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Dieser Artikel behandelt das Leben der judischen Bevolkerung beginnend mit der Grundung des Judenghettos im Unteren Werd der spateren Wiener Vorstadt Leopoldstadt die seit 1850 der 2 Wiener Gemeindebezirk ist Streng orthodoxe Juden am Karmeliterplatz 1915 Inhaltsverzeichnis 1 Ghetto im Unteren Werd 2 Tolerierung von Juden und kultureller Aufschwung 3 Erster Weltkrieg und Zwischenkriegszeit 4 Anschluss und Zweiter Weltkrieg 5 Nachkriegszeit 6 Siehe auch 7 Einzelnachweise 8 Literatur 9 WeblinksGhetto im Unteren Werd Bearbeiten nbsp Gedenktafel in der Grossen PfarrgasseDas Ghetto im Unteren Werd in der heutigen Leopoldstadt wurde 1624 gegrundet und existierte bis 1670 Zuvor hatten die Juden in Wien seit dem 12 Jahrhundert unter dem dort herrschenden Antijudaismus gelitten Immer dann wann die Stadt Wien Geld brauchte hatte die judische Bevolkerung im Ghetto Beitragszahlungen zu leisten Das Ghetto wurde infolge einer Siedlungskrise nach dem Dreissigjahrigen Krieg gegrundet 1 Im 16 Jahrhundert wurde der Besitz von Juden enteignet worauf die Idee entstand diese im Unteren Werd anzusiedeln Im Jahr 1626 wurde eine Heide hinter dem Karmeliterkloster an die judische Gemeinde verpachtet Dieses Areal liegt im heutigen Karmeliterviertel 1 Bis 1669 wurden 136 Hauser auf dem Gebiet errichtet darunter zwei Synagogen Alte Synagoge und Neue Synagoge Ausserdem gab es ein Gemeindehaus ein Krankenhaus ein Wachhaus und mehrere Bildungszentren Ausserhalb des Ghettos waren die Arzte sehr angesehen auch das Studierhaus erhielt Anerkennung Im Laufe der Zeit fuhrten schlechte sanitare Verhaltnisse zu Massenerkrankungen an Pest Typhus und Pocken ausserdem kam es zur Verfolgung durch Christen 1 Nach der Beschuldigung eines Ritualmordes artete die Situation im Ghetto aus Mehrmalige Uberfalle Verwustungen vieler Anlagen und Brande schockierten die judische Bevolkerung Ab 26 Juni 1668 war es den im Ghetto lebenden Juden verboten das Gebiet zu verlassen Nach der Austreibung von Juden aus der Leopoldstadt am 25 Juli 1670 durch Anordnung von Kaiser Leopold I welche gleichzeitig die Stadt Wien verpflichtete dieses Areal anzukaufen wurde die Neue Synagoge niedergerissen und an ihrer Stelle die Leopoldskirche in der Grossen Pfarrgasse errichtet Dies war eine Auflage des Kaisers an die Gemeinde Wien welche das auch finanzieren musste Dieser Teil der Leopoldstadt wurde somit der erste Stadtteil von Wien ausserhalb der bisherigen Stadtmauern 2 3 Tolerierung von Juden und kultureller Aufschwung Bearbeiten nbsp Der Leopoldstadter Tempel oder Grosse Tempel nach Rudolf von Alt nbsp Innenansicht des Turkischen Tempels nach einem Aquarell von Franz Reinhold 1890Leopold I hielt sich nach einigen Jahren nicht mehr an sein eigenes Judenverbot Einige Jahre vor seinem Tod berief er die Hoffaktoren Samuel Oppenheimer und Samson Wertheimer zuruck in die Stadt Wien Um 1700 durften zehn privilegierte judische Familien in Wien leben 4 1764 erliess Maria Theresia eine Judenordnung allerdings wurden osmanischen Sepharden mehr Rechte zugesprochen da sie erst von Spanien ins Osmanische Reich und dann nach Osterreich kamen und sie somit als Untertanen des Sultans keinen Beschrankungen unterlagen 4 Mit der Schaffung der Toleranzpatente ab 1781 von Joseph II erhielten zunachst Protestanten 1782 auch Juden grossere Freiheiten Nach der Marzrevolution 1848 