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Hugo Hartung 24 Oktober 1885 in Henningsleben Kr Langensalza 8 Februar 1963 in Ost Berlin war ein deutscher Musiklehrer und Chorleiter Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Lehrer 1 2 Tilsit 1 3 Konigsberg 1 4 Standhaft versippt 1 5 Thuringen 1 6 Berlin 2 Nachruf 3 Werke 4 Literatur 5 Siehe auch 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenAls 5 Kind einer thuringischen Bauernfamilie verlor Hartung mit 4 Jahren den Vater Er besuchte die einklassige Dorfschule im letzten Schuljahr die Mittelschule in Wandersleben Von seinem Lehrer einem Kantor im Klavier Violin und Orgelspiel unterrichtet durfte er schon als Schuljunge bei Gottesdiensten orgeln und singen Bei seiner Begabung sollte er Lehrer werden Lehrer Bearbeiten Die Ausbildung erhielt er an der Praparandenanstalt in Wandersleben und am Lehrerseminar Erfurt Nachdem er 1905 die erste Lehrerprufung bestanden hatte diente er als Einjahrig Freiwilliger in Erfurt Danach war er vier Jahre Lehrer an der Dorfschule und Organist in Epschenrode Kr Worbis Die zweite Lehrerprufung hatte er 1908 bestanden In jener Zeit spielte er bei einer offentlichen Feier das 20 Klavierkonzert Mozarts Wegen seiner guten Jugendarbeit wurde Hartung 1910 als Musiklehrer an der neuen Landeserziehungsanstalt Nordhausen und als Organist und Chorleiter an der Marktkirche St Nikolai Nordhausen angestellt Daneben studierte er Gesang und Klavierspiel an der Furstlichen Hochschule fur Musik Sondershausen Entgegen dem Rat seiner Professoren wollte er nicht Opernsanger sondern Musiklehrer werden So ging er 1913 als Student an das Institut fur Kirchen und Schulmusik Berlin In den offentlichen Konzerten dieses Instituts konzertierte er als Organist Cembalist Pianist Sanger und Chordirigent Nach drei Semestern erhielt er ein hervorragendes Abgangszeugnis Am selben Tage am 1 August 1914 brach der Erste Weltkrieg aus an dem Hartung bis 1917 teilnahm Nachdem er eine Typhuserkrankung und eine Sepsis uberstanden hatte wurde er im Herbst 1918 aus dem Heeresdienst entlassen 1 Tilsit Bearbeiten Im Oktober 1918 kaufte er das Konservatorium in Tilsit Als Dirigent des Oratorien Vereins und des Sangervereins und als Organist der Stadtkirche Tilsit grundete er fur den Musikdienst seiner Kirche einen Knabenchor den Lutherchor 1920 verkaufte er das Konservatorium und trat als Musiklehrer wieder in den Schuldienst Nachdem ein Stadtisches Orchester gegrundet worden war leitete er die Sinfoniekonzerte Seit 1919 Stadtischer Musikdirektor vereinigte er den Konzertverein mit dem Oratorien Verein zum Musikverein der jahrlich sechs Solisten sechs Sinfonie und drei Chorkonzerte veranstaltete Damit entfaltete sich in Tilsit unter Burgermeister Eldor Pohl ein Musikleben wie es die Stadt ohnegleichen nicht gekannt hatte Im Beethovenjahr 1920 erklangen in Tilsit zum ersten Male die 9 Sinfonie und die Missa solemnis von Beethoven 1921 zweimal Bachs Matthaus Passion und Hans Pfitzners Kantate Von deutscher Seele Im Fruhjahr 1923 veranstaltete Hartung ein viertagiges Bach Fest bei dem in Tilsit zum ersten Male die h Moll Messe aufgefuhrt wurde Im Herbst 1923 folgte ein zweitagiges Max Reger Fest bei dem der Chor das Requiem Der Einsiedler und Der 100 Psalm sang 1924 fuhrte Hartung die Handel Oper Ottone und Theophanu viermal vor ausverkauftem Haus auf 1 Konigsberg Bearbeiten 1924 wurde Hartung an das Hufengymnasium versetzt und zum Studienrat ernannt Mit dem Schulchor fuhrte