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Die Kastelle von Walheim waren zwei romische Militarlager deren Besatzungen fur Sicherungs und Uberwachungsaufgaben an der Neckarlinie des Neckar Odenwald Limes zustandig waren Die baulichen Uberreste der beiden Garnisonen wurden auf dem Gebiet der heutigen Ortschaft Walheim einer Gemeinde des Landkreises Ludwigsburg in Baden Wurttemberg entdeckt Kastelle von WalheimLimes ORL 57 RLK Strecke RLK Neckar Odenwald LimesNeckarlinieDatierung Belegung A vor um 90 oder um 98 bis um 159B um 115 125 bis um 159 160C Vicus bis um 235 260Typ A KohortenkastellB NumeruskastellEinheit A Cohors I Asturum equitata B unbekannter NumerusGrosse A 134 m 156 m ca 2 1 ha B 64 m 109 m 0 7 ha Bauweise A a Holz Erde KastellA b SteinkastellB Holz Erde KastellErhaltungszustand A uberbautes Bodendenkmal zum Teil im Strassenbelag markiertB uberbautes BodendenkmalC Haus 19 des Vicus konserviert MuseumOrt WalheimGeographische Lage 49 0 38 6 N 9 9 16 O 49 010722222222 9 1544444444444 181 Koordinaten 49 0 38 6 N 9 9 16 OHohe 181 m u NHNVorhergehend ORL 56 Kastell Heilbronn Bockingen nordlich Anschliessend ORL 58 Kastell Benningen sudlich Inhaltsverzeichnis 1 Lage 2 Forschungsgeschichte 3 Militarlager 3 1 Kastell I 3 2 Kastell II 4 Vicus 5 Fundverbleib und Befundsicherung 6 Denkmalschutz 7 Siehe auch 8 Literatur 9 Weblinks 10 AnmerkungenLage Bearbeiten nbsp Lage des Kastells I Grabung 1894 Die Kastelle von Walheim liegen auf einer Hochterrasse des linken Neckarufers nordlich der Neckarschleife von Besigheim und der Enzmundung Die ehemaligen Militarlager wurden nach Osten hin durch den Fluss und nach Westen hin durch Berge naturlich begrenzt Das Gelande auf dem sich die beiden Kastelle und der weitlaufige Vicus befinden wird durch den Baumbach durchschnitten dessen Senke sich in antiker Zeit auf rund vier Meter tieferem Niveau als heute befand Die auf den ersten Blick fur ein Limeslager recht ungunstig erscheinende Talkessellage die keinerlei weit reichende Sicht ermoglicht wurde in antiker Zeit wahrscheinlich durch andere Standortfaktoren kompensiert So durften wohl die nahe gelegene Enzmundung und die gute Anbindung an die ins Hinterland fuhrenden Romerstrassen bei der Grundung der Garnison eine Rolle gespielt haben Ein romischer Neckarhafen sowie eine die beiden Ufer verbindende Furt konnen mit einiger Wahrscheinlichkeit vermutet werden Forschungsgeschichte BearbeitenDie romische Prasenz auf dem Gebiet von Walheim war schon Mitte des 19 Jahrhunderts vermutet worden Das sudliche Kastell I wurde 1886 inmitten des Ortskerns lokalisiert und erstmals archaologisch untersucht 1894 erfolgten weitere Ausgrabungen durch die Reichs Limeskommission Seither fanden immer wieder wissenschaftliche Untersuchungen statt oft als Not oder Rettungsgrabungen im Zusammenhang mit stadtebaulichen Massnahmen So zeigten sich 1911 erste Hinweise auf ein romisches Topferviertel 1957 deutete sich die Existenz eines Neckarhafens an und 1967 1968 tauchten Teile einer Jupitergigantensaule auf Insbesondere die Erforschung des Vicus gewann hierbei eine immer grosser werdende Bedeutung In den Jahren von 1980 bis 1988 schliesslich bildeten die Ausgrabungen in Walheim die durch das Landesdenkmalamt Baden Wurttemberg durchgefuhrt wurden und unter der Leitung von Dieter Planck standen einen Schwerpunkt der baden wurttembergischen Landesarchaologie In diesem Zusammenhang wurde 1982 auch das nordliche Kastell II entdeckt Militarlager BearbeitenDie Kastelle von Walheim bestehen aus einem unter dem Ortskern der heutigen Gemeinde Walheim befindlichen Kohortenkastell Kastell I und einem etwa 350 m nordlich