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Das Kastell Stuttgart Bad Cannstatt in der Literatur haufig als Kastell Cannstatt seltener als Kastell Bad Cannstatt genannt war ein romisches Militarlager an der Neckarlinie des Neckar Odenwald Limes Es liegt als Bodendenkmal in einem heute weitgehend uberbauten Bereich von Bad Cannstatt einem Stadtbezirk der baden wurttembergischen Landeshauptstadt Stuttgart Kastell Stuttgart Bad CannstattAlternativname Kastell CannstattKastell Bad CannstattLimes ORL 59 RLK Strecke RLK Neckar Odenwald LimesNeckarlinieDatierung Belegung um 85 90 n Chr bis um 160 n Chr Vicus bis um 230 langstens 260 n Chr Typ AlenkastellEinheit Ala I Scubulorum Grosse a 185 160 m 3 hab 215 220 171 m 3 7 haBauweise a Holz Erde Kastellb SteinkastellErhaltungszustand uberbautOrt Stuttgart Bad CannstattGeographische Lage 48 48 48 N 9 12 39 O 48 813333333333 9 2108333333333 248Hohe 248 m u NHNVorhergehend ORL 58 Kastell Benningen nordlich Anschliessend ORL 60 Kastell Kongen sudlich Inhaltsverzeichnis 1 Lage 2 Forschungsgeschichte 3 Befunde 4 Kastell und Vicusgeschichte 5 Illustrationen 6 Denkmalschutz 7 Siehe auch 8 Literatur 9 Weblinks 10 AnmerkungenLage Bearbeiten nbsp Lageplan Grabungen 1894 96 Das Kastell befand sich westlich des Neckars auf einer etwa 450 m entfernt vom Fluss gelegenen Anhohe in strategisch und verkehrsgeographisch gunstiger Position Hier kreuzte die Romerstrasse welche von Mogontiacum Mainz nach Augusta Vindelicorum Augsburg fuhrte die entlang des Neckars verlaufende Trasse Zusatzlich stiess eine von Argentorate Strassburg herbeifuhrende Fernstrasse auf diesen Kreuzungspunkt Von dem um gut 25 m uber dem Fluss gelegenen Kastell aus konnten das Neckartal und die zu den benachbarten Kastellen Benningen und Kongen sowie weiter bis Wimpfen bzw Arae Flaviae Rottweil fuhrenden Strassen der Neckartrasse gut uberwacht werden Forschungsgeschichte BearbeitenAuf Cannstatter Gebiet wurden bereits im 16 Jahrhundert romische Inschriftensteine dokumentiert Erste Funde vom Altenburger Feld dem Standort des Kastells Cannstatt verzeichnete man im 18 Jahrhundert Systematische moderne archaologische Ausgrabungen unternahm dann zwischen 1894 und 1896 die Reichs Limeskommission in Zusammenarbeit mit dem Cannstatter Altertumsverein und wurttembergischen Landesbehorden Vor der endgultigen Uberbauung im Jahre 1908 erfolgten noch einmal grossere Untersuchungen Anschliessend wurde auf dem Gelande nach rund 1700 Jahren wieder eine Kaserne errichtet erneut fur eine Kavallerieeinheit Seit dem Abzug der letzten militarischen Nutzer des Gelandes im Jahre 1993 werden das Areal und seine Baulichkeiten als kombiniertes Wohn und Kleingewerbegebiet genutzt A 1 Weitere grossflachige archaologische Untersuchungen sind daher in der naheren Zukunft nicht mehr zu erwarten Das Fundmaterial der bisherigen Grabungen befindet sich in der Provinzialromischen Sammlung des Wurttembergischen Landesmuseums die in dessen Dependance im Alten Schloss untergebracht ist Befunde Bearbeiten nbsp Grundriss und Schnitte Grabungen 1894 96 Das Holz Erde Lager bedeckte mit den Abmessungen von 185 160 Metern eine Flache von knapp drei Hektar Es war von einem 6 bis 7 m breiten und 2 bis 3 m tiefen Spitzgraben umgeben Von der Innenbebauung konnten nur noch geringe Spuren festgestellt werden sie durfte wohl ausschliesslich aus Holz oder Fachwerkbauten bestanden haben Das Steinkastell war mit einer Lange von 215 bis 220 m und einer Breite von knapp 171 m gut 3 7 Hektar gross und ebenfalls von einem Spitzgraben umgeben Dessen Breite schwankte zwischen 