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Die vier Goldhute sind Kopfbedeckungen aus dunnem Goldblech die aus der spaten Bronzezeit stammen und in Deutschland Frankreich und moglicherweise auch in der Schweiz gefunden wurden Sie werden als Kultgegenstande mit moglichen Kalenderfunktionen interpretiert Inhaltsverzeichnis 1 Goldhute vom Typus Schifferstadt 1 1 Kultureller Kontext und Datierung 1 2 Funktion 1 3 Kalender 1 4 Herstellung 2 Weitere Goldblechhute 3 Siehe auch 4 Literatur 5 Einzelnachweise 6 WeblinksGoldhute vom Typus Schifferstadt BearbeitenDie bislang vier in Europa gefundenen kegelformigen Goldhute vom Typus Schifferstadt sind Artefakte aus der spaten Bronzezeit genauer der Urnenfelderzeit und bestehen aus dunnem Goldblech Es diente als aussere Schmuckverkleidung einer langschaftigen Kopfbedeckung mit Krempe die vermutlich aus organischem Material bestand und das aussenliegende dunne Goldblech mechanisch stabilisierte Diese einmalige Fundgruppe bildet ein wichtiges Dokument zur Religionsgeschichte der Bronzezeit Bisher bekannt sind folgende vier Goldhute nbsp Goldener Hut von Schifferstadt nbsp Goldhut von Ezelsdorf Buch nbsp Goldblechkegel von Avanton nbsp Berliner Goldhut nbsp Goldhut D F nbsp Schifferstadt nbsp Ezelsdorf Buch nbsp AvantonLage der bekannten Fundorte von GoldhutenGoldener Hut von Schifferstadt datiert auf 1400 bis 1300 v Chr Fundort Schifferstadt Rhein Pfalz Kreis Suddeutschland Goldhut von Ezelsdorf Buch datiert auf 1000 bis 900 v Chr Fundort Ezelsdorf Buch Mittelfranken Oberpfalz Suddeutschland Goldblechkegel von Avanton datiert auf etwa 1000 v Chr Fundort bei Avanton nahe Poitiers Westliches Frankreich Berliner Goldhut datiert auf 1000 bis 800 v Chr vermutlicher Fundort Suddeutschland oder SchweizKultureller Kontext und Datierung Bearbeiten Die kegelformigen Goldhute vom Typus Schifferstadt wurden im 19 und 20 Jahrhundert in Suddeutschland Berliner Goldhut Goldener Hut von Schifferstadt Goldhut von Ezelsdorf Buch und Frankreich Goldblechkegel von Avanton in mehr oder weniger gutem Erhaltungszustand gefunden Sie sind im kulturellen Kontext mit einer Anzahl ahnlicher kalottenformiger Goldblechkronen zu sehen die seit 1692 in Sudwestirland Comerford Crown und an der spanischen Atlantikkuste Goldschalen von Axtroki Goldhelm von Leiro gefunden wurden wovon nur die spanischen Fundstucke erhalten sind Der Berliner Goldhut ist das am besten erhaltene Exemplar der Gruppe Die Funde stammen aus der spaten Bronzezeit und wurden zwischen ca 1400 1300 v Chr Goldener Hut von Schifferstadt Goldblechkegel von Avanton und 1000 800 v Chr Berliner Goldhut Goldhut von Ezelsdorf Buch hergestellt Nicht nur chronologisch sondern auch geographisch sind die vier bekannten Goldhute der Urnenfelderkultur zuzurechnen die die direkte Vorlauferin der keltisch sudgermanischen Hallstattkultur darstellt Dafur spricht auch der franzosische Fundort der im Gebiet der Piktonen lag die aus der Region Hallstatt stammten Der Indogermanist Wolfram Euler vertritt deswegen die Ansicht die Trager der Goldhute hatten sicher ein indogermanisches Idiom gesprochen angesichts der Fundorte am ehesten eine Vor oder Fruhform des Keltischen Die Ahnlichkeit der Hute setze wie auch immer geartete kulturelle Zusammenhange voraus aber die Frage ob die Trager eine gemeinsame religiose kulturelle oder moderne ethnische Identitat verband sei zumindest bisher nicht zu beantworten 1 Funktion Bearbeiten Einige Forscher gehen heute davon aus dass die Goldhute als religiose Insignien von Gottern bzw von Priestern eines in der spaten Bronzezeit in Zentraleuropa verbreiteten Sonnenkultes dienten Diese Auffassung wird durch die bildliche Darstellung eines als Kegelhut interpretierten Gegenstands auf einer Steinplatte aus dem Grab von Kivik in Schonen Sudschweden in eindeutig religios kultischem Kontext untermauert Nach teilweiser Entschlusselung des Ornamentkanons der kegelformigen Goldhute schreiben manche den Goldblechkegeln heute neben einer moglichen reprasentativ kultischen Funktion weitreichende Kalendereigenschaften zu Kalender Bearbeiten nbsp Kalenderfunktionen am Berliner Goldhut nbsp Goldhut von