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Kirchdorf bezeichnet in der Siedlungsgeographie eine unterste Mittelpunktsiedlung Die Ortschaft versorgt einen meist kleinen umliegenden Einzugsbereich aus wenigen Siedlungen religios Die traditionelle Kurzform das Dorf dient der Hervorhebung 1 2 Plessa 1911 Inhaltsverzeichnis 1 Begriffsabgrenzung 2 Entstehung 3 Regionale Beispiele 4 Literatur 5 EinzelnachweiseBegriffsabgrenzung BearbeitenDie Amtlichen Ortsverzeichnisse fur Bayern nach dem Zweiten Weltkrieg verstanden unter Kirchdorf eine Siedlung mit einer Kirche Darin fanden regelmassig Gottesdienste statt und es handelte sich nicht um eine Pfarrkirche Erfasst wurde der jeweils aktuelle Stand Das Ortsverzeichnis von 1991 nahm die Angaben nicht mehr systematisch auf Diese Begriffsbestimmung floss nicht in die geographische Fachliteratur ein 3 4 5 6 Siedlungen mit einer hoheren zentralortlichen Funktion die Unterzentren konnten ebenfalls kirchliche Dienste anbieten Die Prignitz wuchs Mitte des 14 Jahrhunderts aus mehreren Landchen zusammen Ihre Zentren beherbergten Vogte hielten Markte ab usw In vier davon Lenzen an der Elbe Putlitz Wittstock an der Dosse und Flecken Zechlin stand die Kirche das Pfarrhaus einer Grossparochie Sie umfassten mehrere kirchlose Dorfer Grossflachig bezeugten das erst die Protokolle der Generalvisitation der Reformationszeit Dennoch gaben sie wohl den Zustand des Hochmittelalters seit dem Landesausbau und der elbslawischen Missionierung wieder Beides setzte mit dem Wendenkreuzzug von 1147 ein 7 8 9 10 11 Entstehung BearbeitenGabriele Schwarz verband die Entstehung in Europa mit zwei bestimmten Punkten der Zeit in der die landliche Bevolkerung nahezu komplett als Selbstversorger lebte und den Streusiedlungen Mehr religiose als wirtschaftliche Grunde hoben in ausgepragten Streusiedlungsgebieten nordliches und westliches Europa eine Ortschaft heraus Sie entwickelte eine geschlossene Ortsanlage der dann die Bezeichnung Dorf zukam 1 Gerhard Henkel resumierte ruckblickend aus Sicht des 19 20 Jahrhunderts In den norddeutschen Streusiedlungsgebieten formten sich Kirchspiele Einem zentralen Kirchdorf waren einige Einzelsiedlungsgruppen und kleinere Weiler Synonym fur Streusiedlung angegliedert 12 Dass die Genese von Kirchdorfern mitunter anders ablief belegte nachfolgend die Altmark 13 Regionale Beispiele BearbeitenIn der Altmark wies das mittelalterliche Niederkirchenwesen eine grosse Bandbreite auf Im aussersten Nordwesten und im Nordzipfel herrschten Grossparochien vor Ihre grosszugig angelegten Pfarrkirchen waren offenbar auf einen uberortlichen Bedarf ausgelegt Manche fielen unter Kirchdorf wobei es im Laufe der Zeit zu Veranderungen kam Der Sprengel Henningen versorgte das gleichnamige Dorf und sechs weitere Im Spatmittelalter erhielten Letztere Kapellen Einige gottesdienstliche Handlungen fanden jetzt vor Ort statt Die zentralortliche Funktion bestand nun teilweise im Wohnsitz des Pfarrers und denen im Gegensatz zu den Kapellen umfangreicher ausfallenden Rechten der Pfarrkirche Die Besonderheiten in diesem Teil der markischen Landschaft fuhrte Lieselott Enders auf die Vernetzung mit dem Herzogtum Sachsen