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Dieser Artikel beschreibt den Mikrolithen in der Archaologie zu Mikrolithen in der Medizin siehe Mikrolithiasis Mikrolith von altgriechisch mikros mikros deutsch klein und li8os lithos Stein ist die Bezeichnung fur sehr kleine steinzeitliche Klingen oder Spitzen mit bis zu 3 cm Grosse Sie wurden durch gezieltes Zerbrechen und anschliessendes Retuschieren kleiner Steinklingen hergestellt Als Rohmaterial wurde gut spaltbares Kieselgestein wie Feuerstein oder vulkanisches Glas wie Obsidian verwendet Vorgeschichtlicher MikrolithVerschiedene geometrische Formen von MikrolithenMikrolithe sind typisch fur das Epipalaolithikum das Mesolithikum und das Neolithikum sie kommen noch bis in die Bronzezeit hinein vor 1 Die interne Chronologie des Mesolithikums beruht vor allem auf den wechselnden Haufigkeiten von Mikrolith Typen In Europa unterscheidet man in erster Linie die alteren nicht geometrischen Mikrolithen von den jungeren geometrischen Varianten Inhaltsverzeichnis 1 Verwendung 2 Vorkommen 2 1 Afrika 2 2 Europa 2 3 Nordamerika 2 4 Asien 2 5 Australien 3 Typen und Herstellung 4 Literatur 5 Weblinks 6 QuellenVerwendung Bearbeiten nbsp Mesolithische Pfeilspitze Tvaermose Danemerk nbsp Neolithische Sichel Rekonstruktion Museum QuintanaMikrolithe lassen auf die Erfindung von Pfeil und Bogen schliessen Sie dienten zunachst bei Lanzen Speeren und Harpunen als scharfe Einsatze teils als seitliche Widerhaken und bei Pfeilen als einfache Pfeilspitzen Im spaten Mesolithikum wurden fur Pfeile vorwiegend trapezformige Mikrolithe mit breiten Schneiden verwendet die als Querschneider grossere und starker blutende Wunden verursachten Im Neolithikum dienten Mikrolithe auch als feine Stichel sowie als Kompositgerat als Messer Sagen und Sicheln Sie wurden mit Birkenpech in einer Nut in einem Holz oder Knochenschaft befestigt Sie bildeten so eine zusammenhangende Schneide 2 In Teilen der Turkei hat man Mikrolithe fur die Herstellung von Dreschschlitten verwendet Vorkommen BearbeitenNachdem man fruher angenommen hatte Mikrolithe seien eine Spatentwicklung des Palaolithikums weiss man inzwischen dass es sie in fast allen steinzeitlichen Kulturkomplexen gab wenn auch in von Fundort zu Fundort schwankender Anzahl Ursache dieses forschungsgeschichtlichen Wandels war die Tatsache dass sie fruher wenig beachtet oder wegen grober Grabungsmethoden ubersehen wurden 3 Afrika Bearbeiten In Afrika sind Mikrolithe typisch fur das afrikanische Later Stone Age wo sie vor 40 000 20 000 Jahren erstmals vorkommen und sich vermutlich aus den Abschlagtechniken des Middle Stone Age entwickelten Aus dem sudlichen Afrika sind mehrere Fundstellen mit etwa 65 000 Jahre alten Ablagerungen bekannt die als Howieson s Poort bezeichnet wird Kennzeichnend sind Gerate die abgesehen von der Grosse den Mikrolithen spaterer Phasen entsprechen Es handelt sich dabei immer um nur wenige tausend Jahre dann sind die grossen Mikrolithe wieder verschwunden In Sudafrika treten sie etwa vor 40 000 Jahren auf Im nordafrikanischen Capsien 9000 3000 v Chr sind sie besonders haufig Im subsaharischen Afrika finden sich aber auch Mikrolithe die etwas grosser und deutlich alter sind Die Mikrolithe der Howieson s Poort Industrie sind etwa 95 000 80 000 Jahre alt nach einer anderen Datierung der Cambridge History of Africa 70 000 60 000 in Zaire reicht eine ununterbrochene Reihe mikrolithischer Industrien in der Hohle von Matupi 32 000 bis 40 000 Jahre zuruck 4 Europa Bearbeiten Auch in Europa finden sich Mikrolithe bereits zusammen mit Faustkeilkomplexen z B Tautavel wo sie allerdings keine regelrechten mikrolithischen Industrien ausbilden sondern wie in Afrika als Bearbeitungsaspekt des klassischen Acheuleen angesehen werden Eine eindeutige Interpretation dieses Befundes gibt es nicht jedoch fallt auf dass es sich bei den entsprechenden altpalaolithischen Stationen Europas fast