fielen samtliche Arbeits und Wohnbeschrankungen In dieser Zeit war bereits ein Drittel der Einwohner der Leopoldstadt judisch Der Grund dafur war dass mit der neuen Nordbahn auch Juden aus anderen Teilen der Monarchie nach Wien kamen Ein grosser Teil des judischen Burgertums zog in die Praterstrasse Arbeiter und Handwerker wohnten in Seitengassen 4 1858 wurde die grosste Synagoge Wiens der Grosse Tempel in der Tempelgasse eingeweiht In der Malzgasse ehemals Brauhausgasse befand sich ab 1862 der Israelische Tempel und Schulverein Hadas Dieser stellte eine private Ganztagsschule dar Ihr heutiger Name ist Talmud Thora Schule Machsike Hadass ist ein Kindergarten fur Madchen und Knaben sowie eine Hauptschule fur Knaben und dient den erzieherischen Bedurfnissen der Orthodoxie Der Schwerpunkt dieser Ganztagsschule liegt auf der Vermittlung der traditionellen religiosen Gegenstande und der Vorbereitung zum Besuch einer Jeschiwa 5 In weiterer Folge entstand 1887 der Turkische Tempel in der heutigen Zirkusgasse ehem Grosse Fuhrmannsgasse 1893 die Polnische Schul in der heutigen Leopoldsgasse ehem Strafhausgasse sowie 1913 der Kaiser Franz Josephs Huldingungstempel die allesamt als Betsale dienten Auch Kaffeehauser wurden an Feiertagen als Gebetsort verwendet da die Tempel zumeist uberfullt waren 4 Erster Weltkrieg und Zwischenkriegszeit Bearbeiten nbsp Das Cafe Sperlhof in der Grosse Sperlgasse im Karmeliterviertel wurde als judischer Kunstlertreffpunkt gegrundetMit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 fluchteten Massen von Juden nach Wien Die Zahl der judischen Fluchtlinge betrug je nach Schatzung zwischen 50 000 damalige Polizeiangaben und 70 000 laut Arbeiter Zeitung von denen etwa 25 000 in Leopoldstadt blieben 6 In dieser Zeit wurde der Beiname Mazzesinsel fur Leopoldstadt gelaufig Es bildeten sich mehrere Vereine zur Unterstutzung der Fluchtlinge Der grosse Zuzug durch Juden stellte sich nach einigen Jahren als Problem heraus Landeshauptmann Albert Sever ordnete an alle judischen Fluchtlinge abzuschieben Dies wurde nicht durchgefuhrt allerdings bildeten sich immer grossere antisemitische Stromungen innerhalb Wiens 7 Nach dem Ersten Weltkrieg lebten 180 000 Juden in Wien ein Drittel davon in Leopoldstadt was fast die Halfte der Bezirksbevolkerung ausmachte Besonders auf der Ferdinandstrasse lebten fast nur mehr Sepharden darunter die spatere Ehefrau des Schriftstellers Elias Canetti Im Verlauf der 1920er Jahre verstarkte sich die soziale Zweiteilung Dem reichen Burgertum stand die armere Bevolkerungsschicht gegenuber die zumeist Schlosser Backer oder gar Arbeitslose bildeten Der politische Zionismus und somit der Wunsch nach einem eigenen judischen Staat fand vor allem in der armen Bevolkerungsschicht Anhanger 7 Mit der Politik der im Roten Wien vorherrschenden Sozialdemokratischen Arbeiterpartei unzufrieden bildete sich die Judische Nationale Partei die ab 1919 bei den Nationalratswahlen antrat und in der Leopoldstadt vergleichsweise erfolgreich war Nach 1927 wurde Leopoldstadt einer der ersten Bezirke in dem sich nationalsozialistische Gruppen formierten 1929 zerstorten Nazis das Cafe Produktenborse welches oft von Juden besucht wurde Wahrend eines judischen Gottesdienstes wurde das Cafe Sperlhof verwustet 7 Anschluss und Zweiter Weltkrieg Bearbeiten nbsp Gedenktafel an der Schule in der Kleine Sperlgasse Hauptartikel Anschluss