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Der Goldene Hut von Schifferstadt wurde 1835 bei Feldarbeiten auf einem Acker bei der Stadt Schifferstadt Rhein Pfalz Kreis gefunden Das Artefakt aus der Bronzezeit besteht aus dunnem Goldblech und diente als aussere Verkleidung einer Kopfbedeckung mit Krempe und Kinnriemen die vermutlich aus organischem Material bestand und das aussenliegende dunne Goldblech mechanisch stabilisierte Original im Historischen Museum der Pfalz in SpeyerNasenschild am Heimatmuseum von Schifferstadt das eine Nachbildung besitzt Inhaltsverzeichnis 1 Einordnung 2 Beschreibung 3 Kalenderfunktion 4 Fundort und Fundgeschichte 5 Herstellung 6 Verbleib 7 Sonderbriefmarke 8 Siehe auch 9 Literatur 10 Weblinks 11 EinzelnachweiseEinordnung BearbeitenDas Exemplar aus Schifferstadt ist der alteste und erste Fund aus einer Reihe von inzwischen vier bekannten kegelformigen Goldblechhuten aus der Bronzezeit die im Verlauf des 19 und 20 Jahrhunderts im suddeutschen Raum Berliner Goldhut Goldblechkegel von Ezelsdorf Buch und in Frankreich Goldblechkegel von Avanton in mehr oder weniger gutem Erhaltungszustand gefunden wurden Bis auf eine Beschadigung an der Hutkrempe ist das Schifferstadter Stuck vollstandig erhalten Anhand dreier mitgefundener Absatzbeile aus Bronze und eines Ornamentvergleichs mit anderen Fundstucken wird der Zeitpunkt seiner Herstellung auf ca 1400 bis 1300 v Chr datiert Man geht heute davon aus dass die Goldhute als religiose Insignien von Gottern bzw von Priestern eines in der spaten Bronzezeit in Zentraleuropa verbreiteten Sonnenkultes dienten Diese Auffassung wird durch die bildliche Darstellung eines als Kegelhut interpretierten Gegenstands auf einer Steinplatte aus dem Grab von Kivik in Schonen Sudschweden in eindeutig religios kultischem Zusammenhang untermauert Nach teilweiser Entschlusselung des Ornamentkanons der kegelformigen Goldhute vom Typus Schifferstadt schreibt man den Goldblechkegeln heute neben ihrer reprasentativ kultischen Funktion weitreichende Kalendereigenschaften zu Ob sie faktisch als Kalender genutzt wurden oder ob sie das zugrundeliegende astronomische Wissen lediglich darstellen ist ungeklart Beschreibung Bearbeiten nbsp Goldener Hut von Schifferstadt Ornamentbander und zugehorige StempelmusterDer Goldene Hut von Schifferstadt ist ein ornamental in Horizontalbander gegliederter und mit Punzstempeln verzierter etwa 350 Gramm schwerer Goldhut Er weist eine stumpfe unverzierte Spitze auf und besitzt einen kurzen gedrungenen Schaft mit abgesetzter Kalotte und breiter Krempe Der Goldhut ist insgesamt 29 6 cm hoch und hat am Fuss einen Durchmesser von etwa 18 cm Die Krempe ist etwa 4 5 cm breit Das Blech des Hutes wurde bei der Herstellung im Bereich der Krempe um einen nach der Auffindung verlorengegangenen Kupferdraht gerandert um fur zusatzliche mechanische Stabilitat zu sorgen Der goldene Hut ist uber die ganze Lange durch horizontale Zier und Rahmenbander gegliedert und flachendeckend ornamentiert Dabei wurden funf verschiedene Musterpunzen und eine Schrotpunze verwendet um die horizontalen Bander systematisch mit sich wiederholenden gleichartigen Stempelmustern zu verzieren Die optische Trennung der einzelnen Ornamentbander wurde durch Ringrippen oder Bander die mit der Schrotpunze verziert wurden realisiert In den Ornamentbandern finden sich hauptsachlich Scheiben und Kreismotive die uber einen kreisformigen Innenbuckel verfugen und mit bis zu sechs Aussenringen eingefasst sind Als Besonderheit ist das Auftreten zweier Zierbander mit Augenmustern zu nennen die in ahnlicher Form auch bei den Goldenen Huten von Ezelsdorf Buch und Berlin beobachtet werden konnen Die Kegelspitze ist im Gegensatz zu den anderen gefundenen Goldblechkegeln nicht von einem Stern bekront sondern vollig