entfernt davon gelegenen Numeruskastell Kastell II Kastell I Bearbeiten nbsp Grundriss des Kastells I Grabung 1894 Bei dem bereits im 19 Jahrhundert lokalisierten unter dem mittelalterlichen Ortskern von Walheim liegenden Kastell handelt es sich um ein Kohortenkastell das mit den Seitenlangen von 134 mal 156 Metern eine Flache von rund 2 1 Hektar einnimmt Das Militarlager ist vermutlich domitianischen spatestens aber fruhtrajanischen Ursprungs Anfanglich war es ein in Holz Erde Bauweise errichtetes Militarlager das in fruhantoninischer Zeit in ein Steinkastell umgewandelt wurde Insgesamt wurde es bis kurz nach der Mitte des 2 Jahrhunderts militarisch genutzt und durfte wohl um 159 im Rahmen der Vorverlegung des Limes nach Osten aufgelassen worden sein Das Kohortenlager war mit seiner Porta praetoria Haupttor nach Ostsudosten zum Neckar hin ausgerichtet Ein das Kastell umgebender 7 5 Meter breiter und 1 5 Meter tiefer Spitzgraben wurde nachgewiesen ein zweiter Graben ist nicht durchgangig gesichert Als Umwehrung des viertorigen Lagers in seiner Steinbauphase konnte eine mit vier Eck vier doppelten Tor und zwei seitlichen Zwischenturmen im Bereich der Retentura besetzte Mauer festgestellt werden Uber die Innenbebauung lassen sich aufgrund zahlreicher sich uberlagernder nachkastellzeitlicher Storungen kaum Aussagen treffen lediglich ein Teil der zentral gelegenen Principia Stabsgebaude wurde bei den Grabungen angeschnitten Die meisten Baubefunde aus dem Innenbereich des Lagers entstammen jedoch der Nutzung nach 159 als das aufgelassene Kastell schon in den Vicus integriert worden war Noch heute lasst sich die Lage des Kastells im Stadtgrundriss gut nachvollziehen Die Hauptstrasse entspricht dem ungefahren Verlauf der ehemaligen Via principalis die Bahnhofstrasse dem der Via decumana und die Neckarstrasse dem der Via praetoria Allgemein wird die Cohors I Asturum equitata 1 Teilberittene Asturerkohorte eine etwa 500 Mann starke Auxiliartruppe als Stammeinheit des Kohortenkastells von Walheim angenommen sichere archaologische Beweise hierfur fehlen aber bislang Im Rahmen der Vorverlegung des Limes in ostliche Richtung um das Jahr 159 wurde sie in das Kastell Mainhardt versetzt Kastell II Bearbeiten Das Kastell II liegt nordlich der Baumbachsenke und wurde erst 1982 bei der Neutrassierung einer Bundesstrasse entdeckt Es bedeckt mit den Seitenlangen von 109 mal 64 Metern eine Flache von rund 0 7 Hektar Damit entspricht es der Grosse eines typischen Numeruskastells besitzt jedoch eine ungewohnliche langlich gestreckte Form Das Fundmaterial spricht fur eine Entstehung in spattrajanischer bis fruhhadrianischer Zeit und fur ein Ende der militarischen Nutzung kurz nach der Mitte des 2 Jahrhunderts um das Jahr 159 Anschliessend wurde das Areal in den Nordvicus mit einbezogen und zivil genutzt Fur die Zeit der militarischen Nutzungsdauer konnten zwei Bauphasen nachgewiesen werden In beiden Fallen handelt es sich um Holz Erde Bauweise eine Umwandlung in ein Steinkastell hat nicht stattgefunden Wie das Kohortenlager war das Kastell II mit seiner Pratorialfront zum Neckar hin ausgerichtet Anfanglich umgab es ein W formiger Doppelgraben der spater durch einen einfachen Spitzgraben ersetzt wurde Als Umwehrung kann eine Rasensodenmauer angenommen werden die an den abgerundeten Ecken mit Wehrturmen versehen war Daruber hinaus waren die wahrscheinlich vier 1 Lagertore von Doppelturmen flankiert und zwei Zwischenturme konnten im hinteren Lagerbereich zwischen den Seitentoren und den Eckturmen nachgewiesen werden Im Kastellinneren wurden drei Mannschaftsbaracken ein Stall oder eine Remise und ein Horreum