bzw seinen Nachfolgelandern zuruck Dies ausserte sich beispielsweise in der Zugehorigkeit zum Bistum Verden 13 14 15 Die naturlichen Gegebenheiten der Wische brachten nur wenige kleine kirchlose Dorfer hervor Jene und einigeAgrareinzelsiedlungen wurden von einem Kirchdorf betreut In der mittleren und sudostlichen Altmark also im Bistum Halberstadt folgte eine Kleinparochie auf die andere Sie umfassten eine maximal zwei Tochterkirchen und ausserst selten ein Dorf ohne eigene Kirche In der Sudaltmark lagen nicht genugend Schriftquellen fur eine umfassende Auswertung vor 13 16 Eine vielgestaltige Entwicklung zeigte Plessa Die hiesige Holz kapelle gehorte zum Dia konat in Elsterwerda Nicht jeden Sonntag fand eine Messe statt Daher besuchten die Plessaer haufiger den Gottesdienst in Dreska Die 1792 entstandene Dorfkirche Plessa brannte 1811 mit dem ganzen Dorf ab Zur im selben Jahr gebildeten Parochie Plessa zahlte die Dorfkirche in Kahla Ihre Mutterkirche wurde 1814 neu erbaut Das dazugehorige Pfarrhaus von 1865 fuhrte zur Auflosung des Diakonats Elsterwerda Plessa unterstanden das kirchlose Kraupa sowie als Tochterkirchen die zu Dreska und Kahla Das 1896 wiedererrichtete Diakonat Elsterwerda erhielt Dreska und Kraupa bei Plessa verblieb Kahla Am 1 Januar 1999 wurden Dollingen Dreska Hohenleipisch Kahla und Plessa zum Kirchspiel Plessa zusammengefasst die Dorfkirche Plessa um 1911 17 Die Kirchdorfer von Schweden bildeten sich vor und nach der Reformation heraus Sie dienten neben ihrer religiosen Funktion zum Abhalten von Gerichten Eintreiben von Steuern und Veranstalten von Markten 1 In Westfalen wirkte sich die Entstehungsweise der Kirche auf die Entwicklung des Siedlungsgrundrisses aus Die Grundung im Anschluss an einen bestehenden Drubbel fuhrte zu einer unregelmassigen Form Anders vollzog es sich bei einer Eigenkirche eines weltlichen Grundherrn in Verbindung mit einem Schulzenhof Hier konnten sich die anderen Bauernhofe ringformig um den ursprunglich ummauerten Kirchhof gruppieren In seltenen Fallen gehorten zu den Hofstellen keine landwirtschaftlichen Nutzflachen Dann setzte sich die Gemarkung neben den Hausgrundstucken und ihren Garten lediglich aus Wegen zusammen Die soziale Struktur eines westfalischen Kirchdorfs pragten kleine Handwerker und Geschaftstreibende sowie zumindest im Ortskern die jungere Schicht der Kotner oder Brinksitzer 1 Literatur BearbeitenHans Joachim Aminde Manfred Nicolai Offentliche und private Einrichtungen im Dorf Arbeitsberichte der Universitat Stuttgart Institut fur landliche Siedlungsplanung Heft 9 Institut fur Offentliche Bauten und Hochschulplanung der Universitat Stuttgart Stuttgart 1982 DNB 840096208 Walter Christaller Die zentralen Orte in Suddeutschland Eine okonomisch geographische Untersuchung uber die Gesetzmassigkeit der Verbreitung und Entwicklung der Siedlungen mit stadtischen Funktionen Fischer Jena 1933 DNB 571889050 Lieselott Enders Die Altmark Geschichte einer kurmarkischen Landschaft in der Fruhneuzeit Ende des 15 bis Anfang des 19 Jahrhunderts Klaus Neitmann Hrsg Veroffentlichungen des Brandenburgischen Landeshauptarchivs Band 56 Berliner Wissenschafts Verlag Berlin 2008 ISBN 978 3 