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50 9375649 6 9588128 Koordinaten 50 56 15 2 N 6 57 31 7 O Judengasse Juli 2006 Die Judengasse ist eine 70 90 Meter lange Gasse in der Kolner Altstadt Nord Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 Geschichte 2 1 Mittelalter 2 1 1 Judenpogrome 2 1 2 Bebauung 2 1 3 Verbannung der Juden 2 2 Grunderzeit 3 Neuzeit 4 Literatur 5 EinzelnachweiseAllgemeines Bearbeiten nbsp Kolner Stadtansicht von 1570 des Arnold Mercator Die Iudengass am RathausplatzDie Kolner Judengasse ist fast so alt wie die Geschichte der Stadt Koln und war das Zentrum des sich um das Rathaus befindlichen Kolner Judenviertels Judengetto innerhalb der Strassen Kleine Budengasse Unter Goldschmied Obenmarspforten 1 Zwischen Obenmarspforten fruher marsportzen und Kleiner Budengasse Botengass verlief die Enggasse heute Portalsgasse Die Judengasse begann an der Kleinen Budengasse nordliche Verlangerung der Judengasse war die Burgerstrasse Burgerstraiss Uber die Judengasse gelangte man von Obenmarspforten zur Synagoge zur Judenschule zum Backhaus und zur Mikwe 2 Ursprunglich reichte sie vor der Herausbildung des vor dem Historischen Rathaus gelegenen Rathausplatzes und der Umbenennung ihres nordlichen Abschnittes in Burgerstrasse bis zur Kleinen Budengasse und umfasste eine Gesamtlange von etwa 180 Metern Die Judengasse bildet die ostliche Seite des ehemaligen judischen Viertels und der Archaologischen Zone Koln und verlief zugleich entlang der romischen Stadtmauer Geschichte BearbeitenDie judische Geschichte in Koln ist eng mit dem Kolner Judenviertel verknupft Die Gegend wurde ab 321 uberwiegend von Burgern judischen Glaubens bewohnt Es wohnten hier jedoch auch Christen denn 1096 wird von einem Maler berichtet der in seiner Wohnung in der Judengasse auf einer Wand ein sogenanntes Golgatha gemalt hatte 3 Die Juden besiedelten Koln von Gallien aus ein Edikt von Kaiser Konstantin belegt wahrend der Romerzeit den Schutz der Kolner Juden ab 321 4 Im Mittelalter hiess die Judengasse lateinisch finis platea iudeorum oder iuedengassen Kolsch Juddejass Die Judengasse bildete die ostliche Grenze des ca 14 000 m 2 displaystyle mathrm m 2 nbsp umfassenden Areals des mittelalterlichen Judenviertels In den Schreinsbuchern wird sie ab 1135 erwahnt Mit Hilfe von Katasterplanen aus dem Jahr 1863 konnte fur die Gasse eine Breite von 3 bis 3 50 Metern rekonstruiert werden Mittelalter Bearbeiten Im 11 Jahrhundert hielten die Kolner Juden fast den alleinigen Besitz am Rheinhandel und im Geldhandel des Kolner Bankwesens 5 Im Jahre 1010 oder 1012 oder 1040 entstand unter Erzbischof Heribert von Koln in der Pfarrei St Laurentius eine Synagoge an der Stelle der heutigen Rathauskapelle 6 Zur Anlage gehorte auch das 16 Meter tief bis ins Grundwasser hinab reichende rituelle Tauchbad Mikwe das aus dem 8 Jahrhundert stammt In der Judengasse lagen das Gemeindehaus genannt Spielhaus oder Spillhaus erstmals 1288 erwahnt der Judenbrunnen die Judenschule und das Kapitelhaus der Juden Die 1183 erstmals erwahnte Judenpforte lateinisch porta Judaeorum trennte die Altstadt auf der Nordseite der Judengasse 7 Judenpogrome Bearbeiten Ein erstes Judenpogrom fand vom 30 Mai bis zum 1 Juni 1096 statt als Burger und Teilnehmer am ersten Kreuzzug aus Frankreich und vom Oberrhein Speyer Worms Mainz kommend Hauser zerstorten unter anderem die Synagoge plunderten und Juden angriffen 8 Zum Schutz der Juden liess sie Erzbischof Hermann III von Hochstaden am 3 Juni 1096 