Getreidespeicher festgestellt jedoch kein Stabsgebaude In der zweiten Bauphase wurden die Mannschaftsunterkunfte durch grosse lang gestreckte Magazine oder Werkstatten ersetzt Uber die hier stationierten Einheiten ist nichts bekannt es kann aber aufgrund der Befunde davon ausgegangen werden dass es sich zunachst um eine Spezialeinheit Nachschub Pioniere etc gehandelt hat und dass das Lager spater als Depot Verwendung fand Es konnte sich bei der Besatzung um einen aus drei Zenturien bestehenden Numerus von etwa 240 Mann Starke gehandelt haben moglicherweise aber auch um die gleich starke Vexillatio Detachement einer Legion Vicus Bearbeiten nbsp Fundmaterial Grabung 1894 Der zivile Siedlungsbereich der Vicus erstreckte sich nahezu uber den gesamten Talkessel und erreichte eine Ausdehnung von gut einem Kilometer langs des Flusses und gut einem halben Kilometer in west ostlicher Richtung Sein Zentrum lag zwischen den beiden Kastellen Zudem bestand ein kleiner Bruckenkopf auf dem rechten Neckarufer etwa in Hohe des Kohortenkastells bzw des heutigen Ortskerns Damit zahlt der Vicus von Walheim zu den grosseren und bedeutenderen Vici am oberen Neckar und entspricht in etwa denen von Wimpfen und Kongen Auch nach der Auflassung der beiden Kastelle um das Jahr 159 hatte der Vicus weiterhin Bestand Er prosperierte als Handelsplatz am Neckar und wurde erst in spatseverischer Zeit aufgegeben Zerstorungshorizonte die auf einen unmittelbaren Zusammenhang mit den Alamanneneinfallen dieser Zeit hinweisen wurden fehlen Hingegen lassen die Munzfunde ab 233 235 plotzlich nach so dass von einer weitgehenden Aufgabe der Siedlung in dieser Zeit ausgegangen werden muss Die verbleibende Restsiedlung durfte danach allmahlich verodet sein Der Vicus insgesamt zerfallt in zwei Teile deren Trennungslinie durch den in westostlicher Richtung verlaufenden Baumbach markiert wird Wahrend es im sudlichen Vicus schon bedingt durch die dichtere mittelalterliche und neuzeitliche Bebauung nicht gelang ein einigermassen geschlossenes Bild von der Siedlung zu gewinnen konnte der nordliche Vicus im Rahmen der grossen Grabungskampagnen zwischen 1980 und 1988 eingehend untersucht werden Seither zahlt der Vicus von Walheim zu den besterforschten Siedlungen seiner Art in Suddeutschland und die mit einer ersten Herausgabe 2004 begonnene umfangreiche Publikation gilt als wegweisende Veroffentlichung der provinzialromischen Archaologie Es gelang wichtige Einblicke in die planmassige Anlage romischer Stadte zu gewinnen Der Aufbau der Siedlung entsprach nicht wie gewohnlich dem eines Strassendorfes stattdessen verliefen die Strassen rechtwinklig zueinander so dass sich Hausquartiere bildeten Zahlreiche Streifenhauser wurden aufgedeckt und untersucht darunter das in seinen Grundrissen und seiner Unterkellerung vollstandig erhaltene so genannte Haus 19 das spater konserviert und unter einem Schutzbau der Offentlichkeit zuganglich gemacht wurde Die meisten Gebaude bestanden im Wesentlichen aus Holz und lediglich die Keller waren mit Steinmauern errichtet worden Eine Kontinuitat der Besiedlung zwischen romischer und nachromischer Zeit konnte archaologisch nicht nachgewiesen werden und erscheint auch trotz der Widerspiegelung des Kastells I im mittelalterlichen Ortsgrundriss wenig wahrscheinlich Es ist eher anzunehmen dass sich die spatere alamannische Niederlassung an den romischen Strassen orientierte und moglicherweise auch noch vorhandene Ruinen und Fundamente nutzte Fundverbleib und Befundsicherung BearbeitenDas umfangreiche Fundmaterial aus den Kastell und Vicusgrabungen befindet sich heute im Wesentlichen in der Provinzialromischen