stets um langfristig belegte oder haufig besuchte Platze handelt die als zentrale Lager gedient hatten wo in grossem Umfang Aktivitaten ausgeubt wurden bei denen kleinformatige Steingerate erforderlich oder einfach nutzlich waren Dazu konnte ein abnehmendes Rohmaterialangebot etwa von Silex gekommen sein das an solchen Platzen notwendigerweise mit der Zeit auftreten musste Ahnliches gilt auch fur die vielen mittelpalaolithischen Fundplatze in Europa wo benutzte kleine Abschlage die Zahl der ausgearbeiteten grosseren Werkzeuge wie Schaber und Messer um ein Vielfaches ubersteigen 5 In ihrer elaborierten klassischen Formenvielfalt treten Mikrolithe und nun eindeutig identifizierbare Industrien jedoch vor allem seit dem Aurignacien fruhestens 45 000 bis 25 000 bzw 15 000 BP vor allem aber im spaten Magdalenien ca 17 000 11 000 BP des Jungpalaolithikums auf In Sudrussland gab es sie vor 25 000 Jahren in Norddeutschland vor 13 000 Jahren Vor allem finden sie sich aber im europaischen Mesolithikum wo man die Mikrolithindustrien in Nordeuropa in drei Perioden unterteilt die Maglemose Kultur ca 8000 5600 BP die Kongemose Kultur 7600 6500 BP und die Ertebolle Kultur 6500 5200 BP Trapeze werden auch noch in der Trichterbecherkultur gefertigt Nordamerika Bearbeiten Mikrolithe kommen auf dem Nordamerikanischen Kontinent am Ende der palaoindianischen und dem Anfang der Archaischen Periode auf Besondere Bedeutung hatten sie in den arktischen Gebieten insbesondere den Kulturen der Eskimos und Aleuten des arktischen Stadiums III Dort gibt es eine ausgepragte Mikroklingenindustrie Das Stadium III spaltete sich zwischen 2500 und 1900 v Chr vom palaoindianischen Stadium II ab die Eskimos wurden im Norden an Stelle der Palaoindianer nun zum bestimmenden Element Diese arktische Kleingerateindustrie umfasst vor allem hochentwickelte Mikroklingen die als Schneiden fur aus mehreren Teilen zusammengesetzte Knochen Elfenbein und Holzgerate dienten Die Kulturtradition konnte wie anthropologische Befunde etwa der Aleuten nahelegen ihre Wurzeln durchaus in Ostsibirien gehabt und sich rasch bis nach Gronland ausgedehnt haben Aus der arktischen Kleingeratetradition gingen wahrend der Ausbreitung nach Osten mehrere Untertypen hervor vor allem die Independence I Kultur Kanada und Gronland die Pra Dorset Kultur Kanada und die Saqqaq Kultur in Gronland Ausserdem sind Mikrolithe charakteristisch fur die Poverty Point Kultur am Unterlauf des Mississippi Rivers am Ende der Archaischen Periode Asien Bearbeiten In Nordchina sind jungpalaolithische Mikrolithe sogar schon fur den Homo erectus nachgewiesen der sich dort bis vor etwa 40 000 bis 10 000 Jahren hielt wie neuere anthropologische Befunde zeigen und dem man bisher derartig komplexe feinmotorische Leistungen nicht zugetraut hatte zumal seine Geratekomplexe sonst relativ gross und eher grob und meist in Kerntechnik und nicht in Abschlagtechnik gefertigt sind Die mikrolithischen Funde sind in diesem Zusammenhang sogar besonders zahlreich und gehen bei vielen Fundstellen in die Tausende zeigen jedoch auch eine grosse regionale und temporale Variationsbreite Auch im ubrigen Ost und Zentralasien finden sich im ausgehenden Palaolithikum und im Neolithikum zahlreiche mikrolithische Werkzeuge meist vom Klingentyp die selten sekundar retuschiert sind In Sibirien der Mongolei und der Mandschurei gab es sie offenbar besonders lange bis tief ins dortige Neolithikum hinein Mit dem Beginn der Keramik und des Steinschliffes um etwa 3000 v Chr in diesen Gebieten klang diese Geratetradition aus Ab etwa 4000 v Chr treten geometrische Mikrolithe auf Sulawesi Celebes auf Australien Bearbeiten Die australische Small Tool Tradition stammt aus der Zeit zwischen 4000 und 3000 v Chr So wurden etwa in der Kenniff Hohle im Carnarvon National Park in Queensland geometrische Mikrolithe gefunden die man stratigraphisch anhand der Schichtfolge auf 5000 bis 2500 v Chr