schmucklos Eine Ubersicht uber die Gestalt des Schifferstadter Goldhutes sowie Art und Anzahl der in den jeweiligen Hauptornamentzonen verwandten Musterpunzen zeigt die nebenstehende Abbildung Kalenderfunktion BearbeitenNach Ansicht Wilfried Menghins weisen die Goldhute vom Typus Schifferstadt zu denen auch der Ezelsdorfer Goldblechkegel gehort eine systematische Abfolge in Anzahl und Art der in den einzelnen Ornamentbandern verwandten Ornamente auf Basierend auf Untersuchungen am vollstandig erhaltenen Berliner Goldhut hat sich herausgestellt dass auf den Goldhuten ein astronomischer Kalender auf Basis eines lunisolaren Systems moglich ist Fur einen allgemeinen Uberblick uber die Charakteristik und Funktionalitat der Kalenderfunktionen eines bronzezeitlichen Goldhutes vom Typus Schifferstadt siehe Goldhute Fundort und Fundgeschichte Bearbeiten nbsp Goldener Hut mit erhaltenen Beifunden drei AbsatzbeileDer Goldene Hut von Schifferstadt wurde am 29 April 1835 bei Feldarbeiten in der Gewann Reuschlache etwa einen Kilometer nordlich der Ortschaft Schifferstadt gefunden Der Fund wurde bereits am nachsten Tag an die Regierungsbehorden in Speyer das damals zum Konigreich Bayern gehorte ubergeben Die beobachteten und rekonstruierbaren Umstande weisen auf eine kultische Deponierung hin Der Hut wurde aufrecht stehend in etwa 60 cm Tiefe vergraben Die Hutspitze ragte bis dicht unter die Erdoberflache der Hut selbst stand bei der Auffindung auf einer Platte aus schwach gebranntem Ton Der Goldblechkegel selbst war innen mit Erde oder einem Erde Asche Gemisch verfullt welches nicht erhalten ist Die ebenfalls nicht erhaltene Tonplatte die bei der Bergung des Hutes zerbroselte war auf einer etwa ein Zoll dicken Sandschicht in einer rechteckigen etwa 60 cm in den Letten eingetieften Grube platziert An den Hut angelehnt wurden drei bronzene Absatzbeile gefunden die ebenfalls erhalten sind Herstellung BearbeitenDas Artefakt wurde als Treibarbeit aus einer Goldlegierung mit 86 37 Au 13 Ag 0 56 Cu und 0 07 Sn in einem Stuck hergestellt und weist im Bereich von Schaft und Kalotte eine mittlere Wandstarke von 0 20 mm bis 0 25 mm auf Die Krempe ist wesentlich dunner ausgetrieben und weist eine mittlere Wandstarke von nur 0 08 bis 0 13 mm auf Es wird daher davon ausgegangen dass die Krempe noch in antiker Zeit nachbearbeitet worden ist Das Goldgewicht des Goldhutes entspricht einem Goldwurfel von etwa 2 5 cm Kantenlange als Ausgangsmaterial Dieser Goldrohling wurde wahrend des Bearbeitungsprozesses auf etwa Schreibmaschinenpapierdicke ausgeschmiedet Aufgrund der tribologischen Eigenschaften des Werkstoffes verfestigt sich das Material bei zunehmendem Umformungsgrad und neigt dann zur Rissbildung Zur Vermeidung dieser Risse war eine besonders gleichmassige Verformung beim Ausschmieden erforderlich Daruber hinaus musste das Werkstuck wahrend des Herstellungsprozesses wiederholt bei mindestens 750 C weichgegluht werden Hierbei war aufgrund der niedrigen Schmelztemperatur der Goldlegierung etwa 960 C eine recht genaue Temperaturkontrolle und eine wohldefinierte Aufheizung des Bauteils erforderlich um ein Aufschmelzen der Oberflache zu verhindern Fur diesen Vorgang nutzte der bronzezeitliche Handwerker ein Holzkohlefeuer oder einen Ofen ahnlich den Brennofen fur Topferwaren deren Temperatur allerdings nur in Grenzen durch blasebalggestutzte Zufuhrung von Sauerstoff kontrolliert werden konnte Im Rahmen der weiteren Bearbeitung wurde der Goldene Hut von Schifferstadt mit radial verlaufenden Ornamentbandern versehen Dazu wurde der hohle Innenkorper zwecks Stabilisierung mit einem geeigneten Goldschmiedekitt auf Basis von Baumharz und Wachs gefullt und das dunne Goldblech von aussen durch wiederholtes Aufdrucken von Negativpunzen in der vorliegenden Form strukturiert