er 1925 Joseph Haydns Die Schopfung 1926 Bachs Weihnachtsoratorium und mit dem Madchenchor des Bismarcklyzeums 1929 Bachs Matthaus Passion Erwin Kroll und Ernst Wiechert priesen diese Auffuhrung mit 500 Schulern An neuer Musik wurde unter anderem die Messe in a Moll von Kurt Thomas aufgefuhrt Um in Konigsberg mit Erwachsenen wie in Tilsit grosse Chorkonzerte veranstalten zu konnen grundete Hartung 1926 einen Frauenchor Mit dem Sangerverein fuhrte er Brahms Ein deutsches Requiem und Haydns Die Jahreszeiten auf 1931 ersetzte er die inzwischen drei Leistungschore des Hufengymnasiums durch Klassenchore in denen jeder Schuler vor und nach dem Stimmbruch im Chorsingen ausgebildet werden konnte Die regelmassigen Uberschusse der Schulkonzerte ubergab er dem Elternverein fur ein Schullandheim An der Albertus Universitat Konigsberg war er in das neue Institut fur Kirchen und Schulmusik eingebunden Er leitete ihren Akademischen Chor den Orchesterverein Philharmonie und den Sangerverein Die populare Singakademie hatte gegen die bessere Konkurrenz das Nachsehen und wahlte Hartung 1927 zu ihrem Dirigenten 1934 vereinigte er sie mit der Musikalischen Akademie Mit der Vereinigten Musikalischen und Singakademie fuhrte er viele grosse Chor und Orchesterwerke auf Sie galt als einer der besten Chore in Deutschland Im Auftrag der Ostmarken Rundfunk AG grundete Hartung 1927 den Funkchor Mit vielen bekannten Konigsberger Solisten gab er jeden Monat vier bis sechs Rundfunkkonzerte Hartung sass in der Prufungskommission fur Kirchenmusiker Im Auftrag des Provinzialschulkollegiums war er Fachberater der Musiklehrer an den Gymnasien in Ostpreussen Als Musikerzieher wurde er Vorbild und Anreger einer ganzen Generation ostpreussischer Schulmusiker und vieler Chorleiter 1 Hartung war Freimaurer und ab 1919 Mitglied der Konigsberger Loge Zum Todtenkopf und Phoenix 2 Standhaft versippt Bearbeiten Seit 1932 war Hugo Hartung in zweiter Ehe verheiratet mit Annina Hartung 1909 2007 einer von zwei Tochtern des Internisten Leo Borchardt Wegen dessen judischer Herkunft von den Nationalsozialisten diffamiert und von einem Neider denunziert sollte Hartung nach dem Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums ohne Pension entlassen werden Er verlor die Leitung des Funkchores und des Sangervereins sowie seine Ehrenamter beim Provinzialschulkollegium Um ihn an der Fortfuhrung seiner erfolgreichen Arbeit am Hufengymnasium zu hindern wurde er an die Burgschule Konigsberg strafversetzt Ihn auch von der Leitung der Singakademie zu entbinden misslang weil der Chor sich vor ihn stellte Um ihn auch hier auszuschalten und seine Mitwirkung beim geplanten Reichs Bach Fest in Konigsberg unmoglich zu machen wurde er nach Gumbinnen versetzt die Stelle trat er aber nicht an indem er unter Verweis auf sein Kriegsleiden die Versetzung in den Ruhestand beantragte Ausserdem machte die Neue Bachgesellschaft Hartungs Teilnahme zur Bedingung wenn das 23 Deutsche Bachfest 1936 in Konigsberg stattfinden sollte Nach seiner Entlassung aus dem Schuldienst grundete Hartung in seinem Einfamilienhaus 1936 die Hartungsche Musikschule Schon zwei Jahre spater musste er Unterrichtsraume und ein Musikheim fur auswartige Schuler anbauen Hier wurden Kinder und Musikliebhaber unterrichtet und Chordirigenten Kapellmeister Sanger Pianisten Organisten Geiger und Privatmusiklehrer ausgebildet Obwohl die meisten berufsorientierten mannlichen Schuler wahrend ihrer Ausbildung zur Wehrmacht eingezogen