datieren konnte Typen und Herstellung Bearbeiten nbsp Erster Bearbeitungsschritt bei der Herstellung von Mikrolithen Eine Kerbe wird an der Lamelle erzeugt Die nachsten Bearbeitungsschritte siehe das Bild gegenuber nbsp Herstellung von geometrischen Mikrolithen Dreieck Trapez Segment je nachdem ob das proximale oder distale Ende des Ausgangsmaterials genutzt wird Mikrolithe wurden durch gezieltes Brechen von sehr kleinen Klingen Mikroklingen Lamellen hergestellt Durch seitliche Einkerbungen an einer Mikroklinge wird diese gezielt gebrochen Kerbbruchtechnik Ein Kerbrest Mikro Stichel bleibt als typisches Abfallstuck zuruck Derartige Kerbreste findet man in Nordafrika vor allem im Iberomaurusien 15 500 12 000 BP In Europa finden sie sich als eher zufalliges Restprodukt schon im Gravettien bzw im zeitgleichen Pavlovien Tschechien 26 000 19 000 BP Durch abschliessendes Retuschieren wurden die Bruchstucke in die gewunschte Form gebracht Nicht geometrische Mikrolithe Besonders haufig sind hier die sogenannten einfachen Mikrospitzen Sie sind so definiert dass der Winkel an ihrer Spitze nicht grosser als 45 sein darf Es gibt nur eine Retusche am Ende nicht jedoch am Rucken Sie kommen ab dem spaten Jungpalaolithikum vor waren einfach herzustellen und fanden meist als Pfeilspitzen Verwendung Eine zweite Variante ist die technisch anspruchsvollere Sauveterrespitze Sie ist symmetrisch sehr spitz und hat manchmal zwei Spitzen Sauveterrespitzen waren in ganz Europa verbreitet Die dritte Variante wird als Mikroruckenspitze bezeichnet und umfasst alle auf dem Rucken retuschierten Spitzen des Mesolithikums die nicht dem ersten oder zweiten Typ angehoren Als vierter Typus findet sich schliesslich die Dreieckspitze deren Form dadurch entsteht dass die Basis quer retuschiert wird so dass ein Dreieck mit einem 90 Winkel entsteht Geometrische Mikrolithe Der Form nach unterscheidet man dreieckige viereckige Segmente und Trapeze Trapeze sind geometrische Mikrolithe deren beide Enden durch Retuschen abgetrennt sind mit mehr oder weniger parallelen unretuschierten Kanten Bei den Formen gibt es deutliche regionale Unterschiede Literatur BearbeitenJohn Desmond Clark Hrsg The Cambridge History of Africa Band 1 From the Earliest times to c 500 BC Cambridge University Press Cambridge 1989 ISBN 0 521 22215 X S 297f 302ff 315 477 M D Coe D Snow Elizabeth Benson Hrsg Weltatlas der alten Kulturen Amerika vor Kolumbus Geschichte Kunst Lebensformen Christian Verlag Munchen 1985 ISBN 3 88472 091 0 S 46 47 Barry Cunliffe Hrsg Illustrierte Vor und Fruhgeschichte Europas Campus Verlag Frankfurt M 1996 ISBN 3 593 35562 0 S 107 ff Encyclopedia Britannica 15 Auflage 1993 ISBN 0 85229 571 5 Bd 14 S 242 Bd 16 S 65 Rudolf Feustel Technik der Steinzeit Archaolithikum Mesolithikum Bohlau Weimar 1985 Lutz Fiedler Gaelle Rosendahl Wilfried Rosendahl Altsteinzeit von A bis Z WBG Darmstadt 2011 ISBN 978 3 534 23050 1 S 247ff Joachim Hahn Erkennen und Bestimmen von Stein und Knochenartefakten Einfuhrung in die Artefaktmorphologie Archaeologica Venatoria e V Institut fur Urgeschichte der Universitat Tubingen Tubingen 1993 ISBN 3 921618 31 2 Emil Hoffmann Lexikon der Steinzeit C H Beck Munchen 1999 ISBN 3 406 42125 3 Andrew Sherratt Hrsg Die Cambridge Enzyklopadie der Archaologie Christian Verlag Munchen 1980 ISBN 3 88472 035 X S 161 336 361f Weblinks BearbeitenYoutube Microblade Microburin Microlith auf Kanal Blattspitze zeigt die Herstellung von Mikrolithen mit Levallois Technik Quellen Bearbeiten 1 visum 11 6 2020 Evidence for Hafting on Flint Tools from various Periods Magdalenian through Bronze Age Patrick C Vaughan MOM Editions 1987 15 pp 135 144 verlinkt hier 2 visum 11 6 2020 Hahn S 255 267 Hoffmann S 264 f S 317 Cunliffe S 107 113 Fiedler u a S 247 Fiedler u a S 247f Fiedler u a S 248f Normdaten Sachbegriff GND 4169831 9 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mikrolith amp oldid 238395896