Ezelsdorf Buch Germanisches Nationalmuseum in Nurnberg 2 Die Goldblechkegel sind uber die ganze Lange mit horizontalen Zier und Rahmenbandern aus gleichartigen Punzstempelabdrucken flachendeckend ornamentiert wobei die alteren Exemplare Avanton Schifferstadt uber einen bescheideneren Ornamentkanon verfugen als die jungeren Exemplare Nach einer Hypothese Wilfried Menghins weisen die kegelformigen Goldhute vom Typus Schifferstadt eine systematische Abfolge in Anzahl und Art der in den einzelnen Ornamentbandern verwandten Ornamente auf Basierend auf Untersuchungen am vollstandig erhaltenen Berliner Goldhut wurde vermutet dass auf den Goldhuten astronomische Kalenderfunktionen auf Basis eines lunisolaren Kalendersystems abgebildet sind 3 Aufgrund dieses lunisolaren Charakters ware damit ein direktes Ablesen von Zeitraumen in Mond oder Sonneneinheiten moglich Da die genaue Kenntnis des Sonnenjahrs fur die Festlegung von Zeitpunkten kultischer Bedeutung wie der Sommer oder Wintersonnenwende von besonderem Interesse war nahm das auf den Goldhuten niedergelegte astronomische Wissen in der bronzezeitlichen Gesellschaft einen hohen Stellenwert ein Die 2005 publizierten Funktionen beinhalten die Moglichkeit zur Abzahlung von Zeitabschnitten bis zu maximal 57 Monaten Durch einfache Vervierfachung dieser Werte ist aber auch die Darstellung von Zeitabschnitten grosseren Umfangs wie z B dem Metonischen Zyklus moglich Dabei stellt jeweils ein Zeichen bzw ein einzelner Kreisring eines Symbols einen Tag dar Neben Ornamentringen mit Symbolen unterschiedlicher Kreisringzahl treten Sonderzeichen und Sondersymbole in sogenannten Schaltzonen auf die bei der Berechnung der obengenannten Zeitabschnitte von Fall zu Fall hinzugezahlt oder weggelassen werden mussen Im Prinzip wird beginnend mit der Zone i anhand eines geeigneten zusammenhangenden Abschnitts n benachbarter Ornamentzonen Z i Z i n eine Summenbildung durchgefuhrt Von dieser Summe wird gegebenenfalls die Symbolanzahl einer oder mehrerer im Bereich dieses Abschnitts auftretenden Schaltzonen abgezogen um zum entsprechenden Wert in solarer bzw lunarer Zeitschreibweise zu kommen In der Abbildung links dargestellt ist der solare Abbildungsmodus rechts das Ableseschema fur die synodischen Mond Monate Die rot bzw blau dargestellten Felder aus den Zonen 5 7 16 und 17 stellen Schaltzonen des Kalendersystems dar mit denen unterschiedlich lange Zeitperioden dargestellt werden Die den jeweiligen Feldern zugeordneten Werte sind das Produkt aus der Anzahl der Symbole in der jeweiligen Ornamentzone und der Anzahl der im vorherrschenden Einzelsymbol vorkommenden Kreise bzw Kreisringe Den Sondersymbolen in der Zone 5 wird entsprechend ihrer Anzahl der numerische Wert 38 zugeordnet Beispiele Zone 12 besitzt als vorherrschendes Symbol insgesamt 20 Punzen vom Typus Nr 14 einem kreisrunden Scheibensymbol das im Randbereich von 5 Kreisen eingefasst ist Als Wert ergibt sich fur diese Zone somit das Produkt aus 20 und 5 100 Die in den Zwischenraumen zwischen den Hauptsymbolen vorhandenen kleineren Ringkreise werden als Zierrat angesehen und fur die Rechnung nicht berucksichtigt Die Hypothese des lunisolaren Kalendersystems macht ein direktes Ablesen bzw Umrechnen in Mond oder Sonneneinheiten moglich Fur die Darstellung des in den Tabellen jeweils gelb hinterlegten nach Tagen zahlenden solaren bzw lunaren maximalen Zeitabschnitts sind die Werte der in der daruberstehenden Spalte farblich hinterlegten Felder zu einer Abschnittssumme zu addieren Treten hier rot hinterlegte Schaltzonen auf ist die Summe dieser rot hinterlegten Werte von der Abschnittssumme abzuziehen Damit ist die Abbildung von Zeitabschnitten mit einer maximalen Lange von 12 24 36 48 54 und 57 synodischen Mond Monaten im lunaren System und von 12 18 24 36 48 54 und 57 Sonnenmonaten als zwolftem Teil eines tropischen Jahres im solaren System moglich Beispiel Fur die Darstellung eines 54 monatigen Zyklus im lunaren System werden die Zahlenwerte aus den grun oder blau hinterlegten Zonen 3 bis 21 addiert Als Summe ergibt sich ein Wert von 1739 Tagen Vom Ergebnis zieht man die Zahlenwerte aus den rot hinterlegten