wurden und der Unterrichtsbetrieb unter den Kriegsverhaltnissen litt besuchten 1944 etwa 300 Schuler die Musikschule Nachdem er die Leitung des Funkchores 1933 hatte abgeben mussen grundete er einen Kammerchor der seit 1936 vor allem aus den Gesangsschulern seiner Musikschule bestand Als auch dem Kammerchor zugesetzt wurde schloss Hartung seinen Chor der Vereinigten Musikalischen und Singakademie an Mit ihr fuhrte Hartung 1938 in Berlin Bachs h Moll Messe in der Garnisonkirche Berlin auf 3 Damit wollte er die NS Angriffe auch in der Presse eindammen Nachdem Kritiken den Konigsberger Chor in die Reihe der besten Berliner Chore gestellt hatten konnten die Konigsberger Zeitungen die von den NS Stellen angelegten Fesseln losen Hartung avancierte vom Geschaftsfuhrer zum Obervorsteher der Vereinigten Musikalischen und Singakademie Mit ihren 200 bis 300 Mitgliedern bestand sie zuletzt aus vier Abteilungen dem grossen Akademiechor dem Nachwuchs oder Jugendchor dem Mannerchor und dem Akademieorchester der ehemaligen Philharmonie Zu ihnen trat Hartungs Kammerchor in Konzertgemeinschaft hinzu Wahrend das Akademieorchester und der Mannerchor durch den Zweiten Weltkrieg stark beschrankt wurden konnten die ubrigen Abteilungen voll weiterarbeiten und 1943 44 ihre Jahrhundertfeier mit vier Konzerten begehen zwei mussten wiederholt werden Ein deutsches Requiem und die Missa solemnis Mit einer Konzertreise durch Ostpreussen brachte es Hartung in diesem Kriegswinter auf 23 Chorkonzerte Zwischen 1918 und 1944 hatte er viele A cappella und orchesterbegleitete Chorwerke aus allen Stilperioden vom 16 bis zum 20 Jahrhundert dirigiert Die Schule hatte funf hauptamtliche und acht nebenamtliche Lehrkrafte Als sie nach den Luftangriffen auf Konigsberg Ende August 1944 geschlossen werden musste verliessen die Hartungs Konigsberg Zuruck blieben 16 Flugel und Klaviere 2 Cembali 1 Orgel Portativ 16 wertvolle Streichinstrumente 10 000 Bucher und Noten und die gesamte Schul und Heimeinrichtung 1 Thuringen Bearbeiten Die Flucht fuhrte zunachst nach Ufhoven wo die Familie von Hartungs Schwester aufgenommen wurde Noch keinen Monat als Musiklehrer in der Deutschen Heimschule Gotha wurde Hartung denunziert und irrtumlich von der Gestapo verhaftet Wenig spater wegen nichtarischer Versippung erneut verhaftet kam er in ein Zwangsarbeitslager der Organisation Todt bei Weissenfels Bei seinem schlechten Gesundheitszustand wurde er nicht fur Aufraumungsarbeiten nach Wuppertal geschickt sondern in Gotha kriegsdienstverpflichtet Nach Kriegsende wurde er Stadtischer Musikdirektor Gothas Mit dem Stadtischen Chor und dem von ihm gegrundeten Kammerchor gab er im Herbst 1945 die ersten Nachkriegskonzerte Daneben war er Musiklehrer an hoheren Schulen und der Padagogischen Fachschule In der Sowjetischen Besatzungszone veroffentlichte er im Winter 1945 46 seine Gedanken zum Neubau einer einheitlichen Volksmusikerziehung Von den massgeblichen Berliner Stellen gebilligt wurden sie vom Verlag Volk und Wissen zuruckgestellt weil sie nicht in die Reihe Lehren und Lernen passe 1947 ging Hartung nach Erfurt um den Landeschor der Volksbuhne aufzubauen Mit ihm gab er wiederum grosse Chorkonzerte Ausserdem Musiklehrer an einem Gymnasium ubernahm er 1948 den Aufbau und die Leitung der Musikpadagogischen Fachschule 1 1946 schrieb Hermann Abendroth dem Oberburgermeister von Gotha Ich darf Ihnen sagen dass Hartung zu den besten und leistungsfahigsten Chordirigenten gehort die wir in Deutschland