www.wikidata.de-de.nina.az
47 003576 6 961256 Koordinaten 47 0 12 9 N 6 57 40 5 O CH1903 563695 205947 Freilandstation Monruzp1Abguss des magdalenienzeitlichen SiedlungshorizontsAbguss des magdalenienzeitlichen Siedlungshorizontsp4Freilandstation Monruz Schweiz Wann vor 16 500 15 200 JahrenWo Stadt Neuenburg Ortsteil Monruz SchweizDie Freilandstation Monruz war der archaologische Fundplatz eines jungpalaolithischen Jagerlagers das 1989 im Neuenburger Ortsteil Monruz gefunden wurde Wegen der aussergewohnlich gut erhaltenen organischen Funde und der drei Venusfigurinen von Monruz zahlt die Freilandstation mit einem Alter von 16 500 15 200 Jahren 1 zu den wichtigsten magdalenienzeitlichen Fundstellen der Schweiz 2 Inhaltsverzeichnis 1 Fund 2 Befund 2 1 Lage 2 2 Fauna 2 3 Feuerstellen 2 4 Organische Gerate und Schmuck 2 5 Steingerate 3 Siehe auch 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseFund Bearbeiten nbsp Fundstelle der Freilandstation im Mai 2016 Rote Markierungen vor dem PKW Sektor 1 hinter dem PKW Sektor 2 Beim Bau der Autobahn A5 die am Nordufer des Neuenburgersees aufgrund dichter Bebauung zu grossen Teilen in Trogen Einhausungen und Tunneln trassiert ist entdeckte der Kantonsarchaologe Michel Egloff bei einer baubegleitenden Begehung im Oktober 1989 einen palaolithischen Siedlungshorizont Dieser lag im Bereich der nach Nordosten verlaufenden Richtungsfahrbahn auf Hohe der Ausfahrt 14 Hauterive St Blaise in einer Hohe von 428 5 m u M 3 und damit rund 5 m unter dem Wasserspiegel des Neuenburgersees Bereits sechs Jahre zuvor war im 1 km entfernten Hauterive Champreveyres ein gleichartiger Fundkomplex entdeckt worden auf dem sich heute das kantonale archaologische Museum Latenium befindet Die anschliessenden Ausgrabungen wurden von dem archaologischen Dienst des Kantons Neuenburg durchgefuhrt und fanden in mehreren Kampagnen zwischen 1989 und 1992 statt Von der ursprunglich etwa 800 m grossen Siedlungsflache war bereits knapp die Halfte durch Tiefbauarbeiten zerstort und abgetragen worden sodass sich die Ausgrabungen auf zwei 450 bzw 15 m grosse Sektoren konzentrierten Man entschied sich fur eine Blockbergung der beiden zentralen Siedlungsbereiche des Sektors 1 mit ihrer besonders dichten Fundstreuung Beide Blocke Block A 18 m 75 t Block B 66 m 400 t wurden fur den Transport mit Stahlrohren unterbaut und mit Spundwanden verschalt Im Marz bzw Juni 1990 wurden sie per Schwertransport fur weitere Analysen und zur Herstellung von Abgussen nach Champreveyres verbracht 4 Befund BearbeitenLage Bearbeiten Die Freilandstation Monruz war in einer Senke an einer fur die Pferdejagd strategisch gunstig gelegenen Engstelle zwischen dem 1180 m hohen Berg Chaumont und der Uferzone des Neuenburgersees errichtet worden Es ist anzunehmen dass neben der Nahe zum Wasser und der windgeschutzten Lage auch der dortige weiche sandige Schluff fur die Platzwahl ausschlaggebend war 5 Wahrend der Wiedererwarmung am Ende der Alteren Dryaszeit stieg der Wasserspiegel des Sees rasch an was eine schnelle Sedimentation der aufgelassenen Siedlungsflache zur Folge hatte und die organischen Materialien durch Luftabschluss sehr gut konservierte Neben der Magdalenien Fundschicht mit zahlreichen Feuerstellen 6 tausenden Faunaresten und lithischen Artefakten konnte auch eine spatere Begehung des Lagers im Azilien nachgewiesen werden 3 Fauna Bearbeiten nbsp Murmeltierpfote nbsp Wildpferdhufe In Monruz konnten mehr als 14 000 Faunareste mit fast 100 kg Gesamtgewicht dreidimensional eingemessen werden Die Halfte der Stucke mit 85 kg Gewicht stammt vom juvenilen und adulten Wildpferd woraus hervorgeht dass die Herdenverbande bejagt wurden nicht die Junggesellengemeinschaften Es ist mit einer Mindestindividuenzahl von 56 vollstandigen Tieren nachgewiesen und damit als Hauptbeutetier anzusehen gefolgt von Murmeltier 17 Tiere Schneehase 7 Steinbock