in sieben nordwestlich gelegene Stadte evakuieren Noch grossere Gewalt gegen Juden brachte der zweite Kreuzzug nach dem 24 September 1146 9 Einige Hauser der Judengasse wurden Erzbischof Arnold I zur Verwahrung ubergeben 10 Bebauung Bearbeiten nbsp Judengasse Kolner Stadtansicht von 1570 mit Markierung des Judenviertels nbsp Kolner JudenviertelEines der ersten judischen Hauser in der Judengasse erbauten 1197 die Eheleute Gerardus und Engelrad von der Ho e sen Haus zu der Hoese das bis 1353 in judischem Besitz blieb 11 Das romanische Herrenhaus Morant von St Laurenz lag an der nordwestlichen Ecke der Judengasse das nach 1349 umgebaut wurde 12 danach als judisches Kapitelhaus diente und als Sitz des Judenbischofs fungierte 13 Der Grundbesitz und die Hauser Kolns wurden durch Schreinsbucher detailliert erfasst Die Pfarrei St Laurentius fuhrte zwischen 1235 und 1347 ein spezielles Judenschreinsbuch lateinisch carta judeorum 14 dessen Eintragungen das Immobilienwesen in der Gegend belegen Im Jahre 1235 lag der Grundbesitz von etwa 50 Hausern und Hofstatten in judischer Hand er wuchs auf 60 1300 70 1325 und 75 im Jahre 1345 15 Juden bewohnten in der Judengasse ein Haus von Achen das im Westen an ein Haus des Burgers Johann Buza und im Suden an das unbebaute Grundstuck zum Schaaf grenzte 16 Gottschalk aus Heimerzheim erwarb ein Haus zwischen den Hausern des R Jakob aus Roermond und dem Haus des Erben der Frau Kela aus Linz 17 Allmahlich erwarben die Juden auch Hauser auf der Westseite der Judengasse in der Portalsgasse und auf der Westseite der Burgerstrasse 18 Im Oktober 1207 wird das Haus Nussia benannt nach Neuss Nr 1 3 des Seligmann erwahnt dem Eckhaus Obenmarspforten Judengasse Daneben stand Haus zum Himmelgeis t Nr 4 19 Im Oktober 1270 kaufte der Durener Jude Lyvermann ein Grundstuck auf dem er Haus Lyvermann Nr 7 errichten liess das bis 1423 im Familienbesitz blieb Im Februar 1279 erwarb Sarah Salomo 2 3 eines Hauses ein weiterer Hauseigentumer hiess im April 1289 R Menachem 20 Zwischen der Judengasse und dem Alter Markt entstand 1310 die Judenmauer R Mazlach kaufte im April 1316 1 32 Bruchteil eines Hauses 21 R Ascher kaufte im Juni 1318 3 4 des sudlich vom Grundstuck zum Gronle gelegenen Hauses 22 Am 3 Februar 1322 und nochmals am 30 Januar 1324 sicherte der Stadtrat den in der Judengasse wohnenden Juden die Nutzung der ihnen zugestandenen Rechte und setzte die Abgabe fest die sie beim Erwerb oder der Miete von Hausern zu entrichten hatten 23 Am 3 Februar 1374 erwarb die Stadt das in der Judengasse gelegene Haus zu der Hoese fur eine Leibrente von 200 Gulden und brachte dort den Stadtschreiber Thomas van Dalen unter 24 Spatestens seit dem 23 August 1349 kam es im Judengetto zu Massakern an Juden und Brandanschlagen auf ihre Hauser 25 Ursache der Aufstande gegen judische Bewohner war dass man ihnen die Schuld an der Pest Missernten und der Inflation gab Die Eintragungen im Judenschreinsbuch vermerkten 1353 fur das nun Beyenburg genannte Haus zu der Hoese es habe hinten eine gewolbte Kammer die moglicherweise zu der 1374 in stadtischen Besitz gelangten Immobilie gehorte die dann Kammer des Stadtschreibers wurde Bis zum Jahre 1359 wurden in der Judengasse Portalsgasse Unter Goldschmied Budengasse und Burgerstrasse insgesamt 29 Judenhauser und 28 Hofstatten verkauft und brachten der Stadt 40 000 Mark ein 26 Bis Oktober 1372 blieben die Juden aus der Stadt verbannt Um 1400 erweiterte sich der Rathausbereich nach Suden um drei Hauser darunter