8305 1504 3 Gerhard Henkel Der landliche Raum Gegenwart und Wandlungsprozesse seit dem 19 Jahrhundert in Deutschland Jorg Bendix Hans Gebhardt Ernst Loffler Paul Reuber Hrsg Studienbucher der Geographie 4 erganzte und neu bearbeitete Auflage Gebruder Borntraeger Verlagsbuchhandlung Berlin Stuttgart 2004 ISBN 3 443 07109 0 Cay Lienau Die Siedlungen des landlichen Raumes Das Geographische Seminar 4 uberarbeitete Auflage Westermann Schulbuchverlag Braunschweig 2000 ISBN 3 14 160283 2 Gabriele Schwarz Allgemeine Siedlungsgeographie Teil 1 Die landlichen Siedlungen Die zwischen Land und Stadt stehenden Siedlungen In Allgemeine Siedlungsgeographie Josef Schmithusen Hrsg Lehrbuch der Allgemeinen Geographie Band 6 2 Bande 4 Auflage Walter de Gruyter Berlin 1988 ISBN 3 11 007895 3 Einzelnachweise Bearbeiten a b c d Gabriele Schwarz Allgemeine Siedlungsgeographie Teil 1 Walter de Gruyter Berlin 1988 ISBN 3 11 007895 3 VI Mittelpunkts Siedlungen 1 Mittelpunkte in Streusiedlungsgebieten S 413 416 hier S 413 Cay Lienau Die Siedlungen des landlichen Raums 4 Auflage Westermann Schulbuchverlag Braunschweig 2000 ISBN 3 14 160283 2 5 Siedlungsfunktion Infrastruktur und sozialokonomische Struktur 5 1 Siedlungsfunktionen 5 1 3 Versorgungsfunktion b unterste Versorgungszentren S 99 Bayerisches Statistisches Landesamt Hrsg Amtliches Ortsverzeichnis fur Bayern Bearbeitet auf Grund der Volkszahlung vom 13 September 1950 Beitrage zur Statistik Bayerns Heft 169 Bayerisches Statistisches Landesamt Munchen 1952 DNB 453660975 2 Vorbemerkungen zum Aufbau und Inhalt des Ortsverzeichnisses Grundlegende Hinweise 3 Bezeichnung der sogenannten topographischen Eigenschaft b Pfarrdorf oder Kirchdorf S 9 Bayerisches Statistisches Landesamt Hrsg Amtliches Ortsverzeichnis fur Bayern 1973 Beitrage zur Statistik Bayerns Heft 335 Bayerisches Statistisches Landesamt Munchen 1973 DNB 740801384 Inhalt des Hauptteils Begriffsbestimmungen Topographische Bezeichnung b Pfarrdorf oder Kirchdorf S 9 Bayerisches Landesamt fur Statistik und Datenverarbeitung Hrsg Amtliches Ortsverzeichnis fur Bayern Gebietsstand 25 Mai 1987 Beitrage zur Statistik Bayerns Heft 450 Bayerisches Landesamt fur Statistik und Datenverarbeitung Munchen 1991 DNB 94240937X Erlauterungen und Begriffsbestimmungen 3 Topographische Angaben e Dorf Pfarrdorf Kirchdorf S XV Matthias Schopp Geographie der landlichen Siedlungen Zusammenfassungen von Buchtexten und Artikeln zur Vorbereitung auf das Staatsexamen Grin Verlag Norderstedt 2014 ISBN 978 3 656 71291 6 5 Siedlungsfunktion Infrastruktur und sozialokonomische Struktur 5 1 Siedlungsfunktionen 5 1 3 Versorgungsfunktion S 19 Cay Lienau Die Siedlungen des landlichen Raums 4 Auflage Westermann Schulbuchverlag Braunschweig 2000 ISBN 3 14 160283 2 5 Siedlungsfunktion Infrastruktur und sozialokonomische Struktur 5 1 Siedlungsfunktionen 5 1 3 Versorgungsfunktion c Unterzentren S 99 100 Lieselott Enders Die Prignitz Geschichte einer kurmarkischen Landschaft vom 12 bis zum 18 Jahrhundert Klaus Neitmann Hrsg Veroffentlichungen des Brandenburgischen Landeshauptarchivs Band 38 1 Auflage Verlag fur Berlin Brandenburg Potsdam 2000 ISBN 3 935035 00 4 A Herrschaftsbildung und Siedlung