und Ziesel je 4 Neben Ren und Braunbar je 3 fanden sich auch Reste von Bison Iltis Eisfuchs und Haushund je 1 Aus den Schlammruckstanden stammen weitere 1500 bestimmbare und 72 000 nicht bestimmbare Reste von Tieren 3 Da Wildpferde grosse Distanz zu menschlichen Ansiedlungen wahren und erlegt nur uber kurze Strecken transportiert werden konnen geht man davon aus dass das Lager Monruz nach einer erfolgreichen Pferdejagd eingerichtet wurde Vor allem die zahlreichen Zahne von Jungtieren und die Anwesenheit von Murmeltier und Ziesel beide konnten wahrend des Winterschlafs nicht bejagt werden machen eine Nutzung der Freilandstation wahrend der Sommerhalbjahre wahrscheinlich Das Lager wurde fur 20 Wiederbegehungen genutzt und aus der Nahrungsmenge die jeweils zur Verfugung stand lasst sich eine Aufenthaltsdauer von ein bis drei Wochen ableiten Aufgrund der Mobilitat palaolithischer Jager und Sammler ist von maximal zwei Aufenthalten pro Jahr auszugehen 3 2 Feuerstellen Bearbeiten nbsp Hitzestein nbsp Sandsteinplatte mit Rotelauftrag Anhand der freigelegten Herdkonstruktionen aus Gerollen und Steinplatten sowie den dazugehorigen Holzkohleschichten konnte eine Vielzahl an Erkenntnissen uber die damalige Lebensweise und die vorherrschende Flora gewonnen werden Im Lager befanden sich 36 Feuerstellen unterschiedlicher Grosse von denen die Halfte in das Erdreich eingetieft war Als Brennmaterial standen ausschliesslich dunne Zweige von Kriechweiden zur Verfugung daher wurden die Feuer nicht offen abgebrannt sondern mit Gerollen und Steinplatten begrenzt und abgedeckt So konnten Zweige und Blatter wesentlich effizienter zur Nahrungszubereitung und zum Beheizen eventuell vorhandener Behausungen genutzt werden Mehr als 5000 Steine mit annahernd 2 t Gesamtgewicht wurden analysiert uber die Halfte davon wies Brandspuren auf eine Vielzahl war durch Hitzeeinwirkung zerborsten Fragmente wurden haufig mehrmals an verschiedenen Feuerstellen wiederverwendet sodass anhand von Zusammensetzungen eine chronologische Abfolge der Feuerstellennutzung vorgeschlagen werden konnte 6 Organische Gerate und Schmuck Bearbeiten Aus Rengeweih sind neben zahlreichen Rohlingen und Stucken mit Bearbeitungsspuren auch neun Speerspitzen drei Widerhaken von Harpunen und das Fragment eines Lochstabs erhalten Mit einem Lochdurchmesser von etwa 30 mm ist er mit den grossten Exemplaren des zeitgleich begangenen Siedlungsplatzes am Petersfels bei Engen vergleichbar 7 Mit dieser 170 km Luftlinie entfernten Hohle nordwestlich des Bodensees ist Monruz zudem durch drei stilisierte Frauenstatuetten und einen Knebel aus Gagat verbunden Die Artefakte beider Fundstellen sind sich in Form und Grosse derart ahnlich dass daruber spekuliert wird ob derselbe Kunstler diese Stucke gestaltet hat 8 Aus den Schneckensanden des 300 km entfernten Steinheimer Beckens auf der Schwabischen Ostalb stammen 19 fossile mit Bohrungen versehene Gehause der Schneckenart Gyraulus trochiformis Stahl 9 10 Sie sind nahezu unbeschadigt und gelten als Indiz fur die Weitraumigkeit der Streifgebiete damaliger Jager und Sammler Gruppen Steingerate Bearbeiten Das lithische Inventar mit Abmessungen uber 1 cm umfasst knapp 45 000 Stucke und hat ein Gesamtgewicht von 77 kg Hierin enthalten sind 203 praparierte Kerne und rund 1400 Artefakte die als Werkzeuge bzw Einsatze fur Geschossspitzen angesprochen werden konnen Neben 900 Ruckenmessern finden sich 500 Stichel Bohrer und Mikrobohrer Kratzer sind nur wenige vorhanden bei dem Rest handelt es sich um Abfallstucke Hinzu kommen weitere 48 000 Absplisse und Abfalle mit einer Grosse unter 1 cm Aus der Gesamtmenge liessen sich 5839 Fragmente zu 1373 Gefugen zusammensetzten 2 Die ortlichen Rohmaterialvorkommen sind von schlechter Qualitat daher wurden unterschiedlichste ortsfremde Materialien uber zum Teil sehr grosse Distanzen nach Monruz importiert Eingebracht