Sammlung des Landesmuseums Wurttemberg im Alten Schloss in Stuttgart im Limesmuseum Aalen und in der Gemeinde Walheim selbst Die Lage der Porta principalis dextra und der Porta principalis sinistra sind durch eine hervorhebende Pflasterung in der Hauptstrasse von Walheim markiert Das so genannte Gebaude 19 des Vicus wurde in situ konserviert und mit einem Schutzhaus uberbaut Hierin befindet sich das 1991 eroffnete Museum Romerhaus Walheim in dem neben dem romischen Gebaude Funde aus den Grabungskampagnen der Jahre 1980 bis 1988 prasentiert werden Das Romerhaus ist ein Zweigmuseum des Archaologischen Landesmuseums Baden Wurttemberg und wird in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Walheim und dem Forderverein Romerhaus Walheim e V betrieben nbsp Pflastermarkierung auf der Hauptstrasse nbsp Eingang zum Romerhaus mit Nachbildung der Jupitergigantensaule von Walheim nbsp Viergotterstein am Sockel der Jupitergigantensaule Relief mit Hercules in der Rechten die Keule in der Linken die Hesperidenapfel nbsp Stein der das massive Kellerfenster im Keller des so genannten Hauses 3 bildeteDenkmalschutz BearbeitenDie Bodendenkmale Kastelle von Walheim sind geschutzt als eingetragene Kulturdenkmale im Sinne des Denkmalschutzgesetzes des Landes Baden Wurttemberg DSchG Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind genehmigungspflichtig Zufallsfunde an die Denkmalbehorden zu melden Siehe auch BearbeitenListe der Kastelle am Obergermanisch Raetischen LimesLiteratur BearbeitenInes Klenner Das romische Graberfeld von Walheim a N Kr Ludwigsburg Funde und Befunde der Ausgrabungen von 1980 1984 In Fundberichte aus Baden Wurttemberg Band 31 2010 S 277 438 online Klaus Kortum Walheim In Dieter Planck Hrsg Die Romer in Baden Wurttemberg Theiss Stuttgart 2005 ISBN 3 8062 1555 3 S 350 ff Klaus Kortum und Johannes Lauber Walheim l Das Kastell II und die nachfolgende Besiedlung Forschungen und Berichte zur Vor und Fruhgeschichte in Baden Wurttemberg Band 95 2 Teilbande Theiss Stuttgart 2004 ISBN 3 8062 1879 X Dieter Planck Das romische Walheim Ausgrabungen 1980 1988 Archaologische Informationen aus Baden Wurttemberg Nummer 18 Landesdenkmalamt Baden Wurttemberg Stuttgart 1991 ISBN 3 927714 38 0 Dieter Planck Walheim In Philipp Filtzinger Dieter Planck Bernhard Cammerer Hrsg Die Romer in Baden Wurttemberg 3 Auflage Theiss Stuttgart 1986 ISBN 3 8062 0287 7 S 596 ff Adolf Mettler in der Reihe Der obergermanisch raetische Limes des Roemerreiches Hrsg Ernst Fabricius Felix Hettner Oscar von Sarwey Abteilung B Band 5 Kastell Nr 57 1897 Weblinks BearbeitenKastell II und Romerhaus auf der privaten Webseite zur Denkmalpflege in Baden Wurttemberg von Wolfgang M Werner Museum Romerhaus Walheim Romerhaus Walheim auf der Seite des Archaologischen Landesmuseums Baden Wurttemberg Aussenstelle KonstanzAnmerkungen Bearbeiten Dieter Planck Das romische Walheim Ausgrabungen 1980 1988 Landesdenkmalamt Baden Wurttemberg Stuttgart 1991 ISBN 3 927714 38 0 Archaologische Informationen aus Baden Wurttemberg 18 geht von einer fehlenden Porta decumana aus Klaus Kortum und Johannes Lauber Walheim l Das Kastell II und die nachfolgende Besiedlung Theiss Stuttgart 2004 ISBN 3 8062 1879 X nimmt demgegenuber vier Tore an Kastelle des Neckar Odenwald Limes ORL Strecke 11 Neckarlinie Kastell Wimpfen im Tal Kastell Heilbronn Bockingen Kastelle von Walheim Kastell Benningen Kastell Stuttgart Bad Cannstatt Kastell Kongen Grinario Kastell Rottenburg Sumelocenna Kastell Sulz Kastell Waldmossingen Kastelle von Rottweil Arae Flaviae Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kastelle von Walheim amp oldid 238145284