4 5 und 8 m die Tiefe zwischen nur 1 0 und 1 5 m Das Lager war mit seiner Porta praetoria Haupttor nach Sudosten zum Neckar hin ausgerichtet und mit einer an den Ecken abgerundeten Mauer bewehrt Eck und Zwischenturme konnten nur in der Retentura ruckwartiger Lagerbereich nachgewiesen werden alle vier Tore waren aber mit jeweils doppelten Turmen gesichert Von den Innenbauten wurden ausser den zentralen Principia Stabsgebaude lediglich Teile zweier weiterer Steinbauten unklarer Bestimmung festgestellt Hingegen konnten die mit Kies und Steinen gepflasterten Lagerstrassen eingehender untersucht werden Die Breite der Hauptachsen schwankte zwischen acht Metern bei der Via praetoria Ausfallstrasse und zwolf Metern bei der Via principalis Lagerhauptstrasse Demgegenuber betrug die Breite der parallel zur Mauer verlaufenden Via sagularis Lagerringstrasse nur vier Meter Das zivile Lagerdorf der Vicus erstreckte sich schwerpunktmassig nordwarts des Kastells in den Verlangerungen der Via decumana Ruckwartige Lagerstrasse und der Via principalis dextra Rechte Lagerhauptstrasse Bei den hier befindlichen Bauten handelt es sich um unterkellerte Fachwerkhauser von denen einige uber Hypokaustanlagen verfugten Bemerkenswert war die Auffindung einer Topferwerkstatt mit insgesamt 40 Brennofen Ein der Magna Mater und der Diana geweihter Tempel sowie eine Jupitergigantensaule konnen aufgrund der Fundlage als wahrscheinlich angenommen werden Vor der Nordwestecke des Kastells kamen die Grundrisse einer Benefiziarierstation einschliesslich Altar zu Tage Die Benefiziarier waren eine Art Strassenpolizei mit Zollbefugnissen die fur die Sicherheit des romischen Fernstrassennetzes verantwortlich war Dass im romischen Bad Cannstatt gleich zwei derartige Posten bestanden unterstreicht dessen Bedeutung als Strassenknotenpunkt Die zweite Benefiziarierstation konnte auf der rechten Neckarseite nahe dem heutigen Uff Kirchhof lokalisiert werden Kastell und Vicusgeschichte Bearbeiten nbsp Turm der Nordecke wahrend der Ausgrabung 1908Das Kastell von Stuttgart Bad Cannstatt wurde in domitianischer Zeit wohl zwischen 85 und 90 n Chr zunachst als Holz Erde Bauwerk errichtet Es gehorte in eine Reihe von insgesamt sechs Militaranlagen mit denen in dieser Zeit eine Strecke von etwa 60 km entlang des Neckars militarisch gesichert wurde die vom Kastell Wimpfen im Tal bis zum Kastell Kongen reichte Als in Cannstatt stationierte Einheit wird im Allgemeinen die in Spanien rekrutierte Ala I Scubulorum angenommen A 2 ein rund 500 Mann starker Kavallerieverband Um das Jahr 100 ersetzte man das einfache Holz Erde Kastell durch ein Lager mit steinerner Umwehrung In den Jahren ab 159 160 n Chr wurde der bis dahin knapp ostlich des Neckars verlaufende Limes um rund 30 Kilometer nach Osten verlegt Im Zuge dieser Operation wurde auch das Kastell in Bad Cannstatt aufgelassen wahrend der Vicus weiterbestand Diese romische Zivilsiedlung in verkehrsgeographisch gunstiger Lage gilt aufgrund von Bodenfunden als eine der grosseren romischen Ansiedlungen im heutigen Baden Wurttemberg Sie durfte in ihrer vollen Grosse wohl kaum uber den Beginn des 3 Jahrhunderts hinaus existiert haben da ab der Jahrhundertwende die Belegung der Graberfelder drastisch rucklaufig ist Die Benefiziarierstation hingegen lasst sich noch fur das Jahr 230 nachweisen Spatestens mit dem Limesfall um 259 260 n Chr durfte die romische Prasenz im Stuttgarter Raum ihr Ende gefunden haben Um das Jahr 236 fand bei Bad Cannstatt womoglich eine Schlacht im Rahmen der Gegenoffensive statt die Kaiser Maximinus Thrax gegen die 