wurden sie in verschiedenen Stadien der Bearbeitung z B in Form von Kernen oder als fertige Werkzeuge Silex war uber das gesamte Areal verteilt zu finden konzentrierte sich jedoch an rund 200 Punkten rund um die Feuerstellen Aus den Verteilmustern und der Qualitat der Produktionsabfalle geht hervor dass die weniger versierten Steinschlager nur den minderwertigen ortlichen Feuerstein verarbeiten durften Das Einzugsgebiet fur die Rohmaterialversorgung erstreckte sich uber mehrere hundert Kilometer vom Maconnais im heutigen Frankreich uber das gesamte Juragebirge bis auf die Schwabische Alb 2 Siehe auch BearbeitenPetersfels GonnersdorfLiteratur BearbeitenMarie Isabelle Cattin Von der Rhone zur Ostsee Die Magdalenien Lagerplatze Monruz und Champreveyres Schweiz und die Zirkulation von Artefakten uber weite Entfernungen In Harald Floss Hrsg Das Magdalenien im Sudwesten Deutschlands im Elsass und in der Schweiz Tubingen 2019 S 209 224 Marie Isabelle Cattin Jehanne Affolter Sylvie Beyries Le site magdalenien de Monruz 4 La vie quotidienne a travers le travail du silex Archeologie neuchateloise 51 Hauterive Schweiz 2012 ISBN 978 2 940347 54 4 franzosisch Werner Muller Denise Leesch Le site magdalenien de Monruz 3 Acquisition traitement et consommation des ressources animales Archeologie neuchateloise 49 Hauterive Schweiz 2013 ISBN 978 2 940347 52 0 franzosisch Nicole Plumettaz Le site magdalenien de Monruz 2 Etude des foyers a partir de l analyse des pierres et de leurs remontages Archeologie neuchateloise 38 Hauterive Schweiz 2007 ISBN 978 2 940347 34 6 franzosisch Jerome Bullinger Denise Leesch Nicole Plumettaz Le site magdalenien de Monruz 1 Premiers elements pour l analyse d un habitat de plein air Archeologie neuchateloise 33 Hauterive Schweiz 2006 ISBN 2 940347 29 8 franzosisch Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Monruz Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Denise Leesch Werner Muller Neue Radiokarbondaten an Knochen Zahnen und Geweih aus Magdalenien Fundstellen der Schweiz und ihre Bedeutung fur die Stellung des Magdalenien innerhalb des Spatglazials Archeologie neuchateloise Hauterive 2012 S 297 300 a b c d Marie Isabelle Cattin Le site magdalenien de Monruz 4 La vie quotidienne a travers le travail du silex Archeologie neuchateloise Hauterive 2012 S 297 300 a b c d Werner Muller Denise Leesch Le site magdalenien de Monruz 3 Acquisition traitement et consommation des ressources animales Archeologie neuchateloise Hauterive 2013 S 291 292 Jerome Bullinger Denise Leesch Nicole Plumettaz Le site magdalenien de Monruz 1 Premiers elements pour l analyse d un habitat de plein air Archeologie neuchateloise Hauterive 2006 S 11 15 und 217 227 Jerome Bullinger Denise Leesch Nicole Plumettaz Le site magdalenien de Monruz 1 Premiers elements pour l analyse d un habitat de plein air Archeologie neuchateloise Hauterive 2006 S 168 a b Nicole Plumettaz Le site magdalenien de Monruz 2 Etude des foyers a partir de l analyse des pierres et de leurs remontages Archeologie neuchateloise Hauterive 2007 S 268 Jerome Bullinger Denise Leesch Nicole Plumettaz Le site magdalenien de Monruz 1 Premiers elements pour l analyse d un habitat de plein air Archeologie neuchateloise Hauterive 2006 S 139 147 Tafel 27 33 Gerd Albrecht Reduzierte Silhouetten Frauendarstellungen vom Petersfels In Archaologisches Landesmuseum Konstanz Hrsg Eiszeit Kunst und Kultur Thorbecke Ostfildern 2009 S 307 311 Jerome Bullinger Denise Leesch Nicole Plumettaz Le site magdalenien de Monruz 1 Premiers elements pour l analyse d un habitat de plein air Archeologie neuchateloise Hauterive 2006 S 154 165 Tafel 34 35 Esteban Alvarez Fernandez Magdalenian personal ornaments on the move A review of the current evidence in Central Europe Santander 2009 S 47 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Freilandstation Monruz amp oldid 239342125