerverfolgung Konrads von Marburg Deutsches Archiv fur Erforschung des Mittelalters DA 37 1981 S 641 693 Carsten Pietsch Die Anfange der Inquisition in Deutschland unter besonderer Berucksichtigung der Ketzerverfolgung durch Konrad von Marburg PDF 354 kB Hausarbeit im Grundstudium Universitat Oldenburg 2000 mit Vorsicht zu geniessen Ernst Ranke Konrad von Marburg In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 16 Duncker amp Humblot Leipzig 1882 S 642 648 Martin Scharfe Die Heilige und ihr Zuchtmeister Ein Marburger Bild zum Geschlechterverhaltnis Vortrag anlasslich des 31 Deutschen Volkskundekongresses 1997 in Marburg Marburger Universitatsreden Bd 22 Marburg Philipps Universitat 1998 28 S ISBN 3 923014 17 1 Gerd Schwerhoff Die Inquisition Ketzerverfolgung im Mittelalter und Neuzeit 3 korr Auflage Munchen 2009 ISBN 9783406508400 Peter Segl Konrad von Marburg In Neue Deutsche Biographie NDB Band 12 Duncker amp Humblot Berlin 1980 ISBN 3 428 00193 1 S 544 546 Digitalisat Wolfhard Vahl Konrad von Marburg die Hl Elisabeth und der Deutsche Orden Schriften des Hessischen Staatsarchiv Marburg 18 Marburg 2007 ISBN 3 88964 194 6 Quelleneditionen BearbeitenGiuseppe Alberigo Hrsg Conciliorum oecumenicorum decreta Freiburg 1962 James Fearns Hrsg Ketzer und Ketzerbekampfung im Hochmittelalter Gottingen 1968 Historische Texte Mittelalter Band 8 Ludwig Forg Die Ketzerverfolgung in Deutschland unter Gregor IX Ihre Herkunft ihre Bedeutung und ihre rechtlichen Grundlagen Berlin 1932 Historische Studien 218 ND Vaduz 1965 Othmar Hageneder u a Die Register Innocenz III Band 2 2 Pontifikatsjahr 1199 1200 Texte bearbeitet von Othmar Hageneder Werner Maleczek und Alfred A Strnad in Publikationen des Osterreichischen Kulturinstitut in Rom Abt 2 Quellen Reihe 1 Rom Wien 1979 Dietrich Kurze Anfange der Inquisition in Deutschland in Peter Segl Hrsg Die Anfange der Inquisition im Mittelalter Mit einem Ausblick auf das 20 Jahrhundert und einem Beitrag uber religiose Intoleranz im nichtchristlichen Bereich Koln 1993 Bayreuther Historische Kolloquien Band 7 Joannes Dominicus Mansi Hrsg Sacrorum Conciliorum nova et amplissima Collectio Band 23 ND Graz 1960 Kurt Selge Hrsg Texte zur Inquisition Gutersloh 1967 Emil Zenz Hrsg Die Taten der Trierer Gesta Treverorum Band 3 Trier 1959 Weblinks BearbeitenConradus de Marburg im Repertorium Geschichtsquellen des deutschen Mittelalters Einzelnachweise Bearbeiten Maria Maresch Elisabeth von Thuringen Schutzfrau des deutschen Volkes Verlag der Buchgemeinde Bonn am Rhein 1931 Buchgemeinde Bonn Religiose Schriftenreihe Band 7 S 231 Gerd Schwerhoff Die Inquisition Ketzerverfolgung im Mittelalter und Neuzeit 3 Auflage Munchen 2009 ISBN 9783406508400 S 42 f Johannes A Freiherr von Wagner Rudolf von Vargula der Schenk zu Saaleck Ein thuringisches Lebensbild aus dem 13 Jahrhundert A Deichert Leipzig 1896 S 301 Volltext in der Google Buchsuche Thomas Mann Der Zauberberg 1924 S 543 Normdaten Person GND 118713957 lobid OGND AKS LCCN no2009098613 VIAF 90583862 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Konrad von MarburgKURZBESCHREIBUNG Grossinquisitor und PolitikerGEBURTSDATUM um 1180STERBEDATUM 30 Juli 1233STERBEORT Beltershausen bei Marburg Lahn Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Konrad von Marburg amp oldid 238821348