hatten und haben Zum Chorfuhrer muss man geboren sein er ist es Was er in 20 jahriger unermudlicher Arbeit in Konigsberg mit seiner Singakademie geleistet und erreicht hat muss vorbildlich genannt werden Der Ruf dieser Chorvereinigung und ihres Leiters war uber ganz Deutschland verbreitet und als Hartung vor wenigen Jahren mit seiner Sangerschar in Berlin die h Moll Messe wohl das schwerste und anspruchsvollste Werk der gesamten Chorliteratur gastweise zur Auffuhrung brachte konnte er einen ungewohnlichen Erfolg fur sich und seine Getreuen buchen Hermann Abendroth Berlin Bearbeiten 1949 berief ihn die Padagogische Fakultat der Humboldt Universitat Berlin als Leiter des Instituts fur Musikerziehung Am 17 Marz 1950 wurde er mit der Wahrnehmung einer Professur beauftragt Mit dem Institutschor gab er Konzerte 66 Jahre alt und an einer Thrombose erkrankt wurde er zum 1 September 1951 emeritiert Dessen ungeachtet engagierte er sich im Deutschen Padagogischen Zentralinstitut 1 Wegen einer weiteren schweren Erkrankung musste er die praktische Unterrichtstatigkeit aufgeben aber auch bei den haufigen Krankenhausaufenthalten arbeitete er an Verbesserungsvorschlagen fur die Musikpadagogik Er verstarb am 8 Februar 1963 im Alter von 77 Jahren 1 Nachruf Bearbeiten Nun horte Musik auf Nebenfach zu sein Entweder so sagte der neue Meister erfasse sie die Gesamtheit des Menschen oder man lasse sie ganz beiseite Wie ja auch nicht nur mit der meist armseligen Stimme sondern unter Mitwirkung der Brust und Bauchmuskeln sowie bei Ertonen des ganzen Kerls gesungen zu werden habe Im ubrigen sei aktives Singen Singen in der Gemeinschaft also Chorgesang die ursprunglichste reinste rechtmassigste Musikausubung weil dies eben den Einsatz der Gesamtpersonlichkeit erfordere Wenn dieser durch rastloses Studium hochgekommene Mann aus dem Volk bei feierlichen Anlassen in der Aula unserer Schule auf deren gewaltiger Orgel praludierte und sich dabei nicht selten zu improvisierten Variationen irgendwelcher Themen hinreissen liess einer Fertigkeit der er selber nur geringe Bedeutung zumass blieb bei keinem musikalischen Zuhorer der mindeste Zweifel an seiner uberwaltigenden bis in zarteste Empfindungen verastelten Genialitat bestehen Peter Ludwig HellerWerke BearbeitenGrundfragen der Methodik des Musikunterrichts in der sozialistischen Schule Volk und Wissen Berlin 1964Literatur BearbeitenFred K Prieberg Handbuch Deutsche Musiker 1933 1945 CD ROM Lexikon Kiel 2009 2 Auflage S 2885f online Hans Huchzermeyer Zur Geschichte der evangelischen Kirchenmusik in Konigsberg Preussen 1800 1945 Die kirchenmusikalischen Ausbildungsstatten Huchzen Verlag Minden 2013 ISBN 978 3 00 041717 7 S 106 f 140 142 147 Siehe auch BearbeitenMusik in Konigsberg Liste ostpreussischer Musiker und MusikkritikerEinzelnachweise Bearbeiten a b c d e f g Annina Hartung Kultur in Ostpreussen 1993 94 Chronik der Johannisloge Zum Todtenkopfe und Phonix Berlin 2009 im Selbstverlag der Loge Zum Todtenkopf und Phoenix In der Alten Garnisonkirche fanden auch die Konzerte der Berliner Singakademie stattNormdaten Person GND 1048672301 lobid OGND AKS LCCN nb2009010978 VIAF 88441897 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Hartung HugoKURZBESCHREIBUNG deutscher Musiklehrer Chorleiter und DirigentGEBURTSDATUM 24 Oktober 1885GEBURTSORT Henningsleben Kr LangensalzaSTERBEDATUM 8 Februar 1963STERBEORT Ost Berlin Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hugo Hartung Musiker amp oldid 240615394