I Ausgangssituation Auftakt und Merkmale 3 Merkmale des hochmittelalterlichen Siedlungsbildes Kirchen und Pfarrorganisation S 43 Rosemarie Baudisch Geographische Grundlagen und historisch politische Gliederung Brandenburgs In Ingo Materna Wolfgang Ribbe Hrsg Brandenburgische Geschichte Akademie Verlag Berlin 1995 ISBN 3 05 002508 5 Landschaften Prignitz S 24 25 Lieselott Enders Die Prignitz Geschichte einer kurmarkischen Landschaft vom 12 bis zum 18 Jahrhundert Klaus Neitmann Hrsg Veroffentlichungen des Brandenburgischen Landeshauptarchivs Band 38 1 Auflage Verlag fur Berlin Brandenburg Potsdam 2000 ISBN 3 935035 00 4 A Die politischen Verhaltnisse 2 Die innere Verwaltung a Vogtei und Hauptmannschaft S 135 140 Lieselott Enders Die Prignitz Geschichte einer kurmarkischen Landschaft vom 12 bis zum 18 Jahrhundert Klaus Neitmann Hrsg Veroffentlichungen des Brandenburgischen Landeshauptarchivs Band 38 1 Auflage Verlag fur Berlin Brandenburg Potsdam 2000 ISBN 3 935035 00 4 B Das Stadtewesen 2 Ausgestaltung der Stadte bis zum Ende der Askanierzeit b Die wirtschaftliche Entwicklung Marktfunktion S 81 82 Gerhard Henkel Der landliche Raum 4 Auflage Gebruder Borntraeger Verlagsbuchhandlung Stuttgart 2004 ISBN 3 443 07109 0 6 Infrastruktur und Kommunalpolitik 6 1 Infrastruktur Versorgungsinfrastruktur 12 Kirche S 338 339 a b c Lieselott Enders Die Altmark Berliner Wissenschafts Verlag Berlin 2008 ISBN 978 3 8305 1504 3 D Kultur und Lebensweise in Stadt und Land I Kirche Geistlichkeit und religiose Gemeinschaften 1 Kirchen und Pfarrorganisation Grossparochien S 1169 1174 Thomas Sternberg Kapelle In Walter Kasper mit Konrad Baumgartner Horst Burkle Klaus Ganzer Karl Kertelege Wilhelm Korff Peter Walter Hrsg Lexikon fur Theologie und Kirche LexThK 5 Band Hermeneutik bis Kirchengemeinschaft Sonderausgabe der 3 Auflage Verlag Herder Freiburg im Breisgau 2006 ISBN 978 3 451 22012 8 I Liturgiegeschichtlich Sp 1209 Lieselott Enders Die Altmark Berliner Wissenschafts Verlag Berlin 2008 ISBN 978 3 8305 1504 3 D Kultur und Lebensweise in Stadt und Land I Kirche Geistlichkeit und religiose Gemeinschaften 1 Kirchen und Pfarrorganisation Grossparochien Fussnote 29 S 1170 Ausdehnung Sprengel Henningen Lieselott Enders Die Altmark Berliner Wissenschafts Verlag Berlin 2008 ISBN 978 3 8305 1504 3 B Die landliche Gesellschaft in der Fruhneuzeit II Das Siedlungsgebiet im Wandel der Fruhneuzeit b Auf und Ausbau von Gutsbesitz bei Altsiedlungen bis 1550 S 213 215 Wische Einzelhofe S 214 Autorengemeinschaft unter Leitung von Dietrich Hanspach B 3 Plessa Landkreis Elbe Elster In Luise Grundmann im Auftrag Leibniz Institut fur Landerkunde Leipzig und Sachsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig Hrsg Der Schraden Eine landeskundliche Bestandsaufnahme im Raum Elsterwerda Lauchhammer Hirschfeld und Ortrand Landschaften in Deutschland Werte der deutschen Heimat Band 63 2 verbesserte Auflage Bohlau Verlag Koln Weimar Wien 2005 ISBN 3 412 23905 4 S 106 111 hier S 107 unter Einbeziehung von Dollingen S 74 Dreska S 70 Hohenleipisch S 68 Kahla S 79 Kraupa S 62 63 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kirchdorf Siedlungstyp amp oldid 235313109