233 erstmals in romisches Gebiet eingefallenen Alamannen eingeleitet hatte In diesem Sinne wurde jedenfalls vielfach der 1930 in Bad Cannstatt gefundene Grabstein interpretiert A 3 der den Tod zweier Bruder der Ala nova firma milliaria catafractaria Neue Ala mit dem Beinamen die Feste doppelter Starke und gepanzert im Kampf dokumentiert Bei dieser Truppe handelt es sich um eine Spezialeinheit der schweren Kavallerie aus Persien bei der Pferd und Reiter gepanzert waren Die neuere Forschung interpretiert diese nicht genau datierbare Inschrift indes viel vorsichtiger A 4 auch wenn seit etwa 2010 archaologisch gesichert ist Schlacht am Harzhorn dass die romische Gegenoffensive des Jahres 235 236 tatsachlich bis tief in das germanische Gebiet reichte Illustrationen Bearbeiten nbsp Kleinfunde Grabungen 1894 96 nbsp Details der Kastellumwehrung Grabungen 1894 96 nbsp Graffiti Kleinfunde und Architekturelemente Grabungen 1894 96 nbsp Keramikfunde Grabungen 1894 96 nbsp Topferstempel Grabungen 1894 96 Denkmalschutz BearbeitenDas Bodendenkmal Kastell Bad Cannstatt ist geschutzt als eingetragenes Kulturdenkmal im Sinne des Denkmalschutzgesetzes des Landes Baden Wurttemberg DSchG Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind genehmigungspflichtig Zufallsfunde an die Denkmalbehorden zu melden Siehe auch BearbeitenListe der Kastelle am Obergermanisch Raetischen LimesLiteratur BearbeitenDietwulf Baatz Der Romische Limes Archaologische Ausfluge zwischen Rhein und Donau 4 Auflage Gebr Mann Berlin 2000 ISBN 3 7861 2347 0 S 210f Philipp Filtzinger Stuttgart Bad Cannstatt In Dieter Planck Hrsg Die Romer in Baden Wurttemberg Theiss Stuttgart 2005 ISBN 3 8062 1555 3 S 327ff Philipp Filtzinger Stuttgart Bad Cannstatt In Filtzinger Planck Cammerer Hrsg Die Romer in Baden Wurttemberg 3 Auflage Theiss Stuttgart 1986 ISBN 3 8062 0287 7 S 573ff Jorg Scheuerbrandt Pannonische Reiter als ala firma catafractaria in Stuttgart Bad Cannstatt Ein Beitrag zur Truppengeschichte des 3 Jahrhunderts n Chr In Gabriele Seitz Im Dienste Roms Festschrift fur Hans Ulrich Nuber Greiner Remshalden 2006 ISBN 3 935383 49 5 S 299 305 Walter Barthel und Ernst Kapff in der Reihe Der obergermanisch raetische Limes des Roemerreiches Hrsg Ernst Fabricius Felix Hettner Oscar von Sarwey Abteilung B Band 5 Kastell Nr 59 1907 Weblinks BearbeitenKastell Bad Cannstatt auf der privaten Seite zur Denkmalpflege in Baden Wurttemberg von Wolfgang M WernerAnmerkungen Bearbeiten Zur heutigen Nutzung des Gelandes siehe die Website MKM Romerkastell GmbH amp Co KG Insbesondere bei Filtzinger 2005 S 327 und in anderen Publikationen Baatz 2000 S 210 gibt demgegenuber zu bedenken dass inschriftlich nur eine Ala I gesichert sei Derer habe es aber insgesamt drei gegeben die Ala I Scubulorum die Ala I Flavia Gemina und die Ala I Indiana Gallorum Grabstele der Katafraktarier Aurelius Saluda und Regrethus Stuttgart Landesmuseum Wurttemberg Inv Nr RL425 vgl ausfuhrlich dazu Rainer Wiegels Zu den Heeresformationen Roms an Rhein und oberer Donau in der Zeit des Alexander Severus und Maximinus Thrax De Gruyter Klio 2014 96 1 93 143 hier S 125 133 Karte mit allen Koordinaten OSM WikiMap Kastelle des Neckar Odenwald Limes ORL Strecke 11 Neckarlinie Kastell Wimpfen im Tal Kastell Heilbronn Bockingen Kastelle von Walheim Kastell Benningen Kastell Stuttgart Bad Cannstatt Kastell Kongen Grinario Kastell Rottenburg Sumelocenna Kastell Sulz Kastell Waldmossingen Kastelle von Rottweil Arae Flaviae Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kastell Stuttgart Bad Cannstatt amp oldid 238892983