auch das der Stadt gehorende fruhere Haus zu der Hoese 27 Verbannung der Juden Bearbeiten nbsp Judengasse 1 Fassade mit wiederverwandtem Mauerwerk um 1910 Am 8 September 1424 wurde die ehemalige Synagoge christianisiert und als St Maria in Jerusalem geweiht 28 bevor der Stadtrat am 1 Oktober 1424 die Verbannung der Juden up ewige tdzyden beschloss 29 Johann Koelhoff der Altere und Gattin Bilia verkauften 1491 einen Teil ihres Eckhauses in der Judengasse und wohnten im anderen Teil Haus Eden 30 In der prazisen Kolner Stadtansicht von 1570 des Arnold Mercator hiess sie Die Iudengass obwohl hierin seit langer Zeit keine Juden mehr wohnten Grunderzeit Bearbeiten Anton Wilhelm Aldenbruck baute 1762 das Haus Lyvermann um und benannte es Aldenbrucksches Haus Erst in der Franzosenzeit ab 1794 durften Juden wieder nach Koln zuruckkehren Der erste Jude 1795 in der Judengasse hiess Joseph Stern aus Mulheim an der Ruhr und bald wohnten wieder 2 300 Juden in Koln 31 Ab 1797 waren in der Judengasse die Bewohner amtlich registriert In Nr 1 wohnte Stephan Muller Nr 2 der Kesselmacher Christian Duster in Nr 3 der Glaser Joseph Kirchherten in Nr 4 der Schneider Michel Schwab in Nr 5 der Rechtsanwalt Arnold Wilhelm von Meurers und in Nr 7 der Gerichtsschreiber Maximilian Everhard Tils Sie erhielt wahrend der Franzosenzeit im Januar 1813 im Itineraire de Cologne kurzzeitig den franzosischen Namen rue des Juifs deutsch Judenstrasse 32 bekam aber 1815 ihren alten Strassennamen zuruck Im Jahre 1806 gab es im Arrondissement de Cologne 2 012 judische Burger 33 Im fruhen 19 Jahrhundert erhielt die Hausergruppe sudlich des Rathauses Nr 5 und 7 den Namen Plasmannsche Hauser 34 Am 29 August 1861 feierten die Kolner Juden die Einweihung der neuen Synagoge in der Glockengasse 35 Von der ehemaligen Hausergruppe Nr 5 und 7 die sudlich an den Saalbau des Rathauses angrenzte und durch eine Erweiterung desselben in diesem aufgegangen war blieben die mittelalterlichen romanischen Keller erhalten Die Hauser wichen dem Rathausbau der 1861 durch Julius Carl Raschdorff erneuert wurde Das Aldenbrucksche Haus wurde 1878 abgerissen Neuzeit Bearbeiten nbsp Judengasse Ostseite August 2010 nbsp Archaologische Zone Koln Bauarbeiten an der Judengasse rechts Oktober 2017 nbsp Grabungszone Koln 2015Die Judengasse ist heute eine Strasse ohne Wohngebaude Ab 1964 begannen Ausgrabungsarbeiten sudlich der Rathauslaube die im Rahmen der Regionale 2010 auf die gesamte Platzflache und die Judengasse ausgedehnt wurden Im Oktober 2010 hinderten Kolner Streifenpolizisten junge Tater aus der rechtsextremen Szene daran das Strassenschild der Judengasse herunterzureissen Von den rund 20 Tatern die auch die hinzugekommenen Polizisten angriffen konnten spater sechs festgenommen werden Sie mussten sich wegen Landfriedensbruchs Widerstands Bedrohung Beleidigung und versuchter Sachbeschadigung verantworten 36 Seit Beginn der Ausgrabungen 2011 ist die Judengasse Teil der Grabungsstatte der archaologischen Zone Durch diese Ausgrabungen konnte die Stratigraphie der Gasse von der Zeit des Praetoriums uber mehrere Laufhorizonte bis zur Aufplanierung im 14 Jahrhundert rekonstruiert werden Bei der Zuordnung halfen Bauplastik aus Kalkstein aus dem 6 bis 7 Jahrhundert Keramikfunde aus dem 9 bis 10 Jahrhundert sowie Scherben Feststeinzeug aus dem 12 Jahrhundert Die Befunde wurden von dem Grabungstechniker Marco Hocke fur das Dezernat fur Kunst und Kultur Archaologische Zone der Stadt Koln dokumentiert 37 Die seit