Zonen 5 16 und 17 ab Das Resultat von 1739 142 1597 Tagen entspricht recht genau 54 synodischen Monaten zu je 29 5305 Tagen Die bei der Rechnung auftretende Differenz von 2 Tagen zum astronomisch korrekten Wert ergibt sich aus der bronzezeitlichen Beobachtungsgenauigkeit von synodischer und solarer Monatslange Herstellung Bearbeiten Die bislang gefundenen Goldhute bestehen aus einer Goldlegierung mit ca 85 90 Gold ca 10 Silber und Spuren von Kupfer und Zinn jeweils lt 1 Sie wurden als Treibarbeit aus einem Stuck ohne Naht hergestellt und zu hauchdunnen Arbeiten mit Wandstarken zwischen 0 25 mm Goldener Hut von Schifferstadt und 0 06 mm Berliner Goldhut ausgeschmiedet Aufgrund der tribologischen Eigenschaften des Werkstoffes verfestigt sich das Material bei zunehmendem Umformungsgrad und neigt dann zur Rissbildung Zur Vermeidung dieser Risse war eine besonders gleichmassige Verformung beim Ausschmieden erforderlich Daruber hinaus musste das Werkstuck wahrend des Herstellungsprozesses wiederholt bei mindestens 750 C weichgegluht werden Hierbei war aufgrund der niedrigen Schmelztemperatur der Goldlegierung ca 960 C eine recht genaue Temperaturkontrolle und eine isotherme Aufheizung des Bauteils erforderlich um ein Aufschmelzen der Oberflache zu verhindern Fur diesen Vorgang nutzte der bronzezeitliche Handwerker ein Holzkohlefeuer oder eine Art Topferofen deren Temperatur allerdings nur in Grenzen durch blasebalggestutzte Zufuhrung von Sauerstoff kontrolliert werden konnte Berucksichtigt man die tribologischen Eigenheiten des verwendeten Werkstoffes und die bescheidenen technischen Mittel so stellt allein die Herstellung eines unverzierten Bauteils aus solch dunnem Goldblech bereits eine gewaltige handwerkliche Leistung dar Im Rahmen der weiteren Bearbeitung wurde der Goldhut mit radial verlaufenden Ornamentbandern versehen Dazu wurde der hohle Innenkorper vermutlich zwecks Stabilisierung mit einem geeigneten Goldschmiedekitt auf Basis von Baumharz und Wachs gefullt Reste davon konnten beim Exemplar von Schifferstadt gefunden werden und das dunne Goldblech von aussen durch wiederholtes Aufdrucken von verschiedenen Negativpunzen und oder das Abrollen verschiedener Rollpunzen in der vorliegenden Form strukturiert Weitere Goldblechhute BearbeitenAhnliche kalottenformige Goldblechkronen sind Comerford Crown Irland Goldschalen von Axtroki Spanien Goldhelm von Leiro Spanien nbsp Comerford Crown nbsp Axtroki nbsp Goldhelm von LeiroSiehe auch BearbeitenHimmelsscheibe von Nebra ca 2100 bis 1700 v Chr Literatur BearbeitenWolfram Euler Konrad Badenheuer Sprache und Herkunft der Germanen Abriss des Protogermanischen vor der ersten Lautverschiebung Verlag Inspiration Un Ltd Hamburg u a 2009 ISBN 978 3 9812110 1 6 Anja Grebe Red Gold und Kult der Bronzezeit Verlag des Germanischen Nationalmuseums Nurnberg 2003 ISBN 3 926982 95 0 Ausstellungskatalog Germanisches Nationalmuseum Nurnberg 22 Mai bis 7 September 2003 Wilfried Menghin Der Berliner Goldhut und die goldenen Kalendarien der alteuropaischen Bronzezeit In Acta Praehistorica et Archaeologica 32 2000 ISSN 0341 1184 S 31 108 Wilfried Menghin Peter Schauer Der Goldblechkegel von Ezelsdorf Kultgerate der spaten Bronzezeit Die vor und fruhgeschichtlichen Altertumer im Germanischen Nationalmuseum H 3 Theiss Stuttgart 1983 ISBN 3 8062 0390 3 Peter Schauer Die Goldblechkegel der Bronzezeit Ein Beitrag zur Kulturverbindung zwischen Orient und Mitteleuropa Habelt Bonn 1986 ISBN 3 7749 2238 1 Mark Schmidt Von Huten Kegeln und Kalendern oder Das blendende Licht des Orients In Ethnographisch Archaologische Zeitschrift 43 2002 ISSN 0012 7477 S 499 541 Einzelnachweise Bearbeiten Euler 2009 19 Germanisches Nationalmuseum Online Objektkatalog Goldhut N24 DOKU Strangest things Folge 8 BLINK 2020 Deutsche Bearbeitung WELT Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Bronze Age golden hats Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Goldene Hute im Archaologischen Lexikon Landschaftsmuseum Obermain Kulmbach Goldhut von Ezelsdorf Buch im Germanischen Nationalmuseum Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Goldhut amp oldid 239205268