Osterreichs und Osterreich in der Zeit des Nationalsozialismus Nach dem Anschluss Osterreichs am 13 Marz 1938 an das nationalsozialistische Deutsche Reich erfolgten am 9 10 November die Novemberpogrome 1938 von denen auch der Bezirk Leopoldstadt betroffen war Viele judische Einrichtungen und Kultstatten wurden zerstort Besonders gravierend waren die Auswirkungen auf die Synagogen der wichtigste Tempel in der heutigen Tempelgasse wurde durch die Pogrome vernichtet Heute erinnert eine Gedenktafel am Desider Friedmann Hof in der Ferdinandstrasse an die Verwustungen 7 Ende Februar 1941 wurde die judische Schule in der Kleine Sperlgasse geschlossen 8 und alle Kinder in Konzentrationslager abtransportiert In der Forstergasse 7 versteckten sich neun Juden in einem Keller bis sie am 12 April 1945 kurz vor der Befreiung Wiens von der SS ermordet wurden 7 9 Nachkriegszeit Bearbeiten nbsp Die Steine der Erinnerung zum Gedenken an die ermordeten Schauspieler der PraterstrasseHeute leben wieder mehr als 10 000 Juden 10 in der Leopoldstadt Vor 1938 waren es dort insgesamt 60 000 Einige uberlebten den Krieg im Konzentrationslager oder im Untergrund andere konnten auswandern Der Grossteil der heute in Wien ansassigen Juden sind Zuwanderer so aus Ungarn der Tschechoslowakei und der Sowjetunion Auch haben sich Nachkommen emigrierter Juden wieder in Wien angesiedelt 7 Steine der Erinnerung ahnlich wie die Stolpersteine in Deutschland wurden an verschiedenen Orten im zweiten Bezirk als Mahnmal gesetzt Siehe auch BearbeitenJudisches Leben in Wien Geschichte der Juden in OsterreichEinzelnachweise Bearbeiten a b c Helga Gibs Leopoldstadt Kleine Welt am grossen Strom Mohl Verlag Wien 1997 ISBN 3 900272 54 9 S 10 12 Helga Gibs Leopoldstadt Kleine Welt am grossen Strom Mohl Verlag Wien 1997 ISBN 3 900272 54 9 S 12 14 Von der St Leopoldi Pfarrkirche in der Leopolds Stadt von St Brigida in Fuhrmann Mathias Hrsg Historische Beschreibung und kurz gefaste Nachricht von der Romisch Kaiserl und Koniglichen Residenz Stadt Wien und Ihren Vorstadten Wien 1767 Zweyter Band S 435 ff Digitalisat a b c d Helga Gibs Leopoldstadt Kleine Welt am grossen Strom Mohl Verlag Wien 1997 ISBN 3 900272 54 9 S 124 127 Talmud Thora Volks und Hauptschule Machsike Hadass fur Knaben Ruth Beckermann Die Mazzesinsel In Ruth Beckermann Hrsg Die Mazzesinsel Juden in der Wiener Leopoldstadt 1918 38 Locker Verlag Wien 1984 ISBN 978 3 85409 068 7 S 16 f a b c d e f Helga Gibs Leopoldstadt Kleine Welt am grossen Strom Mohl Verlag Wien 1997 ISBN 3 900272 54 9 S 128 133 Markus Brosch Judische Kinder und LehrerInnen zwischen Hoffnung Ausgrenzung und Deportation VS HS Kleine Sperlgasse 2a 1938 1941 Diplomarbeit fur Mag phil in Geschichte Universitat Wien 2012 online bei Universitat Wien PDF 2 2 MB S 70 Befreiung und letzte Massaker DOW doewweb01 doew at Memento des Originals vom 12 Februar 2016 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot doewweb01 doew at Ruckkehr ins Leopoldschtetl Abgerufen am 20 Juni 2017 Literatur BearbeitenRuth Beckermann Die Mazzesinsel Juden in der Wiener Leopoldstadt 1918 38 Locker Verlag Wien 1984 ISBN 978 3 85409 068 7Weblinks BearbeitenEintrag zu Ghetto im Austria Forum im AEIOU Osterreich Lexikon Eintrag zu Juden im Austria Forum im AEIOU Osterreich Lexikon Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Geschichte der Juden in der Wiener Leopoldstadt amp oldid 219610958