Verbleib BearbeitenDer Goldene Hut von Schifferstadt befindet sich im Historischen Museum der Pfalz in Speyer als Herzstuck der bronzezeitlichen Sammlung Eine Nachbildung ist im Heimatmuseum Schifferstadt 1 vorhanden eine weitere gibt es im Pfahlbaumuseum Unteruhldingen Sonderbriefmarke Bearbeiten nbsp Sonderbriefmarke von 1977Die Deutsche Bundespost gab am 16 August 1977 unter dem Titel Archaologisches Kulturgut drei Sondermarken heraus Auf der 30 Pfennig Marke war der Goldene Hut von Schifferstadt abgebildet Siehe auch BearbeitenGoldhut allgemeine Beschreibung der Goldhute vom Typus Schifferstadt Berliner Goldhut etwa 1000 bis 800 v Chr Goldblechkegel von Ezelsdorf Buch etwa 1000 bis 900 v Chr Goldblechkegel von Avanton Himmelsscheibe von Nebra etwa 2100 bis 1700 v Chr Literatur BearbeitenWilfried Menghin Peter Schauer Der Goldblechkegel von Ezelsdorf Kultgerate der spaten Bronzezeit Die vor und fruhgeschichtlichen Altertumer im Germanischen Nationalmuseum H 3 Theiss Stuttgart 1983 ISBN 3 8062 0390 3 Peter Schauer Die Goldblechkegel der Bronzezeit Ein Beitrag zur Kulturverbindung zwischen Orient und Mitteleuropa Romisch germanisches Zentralmuseum Monographien Bd 8 Habelt Bonn 1986 ISBN 3 7749 2238 1 Bernhard Kukatzki Hat Aehnlichkeit mit den Tyrolerhuten Der Fund des Goldenen Hutes 1835 In Bernhard Kukatzki Matthias Spindler Red Schifferstadt Geschichte und Geschichten Stadt Schifferstadt Schifferstadt 1998 ISBN 3 00 002473 5 S 141 149 Wilfried Menghin Der Berliner Goldhut und die goldenen Kalendarien der alteuropaischen Bronzezeit In Acta Praehistorica et Archaeologica Bd 32 2000 ISSN 0341 1184 S 31 108 Mark Schmidt Von Huten Kegeln und Kalendern oder Das blendende Licht des Orients In Ethnographisch Archaologische Zeitschrift Bd 43 2002 ISSN 0012 7477 S 499 541 Wilfried Menghin Manifestationen bronzezeitlicher Kalenderwerke In Gold und Kult der Bronzezeit Ausstellungskatalog Germanisches Nationalmuseum Nurnberg 2003 S 220 235 Anja Grebe Red Gold und Kult der Bronzezeit Verlag des Germanischen Nationalmuseums Nurnberg 2003 ISBN 3 926982 95 0 Ausstellungskatalog Nurnberg Germanisches Nationalmuseum 22 Mai 7 September 2003 Lothar Sperber u a Der Goldene Hut von Schifferstadt Historisches Museum der Pfalz Speyer 2008 ISBN 978 3 930239 20 7 Matthias Risch Christine Zerbe Gibt der Schifferstadter bronzezeitliche Goldhut Einblick in Sternbeobachtungen vor 3000 Jahren In Pfalzer Heimat 63 2012 2 S 59 69 ISSN 0031 6679 Oskar Schmidt Henriette Schmidt Was bedeuten die Zeichen auf dem Schifferstadter Goldhut Teil 1 2 In Schifferstadter Tagblatt Jg 110 Nr 213 vom 13 September 2014 Nr 230 vom 4 Oktober 2014 Lokal Magazin ZDB ID 1019722 9 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Goldener Hut von Schifferstadt Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Dieter Schmudlach Archaologisches Lexikon Goldene Hute und Gewander Landschaftsmuseum Obermain Kulmbach 24 Oktober 2010 abgerufen am 29 April 2020 Kult um einen Hut den Goldenen Hut In schifferstadt de Abgerufen am 29 April 2020 Kurt E Kocher Der Goldene Hut von Schifferstadt In hekoverlag de 28 Februar 2018 abgerufen am 29 April 2020 Der Goldene Hut von Schifferstadt Verein fur Heimatpflege Schifferstadt 15 Dezember 2016 abgerufen am 29 April 2020 deutsch englisch franzosisch Peter Prestel Gisela Graichen Harald Lesch Terra X Ungeloste Falle der Archaologie 1 2 Video 43 26 Minuten Der Goldene Hut und Himmelsscheibe von Nebra Minute 9 37 13 56 In zdf de 25 Marz 2018 abgerufen am 29 April 2020 49 4 8 3663888888889 Koordinaten 49 24 0 N 8 21 59 OEinzelnachweise Bearbeiten Der Goldene Hut von Schifferstadt Verein fur Heimatpflege Schifferstadt 15 Dezember 2016 abgerufen am 29 April 2020 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Goldener Hut von Schifferstadt amp oldid 233367104