August 2007 laufende Ausgrabung auf dem Kolner Rathausplatz wurde im April 2015 beendet An der West und Nordseite der Judengasse befindet sich die archaologische Zone Koln auf deren Ostseite nach Abschluss der Ausgrabungsarbeiten ein judisches Museum errichtet wird Literatur BearbeitenPeter Glasner Die Lesbarkeit der Stadt Lexikon der mittelalterlichen Strassennamen Koln Du Mont Literatur und Kunst Verlag Koln 2002 ISBN 3 8321 7815 5 S 120 f Einzelnachweise Bearbeiten Monika Grubel Juden in Koln 1999 S 10 Helmut Signon Klaus Schmidt Alle Strassen fuhren durch Koln 2006 S 210 Leonard Ennen Geschichte der Stadt Koln Band I Die Zeit der Abhangigkeit 1863 S 740 Christian Arenfeld Geschichte der Juden in Koln 1864 S 5 f Christian Arenfeld Geschichte der Juden in Koln 1864 S 8 Peter Fuchs Hrsg Chronik zur Geschichte der Stadt Koln Band I 1990 S 102 Carl Hegel Verfassungsgeschichte von Coln im Mittelalter 1877 S 86 Peter Fuchs Hrsg Chronik zur Geschichte der Stadt Koln Band I 1990 S 115 f Christian Arenfeld Geschichte der Juden in Koln 1864 S 11 Peter Fuchs Hrsg Chronik zur Geschichte der Stadt Koln Band I 1990 S 125 Peter Fuchs Hrsg Chronik zur Geschichte der Stadt Koln Band I 1990 S 151 Leonard Ennen Geschichte der Stadt Koln Band I Die Zeit der Abhangigkeit 1863 S 678 Ernst Weyden Geschichte der Juden in Koln am Rhein 1867 S 66 Barbara Mattes Judisches Alltagsleben in einer mittelalterlichen Stadt 1920 S 155 Adolf Kober Grundbuch des Kolner Judenviertels 2000 S 52 Moritz Stern Robert Hoeniger Das Judenschreinsbuch der Laurenzpfarre zu Koln 1888 S 31 Moritz Stern Robert Hoeniger Das Judenschreinsbuch der Laurenzpfarre zu Koln 1888 S 37 Adolf Kober Grundbuch des Kolner Judenviertels 2000 S 72 Zvi Asaria Die Juden in Koln Von den altesten Zeiten bis zur Gegenwart 1959 S 80 Moritz Stern Robert Hoeniger Das Judenschreinsbuch der Laurenzpfarre zu Koln 1888 S 70 Moritz Stern Robert Hoeniger Das Judenschreinsbuch der Laurenzpfarre zu Koln 1888 S 145 Moritz Stern Robert Hoeniger Das Judenschreinsbuch der Laurenzpfarre zu Koln 1888 S 147 Peter Fuchs Hrsg Chronik zur Geschichte der Stadt Koln Band I 1990 S 264 Peter Fuchs Hrsg Chronik zur Geschichte der Stadt Koln Band I 1990 S 322 Peter Fuchs Hrsg Chronik zur Geschichte der Stadt Koln Band II 1990 S 284 Ernst Weyden Geschichte der Juden in Koln am Rhein 1867 S 200 Hiltrud Kier Bernd Ernsting Ulrich Krings Koln der Ratsturm seine Geschichte und sein Figurenprogramm 1996 S 43 Christian Arenfeld Geschichte der Juden in Koln 1864 S 18 Peter Fuchs Hrsg Chronik zur Geschichte der Stadt Koln Band II 1990 S 16 Leonard Ennen Hrsg Katalog der Inkunabeln in der Stadt Bibliothek zu Koln 1865 S IX Christian Arenfeld Geschichte der Juden in Koln 1864 S 21 Adam Wrede Neuer Kolnischer Sprachschatz Band I 1984 S 393 Zvi Asaria Die Juden in Koln Von den altesten Zeiten bis zur Gegenwart 1959 S 66 Christoph Bellot in Walter Geis Ulrich Krings Hrsg Das gotische Rathaus und seine historische Umgebung 1999 S 278 ff Christian Arenfeld Geschichte der Juden in Koln 1864 S 22 Kolner Stadtanzeiger vom 11 Oktober 2010 abgerufen am 19 Mai 2017 Katja Kliemann Die Judengasse in Koln Stratigraphie einer Strasse vom fruhen bis zum spaten Mittelalter in Archaologie im Rheinland 2013 herausgegeben vom LVR Amt fur Bodendenkmalpflege im Rheinland Romisch Germanisches Museum der Stadt Koln 2013 Theiss Verlag Darmstadt 2014 ISBN 978 3 8062 2986 8 S 178 181 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Judengasse Koln amp oldid 239428089